Katholischen Kirche: Reliquien und die Totenruhe

vom 29.08.2009, 21:43 Uhr

Jedes Jahr an Liborius werden die Gebeine des heiligen Liborius aus dem Paderborner Dom, wo der Sarkophag des heiligen Liborius ist, getragen und mit ihm wird dann durch die Stadt gepilgert. In vielen katholischen Gemeinden ist das der Fall, dass irgendwelche Knochenreste von irgendeinem Heiligen herumgetragen werden an dem Gedenktag dieses Heiligen.

Ich frage mich aber, wie sich das mit dem Gesetz vereinbart? Störung der Totenruhe ist doch ein Straftatbestand und warum darf die katholische Kirche die Ruhe des Toten Heiligen jedes Jahr aufs neue stören?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Die Kirchen bekommen vom Staat eben eine Extrawurst verpasst. Das sieht man doch am Kirchenrecht und an der Kirchensteuer. So kann die Kirche sich auch über das Gleichbehandlungsgesetz hinweg setzen und Bewerber gezielt diskriminieren, die nicht getauft sind oder sich haben scheiden lassen.

Hier bei der Störung der Totenruhe ist es genau das Gleiche. Aber gerecht finde ich so etwas nicht offen gesagt. Ich finde so eine Störung der Totenruhe ziemlich respektlos und schäbig, egal ob es sich dabei um die Gebeine von Heiligen oder normalen Menschen handelt.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wie kommst du denn darauf, dass es sich hierbei um eine Störung der Totenruhe handelt? Was eine Störung der Totenruhe ist, das ist im Gesetz ganz klar geregelt. Und da steht nichts davon, dass man Teile eines Toten nicht in einer Prozession durch die Gegend tragen darf.

Das Gesetz sagt in § 168 StGB über die Störung der Totenruhe:

(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Die Kirche hat die Reste des Heiligen in berechtigtem Gewahrsam. Bei der Prozession wird die Reliquie nicht aus diesem Gewahrsam entfernt, schließlich ist genügend Bodenpersonal anwesend und trägt den Schrein selbst. Weggenommen wird hier also nichts.

Beschimpfender Unfug ist die Verehrung der sterblichen Überreste nun auch gerade nicht. Es ist noch nicht einmal juristisch gesehen grober Unfug, der nicht strafbar wäre. Das mögen Atheisten anders sehen, aber in unserem Kulturkreis ist das Verehren von irgendwelchen sterblichen Überresten eben ein Ehren und ein Würdigen und kein Herabwürdigen. Also wird hier die Totenruhe auch nicht gestört.

Beschädigt oder zerstört wird dabei auch nichts, also greift das Gesetz hier auch nicht. Wobei das auch ziemlich lächerlich wäre. Schließlich kann man Leichen umbetten. Oder man legt bei einer neuen Bestattung nach Ablauf der Wartezeiten Knochenreste der vor langer Zeit hier vergrabenen Menschen einfach auf die Rückseite des Aushubs und deckt sie mit Kunstrasen ab. Beim verschließen des Grabs kommen dann die alten Knochen einfach zum neuen Sarg. :whistle:

Wenn das keine Totenruhe stört, wie soll es dann die Ehrung der Gebeine in einer vom Glauben motivierten Prozession tun? Ebenso ist das Mahlen der Knochen nach dem Einäschern keine Störung der Totenruhe. Ich finde ehrlich gesagt nicht, dass die vermeintlichen Reste des Heiligen es schlecht getroffen haben. Normalsterbliche bekommen weniger Totenruhe, wenn man es realistisch betrachtet.

» cooper75 » Beiträge: 13432 » Talkpoints: 519,92 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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