Die Religion wegen Zweifeln wechseln?

vom 21.08.2009, 09:42 Uhr

Ich bin katholisch und wurde auch von klein auf streng katholisch erzogen. Meine Oma geht zwei bis drei Mal die Woche zur Kirche, meine Mutter jeden Sonntag. Es ist nicht so, dass sie streng nach der Bibel leben aber es wird schon sehr an dem Glauben festgehalten.

Mir hat das schon als Kind immer widerstrebt. Damals wurde es noch darauf geschoben, dass ich einfach keine Lust hatte zur Kirche zu gehen aber je älter ich wurde, desto mehr habe ich gemerkt, dass ich mit dieser Religion einfach nicht zurechtkomme. Die Art des Glaubens widerstrebt mir, ich hab das Gefühl, dass das einfach nicht zu mir passt. Ich hatte schon immer ganz andere Ansichten und Einstellungen die oft nicht mit denen der katholischen Kirche übereinstimmen. Zudem gibt es für mich in dieser Religion so viele Widersprüche und so viele Dinge, die ich so einfach nicht akzeptieren möchte, dass es mir schwer fällt, mich dort wohl zu fühlen. Mittlerweile gehe ich kaum noch zur Kirche weil es für mich einfach keinen Sinn macht wenn ich doch im Hinterkopf genau weiß, dass ich da eigentlich gar nicht rein passe.

Bei mir kam deshalb schon relativ früh die Frage auf, ob ich die Religion wechsle. Mir ist bewusst, dass man so eine Entscheidung nicht einfach so trifft und dass es Zeit braucht bis man sich in einer anderen Religion zurechtfindet. Ich hab auch nicht vor, das von heute auf morgen zu entscheiden, trotzdem beschäftigt mich die Frage.

Wenn ich das Thema bei meiner Familie anspreche reagieren sie völlig entsetzt. Für sie ist das gleichzusetzen mit einem Verrat an Gott, wobei ich ihre Argumentation da nicht so ganz verstehe. Die Art und Weise wie ich glaube ist doch mir überlassen, solange ich damit niemandem schade oder nicht?

Am meisten getroffen hat mich die Aussage „Entweder ist man gläubig oder nicht, ich könne mir nicht einfach den leichtesten Weg aussuchen nur weil mir bestimmte Sachen nicht passen.“. Ich finde eigentlich nicht, dass ich es mir leicht mache. Immerhin beschäftige ich mit dem Thema, was ich immer noch besser finde als alles widerspruchslos hinzunehmen ohne sich Gedanken darüber zu machen. Mir ist schon klar, dass es wohl keine Religion geben wird, mit der ich zu 100% und in jedem Punkt übereinstimme, darum geht es auch nicht. Aber ich finde, zumindest mit dem Grundsatz sollte man sich irgendwie identifizieren können, sonst macht das für mich keinen Sinn.

Natürlich mache ich meine Entscheidung nicht von anderen Leuten abhängig, weder von meiner Familie noch von jemand anderem. Das ist etwas, was ich für mich alleine entscheide. Trotzdem würde mich interessieren wie ihr dazu steht? Ist es wirklich verwerflich die Religion zu wechseln? Spricht moralisch etwas dagegen? Oder hat vielleicht jemand von euch selbst schon darüber nachgedacht?

Zuletzt möchte ich noch dazu sagen, dass ich mit meinem Beitrag niemanden angreifen möchte, der sich als Katholik wohl fühlt, es ist nur für mich persönlich nicht das Richtige. Nur, damit hier kein falscher Eindruck entsteht. :)

» Janella » Beiträge: 19 » Talkpoints: 14,70 »



Über dieses Thema habe ich mal in jungen Jahren mit einem Pastor der katholischen Kirche gesprochen. Meine Mutter war auch immer ein großer Kirchgänger. Ich will nicht sagen, dass sie wirklich gläubig war. Denn da hätte sie eigentlich ein anderes Leben führen müssen und sich anders verhalten müssen. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich bin so aufgewachsen, dass ich als Kind in die Kirche gehen musste. Ein Sonntag ohne Kirche war undenkbar und wenn wir als Kind nicht mit wollten, kamen Sanktionen, wie Hausarrest usw. Also habe ich das als Kind mitgemacht. Aber ich bin ab dem Zeitpunkt nicht mehr in der Kirche gewesen, außer zu Beerdigungen oder Taufe und Hochzeiten, wo ich ausgezogen bin.

Für mich ist Kirche nicht gleich Glauben. Für mich ist mein Glaube etwas, was ich nicht mit einer Kirche teilen muss. Ich kann für mich selber glauben und ich muss mich da an keine Kirche halten. So denke ich jedenfalls.

Für mich kommt auch kein Wechsel der Religion in Frage, weil ich denke, dass jede Religion etwas sektenhaftes an sich hat und einem Meinungen aufdrängen will, die man nicht teilen kann. Deswegen glaube ich für mich das was ich glauben will und lasse mir von keiner Religion da rein reden.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Religion, in der Art wie du sie beschreibst und wie sie häufig praktiziert wird bedeutet doch eigentlich nur, dass die Eltern eine Religion für das Kind aussuchen und erwarten, dass das Kind nach diesen Moralvorstellungen lebt. Ein Säugling, der getauft wird hat nicht die Möglichkeit selber zu entscheiden.

Dass das in vielen Fällen nicht gut geht ist doch irgendwie vorprogrammiert. Denn Werte, Normen, Moralvorstellungen, Lebensphilosophie und so weiter entwickelt man doch erst im Laufe seines Lebens und diese verändern sich natürlich auch. Deshalb ist es doch völlig normal, dass man sich je nachdem eben mehr von der einen oder anderen Philosophie (und Religion ist ja im Prinzip auch nichts anderes) angesprochen fühlt.

Verwerflich finde ich es höchstens, wenn Eltern von ihren Kindern erwarten ein Wertesystem zu übernehmen ohne es zu hinterfragen. Denn wohin das führen kann hat uns die Geschichte schon des öfteren gezeigt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Die Frage ist doch, ob du eigentlich einfach eine Religion als solche nicht akzeptieren möchtest, dann wäre es wohl wirklich das Beste, aus der Kirche auszutreten. Das ist aber auch das Einzige, das du tun musst, denn deine Gedanken musst du ja nicht mehr anpassen. Entweder du glaubst an eine Religion oder nicht und der Austritt aus der Kirche ist wohl einfach nur die logische Konsequenz daraus, wenn du es nicht tust.

Allerdings schreibst du ja, dass du die Religion wechseln möchtest. Gibt es denn eine Religion, die dir zusagt und zu der du dich zugehörig fühlst? Ich finde es nämlich immer komisch, wenn man meint, man MÜSSTE eine Religion für sich wählen und es müsste immer irgendetwas geben, dem man sich zugehörig fühlt in der Hinsicht. Wenn du aber keine andere Glaubensrichtung gibt, die dich anspricht, dann würde ich mir jetzt zwanghaft auch keine suchen.

Mir an deiner Stelle wäre relativ egal, was meine Familie davon hält und wenn es wen sehr hart trifft, dass ich nicht mehr Teil der (christlichen) Gemeinschaft sein möchte, würde mich das in meiner Entscheidung auch nicht beeinflussen. Sicherlich würde ich wohl Freunden und Familie gegenüber aus Nettigkeit dann zu bestimmten Anlässen trotzdem die Kirche besuchen, besonders wenn jemand heiratet. Aber ich würde das dann eher als Nettigkeit ansehen und solange ich selbst weiss, dass ich dort auch nur deshalb bin, würde es mich selbst nicht stören. Ich würde wohl aber nicht mitbeten.

Letztendlich ist es deine Entscheidung und ich finde, wenn du beschlossen hast, dass das Christentum nichts für dich ist, dann musst du nichts suchen, was dir eher zusagt. Dann würde ich einfach genau das den Freunden und der Familie erklären, auch wenn ich wüsste, dass das Verständnis dafür nicht besonders groß sein wird.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Dankeschön für eure Antworten. :)

Ob es eine Religion gibt, der ich mich zugehörig fühle kann ich so nicht sagen. Ich hab schon ziemlich früh angefangen mich für die verschiedenen Glaubensrichtungen zu interessieren und es gibt Religionen, die mir vom Grundsatz her mehr zusagen. Wie gesagt, ich werde wohl keine finden, mit der ich 100% übereinstimme aber das brauche ich ja auch nicht. Ich kann meine Entscheidungen ganz gut alleine treffen und muss auch wenn ich gläubig bin nicht unbedingt komplett nach der Bibel, der Thora oder dem Koran leben aber ich finde es wichtig zumindest eine gemeinsame Basis mit „meiner“ Religion zu haben und die fehlt mir im Christentum.

Wahrscheinlich wäre es wirklich das Beste ganz aus der Kirche auszutreten und es dabei zu belassen, momentan kann ich mir allerdings noch nicht vorstellen, gar keiner Religion mehr anzugehören. Natürlich reicht es wenn ich weiß was ich glaube, aber ich kann mir vorstellen dass mir dann etwas fehlt. Ich finde es aber interessant mal andere Meinungen dazu zu hören. :)

» Janella » Beiträge: 19 » Talkpoints: 14,70 »


Die Aussage: "Man ist entweder gläubig oder nicht" stimmt natürlich. Wenn man an etwas nicht glaubt, dann hat es keinen Sinn der Glaubensgemeinschaft etwas vorzuheucheln.

Die Schlussfolgerung, man müsste dann alles akzeptieren, was sich eine Religionsgemeinschaft ausgedacht hat, ist aber völliger Quatsch. Wenn man von der Existenz Gottes überzeugt ist muss man noch lange nicht in die Kirche gehen (soweit ich weiß gibt es auch keine Passage in der Bibel, die das vorschreibt).

Auch die offensichtlich blödsinnigen Riten muss man nicht wider den eigenen Verstand als heilig und wahr ansehen (die Wandlung von Wein in Blut ist symbolisch gemeint). Finde heraus was DU glaubst und lebe danach.

» istdasso » Beiträge: 211 » Talkpoints: -0,29 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Also ich denke dass man deine Situation vielleicht nicht unbedingt mit meiner vergleichen kann aber ich leg einfach mal los :).

Bei mir ist das so ich war bis vor einem Jahr evangelisch, meine Eltern waren zwar nicht solche strengen Kirchengänger aber als ich ihnen sagte dass ich aus der Kirche austreten will, machte sich das blanke entsetzen auf ihren Gesichtern breit, und sie kamen mit Argumenten wie mit 16 kann man so etwas doch noch gar nicht entscheiden usw usw.

Mir war das eigentlich nicht besonders wichtig ob sie nun damit einverstanden waren oder nicht denn seine Religion sollte man selber bestimmen können. In meinem Fall haben sie dann zum Schluss auch nachgegeben als ich ihnen klar gemacht habe dass es mir wirklich ernst/wichtig damit ist. Und es ist keinesfalls moralisch verwerflich denn es ist allein deine Entscheidung und wenn du dich mit dieser Religion nicht wohl fühlst hast du das Recht zu wechseln. Dass muss deine Familie akzeptieren.

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» Tatti » Beiträge: 7 » Talkpoints: 2,89 »



Ich glaube an keinen Gott und deswegen finde ich das Leben in einer Religion nach allen Regeln der Religion schon immer ein bisschen weltfremd, aber ich denke, dass man auch niemanden dazu zwingen kann eine bestimmte Sache zu glauben. In deinem Fall kann man dir nicht diesen Glauben aufzwingen. Du musst auch nicht zwingend etwas glauben.

Es kann ja auch mal sein, dass man erst wieder zu einem Glauben finden muss oder an etwas glaubt und dem Ganzen keinen Namen geben kann. Beispielsweise kannst du an Gott glauben, musst aber nicht in einer Kirche sein oder einer Religion angehören. Es muss nicht immer alles einen Namen haben und du kannst auch an Gott glauben und musst nicht einer Religion angehören und in eine Kirche gehen.

Ich finde es auch wichtiger, dass man das was man glaubt mit sich vereinbaren kann, als irgendetwas zu glauben, nur weil man es heranerzogen bekommen hat. Die Erziehung in einem Glauben ist sicherlich eine nett gemeinte Sache, aber man muss immer selber entscheiden dürfen an was man glaubt und das solltest du nun auch ganz in Ruhe herausfinden. Nimm dir die Zeit, die du brauchst.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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