Junge verglichen mit älteren Arbeitnehmer/innen

vom 17.07.2009, 07:33 Uhr

Ich hatte gestern eine Diskussion mit meinem Partner. Kurze Vorgeschichte, ich bin 33 Jahre alt/jung und habe 3 Kinder. Leider suche ich schon seit längerem eine Arbeit im Büro. Da ich das aber leider nicht geschafft habe, hat mir das Arbeitsamt, jetzt just eine befristete Arbeit bei der Caritas verschafft, wo ich leider putzen muss, was gar nicht so mein Fall ist. Wie gesagt, daraus ergab sich eine Diskussion, wobei meiner meinte, das ich in meinem Alter! und mit meinem Aussehen? (bin ca. 170cm und habe Kleidergröße 42, nicht gerade dünn, aber auch nicht gerade dick) sowieso keine Chance habe jemals wieder einen Bürojob zu bekommen, da es so viele junge "knackige" Frauen gibt.

Da er als Aussendienstmitarbeiter sehr oft in Firmen ist, und natürlich auch in verschiedenen Büros, ein und aus geht, meinte er, wenn er der Chef einer Firma wäre, auch nur lauter junge hübsche anstellen würde. Daraufhin meinte ich, das ich eher Leute in meinem Alter einstellen würde, da diese ja auch eine Chance verdienen. Nur weil man über 30 ist, und Kinder hat und etwas mehr auf den Rippen hat, hat doch nichts mit der Qualität der getanen arbeit zum tun.

Ich bin auch der Meinung, das sich einige Firmen, nur solche Tussis nehmen, ohne zum schauen, ob die überhaupt etwas können oder nicht. Was nützt es mir als Firma, wenn eine aufgetakelte junge Tussi herumläuft und die arbeit nicht ordentlich gemacht wird? Ich bin wie gesagt 33, meine Kinderplanung ist längst abgeschlossen, da ich schon 3 Kinder habe, also könnte ich jetzt voll durchstarten. Ich muss mich nicht mehr so um die Kinderbetreuung kümmern, da sie schon größer sind, und auch einmal einige Stunden alleine sein können.

Warum geben, die Firmen. Frauen in meinem Alter keine Chance? Werde ich jetzt verdonnert, mir meinen Lebensunterhalt mit putzen und anderen Tätigkeiten, die keine Kinderfreundlichen Arbeitszeiten haben, wie in einem Supermarkt zu erarbeiten. Was für eine Arbeitspolitik ist das? Denken die Chefs, nicht darüber nach, das die junge Büromitarbeiterin, in einigen Jahren auch Kinder bekommt, heiratet und dann auch eventuell nicht mehr Kleidergröße 36 hat? Nein, die werden dann nämlich schön brav, wenn sie von der Karenz zurückkommen sollten, wieder durch eine junge knackige ausgetauscht. Was meint ihr?

» Redangel » Beiträge: 1289 » Talkpoints: 2,82 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo Redangel!

Du hast zumindest teilweise recht. In vielen Firmen werden Büroangestellte, die auch Kontakt mit Kunden oder Geschäftspartnern haben, auch nach dem Aussehen bewertet und eingestellt. Das hat eben ganz einfach den Grund, dass die Firma nach außen hin repräsentiert werden will und die Chefs eben denken, ein Frauchen mit Modelmaßen könne das am besten.

Das kann man nun gut finden oder doof finden, aber: Warum ist denn das nicht das Recht der Chefs? Ich versuche dir das mal anhand eines Beispiels klarzumachen: Wenn du einen Laden hättest und dir einen Mitarbeiter leisten müsstest, ist das erstmal finanziell ein großer Schritt. Du gehst mit der Einstellung ein Risiko ein und willst das einfach minimieren. Stellst du jetzt einfach jemanden ein "der mal eine Chance verdient hat" und gehst das Risiko ein, auch wenn er oder sie vielleicht nicht die beste Qualifikation von allen hat? Und vor allem: Qualifikation ist eben nicht nur das, was auf dem Papier steht und was man bisher geleistet hat. Dazu gehören genauso subjektive Dinge wie Charaktereigenschaften, Aussehen und eben sogar Sympathie. Klar werden auch Jobs aus Sympathie vergeben, wenn im Bewerbungsgespräch eine nette Unterhaltung zustande kommt ist das meist ein Pluspunkt gegenüber einem Bewerber, dem man alles aus der Nase ziehen muss.

Zum Schluss will ich noch ein Wort zu Corporate Resonsibility oder auch Corporate Citizenship sagen. Nicht alle Firmen gehen nach oben beschrieben Schemen vor, sondern manche suchen sich eben wirklich Mitarbeiter aus, die soetwas wie eine Chance verdient haben. Diese Unternehmen fühlen sich meistens relativ stark ihrer Umwelt verbunden und wollen so dem Umfeld, was ihren Gewinn ermöglicht, etwas zurückfließen lassen. Das Konzept funktioniert ein Stück weit auch darüber, dass man durch die Personalauswahl unter diesen anderen Kriterien mehr Motivation bei den neuen Mitarbeitern schafft. Das Konzept halte ich insgesamt für zukunftsweisend und ich vermute, dass es in Zukunft weiter an Einfluss und Nachahmern gewinnt.

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» Herr Lehmann » Beiträge: 558 » Talkpoints: 5,56 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich sehe es im Grunde wie Herr Lehmann und finde deine Sicht sowie deines Partners etwas extrem.

Mal rein von meinen Erfahrungen ausgehend, da sich in meiner Familie knapp 10 Unternehmer exklusive mir trollen, und natürlich jeweils mit Buchhaltung bzw. Empfang: Hier trifft man nur "adrette, ansprechende Damen" an, wie mein Opa das immer so schön ausdrückt - die sind übrigens nicht immer 20, sondern man kann auch noch mit 50 auf sein Aussehen achten, auch wenn im Schnitt die jüngeren überwiegen. Das liegt bei uns in der Familie aber eher daran, dass die "Alten" halt befördert wurden und jetzt ein eigenes Büro haben und nicht mehr im "Flur / Empfangsbereich" sitzen müssen.

Und: Dort arbeiten auch jede Menge ältere Frauen, die vom Aussehen her halt nicht in der ersten Liga spielen, aber nicht im Empfang, sondern in eigenen Büros oder im Bürobereich abseits vom Empfang - den gibt es nämlich auch und die wenigsten mittleren Firmen haben nur einen Buchhalter.

Das macht es mir irgendwie grad schwer, gegen die Meinung zu argumentieren, da ich sie in der Praxis, auch bei Firmen bei denen ich später gearbeitet habe und noch arbeite mit Büros mit hunderten Angestellten auch eher so wie ich es aus der Familie kenne bestätigt sah: Alles gut gemischt, von "unansehnlich" bis "oho" und die Elite was Aussehen und Eignung betraf besetzte den Empfang.

Redangel hat geschrieben:Was nützt es mir als Firma, wenn eine aufgetakelte junge Tussi herumläuft und die arbeit nicht ordentlich gemacht wird?

Nochmal dazu: Woher weißt Du denn, dass eine "junge Tussi" nicht ordentlich arbeiten kann und dass das, um es mal genauso übertrieben auszudrücken, nur alte Schabracken können?

Die Leistung macht sich in erster Linie nicht vom Aussehen abhängig und wenn ich als Chef die Wahl zwischen 2 Bewerbern habe, die beide leistungsmäßig auf gutem Niveau überzeugen können und davon einer halt besonders gut oder eben besser aussieht - na dann nehm ich natürlich denjenigen, der hat dann, so blöd wie es klingt, eben eine Qualifikation mehr (solang die Leistungsunterschiede nicht zu gravierend sind). Und wie Herr Lehmann schon sagte: Jemand der ein positives Bild nach außen hin abstrahlt durch sein Auftreten transportiert das für die Firma mit, mal abgesehen von anderen Effekten, dass solche Menschen meist sogar das Firma in der Klima unter den Mitarbeitern verbessern - was aber eher nebensächlich ist.

Noch zu Corporate Resonsibility / Corporate Citizenship natürlich ist das zukunftsweisend und wird auf jeden Fall ausgebaut werden - aber nicht auf dem Massenarbeitsmarkt ;). Die Firmen machen im Grunde das gleiche wie z. B. unsere Kanzlei mit ihren Modellempfangsdamen - sie passen ihr Profil und wie sie nach außen wirken wollen auf den potentiellen Kundenkreis an. Und alte Menschen mit einem Fuß im Sarg vertrauen z. B. "ihresgleichen" eher als Jungspunden und das Klima zwischen diesen Gruppen ist nun einmal besser. Naja, aber auch das ist vom Produkt abhängig welches ich bedienen möchte. Manche sozialen Träger z. B. können wirklich unabhängig vom Markt operieren und Entscheidungen nur anhand von Leistungen treffen, ähnlich wie der Staat.

Übrigens: Hier in den USA sind Bewerbungen mit Lichtbild wie bei uns verboten, eben um Diskriminierungen anhand des Aussehens auszuschließen, auch wenn das eher Rassismus vorbeugen soll, also dass z. B. Neger prinzipiell nicht eingestellt werden. Trotzdem gibt´s immernoch die alten Zustände, da man halt immernoch zum Vorstellungsgespräch muss - und wenn man da sein Gegenüber eben nicht überzeugen kann nützt es auch nichts wenn man beim ersten Schritt mehr Chancen bekommt indem das Aussehen vernachlässigt wird.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Mir ist deine Ansicht im Leben noch nie aufgefallen. Ich wüsste nun nicht, wieso man mit 33 derzeit behaupten sollte, keine Chance auf einen Bürojob zu bekommen. Als wärst du damit alt. Im Gegenteil. Meine Personalleitung betont eigentlich immer, dass es ihnen lieber ist, wenn sie Frauen ins Büro setzen können, die schon etwas Berufserfahrung haben und nicht gerade erst 22 oder 23 Jahren jung sind und die wählen dann eigentlich auch immer die Damen, die Mitte/Ende 30 sind.

Das würde also schonmal gegen deine Theorie sprechen. Und zum Thema Körperfülle oder Figur kann ich eigentlich nur sagen, dass es auch andersrum geht. Ich selbst bin sehr schlank und als ich vor einigen Jahren angefangen habe in einem Büro zu arbeiten, in dem die Frauen dort auch wie du mindestens Kleidergröße 40/42 getragen haben, weiss ich auch was es heisst, aufgrund seines Äußeren gemobbt zu werden. Dumme Sprüche musste ich mir dort jedenfalls genügend anhören. Man kann sich wirklich nicht immer auf Vorurteilen ausruhen, die es so vielleicht gar nicht gibt. Es sind nicht immer die Anderen Schuld. Eventuell scheitert es auch schon an deiner Qualifikation.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe für mich immer wieder die Feststellung gemacht, das ältere Arbeitnehmer einfach zuverlässiger sind. Die machen weniger krank, gehen ganz anders mit dem Thema Arbeiten um und haben mehr Erfahrung.

Mein Vater hat mit 59/ 60 Jahren eine neue Anstellung gesucht. Vorher war er fast 30 Jahre Selbstständig. Er hat relativ lange gesucht. Wurde auch oft abgelehnt. Gründe wurden keine genannt. Oftmals hiess es, wir haben schon jemand eingestellt und die Firma suchte eine Woche später über die Zeitung immer noch Angestellte.

Mein Vater hat trotzdem wieder eine Anstellung gefunden. Sein Arbeitgeber weiss das mein Vater den Laden quasi ohne ihn schmeisst. Das Gehalt meines Vaters ist allerdings unter aller Beschreibung. Und sein Chef nutzt die Situation meines Vater schon aus. Und mein Vater ist halt froh eine Anstellung zu haben.

Mir wurde auch schon aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt und mein Arbeitgeber sagte mir gegenüber auch offen, das er lieber zwei Auszubildende anstellt, weil die billiger sind. Und ich war in dem Betrieb die einzige ausgebildete Vollzeitkraft. Und ich war nicht die einzige der er im Laufe der Zeit gekündigt hat. Die Kundschaft nahm es wohl nicht so gut auf, das sie nun in einem Fachgeschäft nur noch von Auszubildenden und Aushilfen bedient wurden, die zum Grossteil halt fachlich keine Ahnung hatten. Etwa zwei Jahre nach meiner Kündigung musste er wegen Insolvenz schliessen.

Eine andere Arbeitgeberin kündigte mir auch. Stattdem stellte sie eine junge Frau ein, die gerade ihre Ausbildung beendet hatte. In meinem Beruf ist es so, das man zwar während der Ausbildung die Grundlagen vermittelt bekommt, die aber oftmals halt auf den Lehrbetrieb bezogen sind. In den ersten Berufsjahren erweitert man dann quasi seine Kenntnisse und Fertigkeiten. Und diese Chefin setzte unheimlich viel vorraus. Ich habe später mal mit einer Kollegin telefoniert und die hat mir dann ein paar Sachen erzählt. Unter Anderem halt auch das die Chefin sich bei ihr beschwert hatte, wie wenig die "Neue" doch kann. Und meine Kollegin war darüber an sich nicht gross verwundert.

Als Arbeitgeber würde ich mich allerdings auch scheuen eine Frau anfang 30 einzustellen, die drei Kinder hat. Eine ledige Frau in dem Alter würde ich wahrscheinlich eher einstellen. Die Chancen das die Mutter ausfällt, weil die Kinder krank sind, wären für mich höher als die Chancen das meine Angestellte schwanger wird. Wobei halt auch in den seltensten Fällen eine Frau die schwanger wird plötzlich ausfällt. Aber das Risiko das mir die Mutter morgens anruft, ich kann nicht kommen, Kind ist krank, ist wesentlich höher.

Vom rein äusserlichen würde ich eine Anstellung weniger abhängig machen. Ich bin auch nicht die schlankeste. Das weiss der Arbeitgeber dann auch bei Einstellung. Einer meiner Arbeitgeber meinte auch mal, er müsse sich dazu äussern. Da meinte ich dann nur, er kannte meine Masse bevor er mich einstellte. Damit war das Thema erledigt.

Wenn ich wo einkaufen gehe, ist es ein wenig vom Laden abhängig, in welchem Alter ich die Verkäufer und Verkäuferinnen gerne hätte. In einem Modeshop fände ich eine ältere Frau ein wenig deplaziert. Aber wenn ich bei Saturn oder so bin und dann an sich auch fachliche Hilfe möchte, ist mir jemand älteres lieber. Ich erinnere mich mit Grausen an mein letztes Erlebnis als ich bei Saturn eine Maus kaufen wollte und anscheinend an den jüngsten Verkäufer geriet der zum Schluss eher aufgab und sichtlich froh war als ich endlich ging.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Sippschaft hat geschrieben:Meine Personalleitung betont eigentlich immer, dass es ihnen lieber ist, wenn sie Frauen ins Büro setzen können, die schon etwas Berufserfahrung haben und nicht gerade erst 22 oder 23 Jahren jung sind und die wählen dann eigentlich auch immer die Damen, die Mitte/Ende 30 sind.

Genauso ist es!

Ich komme gerade frisch von der Berufsfachschule und suche händeringend nach einer Anstellung! Ich habe meinen Abschluss mit 1,0 gemacht, also kann es daran definitiv nicht liegen. Aber ich habe halt noch keine Berufserfahrung und schon scheide ich wohl bei geschätzten 95 % von vornherein aus. Da sagt keiner, die ist jung, da fragt niemand danach.

Wenn es bei dir durch etwas zu begründen ist, dann wohl am ehesten dadurch, dass du eben 3 Kinder hast. Wenn ich mal davon ausgehe, dass du jetzt 33 bist, schätze ich mal, dass die so zwischen 5 und 10 Jahren alt sind. Da ist es klar, dass ein Arbeitgeber Bedenken hat, denn wenn mal ein Kind krank wird, was passiert dann? Sie haben mit Sicherheit Bedenken vor den Ausfallstunden, die Folge sein könnten. Da wären dann deine eigenen Ausfallstunden plus die, die durch die Krankheit der Kinder verursacht werden könnte.

Das sind zumindest die Dinge, die in den Köpfen der Unternehmer vorgehen. Dass das für dich jetzt nicht toll ist, kann ich mir natürlich vorstellen und auch sehr gut verstehen. Ob es fair ist, ist auch eher fraglich. Aber so ist es nun einmal und ich glaube wenn man selbst am Drücker sitzen würde, dann müsste man letztendlich genauso denken.

Aber du bist wirklich nicht die einzige, die Probleme bei der Arbeitssuche hat, und du deine Altersgruppe ist definitiv auch nicht die, bei der es die hauptsächlichen Probleme gibt - zumindest eben nicht aufgrund des Alters an sich. Jeder hat da ein Problem, an dem es zu knaubeln gibt. Wir Jungen haben keine Arbeitserfahrung, die nächsten sind mit 50 oder älter für die meisten schlichtweg wirklich zu alt und diejenigen, die sich dazwischen bewegen, da heißt es - öh, die haben Kinder, das ist ein Minuspunkt.

Du kannst den Spieß drehen und wenden, jeder hat sein Päckchen zu tragen. Also darf man so schon gar nicht da ran gehen. Und dann "junge Tussi", sowas sollte man sich auch verkneifen. Denn nur weil wir jünger sind, heißt das genauso wenig, dass wir unfähig sind! Du bist der Meinung, dass man bei dir die Leistung nicht nach dem Äußeren und dem Alter bewerten kann - dann kannst du das genauso wenig bei anderen tun, die vielleicht jünger und schlanker sind.

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» Wunky » Beiträge: 487 » Talkpoints: -0,18 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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