Wann schiebt man ein Kind ab?

vom 22.07.2009, 19:32 Uhr

nordseekrabbe hat geschrieben:Ich finde, man muss hier wirklich unterscheiden. Abschieben ist es für mich beispielsweise, wenn ein Kind wirklich das ganze Jahr von Morgens bis Abends in der Betreuung ist, weil die Eltern arbeiten. Natürlich kann man sich auch einmal einen Nachmittag für den Haushalt Zeit nehmen

Wie kann man nur so Verallgemeinern? Nicht jeder hat den Traumjob, der flexible Zeiten hat, wo man reduzieren kann oder viele Urlaubstage im Jahr hat. Sind wir realistisch und wenn ich Jobs in der Pflege anschaue, da sind die 12 oder 24 Stunden Schichten normal. Ebenfalls die 48-60 Stunden Woche. Dazu heroische 24 Tage Urlaub, die die Schließtage einer Kita nicht mal abdecken die mindestens 27 umfassen, die meisten sogar mehr. Will man eine Kita oder braucht eine Kita mit nur 15 Schließtagen, dann zahlst du das. Hier nicht unter 1000 Euro im Monat für ein U3 Kind, und das Geld dafür muss auch verdient werden, denn das schenkt dir keiner. Und du sagst dann, dass die Eltern das Abschieben weil sie arbeiten müssen damit sie das zahlen können?

Sage das hier in der Stadt mal öffentlich vor Eltern und du wirst gelyncht vom feinsten und mit Recht. Kita Betreuung teuer und nicht kostenlos wie in anderen Bundesländern. Unter 400 Euro für einen U3 Platz nur Vormittags geht hier nichts, GT 800 Euro normal, bei den Städtischen Einrichtungen! Private noch mehr im übrigen. Dazu Mieten jenseits von gut und böse, eine lächerliche 3 Zimmer Wohnung kostet hier 1200 Euro Warm wenn du Glück hast, teilweise sogar noch mehr. Nur diese zwei Kosten kosten dich im Monat 2000 Euro und die musst du verdienen, du willst auch noch Fressen, Kleidung und Co und schon brauchst du 2 Personen die Vollzeit arbeiten damit man hier über die Runden kommt.

Nach deiner Definition muss ich meinen Sohn dann abgeschoben haben, da ich 60 Stunden die Woche arbeiten durfte, 22 Tage im Jahr Urlaub hatte und ansonsten keine Chance hatte den Lebensunterhalt für uns zwei zu bestreiten zu dem Zeitpunkt noch drei weitere Jobs hatte, die nachts gelaufen sind wenn das Kind geschlafen hat. Was für eine Rabenmutter ich doch bin, dass ich wollte, dass mein Kind etwas zum anziehen hat, was zum fressen und ein Dach über den Kopf, dass ich es mich wage mein Kind "abzuschieben".

Von ALG1 hättest du hier nicht leben können, Wohngeld kannst du vergessen bei den Mieten deckt das nicht mal die Hälfte was du bekommst trotz Stufe 5 und damit höchste Stufe und hinterher ALG2 und keine Wohnung mehr zu haben, weil der Bau von Sozialwohnungen verpasst wurde, ist auch eine geile Aussicht in die Zukunft. Würdest du das lieber in Kauf nehmen damit dein Kind nicht "abgeschoben" werden muss, damit du den Lebensunterhalt bestreiten kannst? Am Ende des Monats sind trotz 4 Jobs nur wenige Euro übrig geblieben und es wurde jeder Cent mehrmals umgedreht und auf jeden Euro gedachtet.

Meinst du das ist freiwillig? Viele haben ein schlechtes Gewissen und vier Jobs in einer Familie keine Seltenheit, damit man das bezahlen kann. Ins Umland ziehen kannst du vergessen, ebenfalls teuer, dazu dann die Pendelkosten in die Stadt zur Arbeit oder keinen Platz für das Kind, da nur wer in der Stadt wohnt auch einen Kita Platz in der Stadt bekommt. Die Dorfkindergärten herum nehmen 20 Kinder, bei 5000 Einwohnern und mehr ein reiner Witz, wenn es dann nur 2 davon gibt.

Abschieben ist es für mich, wenn man das absichtlich macht und nicht weil man arbeiten muss für den Unterhalt. Sondern weil man es sich einfach machen will, nur an sich denkt und für sich die Zeit will. Ich weiß auch, wenn man ALG 1 beziehen will und eigentlich Zeit hat für die Kinder, diese Betreut werden müssen nur damit man Leistung beziehen kann, da man zur Verfügung stehen muss. Meinst du das Gefällt allen die das machen müssen und sogar noch nachweisen müssen, dass die Kinder auch wirklich in der Kita waren mit Unterschrift? Dagegen wer die Kinder dauerhaft abschiebt damit man Zuhause ins Bett kann, Füße hochlegen und rein gar nichts macht, dann ist es abschieben. Aber für Haushalt machen, einkaufen mal alleine oder auch am Tag 1-2 Stunden für sich oder mehr Zeit für Geschwisterkinder, ist das in meinen Augen kein Abschieben sondern eine Unterstützung.

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