Kennt Ihr "Die Blechtrommel"?

vom 16.10.2007, 10:36 Uhr

Ich habe gestern Nacht anlässlich des 80. Geburtstags von Günther Grass nun zum zweiten Mal die Verfilmung vom Buch "Die Blechtrommel" von Volker Schlöndorff gesehen. Kennt jemand den Film? Oder hat zumindest das Buch gelesen? Wie ist Euer Eindruck davon, wie fandet Ihr den Film?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich den Film nicht so richtig gut finde. Der ist mir irgendwie zu abgedreht. Das ist das Buch zwar auch und im Buch finden sich auch einige Längen meiner Meinung nach, aber im Grunde kann ich mit dem FIlm nichts anfangen. Es gibt zwar einige "schöne" Szenen, wie zum Beispiel die politische Seitenhiebe als Oskar beispielsweise den Nazi-Aufmarsch trommelnd in einen riesigen Wiener Walzer verwandelt, aber ansonsten finde ich dieses kleine Menschlein eher befremdend - vor allem dann, wenn er sich sexuell "auszuleben" beginnt.

Hab ich da zu wenig Kunstverständnis? Was meint Ihr zu dem Film/Buch?

Liebe Grüße
von Eurer "die Blechtrommel" eventuell missverstehenden kruemelfrau

Benutzeravatar

» kruemelfrau » Beiträge: 825 » Talkpoints: 6,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich habe das Buch leider nicht gelesen, den Film im Rahmen des Schulunterichts jedoch gesehen. Ich empfinde es haargenauso wie du ;) Dieser Film gehört absolut nicht zu meinen Lieblingsfilmen und ich finde es auch nicht beschämend, wenn ich das so empfinde.

Ich habe zum Beispiel den "Schimmelreiter" mit Begeisterung gelesen, und fand die später entstandene Version des Filmes auch sehr nett - und war da fast allein. Das ist einfach Geschmackssache.

Benutzeravatar

» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Naja, beides - also Roman und Film - sind nicht gerade unterhaltsam. Aber das mag durchaus gewollt sein und so ist es nicht unbedingt verwunderlich, wenn man beides nicht mag. Es ist ja auch die Geschichte mit ihren vielen Anspielungen auf die deutsche Geschichte, die den Roman so mühsam machen. Und auch die Symbolik vieler Gegenstände, allen voran die Trommel, macht es nicht gerade besser.

Und es passieren ja auch wichtige Ereignisse: die Machtergreifung, die Reichskristallnacht und auch der Ausbruch des 2. Weltkriegs. Neben all diesen geschichtlichen Ereignissen wird ja auch noch die schwierige Familiensituation und die daraus resultierende psychische Störung des Jungen thematisiert.

Und der ganze Mix ist schon sehr anstrengend. Und ohne Hintergrundwissen, das mansich vorher aneignen sollte ist der Film gar nicht zu gebrauchen und das Buch auch nicht immer zu verstehen. Bedenkt man aber die Zeit, als Grass das Buch geschrieben hat, nämlich nach dem Krieg, seine Arbeit bei der Gruppe47 und berücksichtigt die in Deutschland stattfindende Aufarbeitung der NS-Zeit, dann kann man dem Buch mehr abgewinnen, als nur die Geschichte eines kleinen Jungen und seiner Trommel.

Benutzeravatar

» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde den Film sehr gelungen und versuche ihn auch jedes mal, wenn er im TV läuft anzusehen. Die Geschichte ist halt abgefahren, weil Sie die Sicht des Krieges mal aus einem sehr merkwürdigen Blickwinkel zeigt.

» eule » Beiträge: 107 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich kenne das Buch nur vom hören her. Und wusste, dass es von Günther Grass geschrieben wurde. Und hat er mit seinem Roman nicht auch irgendeinen Preis gewonnen? LG Jenna

» Jenna » Beiträge: 1270 » Talkpoints: -1,27 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ja den Nobelpreis für Literatur hat er dafür bekommen.

» eule » Beiträge: 107 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich kenne sowohl das Buch, als auch den Film. Oskar ist wahrlich nicht gerade ein Sympathieträger. Die erotischen Szenen wirken eigentlich nur deshalb so abstrus, weil Oskar ein kleinwüchsiger ist und sehr kindlich aussieht. Wenn man berücksichtigt, wie alt Oskar in den Szenen wirklich ist, sind die Szenen nicht annähernd so komisch, wie sie beim oberflächlichen Betrachten zu sein scheinen.

Wenn man bedenkt, dass Kinder zur Zeit des Nationalsozialismus schon ganz früh in die organisierte Jugendarbeit aufgenommen wurden, um aus ihnen gut funktionierende Nazis zu machen, kann man sich auch vorstellen, warum Oskar nicht mehr wachsen wollte. Wie ja nun im Nachhinein herauskam war Grass ja anscheinend selbst Mitglied der HJ und später sogar bei einer der grausigsten Truppen, der Waffen SS, Soldat.

Grass hat in diesem Roman absichtlich mit autobiografischen Elementen gespielt. Trotzdem darf man nicht den Fehler machen, diesen Roman als autobiografischen Roman zu sehen. Genau dieses Versteckspiel und Rätsel finde ich besonders interessant. Wie viel Grass steckt in Oskar tatsächlich? Wenn man das Leben von der Figur Oskar Mazerat und Günter Grass vergleicht, fallen einem Parallelen ins Auge. Sowohl Grass als auch Oskar sind in Danzig geboren. Grass lernte Steinmetz als Beruf und Oskar arbeitet zwischenzeitlich in einer Steinmetzwerkstatt. Das gibt dem Ganzen so eine surreale Spannung. Gerade weil Oskar eigentlich nicht viel beweisbares mit Günter Grass zu tun hat und Grass einen da bewusst an der Nase herum führt.

Dass Grass eine ganz offensichtliche Vorliebe für groteskes und befremdendes hat, ist offensichtlich. Ich kenne kaum einen anerkannten Literaten, der sich so in Schilderungen von Sexszenen auslässt, wie Grass. In seinem Werk Katz und Maus beschreibt er sogar eine Szene, wo jugendliche Jungs in der Öffentlichkeit um die Wette onanieren. Ob man das für spitzenmäßige Literatur halten muss, ist sicherlich diskussionsfähig. Für zarte Seelen ist dieses Buch sicherlich ungeeignet.

Meiner Meinung nach hat sich Grass vor allem mit der Aufarbeitung der NS-Diktatur in der Literatur verdient gemacht. Damit, dass mal jemand völlig respektlos und hemmungslos über diese Zeit richtet. Aber einen Hochgenuss finde ich diese Werke trotzdem nicht. Ich bereue aber auch nicht, sie gelesen zu haben.

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich habe zuerst das Buch gelesen und mich dann schon mehrfach an dem Film versucht. Versucht deshalb, weil ich es bisher noch nicht geschafft habe, diesen Film auch wirklich zu Ende zu schauen, vielleicht sollte ich es einmal mit einer DVD probieren. Da kann man dann ja häppchenweise schauen.

Grass' Romane sind definitiv keine Unterhaltungsliteratur und da bildet auch "Die Blechtrommel" keine Ausnahme. Neben ein wenig Hintergrundwissen muss man sich auch einfach die Zeit nehmen, um das Buch bzw. den Film wirken zu lassen. Bei einem Buch ist das ja doch immer noch machbar, bei einem Film weniger. Und gerade wenn man schon den ganzen Tag auf den Beinen war, dann ist es schwierig sich abends noch auf einen so anspruchsvollen Film mit (leichter) Überlänge zu konzentrieren.

Daneben haben mich auch die Umsetzung des sexuellen Erwachens des Oskar Matzerat sehr irritiert. Sicher ist es immer etwas befremdlich einen kleinwüchsigen Erwachsenen, der ja doch immer irgendwie kindlich wirkt, in solchen Szenen zu sehen. In der Phantasie, die ja doch mit dem Lesen eines Buches erwacht, ist diese Vorstellung ja meist doch anders. Gerade auf die Sexszenen muss man sich irgendwie einlassen (können) und das fällt mir bei dem Buch irgendwie leichter als bei dem Film.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich hatte Buch und Film jeweils in der 11. Klasse am Gymnasium und muss sagen, dass ich mich damit sehr gequält habe. Ich fand es einfach wahnsinnig langweilig geschrieben. Die Sätze waren immer ewig lang und oft eben nicht gerade spannend. Ich habe damals (wie heute auch noch) meistens abends im Bett gelesen. Bei der "Blechtrommel" bin ich aber jedes mal nach spätestens zwei Seiten eingeschlafen. Das Thema an sich fand ich gar nicht so unspannend, aber die Umsetzung war einfach nicht meine.

Den Film fand ich auch einfach nur langatmig und auch nicht viel spannender als das Buch. Es gab Schullektüre, die mir dann doch deutlich besser gefallen hat.

Irgendwann habe ich es nochmal mit einem anderen Buch von Günther versucht, aber da ging es mir ähnlich wie bei der "Blechtrommel". Manche Autoren kann man persönlich einfach nicht lesen, da kann das eigentliche Thema noch so gut sein. Mit Büchern von Heinz Strunk geht es mir ähnlich. Die Themen finde ich gut, die Umsetzung irgendwie anstrengend zu lesen.

» ChaosXXX » Beiträge: 1877 » Talkpoints: 1,61 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Das Buch gab es früher in der DDR als Bückware, ich hatte es nur unter Mühen kaufen können. Als ich es endlich durchgelesen hatte war ich doch etwas enttäuscht, den Film fand ich besser. Wobei ich allerdings sagen muss dass derjenige, der das Buch auch gelesen hat, einige Zusammenhänge im Film besser verstehen konnte. Schade dass die Vorgänge im Zwiebelkeller total unter den Tisch gefallen sind, da hätte mich die Umsetzung sehr interessiert.

Überrascht war ich damals eigentlich über das aktive Sexleben von Oskar. Heute würde ich mich nicht mehr darüber wundern, er war ja auch nur ein jugendlicher Erwachsener mit entsprechenden Bedürfnissen.

Benutzeravatar

» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^