Mein Leid mit den Laienakademikern
Erst vor kurzem ist mir mal wieder ein Phänomen bewusst geworden, dass mich schon recht lange ärgert, wenn man aber längere Zeit nicht damit konfrontiert wurde, vergisst man halt. Mit Laienakademikern meine ich Menschen, die zwar absolut keine Ausbildung in einem bestimmten Bereich haben, aber sich mit absolut falschen Ratschlägen als Fachleute aufspielen.
So beispielsweise im Bereich Jura. Erst vor kurzem kam von einem Fernsehsender ein Bericht über eine betrügerische Firma, die ihr Glück auch bei Bekannten versuchten, die ein Unternehmen besitzen - diese Firma hat sich nämlich aus bestimmten Gründen auf Firmenkunden gestürzt. Meine Bekannten waren nach wenigen Stichworten hellhörig und sind zum Glück nicht auf die Masche hereingefallen. Nun unterhielten wir uns im Freundeskreis und eine Person meinte, dass es gar nicht sein könne, wie da betrogen würde. Da wir aber schon im Internet nach Geschädigten gesucht hatten, wussten wir, dass die Betrüger-Firma schon in einigen Fällen vor Gericht Recht bekommen hatte, weil sie eben ein Schlupfloch gefunden und damit Firmenkunden über den Tisch gezogen hat (und noch zieht). Die Laienjuristen waren aber nicht zu überzeugen, selbst das Angebot entsprechende Blogs und Foren im Internet zu besuchen überzeugte nicht. Der Abend endete unerfreulich, weil es eben keinen Spaß macht mit solchen Leuten zu sprechen.
Erst diese Woche hatte ich mit zwei Laienmedizinern zu tun, die mir allen Ernstes erklärten, dass ich an der diagnositizierten und (erfolgreich) behandelten Krankheit auf Grund meines Alters gar nicht leiden könne und man mir im Krankenhaus bestimmt einen Bären aufgebunden hätte. Sicher wusste ich auch, dass es eher untypisch ist in jungem Alter an meiner Erkrankung zu leiden, aber der aufnehmende Arzt fragte natürlich nach meiner Krankengeschichte und fand es dann eher verwunderlich, dass ich so lange keine Probleme hatte. In diesem Zusammenhang noch witziger fand ich die Diagnosen, das kann nur dies oder das sein (ebenfalls von Laien erstellt), die sich als grunderkehrt herausstellten.
Ich frage mich oft genug, warum es so viele Laienakademiker gibt und warum so viele Menschen einfach verbreiten, was sie irgendwann mal gehört haben ohne wirklich Ahnung von der Materie zu haben. Noch nerviger finde ich es aber, dass sich einige Menschen selbst mit ausgebildeten Fachleuten anlegen, weil nicht sein darf was in ihren Augen nicht sein kann. Kennt Ihr das auch?
Inzwischen ignoriere ich so etwas und versuche strittige Themen zu meiden, in wenigen Fällen ist der Kontakt auf Grund dieser Tatsache völlig eingeschlafen. Wie geht Ihr damit um?
Aus deiner Beschreibung entnehme ich, dass du mit Laienakademikern Leute meinst, die zwar nicht über eine entsprechende Fachausbildung verfügen, aber trotzdem zu bestimmten (wahrscheinlich) allen Themen ihren Senf dazugeben und erwarten, dass man ihnen alles abkauft.
Mich nervt so ein Verhalten ebenfalls. Meist handelt es sich um Menschen, die sich insgesamt unheimlich wichtig nehmen und glauben, dass ihre Meinung das Non plus Ultra ist. Ich würde es Sturheit und Intoleranz nennen, verbunden mit einem großen Selbstvertrauen.
Belehren kann man diese Leute wahrscheinlich kaum, ich ignoriere sie einfach.
Und bist du Mediziner oder Jurist? Mich nervt es ja vielmehr, wenn ein Patient zum Arzt kommt und da an allem zweifelt. Da fragt man sich doch, was er in der Praxis überhaupt verloren hat. Und wieso geht man zu einem Anwalt, wenn man eh alles besser weiß?
Ich denke, dass man recht schnell nachprüfen kann, ob jemand ein wirklicher Mediziner oder Jurist oder was auch immer ist, oder ob er das nur vorgibt um beispielsweise damit Geld zu machen oder schlau zu wirken. Natürlich darf man aber nicht etwas vorspielen, was man nicht ist. Wenn ich also zu einem Arzt gehe, und der Gute ist keiner, sollte das ein Nachspiel haben.
Wenn ich allerdings irgendeinen Verwandten oder Bekannten nach seiner Meinung frage und der fachsimpelt dann darüber, was ist oder nicht, bin ich wohl selber Schuld. Muss ja nicht fragen.
Winny, da hast Du sicher was falsch verstanden. Genau die Leute, die mit einer Diagnose zum Arzt gehen, habe ich gemeint! Wenn ich in Behandlung bin und der Hausarzt meint, das ist ungewöhnlich, dann glaube ich dem und merke mir das, da brauche ich kein Mediziner zu sein. Und wenn ich von Gerichtsentscheidungen lese, sehe oder höre, dann brauche ich kein Jurist sein und kann trotzdem im Gedächtnis behalten, dass es da wohl ein Schlupfloch gibt, von dem ich nichts wußte, wie wohl viele andere.
Im übrigen habe ich nie solche Leute um eine Meinung gebeten. Im Gegenteil, ich wurde gefragt, warum ich im Krankenhaus war und habe nach einem Satz die tollen Diagnosen erfahren. Ebenso wurde der juristisch angehauchte Beitrag von einem öffentlich rechtlichen Sender ausgestrahlt, der halt im Bekanntenkreis gesehen wurde, was dazu führte, dass die Diskussion darauf kam.
Solche Leute kenne ich nur zu gut. Was mich dabei wirklich stört, ist die Resistenz gegenüber jeglicher Form der Argumentation, nach dem Motto: "Ich weiß es und zwar besser als alle anderen und deshalb ist das so." Auch ich habe natürlich meine Überzeugungen und glaube, Dinge zu wissen, die nicht in mein berufliches Fachgebiet fallen. Trotzdem lasse ich mich jederzeit gerne eines Besseren belehren, besonders, wenn dies durch einen Fachmann geschieht.
Erst neulich hatte ich eine lange Diskussion mit einem Bekannten darüber, dass die Rezeptpflicht für Arzneimittel ja nur ein Instrument der Ärzte sei, Patienten an sich zu binden, um Geld zu verdienen. Jeder könne doch wohl selbst am Besten entscheiden, ob er nun beispielsweise ein Antibiotikum bräuchte, oder nicht. Auf meinen Einwand, dass durch die Einnahme von Antibiotika Resistenzen bei den Erregern erzeugt würden und, dass dies auch in Studien nachgewiesen worden sei, folgte der Kommentar: "Ach, Studien, was beweist sowas denn schon." - Solchen Überzeugungen ist dann auch mit Vernunft nicht mehr beizukommen.
Inzwischen versuche ich auch nach Möglichkeit, solche Leute zu ignorieren. Meist gelingt es mir aber nicht und ich koche innerlich doch wieder vor mich hin. Im obigen Beispiel habe ich die Diskussion übrigens beendet, indem ich an den Narzismus des Betreffenden appelliert habe, den davon haben diese Menschen in der Regel eine Menge. Ich sagte einfach zu ihm: !Natürlich sind Leute wie du und ich, die über eine gute Bildung und ein ausreichendes Maß an Intelligenz verfügen, in der Lage, selbst zu entscheiden, welche Medikamente gut für sie sind. Aber der Durchschnittsbürger hat eben einfach nicht deine kognitiven Möglichkeiten und solche Leute müssen dann eben durch die Verschreibungspflicht vor sich selbst geschützt werden." - Dass ich eigentlich finde, dass er meiner Meinung nach erst Recht keine Ahnung von Medizin hat, habe ich natürlich nur gedacht.
Ja, das kommt mir auch sehr bekannt vor - da fragt man sich manchmal wirklich, warum manche überhaupt studieren, wenn Experten doch scheinbar auf Bäumen wachsen und schon mit einem Hauptschulabschluss all das wissen .
In meinem Bekanntenkreis kenne ich da (mittlerweile) auch schon dutzende Beispiele, wo man eben wegen des Fachwissens was man eigentlich besitzen sollte, andauernd um Rat gefragt wird und dann noch 50mal nachgehakt wird, ob das denn wirklich so ist, da man es von dem und dem ganz anders kennt oder dort und dort anders gelesen hat. Dabei handelt es sich natürlich immer um fachlich kompetente Quellen . Das lustigste: Wenn man gezielt nach etwas gefragt wird, die Antwort einem nicht gefällt, man dann einfach jemand anderen fragt bis man eine gefällige Antwort erhält und dabei schön ins Fettnäpfchen tritt.
Mittlerweile hat sich da bei mir auch Ignoranz als probates Mittel erwiesen, vor allem wenn "Fach"diskussionen von Laien angestoßen werden, meist bei einem gesellschaftlichem Miteinander. Da stellt man sich dann doch lieber mit Gleichgesinnten 2 - 3 Meter weg und verdreht die Augen und äußert seinen Unmut mit ein paar abfälligen Kommentaren "über die immer gleichen Nasen" anstatt sich da in hitzige Gespräche mit "denen" verwickeln zu lassen.
Aber einen schönen Ausgleich hab ich auf einem Fachgebiet immer wieder was notorische Besserwisser mit Halbwissen angeht: Man kann oft schön beobachten, wie sie eine Bauchlandung machen, oft noch finanziell schmerzhaft. Da entschädigt die Schadenfreude, die man danach äußert, um einiges - übrigens sollte man die am besten gut nach außen zeigen, denn dann wird man auch nicht mehr so oft mit dämlichen Fragen belästigt, wo der Fragende entweder eh schon alles weiß oder taub bei unbequemen Antworten wird. Das erspart einem (wie eine gewisse Facharroganz) Zeit, Nerven und überflüssige Bekannte.
Also ich finde die “Laien“ Psychologen am schlimmsten. Ich kenne da auch einige im Bekanntenkreis, die dann irgendetwas über Psychologie in einschlägigen Boulevardzeitschriften gelesen haben. Wenn man dann irgendein Problem hat, führen die sich auf wie Psychologen, und kommen mit irgendwelchen Ratschlägen. Und wenn man dann irgendetwas dagegen sagt, nehmen die das direkt persönlich.
Also ich hab ja was gegen Leyen-Politker, aber das ist ein anderes Thema
Diese "Experten" kenne ich aber nur zu gut, in jedem Internetforum gibt es die zu Hauf. Natürlich auch hier bei Talkteria, sieht man doch auch immer wieder. Grade vorhin wieder wurde mein Faktenwissen mit einem "ich bin aber der festen Überzeugung das" hinweggewischt. Viel zu oft wird dann auch "Ich glaub ja dies und das" bei konkreten Fragen herumgefachsimpelt. Das ist hier besonders schlimm, weil es ja Punkte dafür gibt. Oft lese ich Beiträge wo ich denke "Aussage = 0, aber Hauptsache was geschrieben".
Menschen sind halt Selbstdarsteller.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-82865.html
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