Neue Musik generell schlecht finden?

In einigen Musikforen, in denen ich angemeldet bin, wird in letzter Zeit immer häufiger diskutiert, anstatt sich über Neuerscheinungen auszutauschen. Und zwar geht es immer wieder um das selbe Thema: Früher war alles besser.

Egal wie alternativ das Musikforum eingestellt ist, in dieser Meinung sind sie deckungsgleich mit dem Stammtisch von nebenan. Besonders bezieht sich das natürlich auf den Konflikt alternative Gitarrenmusik gegen alternative Elektrosparte, aber auch bei Hiphoppern habe ich diese Diskussionen schon mitbekommen. Wie ich das so überblicken kann, ist es auch keine Frage des Alters der Hörer oder der Erfahrung. Von Alten wie Jungen wird die Musik der 80iger/90iger glorifiziert, auch wenn sie bei der Erscheinung eher als mittelmäßig empfunden wurde. Wie sind eure Erfahrungen zu dem Thema?

In den 80iger/90iger Jahren wurden eben viele Alben produziert die maßgebend für die heutige Musik diverser Genres ist und deshalb finde ich es auch richtig diese Bands nicht zu vergessen. Ich habe mir vieles aus der Zeit auch hauptsächlich aus diesem Grund angehört und muss sagen, dass mir manches wirklich gut gefällt, anderes hingegen aber weniger. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass man nicht alles glorifizieren muss was damals von bestimmten Künstlern veröffentlicht worden ist, weil sich eben auch einiges darunter befindet, was zum Beispiel einfach schlecht produziert worden ist.

Außerdem bin ich auch der Meinung, dass immer wieder neue Bands auftauchen, die ebenfalls sehr gute oder sogar bessere Musik als früher machen. Man darf nicht von vornerein alles schlecht reden, sondern sollte sich vorher erst mal umschauen und dann wird man sicherlich auch heute Bands finden die gute Musik produzieren - sei es nun im Bereich Metal, Hip Hop oder sonstigem.

Da spielen wahrscheinlich noch ganz andere Gründe als nur die Qualität der Musik eine Rolle. Musik hat ja viel mit Emotionen zu tun, jedenfalls bei den meisten Leuten, und die schönen Erinnerungen, die man mit älterer Musik verbindet hat man natürlich noch nicht, wenn man ein neues Album zum ersten mal hört. Deshalb finde ich es normal, dass man ältere Musik positiver bewertet.

Ich finde auch das typische "das alte Album von X war besser" normal. Denn wenn man Fan von X ist dann doch wahrscheinlich, weil man das alte Album ganz toll fand, weil es also genau den eigenen Geschmack getroffen hat. Und wenn X sich nun nicht selber zitiert sondern auf dem neuen Album ein paar neue Sachen ausprobiert ist die Chance, dass das nicht mehr ganz den eigenen Geschmack trifft natürlich gegeben. Dafür wird es wahrscheinlich Leute geben, die mit dem neuen Album Fans geworden sind und enttäuscht sind, wenn sie sich das alte Album anhören.

Und dann kommt natürlich auch dazu, dass es eigentlich seit Jahren keine richtig innovative, neue Musikrichtung mehr gab, sondern ziemlich viel nur noch als Zitaten besteht. Da kann ich es schon irgendwo verstehen, wenn jemand der elektronischen Musik aus den 80ern oder der Grunge Welle aus den 90ern hinterhertrauert und dabei übersieht, dass auch unter diesen Labels damals eine ganze Menge Schrott auf den Markt gekommen ist.

Ich denke, dass dies einfach damit zu tun hat, dass heutzutage fast nur kommerzielle Musik im Fernsehen läuft. Wenn man mal kurz Viva oder MTV einschaltet wird man das auch merken. Von Tokio Hotel bis Jimi Blue ist alles dabei. Da kann man meiner Meinung nach wirklich sagen, dass die meisten nur noch wegen des Geldes Musik machen und nicht weil es Spaß macht. Natürlich behällt man als Musiker immer im Hinterkopf, dass man gutes Geld verdienen kann, der einzige Grund neue Musik zu produzieren, sollte das Geld aber nicht sein.

Bestes Bespiel dafür ist Hip Hop. Wenn man Rapper wie 2 Pac oder den Wu Tang Clan mit den meisten heutigen "Gangster" Rappern vergleicht, wird man sofort einen Unterschied merken.

Deswegen würde ich jetzt auch einfach mal behaupten, dass früher die Musik deutlich besser war.

Ich denke, hier spielen auch mehrere Faktoren eine wichtige Rolle. Wichtig ist, wie schon gesagt wurde, dass man mit der "alten" Musik ja Erinnerungen verbindet. Das macht diese Musik für uns besonders und bei neuer Musik können wir ja nicht direkt Erinnerung damit verbinden.

Außerdem spielt es auch eine wichtige Rolle, wie sich Musik verändert. Egal welche Musikrichtung. Sie nimmt andere Gestalten an, variiert und weicht vom Ursprung ab. So entsteht eine "moderne" Version der Musikrichtung. Und es gibt eben viele, eher konservativ eingestellte, denen gerade das ein Dorn im Auge ist. Ich führe hier mal Metal generell an. Die Verfechter der alten Old School Thrasher halten nunmal auch sehr wenig von den modernen Metal Spielarten.

Und auch eine wesentliche Veränderung des, von der Band gespielten Musikstils, spielt eine Rolle. Als Beispiel führe ich mal Metallica an. "Begründer" des Thrash Metals werden zu "Softrockern" des Mainstreams. Das ist für viele Fans eben dann nicht mehr das selbe wie früher, wenn eine Band nur noch auf kommerzielle Erfolge aus ist.

Immer schade finde ich es, wenn eine Band nur noch Kopien von sich selbst auf den Markt bringt. Da verliert auch deren Musik an Reiz.. Und die Kopien sind dann auch von der Originalität gesehen nicht mehr so toll wie früher. Musik verliert auch an Reiz, wenn nur noch Klischees bedient werden, was eben bei vielen modernen Strömungen der Fall ist. 2 Pac, Torch, Fanta 4 war eben noch etwas ganz anderes, als die derzeitigen Rapper, deren Songtexte meist aus den selben, unzählig oft behandelten Themen bestehen.

Pop Musik hat, finde ich, generell den Reiz verloren. Das heutige Popbusiness ist nur noch reine Geschäftssache, es geht nur noch ums Verkaufen. Das merkt man den Liedern, die im Radio laufen aber auch deutlich an. NONSENSE! Keine Botschaft, die übermittelt werden soll, einfach leere Texte und emotionslos. Schade!

Früher war eben doch alles besser

Ich würd das auch mal darauf schieben, dass heute gecovert wird wie nie. Also wenn ich eines der Mainstream Radios höre, dann bin ich immer wieder genervt, welches Lied sie jetzt schon wieder gecovert haben und welcher halbtote Künstler jetzt wieder ausgegraben wird und unverändert ein Comeback versucht - schlimm schlimm.

Kein Wunder, dass man sich da fragt, wo die Kreativität bleibt! In den 80ern und 90ern gab es, da kann man ruhig ehrlich sein, jede Menge Müll - aber auch viele gute Sachen. Und beides lag einfach daran, dass hier ganze Genres praktisch erfunden wurden und sich während der Zeit entwickelten.

Man sollte doch mal Stücke aus den frühen 80ern, Ende der 80er, der frühen 90er und aus den späten 90ern vergleichen: Gerade bei HipHop und elektronischer Musik liegen hier Welten dazwischen. Siehe Flavour Flav, Grandmaster Flash usw. und The Notorious B.I.G., DMX, NWA (und was daraus wurde) oder Puff Daddy, Eminem usw. Und jetzt mal das, was in den letzten Jahren wirklich neu dazu kam: nichts. Hier und da mal ein paar nette Ideen, aber keine echte (drastische) Weiterentwicklung (außer dass es teilweise immer kommerzieller wird).

Gleiches beim Rock - während die Ohren echter Rockmusikliebhaber in den 80ern noch weitestgehend von langweiligem Thrashmetal für Headbanger mit einem Bewegungsradius in Größe eines Bierdeckels gequält wurden und Rock hier mehr oder weniger totgesagt wurde hat sich das Ende der 80er bis Ende der 90er noch einmal so richtig aufgefächert und neu erfunden, spätestens mit der Alternative Welle als die Gitarren endlich ohren- und pogofreundlich tief gestimmt wurden kam keiner mehr dran vorbei (womit keiner gerechnet hätte). Und bis auf Gothic / EMO hat sich auch hier eher wenig getan in den letzten Jahren, abgesehen von nationalen Erscheinungen wie z. B. den fast nur auf Deutschland und drumrum beschränkten Mittelalterrock.

Das Problem ist einfach meiner Meinung nach, dass man natürlich immer das vergangene glorifiziert und sich darin bestärkt fühlt, weil soviele neue Sachen nur Cover sind (da kann das alte ja nicht so schlecht gewesen sein). Aber es gab halt frühe auch viele gute Sachen und viel Schrott - und heute? Der Schrott häuft sich doch: Ich hab beim Schreiben echt Mühe gehabt mir ein paar Songs im Kopf zurechtzulegen aus den letzten 3 Jahren (egal welches Genre), die einem im Gedächtnis blieben und nicht gecovert waren - ich war ziemlich schnell fertig...

Ich finde, dass man neue Musik nicht generell als schlecht empfinden muss, gerade dann nicht wenn man sie noch nicht einmal gehört hat. Tatsächlich gibt es derzeit nur wenige neuere Lieder, welche mir gefallen Da es aber hier darum geht, generell neue Musik schlecht zu finden muss ich sagen, dass ich das für mich nicht bestätigen kann.

Natürlich gab es in früheren Jahrzehnten Musikrichtungen, welche mich mehr ansprachen und nun kaum noch bis gar nicht mehr aktuell sind. Dafür kann man dann aber auch die Hits von damals heute immer noch hören und auch einige der neueren Lieder natürlich. Es ist alles eine Frage des Geschmacks, würden auch die Kannibalen wohl sagen.

Ich mache es eigentlich nicht davon abhängig, ob Musik schon älter ist oder neu produziert wurde. Da ich sowieso die üblichen Popsongs weniger höre, habe ich auch keine Vorlieben für die Musik bestimmter Jahrzehnte entwickelt, sondern ich mag eher bestimmte Musikstile, Klangbilder, Instrumente, etc. Beispielsweise höre ich gern akustische Instrumente, und zwar auch Instrumente, die in der Popmusik eher selten vorkommen, wie z.B. Cello, Posaune, Klavier,... Gerade wenn die Verwendung von Instrumenten "gegen den Strich" geht, gefällt mir das oft besonders gut. Spannend finde ich Musik, wenn sie sowohl harmonisch als auch rhythmisch komplex ist. Da ist es mir dann egal, ob sie in diesem Jahr oder vor Jahrzehnten produziert wurde.