Grundschullehrer werden - wie gehts am schnellsten ?

vom 23.07.2009, 13:06 Uhr

Hallo Zusammen,

bin momentan beruflich in einer Sackgasse! Vorab ein paar Daten zu meiner Person: Bin heute 29 Jahre alt, verheiratet und seit 3 Monaten ein Kind, habe die Mittlere Reife und eine abgeschlossene Berufsausbildung im kaufmännischen Bereich - arbeite seit knapp 12 Jahren in diesem Beruf (einschl. Ausbildung).

Nun bin ich momentan in einer Findungsphase und muss tagtäglich feststellen, daß dies nicht mein Ziel im Leben war, täglich meine 11-12 Stunden im Bereich Logistik tätig zu sein - meine Stärken liegen in einem komplett anderen Bereich und da würde mich mein Kindheitstraum "Lehrer" wieder interessieren!

Wie gesagt - ich habe die mittlere Reife und würde gerne in Richtung Grundschullehramt etwas unternehmen - ist das noch ratsam bzw. noch möglich?

Es gibt hierzu einige Fragen die mich brennend interessieren würden:
- Wie sind die Zukunftsaussichten? Lohnt es sich?
- Wie lange müsste ich im Beruf aussetzen, bis ich wieder Geld verdienen könnte?

Für Euren Input wäre ich dankbar - bin wirklich interessiert, nochmal was ganz neues zu machen!

» raininho » Beiträge: 1 » Talkpoints: 1,04 »



Also, ich will dir ja nicht deinen Traum kaputt machen aber ich würde mal sagen, dass du das knicken kannst. Zunächst einmal musst du nämlich erstmal wieder die Schulbank drücken um dein Abitur nachzumachen. Dann musst du an einer Universität x Semester studieren. Das alles nimmt eine ziemlich lange Zeit in Anspruch. Ich würd mal auf bestimmt 5-6 Jahre tippen. Weiß nicht genau wieviele Semester das beim Grundschullehramt sind oder wie lange du brauchst um dein Abitur nachzuholen.

Zusätzlich solltest du bedenken, dass du über 10 Jahre nicht mehr in der Schule warst und dir vermutliche in einigen Bereichen elementare Grundkenntnisse fehlen werden, die du dir erstmal wieder aneignen musst.

Dazu kommt noch, dass du das Abi vllt. noch an einer Abendschule nachholen kannst und tagsüber arbeiten, (was allerdings ein ganz schöner Schlauch ist) aber spätestens beim Studium wirds knapp mit den finanziellen Mitteln. Also wenn du nicht über ein großes finanzielles Polster verfügst solltest du das nochmal überdenken.

» botter » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Tja, ehrlich gesagt würde ich mir das an deiner Stelle gründlich überlegen.

Grundschullehrer ist ein Beruf, den man nur mit einem Studienabschluss ausüben darf. Momentan ist es der Master of Education, vereinzelt noch das Staatsexamen. Diesen kann man nur an einer Universität oder pädagogischen Hochschule erwerben, nicht an einer FH. Um dort studieren zu dürfen braucht man eine allgemeine Hochschulreife, sprich das reguläre Abitur. Bei Leuten, die Erzieher gelernt haben gibt es eine Sonderregelung, diese werden auch ohne Abi fürs Studium zugelassen, allerdings nur für den Bereich Grundschule, für die weiterführenden Schulen gilt das nicht. Da du ja aber eine kaufmännische Ausbildung hast, ist diese Option eh hinfällig.

Es würde also ziemlich lange dauern, deinen Berufswunsch umzusetzen. Du müsstest zunächst deine HZB nachholen, da würde ich dir aufgrund deiner Situation ein Abendgymnasium empfehlen. Während dieser Zeit könntest du nebenbei regulär arbeiten gehen, da die Kurse ja abends sind, allerdings ist das natürlich sehr sehr stressig, wegen der Doppelbelastung. Dauern würde das meines Wissens die regulären drei Jahre der Oberstufe, nach den neuen Regelungen mit em verkürzten Abitur vielleicht auch nur zwei, das ist glaube ich bundelandabhängig. Deine Note muss natürlich gut genug sein, um einen Studienplatz zu ergattern, denn die sind rar.

Anschließend musst du das Studium absolvieren, wenn alles nach Plan läuft(was es meiner Erfahrung nach fast nie tut) dauert es fünf Jahre bist du den Master hast. Das kostet dich je nach Bundesland bis zu 5000€ Studiengebühren, hinzu kommen die regulären Semesterbeiträge und natürlich der Verdienstausfall, weil man, wenn das Studium zeitnah durch kriegen will höchstens einen Nebenjob bewältigen kann. Um zum Master zugelassen zu werden muss man außerdem den Bachelor mit einer entsprechenden Note abschließen, sonst ist da Ende der Fahnenstange.

Hast du den Master in der Tasche folgt das Refrendariat, das noch mal 18-24 Monate dauert. In dieser Zeit verdient man schon Geld, wenn auch nicht besonders viel, es ist aber auch sehr arbeitsintensiv und stressig, weil eine Menge Anforderungen an die werdenden Lehrer gestellt werden.

Hast du auch das erfolgreich hinter dich gebracht bewirbst du dich um eine der freien Stellen, momentan sieht es da nicht schlecht aus, wie es aber ist, wenn du fertig bist, ist leider schwer vorherzusehen. Da aber momentan etliche Leute studieren sehe ich eher schwarz. Es werden zwar in nächster Zeit viele Stellen frei, weil das Kollegium überaltert und in Rente geht, allerdings kommt nicht für jeden Rentner ein neuer Lehrer nach und es stehen etliche Leute in den Startlöchern, so dass der Bedarf gedeckt sein dürfte, wenn du soweit bist. Außerdem geht das Gerücht, dass im Grundschulbereich nicht mehr verbeamtet werden soll, es ist aber in allen Schulstufen so, dass Berufseinsteiger über Vierzig generell nicht mehr verbeamtet werden. Du würdest also in einem normalen Angestelltenverhältnis landen, wenn du dir was dazwischen kommt und du nicht mit 39 fertig bist und dann sofort etwas findest.

Die Bezahlung ist nicht toll, aber man kann ganz gut davon leben, hat aber auch jede Menge Stress. Natürlich gibt es als Lehrer auch viele schöne Seiten, aber der Beruf ist eben zeitaufwendig, wenn man es richtig machen will, und manchmal auch emotional belastend. Der Lärmpegel ist unter Umständen höher als auf der Baustelle, das wurde mal nachgewiesen. Und die Aufstiegschancen sind gering, man kann zwar zum Rektor werden, aber das schlägt sich nicht wesentlich im Gehalt nieder, dafür aber in der Mehrarbeit, die das mitbringt. Ansonsten tut sich da nicht viel. Auf dem Gymnasium sieht es ein wenig besser aus, aber auch nicht viel.

Ich will dir deinen Traum nicht schlecht reden, aber du solltest dir im Klaren sein, dass ein langer Weg vor dir liegt und dass die Chancen anschließend etwas für all die Strapazen zu bekommen gering sind. Der Weg dahin ist lang und teuer, vor allem wenn man erst das Abitur nachholen muss. Und dank dem neuen BA/MA-System ist das Studium zu einem Spiessrutenlauf geworden, jedenfalls im Vergleich zum alten Staatsexamen. Das Refrendariat war schon immer einer, das wird dir jeder Refrendar oder fertige Lehrer sofort unterschreiben, und es werden viele ausgesiebt. Möglich ist es Lehrer zu werden, aber ob das wirklich ratsam ist, musst du dir selbst überlegen. Über deinen persönlichen Kosten-Nutzen-Faktor musst du allein entscheiden. Ich würde es aber vermutlich nicht mehr anfangen, wenn ich an deiner Stelle wäre.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Sorcya hat geschrieben:Anschließend musst du das Studium absolvieren, wenn alles nach Plan läuft(was es meiner Erfahrung nach fast nie tut) dauert es fünf Jahre bist du den Master hast. Das kostet dich je nach Bundesland bis zu 5000€ Studiengebühren, hinzu kommen die regulären Semesterbeiträge und natürlich der Verdienstausfall, weil man, wenn das Studium zeitnah durch kriegen will höchstens einen Nebenjob bewältigen kann.

Fünf Jahre sind glaube ich doch etwas übertrieben. Meine Freundin hatte zunächst nur eine Zulassung für ein Lehramtsstudium für Grundschule in Hildesheim bekommen. Zwar war das noch Staatsexamen und auch schon wieder 4 Jahre her, aber damals hätte sie 7 Semester studieren müssen, also 3,5 Jahre. Selbst ein Lehramtsstudium für die Sekundarstufe (egal ob 1 oder 2), kann man in 9 Semstern schaffen, also 4,5 Jahre. Ich glaube kaum, dass durch die Bachelor/Masterumstellung plötzlich überalle 1,5 Jahre beim Grundschulstudium dazugekommen sind.

Und Studiengebühren muss man ja auch nicht überall zahlen und wenn man etwas flexibel ist, kann man den Studienort ja dementsprechend anpassen. Allerdings wird die Finanzierung natürlich trotzdem ein Problem, da nur ein Nebenjob drin ist oder man versuchen muss einen Job in den Semesterferien zu finden, bei dem man auch mal 30-40 Stunden pro Woche arbeiten kann.

Also machen kannst du das auf jeden Fall noch, wenn du dich reinhängst und dazu bereit bist viele Abstriche auf der finanziellen Seite hinzunehmen, während des Studiums. Aber ob es nun soviel mehr bringt stattdessen ewig einen Job zu machen, auf den man jetzt schon keine Lust mehr hat, ist auch fraglich.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Klehmchen hat geschrieben:Fünf Jahre sind glaube ich doch etwas übertrieben. Meine Freundin hatte zunächst nur eine Zulassung für ein Lehramtsstudium für Grundschule in Hildesheim bekommen. Zwar war das noch Staatsexamen und auch schon wieder 4 Jahre her, aber damals hätte sie 7 Semester studieren müssen, also 3,5 Jahre. Selbst ein Lehramtsstudium für die Sekundarstufe (egal ob 1 oder 2), kann man in 9 Semstern schaffen, also 4,5 Jahre. Ich glaube kaum, dass durch die Bachelor/Masterumstellung plötzlich überalle 1,5 Jahre beim Grundschulstudium dazugekommen sind.

Richtig. Das war Staatsexamen. Inzwischen gibt es BA/MA und für den Bachelor sind sechs Semester vorgesehen, für den Master nochmal vier. Das ergibt eine Regelstudienzeit von fünf Jahren. Und die Anforderungen sind massiv gestiegen, wenn ich beobachte, was von mir für mein Staatsexamen verlangt wird und was die BA/MA-Studenten leisten müssen, kann ich immer nur den Kopf schütteln. Außerdem sind Studiengebühren, die es nun mal leider fast überall gibt, als zusätzliche Belastung hinzugekommen. Und wenn man ein kleines Kind hat, studiert man in der Regel auch nicht immer ganz störfrei, so dass ein verkürztes Studium mir unter diesen Umständen doch ziemlich unrealistisch erscheint.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Sorcya hat geschrieben:Außerdem sind Studiengebühren, die es nun mal leider fast überall gibt, als zusätzliche Belastung hinzugekommen. Und wenn man ein kleines Kind hat, studiert man in der Regel auch nicht immer ganz störfrei, so dass ein verkürztes Studium mir unter diesen Umständen doch ziemlich unrealistisch erscheint.

Das mit dem Kind hatte ich glatt überlesen, dabei hab ich sogar nochmal kurz rübergeschaut, als ich das mit dem flexibel geschrieben habe.

Aber wenn du dich etwas auskennst mit dem neuen Grundschulstudium. Was machen die denn jetzt noch um damit 1,5 Jahre zu füllen? Ist ja nicht so, dass alle Lehrer die noch Staatsexamen gemacht haben, schlechte Lehrer sind und denen soviel in ihrer Ausbildung fehlt, dass auch die jetzt 5 Jahre studieren müssten. Ich dachte immer das ist nur bei den Sekundarstufen, dass diese jetzt 5 Jahre haben durch das Bachelor/Master-System.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Hallo!
Ich bin noch 10 Jahre älter als du :o . und habe auch den Gedanken, nächstes Jahr ein Studium für das Grundschullehramt anzufangen. Ob es in der Regelstudienzeit klappt, wer weiß das schon! Meine Kinder sind allerdings schon 10 und 13 J. alt. Zum Glück habe ich aber schon ein "erfolgreiches Abi" vor 20 Jahren hinter mir, sodass dieser Weg zumindest nicht mehr vor mir liegt.

Zu den erwähnten Studiengebühren ist mir bekannt, dass sie einem erlassen werden, wenn man ein Kind betreut, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die geringfügigeren Semestergebühren fallen allerdings dennoch an. Probiere es doch aus, denn in spätestens 20 Jahren wirst du dich sonst über deinen fehlenden Mut ärgern.

» maxifoxy » Beiträge: 1 » Talkpoints: 0,42 »



Klehmchen hat geschrieben:Was machen die denn jetzt noch um damit 1,5 Jahre zu füllen? Ist ja nicht so, dass alle Lehrer die noch Staatsexamen gemacht haben, schlechte Lehrer sind und denen soviel in ihrer Ausbildung fehlt, dass auch die jetzt 5 Jahre studieren müssten. Ich dachte immer das ist nur bei den Sekundarstufen, dass diese jetzt 5 Jahre haben durch das Bachelor/Master-System.

Also fürs Gymnasium waren fünf Jahre wohl immer schon die Regel, für Grund-, Haupt- und Realschulen lag sie bei vier Jahren. Und mit allen Praktika, die man hier machen muss und der Examensphase, die auch zur Studienzeit zählt, kam das schon ganz gut aus. Und wenn man nebenbei noch arbeiten muss, kann man ja den Stundenplan nicht so voll stopfen, so dass diese Regelstudienzeit schon angemessen geplant ist.

Beim Bachelor gibt es ein Modulsystem. Bei unserem Staatsexamen konnte man die meisten Kurse frei wählbar belegen, es gab gewisse Einführungen, die man im ersten Semester erledigen musste. Aber ansonsten wurde nur in Grund- und und Hauptseminare unterteilt, letztere durfte man vor der Zwischenprüfung nicht belegen. Beim Bachelor/Master System muss man das Meiste in einer bestimmten Reihenfolge belegen, passt es nicht in den Plan oder fällt man durch, muss man oft ein ganzes Jahr warten, weil es nicht im Semesterzyklus sondern nur im Jahrezyklus angeboten wird. Das ist jedenfalls bei uns das große Problem.

Außerdem musste man fürs Staatsexamen zwar viele SWS sammeln, aber nur wenige Scheine machen. Für einen Sitzschein genügte regelmäßige Teilnahme, nur für einen Leistungsnachweis musste man Klausuren oder Seminararbeiten schreiben. BA/MA hingegen funktioniert anders: Dort muss man überall Leistungspunkte erwerben und je nach Anzahl Arbeiten in verschiedenem Umfang abliefern. Damit muss man für jeden Kurs, den man belegt etwas machen, anstatt einfach nur hinzugehen und vor- und nachzubereiten. Die Mehrarbeit stresst sehr und weil auch noch jede Note in die Endnote zählt, reicht es auch nicht einfach so zu bestehen. Dass das dann länger dauert, weil man nicht so viele Kurse pro Semester schafft, wenn man mit anständigen Noten raus gehen will, versteht sich wohl von selbst.

Ich kann da nur von unserer Uni konkretes sagen, aber auch aus anderen Städten höre ich ähnliche Stories. Mit dem neuen Studiengang ist man nicht besser oder schlechter ausgebildet, als mit den alten Abschlüssen, es ist nur sehr viel stressiger das Ganze durchzustehen.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Sorcya hat geschrieben:Also fürs Gymnasium waren fünf Jahre wohl immer schon die Regel, für Grund-, Haupt- und Realschulen lag sie bei vier Jahren. Und mit allen Praktika, die man hier machen muss und der Examensphase, die auch zur Studienzeit zählt, kam das schon ganz gut aus. Und wenn man nebenbei noch arbeiten muss, kann man ja den Stundenplan nicht so voll stopfen, so dass diese Regelstudienzeit schon angemessen geplant ist.

Ich kenne es mit 3,5 bzw. 4,5 Jahren also ein Semester weniger und da zählte auch die Examensphase und die Praktika mit rein. Deswegen wundere ich mich ja warum sich bei der Sekundarstufe quasi an der Zeit fast nichts geändert hat, die Grundschullehrer aber plötzlich 1-1,5 Jahre ranhängen müssen. Und das Nebenbeiarbeiten hat ja nichts mit der Regelstudienzeit zu tun. Dadurch verlängert sich höchstens die tatsächliche Studienzeit, aber ein Studien wird ja vom Rahmenplan her nicht so angelegt, dass man dem Studenten Zeit einräumt um nebenbei zu arbeiten.

Also wenn ich mir das so durchlese, hört es sich für mich recht merkwürdig an. So nach dem Motto, wird mal wieder Zeit was zu ändern und deswegen machen wir mal schnell was.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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