Kann man das Schöffenamt ablehnen?
Eine Bekannte (wohnt in Nordrhein Westfalen) hat einen Brief bekommen. Dort steht drin, dass sie als Schöffe ausgelost wurde. Sie hat sich grade von ihrem Mann getrennt und ist dazu nicht in der Lage.
Kann sie unter diesen Umständen das Schöffenamt ablehnen? Oder ist sie verpflichtet das zu machen. Sie hat sich sehr gewundert, dass man auf sie gekommen ist. Denn sie hat sich eigentlich nie dafür interessiert. Sie ist 45 Jahre alt und gelernte Rechtanwaltsgehilfin, aber 20 Jahre aus dem Job raus. Kann es daran liegen, dass sie Rechtanwaltsgehilfin gelernt hat, dass sie so ein Schreiben bekommen hat?
Wenn sie ablehnen kann, wie schreibt sie das am besten und was muss sie tun. Wenn sie einfach nicht erscheint, kann das irgendwelche Folgen haben?
Es hat nichts mit ihrer Ausbildung zu tun: Jeder Deutsche ab dem 25. (und vor dem 65.) Lebensjahr kann (für 5 Jahre) zum Schöffenamt berufen werden und muss dann auch seiner Pflicht als Staatsbürger nachgehen und Richter spielen.
Das bedeutet, das man bis zu 25 Tage des Jahres als Vorsitzender vor Gericht verbringen muss ohne dafür eine Vergütung zu erhalten - das (unentschuldigte) Fernbleiben wird allerdings mit einer Ordnungsstrafe bestraft.
Befreiet werden vom Schöffendienst kann man nur, indem man entweder zu einer der folgenden Berufsgruppen gehört: Abgeordnete, Ärzte, Zahnärzte, Krankenschwestern, Krankenpfleger und Hebammen, Apothekenleiter, ehrenamtliche Richter der Strafrechtspflege (ab 40 Tagen Dienst in der vergangenen Periode), oder Personen die noch während der fünfjährigen Amtsperiode das 65. Lebensjahr vollenden würden. Auch wenn die Ausübung des Amtes eine "Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz" bedeuten würde, das heißt vermutlich wenn man selbstständig ist, oder wenn man die Zeit für die Fürsorge für die Familie (Kinder unter 14?) braucht.
Das man sich nicht dafür interessiert ist kein Argument, denn Staatsdienst ist kein Wunschdienst (obwohl man sich freiwillig auf die Liste setzen lassen kann), schließlich ist auch der Wehrdienst oder die Steuerpflicht keine freiwillige Verpflichtung.
Ganz korrekt sind die Zahlangaben aber nicht. Jeder der mind. 25 und max. 69 Jahre alt ist, kann zum Schöffen benannt werden. Übrigens heisst es Wehrpflicht und Steuerpflicht und hier sieht man dann das es Pflichten sind und keine Wünsche.
Ebenso darf ein Schöffe keine Vorstrafen haben. Dies wäre ein Ausschlussgrund. Ganz gratis arbeiten sie auch nicht. Sie bekommen zwar für ihre Arbeit als Schöffe kein Gehalt, dafür aber eine Aufwandtsentschädigung. Schliesslich entstehen ja vielleicht Fahrtkosten, Verpflegungskosten etc., denn ein Schöffentag kann auch länger als 8 Std. dauern. Auch Mitarbeiter von Bund und Ländern, der Regierung, Anwälte oder Justiz können das Amt ablehnen.
Man sollte übrigens ganz genau aufpassen und sich die Termine korrekt notieren. Trägt man versehentlich für einen falschen Tag ein, fehlt demzufolge am richtigen Verhandlungstag, kann das bis zu 1000 Euro Strafe bedeuten! Der Arbeitgeber übrigens muss einen für das Schöffenamt freistellen. Darum gibts dann wohl auch die Aufwandsentschädigung, denn das normale Gehalt wird für die Sitzungstage nicht gezahlt.
Mandylein hat geschrieben:Ganz korrekt sind die Zahlangaben aber nicht. Jeder der mind. 25 und max. 69 Jahre alt ist, kann zum Schöffen benannt werden. Übrigens heisst es Wehrpflicht und Steuerpflicht und hier sieht man dann das es Pflichten sind und keine Wünsche.
Das ist dann wohl vom Bundesland abhängig und gerade in NRW kann man das Schöffenamt ablehnen, wenn das 65. Lebensjahr vollendet ist. Soweit ist das dann eben doch korrekt.
Diamante, wie weit ist denn das Wahlverfahren gediehen? Zunächst wird ja von der Gemeinde eine Vorschlagsliste aufgestellt. Dort liegt die Liste dann eine(?) Woche aus und jedermann kann Widerspruch einlegen. Erst dann wird diese Vorschlagsliste zum Amtsgericht weitergeleitet und dort wird dann über die Vorschlagsliste unter Beachtung etwaiger Widersprüche entschieden.
Trotzdem kann man auch später noch vom Schöffenamt zurücktreten. Dazu muss man dann aber vor dem Gericht glaubhaft die Gründe darlegen können. Am besten informiert sich Deine Bekannte erst mal, ob für sie Gründe vorliegen.
Ein weiterer Unterschied ist übrigens, ob man als Haupt- oder Hilfsschöffe gewählt wurde. Gerade letztere werden erstmal nur gewählt, damit sie an die Stelle eventuelle ausscheidender Hauptschöffen treten können.
Dass Deine Bekannte zum Schöffen vorgeschlagen oder schon gewählt wurde hat übrigens weniger mit dem früher ausgeübten Beruf zu tun. Vielmehr ist es so, dass die Schöffen auch alle Bevölkerungsgruppen (nach Geschlecht, Alter, Beruf sowie sozialer Stellung) angemessen widerspiegeln.
Deine Freundin sollte mal ihren Sachbearbeiter/in anrufen. Auf dem Bescheid ist eine Kontaktperson angegeben, war jedenfalls bei mir damals so. Denen sollte sie telefonisch ihre Lebenslage schildern, dann können die auch weiter helfen. Auf alle Fälle können sie deiner Freundin sagen, was und wie sie vorgehen kann. Es könnte eventuell ein Grund sein, wenn sie wegen der Trennung in psychischer Behandlung ist.
Ich persönlich fand das Schöffenamt übrigens sehr unterhaltsam und die Vergütung war auch mehr, als ich als Hausfrau zu Hause beim Däumchendrehen bekommen hätte. Das einzige Mal, wo ich mich geärgert hatte, war als ich nicht früh genug meinen Urlaub genannt hatte und eine Verhandlung über mehrere Wochen ging, da musste ich aus Dänemark für die Urteilsverkündung anreisen, aber da hätte es bestimmt auch eine Möglichkeit gegeben, das zu umgehen. Bei mir am Gericht waren sie jedenfalls immer sehr entgegenkommt. So mit Nachfrage, wann die nächste Verhandlung angesetzt wird, damit mein Sohn versorgt ist.
Was heißt denn, dass sie ausgelost wurde. Muss man sich für das Amt nicht bewerben? Und wenn sie sich beworben hat und dann nicht will, finde ich das schon merkwürdig, weil man sich ja dann gar nicht hätte bewerben müssen.
Da sie noch nicht da war, kann sie das Amt natürlich ablehnen. Sie sollte allerdings so früh wie möglich bescheid geben. Denn wenn sie das nicht tut und einfach nicht kommt, wird das sehr teuer und kann sogar anders bestraft werden. Natürlich muss man jetzt noch einen anderen Schöffen ermitteln, deswegen ist Eile geboten.
Wie die Schöffen bestimmt werden, ist von Kommune zu Kommune verschieden. In unserer Region wird zum Beispiel auch auf Freiwilligkeit gesetzt; bewerben sich nicht genug Freiwillige bzw. sich nicht alle Bevölkerungsgruppen angemessen vertreten dann werden Personen bestimmt.
Und nein, man kann das Schöffenamt nicht einfach so ablehnen, es müssen wirklich triftige Gründe vorliegen. Und die muss man dem zuständigen Gericht auch eine Woche nach der Wahl bzw. dem Bekanntwerden darlegen.
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