Nur "Müssen" dürfen, wenn man "darf"!
Heute traf ich in der Stadt eine alte Schulfreundin von mir. Wir feierten das Wiedersehen bei einer Tasse Kaffee in einem Cafe. Da erzählte sie mir, dass sie an ihrer Arbeitsstelle so manche Sachen nicht nachvollziehen kann. Sie arbeitet in einer Spedition am Fließband. Nun hat ihr Arbeitsplatz, so wie der ihrer anderen Kollegen auch, ein eigenes kleines Fließband, das zu einem Hauptband führt und wo die zu versendenden Waren drüberlaufen Soviel vorweg.
Was meine Schulfreundin nicht versteht, ist die Regelung, dass sie und ihre Kollegen nur auf die Toilette dürfen, wenn ein Ersatzmann sie ablöst. Es entsteht der Firma keinerlei Schaden, wenn ihr oder ein anderes Zubringerband mal ein paar Minuten stehen, weil die daran stehende Arbeitskraft auf die Toilette geht. Aber die Angestellten da müssen warten, bis der Schichtleiter oder ein Springer auftauchen und sie der Reihe nach ablösen, damit sie zur Toilette können. Dabei ist es gar nicht so schlimm, wenn das Band da mal fünf Minuten steht, es wird ja keine Produktionskette unterbrochen oder behindert.
Für diese Toilettenrunden hat der Springer oder der Schichtleiter einen speziellen Zeitpunkt, dann muss der oder die betreffende Angestellte zur Toilette gehn, ob sie früher möchte oder später, spielt keine Rolle. Wer dran ist, ist dran und fertig. Manchmal, wenn sehr viel zu tun ist, fällt diese Toilettenrunde auch schon einfach mal aus, weil die Ablösung anderweitig eingespannt ist. Dann darf aber auch niemand seinen Platz verlassen, um zur Toilette zu gehen, also ist Einhalten angesagt, egal wie. Andernfalls bekommen die Leute eine Abmahnung wegen unerlaubten Verlassen des Arbeitsplatzes.
Ich finde das ein bisschen überzogen. Vor allem, weil meiner Schulfreundin und den Kollegen gesagt wurde, dass man, wenn man mit dieser Regelung Probleme hätte, gern mal im Büro des Personalchefs vorbei schauen darf, um mit ihm darüber zu diskutieren. Was das heißt, kann man sich wohl vorstellen: Entweder, du spurst, oder fünfzig Leute warten draußen auf deinen Job!
Ich möchte hier jetzt keine Rechtsberatung, oder so, aber ich finde sowas nicht besonders prickelnd am Arbeitsplatz. Ich habe meiner Schulfreundin gesagt, dass ich da nicht gern arbeiten würde.
Was meint ihr - versteht ihr da eher die Chefs oder eher die Angestellten, die mit dieser Toilettenregelung nicht so ganz einverstanden sind?
Das ganze ist eine Sache des Trainings. Bei deiner Freundin ist es Vorschrift, mein Vater hat es sich selber an trainiert. Er war im Außendienst tätig und wusste, dass er nicht so einfach mal eben auf die Toilette kann. Weshalb er immer, egal ob er musste oder nicht morgens nach dem Frühstück auf die Toilette gegangen ist. Nun im Alter ist es so, dass sein Körper immer noch den gleichen Rhythmus hat.
Im Fall deiner Freundin kann ich es nachvollziehen, denn wenn die Mitarbeiter an den Nebenbändern einfach so gehen dürfen, dann kommt Unruhe auf, weil die anderen, die an den Hauptbändern arbeiten eben nicht einfach so ihren Arbeitsplatz verlassen können. Außerdem geht auch oft mal einer auf die Toilette, weil er einfach nur so eine Pause möchte oder Rauchen möchte, dem ist dann auch ein Riegel vorgelegt.
Es gibt genug Berufe, in denen man nicht einfach den Arbeitsplatz verlassen kann, oder wie würdest du gucken, wenn der Busfahrer einfach anhält und die nächste Toilette aufsucht, weil er eben jetzt mal muss und nicht nachher, wenn er Pause hat.
Was anderes ist es natürlich, wenn man gesundheitlich das Wasser nicht halten kann und deshalb öfter auf die Toilette muss, aber dann ist man für so einen Job auch nicht unbedingt geeignet.
Hallo!
Ich habe 5 Jahre am Fließband in einer Linie gearbeitet und wir alle wurden nur zu bestimmten Zeiten abgelöst, damit wir auf die Toilette konnte. Daran gwöhnt man sich und ich muss sagen, wenn man die Arbeit wirklich ernst nimmt, dann ist das auch richtig so.
Wenn mal wirklich einer ausgefallen ist, wenn einer zwischendurch einfach weggegangen ist, dann stand die Linie still oder es häufte sich an einer Stelle die Arbeit. Das ist für das gesamte Team an der Linie nicht schön. Denn am Fließband wird auf Prämie gearbeitet und am Ende der Schicht ist jeder froh, wenn das pensum erreicht ist. Umso mehr verdient man, weil die Prämie dann auf alle im Team berechnet wird.
Ist einer dabei, der es nicht ernst nimmt und meint, dass er es nicht aushalten kann, dann steht der Lohn von allen auf dem Spiel. Denn es macht schon einiges aus, ob man die Prämie erreicht oder nicht.
Und mal ehrlich, wenn man am Band steht, hat man mindestens nach 3 1/2 bis 4 Stunden eine längere Pause. Und wenn man zwischendurch einmal abgelöst wird in einer "Halbzeit", dann sollte ein erwachsener Mensch es auch aushalten können, wenn er alle 2 Stunden auf die Toilette kann. Bei uns war es so, wenn der Springer seine Runde durch hatte ist er noch mal die Runde gegangen und hat denjenigen abgelöst, der wirklich noch mal dringend musste. Aber das war so gut wie nie der Fall.
Ich selber habe eine zeitlang auch als Springer gearbeitet und keiner der Arbeiter hat sich da aufgeregt. Denn alle kamen an die Reihe. Und alle waren froh, wenn die Prämie zusammenkam und der Springer auch seine Arbeit ernst nimmt.
Wie soll das in einem großen Team mit einer Linie, die nur funktioniert, wenn alle mitarbeiten sonst anders laufen? Es geht nicht anders. Denn diese Kette läuft nur, wenn alle mitmachen, Menschenunwürdig ist das meines Erachtens nach nicht, Ich finde auch, dass es nichts mit "spuren" zu tun hat. Es ist einfach Teamgeist. Und keiner kann mir weiß machen, dass er jede Stunde auf die Toilette muss. Die meisten, die abgelöst wurden haben ihr Zigarettchen geraucht und da ist es schon wieder kulant, dass diese "Pause" nicht von der Zeit abgezogen wird und damit vom Lohn.
Es gibt Betriebe, die müssen zwischenstempeln, wenn sie die Toilette besuchen und diese Zeit wird dann vom Lohn abgezogen. Ist das dann etwa besser?
Hallo zusammen!
Bei mir war es auf der Arbeit früher so, dass wir auch einer Kollegin Bescheid sagen mussten, wenn wir mal auf die Toilette wollten. Wir durften dann zwar gehen, wenn wir mussten, aber eine Kollegin musste dann immer ein Auge mit auf die Abteilung haben. Das war auch der Fall, wenn einer ins Lager musste, um Waren zum auffüllen zu holen. Ich habe in einem Bekleidungsgeschäft gearbeitet. Das hat auch so immer ganz gut funktioniert und man wusste eben immer, wo eine Kollegin gerade ist.
Ich denke auch, dass es gerade am Fließband zu Verzögerungen kommen kann, wenn jeder einfach auf die Toilette gehen kann, wann er will. Natürlich ist es nicht gerade schön, wenn man mal unpässlich ist und ganz dringend auf die Toilette muss. Aber dann wird man doch sicher jemand kommen und einen vertreten, wenn man dann eben ruft. Ich denke auch, dass man sich ganz gut antrainieren kann, nur zu bestimmten Zeiten auf die Toilette zu gehen. Früher in der Schule habe ich auch oft 6 Stunden eingehalten, weil die Toiletten an der Schule so schmutzig und ekelig waren. Irgendwann habe ich es gut ausgehalten, nicht zu gehen.
Ich war ja hauptsächlich in Fleischereien beschäftigt. Da gab es an sich die Pausen, in denen man halt auf die Toilette gehen konnte. Ansonsten war es oftmals schwierig. Wenn der Laden voll war, konnte man ja nicht einfach mal auf die Toilette verschwinden. Klar wusste man in etwa wann die Stosszeiten sind und hat dann halt zugehen, das man vorher halt auf die Toilette gegangen ist. Ging aber halt auch nur, wenn man nicht gerade alleine im Laden war.
ich habe mal in einem Betrieb gearbeitet, in dem ausser mir hauptsächlich Männer angestellt waren. Irgendwie müssen Männer weniger auf die Toilette als Frauen, hatte ich den Eindruck. Wir haben um 8 Uhr den Laden aufgemacht und ich hatte meistens bis 14 Uhr Dienst und auch keine Pausen. Das war jedes Mal ein Kampf, wenn ich mal auf die Toilette musste. Vorallem wenn ich dann noch meine Menstruation hatte. Da hatten die Männer erst recht kein Verständnis für.
Ich finde es an sich eine gute Lösung, wenn regelmässig jemand einspringt und man weiss, dann und dann kann ich in etwa auf die Toilette.
Ich kenne das bei Fliesbandarbeit auch so, das man erst auf den Ersatzmann warten muss, bis man zur Toilette gehen konnte. Allerdings gab es da keine festen Zeiten, wann dieser jeden Mitarbeiter mal abgelöst hat. Dieser Mitarbeiter war dann in der Schicht immer mit anderen Dingen beauftragt, die man auch mal liegenlassen konnte. Ablösung war dann auf Zuruf.
Das ganze kenne ich aus einer Bäckerei für Kekse. Dort kamen 12 Reihen aus dem Backofen. Jeweils 3 Frauen standen an jeder Seite vom Band und weiter hinten eine 7. Frau, welche die gefüllten Plastikbehälter in grosse Kisten packte, damit sie dann weiter verpackt werden konnten. Wenn da vorne eine einfach zur Toilette gegangen wäre, dann wären ja in dieser Zeit massig viele Kekse in die Bruchkiste am Ende des Bandes gelaufen.
Und so ist das auch in einer Spedition am Band. Wenn da jeder nach Lust und Laune auf die Toilette geht, dann schaffen die anderen das ja nicht mehr und schon beginnt das Chaos. Und da kann man auch nicht für 5 Minuten das ganze Band anhalten, weil die weiteren Abläufe im Betrieb dadurch immer gestört werden.
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