Negative Sätze aus der Kindheit prägen

vom 11.07.2009, 23:35 Uhr

Ich kann mich nicht erinnern, dass in meiner Kindheit jemals Sätze gefallen sind, die mich in irgendeiner Weise negativ geprägt hätten. Klar bekam ich mal zu hören, dass ich für irgendetwas noch zu klein oder zu jung wäre, aber es war nie etwas Schlimmes dabei, ich war tatsächlich noch zu klein oder zu jung. Mir wurde auch nie gesagt, dass ich etwas nicht könnte weil ich ein Mädchen bin. In der Pubertät hat meine Oma zwar manchmal gesagt, dass gute Mädchen dies und jenes nicht machen, aber daran habe ich mich eigentlich nie gehalten.

Aber es ist schon logisch, dass Kinder durch solche negativen Herabsetzungen negativ geprägt werden. Ich habe schon mitbekommen, dass Eltern zu ihren Kindern gesagt haben, sie wären zu dumm für bestimmte Sachen. Wenn man so etwas als Kind von den eigenen Eltern gesagt bekommt ist es doch vollkommen klar, dass man Selbstzweifel bekommt. Zu meinen eigenen Kinder würde ich so etwas nie sagen, egal wie wütend ich bin.

Meinen Mann haben schon einige Sätze aus seiner Kindheit geprägt. Vor allem der berühmte Satz, dass Jungs nicht weinen. Ich kenne ihn nun schon gut zehn Jahre und habe ihn in dieser Zeit vielleicht zwei Mal weinen sehen und das war jedes Mal in sehr extremen Situationen, und er hat sich immer dafür geschämt obwohl ich ihm sagte, dass er sich nicht schämen müsste.

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» Himbeereis » Beiträge: 917 » Talkpoints: 10,01 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich finde schon, das gewisse Aussagen der Eltern und auch Geschwistern prägen können. Bis hin zu psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter. Ich selbst habe eine Borderline- Persönlichkeitsstörung. Eine Mitpatientin nannte sie mal: Persönlichkeitsentwicklungsstörung. Das hört sich irgendwie besser an und bringt es auch irgendwie auf den Punkt. Und an der Entwicklung der Persönlichkeit sind in meinen Augen vorallem die Eltern ( oder auch die Sorgeberechtigten) verantwortlich.

Ich kenne aus meiner Kindheit viele "Sprüche". Am meisten haben mich so Sachen wie: Was sollen denn die Leute denken! und Das bildest du dir nur ein! geprägt. Was vorallem den Umgang von Psychiatern und Psychotherapeuten mit mir nicht einfach macht. Zeitweise sogar unmöglich. Ich bin für viele die meinen Weg auf professionelle Weise begleitet haben, nur die die nicht redet. Ich habe die Diagnose Ende 2005 bekommen. Ich habe noch zu einem Menschen des professionellen Bereichs von damals Kontakt. Ich vertraue ihr, aber sie weiss noch lange nicht alles aus meinem Leben. Auch vielleicht relevante Sachen nicht. Weil ich mich dafür schäme.

Geprägt hat mich auch der Umgang meines Elternhauses generell mit psychisch kranken Menschen. Über "solche Leute" wurde nur negativ gesprochen. Und das geschieht heute noch. Auch in meinem Beisein. Und ich sitze dann nur nebendran und denke: HALLO? Ich gehöre da auch dazu.

Auch der Umgang mit meinen Hobbys war nicht immer einfach. Die waren halt vorallem nicht im sportlichen Bereich angesiedelt. Ich weiss noch wie mein Vater versuchte mich in einer Mädchen- Fussball- Mannschaft unterzubringen. Heute bin ich froh das ich das damals abgelehnt habe. Ich war eher kreativ. Sicherlich auch musikalisch. Beides wurde nie wirklich gefördert, weil zu teuer. Während meiner Ausbildung ( zur Fleischerei- Fachverkäuferin) hatte ich allerdings Arbeitgeber die mich da immer wieder unterstützten. Mich forderten. Mir auch Sachen bei brachten. Und mich immer wieder anspornten. Heute würde ich das gerne zum Beruf machen. Nicht erst seit Heute. Meine Mutter meinte mal dazu, damit wirste aber nicht reich. Ihre Argumente gingen eher Richtung brotlose Kunst und so. Und ich habe immer noch Zweifel, ob ich mich damit wirklich ernähren könnte. Und die Worte meiner Mutter sind mir bei jedem Gedankengang dazu immer im Kopf.

Schwierig fand ich auch den Umgang mit meinem Übergewicht. Ich war immer zu dick. Ich wurde mit 8 oder 9 Jahren schon deswegen zum Arzt geprügelt. Mit 10 Jahren wurde eine Kinderkur beantragt. Damals musste meine Mutter mit mir zum Gutachter. Da bekam ich vorher regelrecht eingeprügelt, was ich zu meinem Essverhalten zu antworten habe. Wehe ich würde sagen das meine Mutter regelmässig Pommes machte etc. Noch heute habe ich Probleme im beisein anderer Menschen zu Essen. Mit 20 Jahren zog daheim aus. Ich nahm im ersten halben Jahr ohne viel zutun fast 30 Kilogramm ab. Das war das erste Mal in meinem Leben das mein Vater mich gelobt hat. Die Gedanken zu der Kur ( meine Eltern haben mir nicht gesagt, das sie mich lieb haben wie ich bin. Ich dachte die ganze Kur nur, die haben mich nicht lieb, weil ich zu fett bin) und dem Lob meines Vaters lässt mich heute noch denken, er hat mich nur lieb, wenn ich dünn bin.

Schwierig empfand ich auch so Sachen, wenn mein Bruder mich fette Kuh nannte und ihm niemand einhalt geboten hat. In meinen Augen ist da ja eine Art Zustimmung. Und sowas tut schon weh.

Meine Ausbildung ( die ich wahrscheinlich eh nur gemacht habe um meinem Vater zu gefallen) beendete ich mit Bestnoten. Mit Ehrung als Jahrgangsbeste und so weiter. Trotzdem ist die Ausbildung meines Bruders höher angesehen und meine Leistungen werden unter den Tisch geredet.

Ich wurde als Kind auch eher als dumm hingestellt. Das ich das nicht bin, ahnte ich schon lange. Im Rahmen eines ADS Testes wurde auch ein IQ Test gemacht. Das Ergebnis hat mich doch ein wenig umgeworfen. Und für mich fing danach auch die Grübelei an, warum das nie jemand aufgefallen ist. Ich fragte dann meinen Vater, ob er weiss, ob während meiner Kindheit ein IQ Test gemacht wurde. Wusste er nicht. Und meinte dann. Ei Kind was stellen die denn noch alles mit dir an? Aber eher im negativen Sinne.

Generell fand ich das schweigen schwer. Vieles wurde totgeschwiegen. Wie halt auch so Sachen wie Gefühle. Oder mein Bruder wurde in abfälligen Äusserungen mir gegenüber durch Schweigen bestätigt. Und der hat sich manches geleistet, was mich heute noch negativ beeinflusst.

Meine Mutter hat zeitlebens meinen Bruder mir vorgezogen. Das hat sie immer wieder abgestritten, obwohl es offensichtlich war. Zu ihrer Hospizbegleiterin hat sie kurz vor ihrem Tod gesagt, das es ihr leid tut, das ich immer hätte hinter meinem Bruder hätte zurück stehen müssen. Die Hospizbegleiterin hat mir das mal erzählt. Nach dem Tod meiner Mutter. Mir fehlen die Worte noch heute.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Vieles von dem, was du da schreibst, kommt mir aus meiner "Familie" doch auch sehr bekannt vor. Nur habe ich auf all das komplett anders reagiert. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass man "selbst Schuld" wäre, wenn man sich davon unterkriegen lässt. Das wäre Blödsinn. Ich bemerke nur, jeder Mensch ist anders, und es ist eine Charaktersache, wie man auf Dinge reagiert. Da hat eben jeder von Geburt an Tendenzen "abbekommen", so reagiert der eine eben trotzig auf Kritik oder Anschuldigungen, der andere wird deprimiert, und wieder mancher Mensch kümmert sich gar nicht und hat alles binnen kürzester Zeit vergessen. Ob man jetzt sagen könnte einer hätte mehr Glück als der andere, weil er eben bestimmte Charakterzüge hat, die ihn für Anschuldigungen nicht so empfänglich machen, weiß ich nicht genau.

"Was sollen denn die Leute denken!" habe ich beispielsweise auch täglich gehört. Es ging immer darum, wie ich mich kleidete, dabei war ich da gar nicht so auffällig. Mein Vater vertrat bloß die Meinung, dass das heutzutage normalste Kleidungsstück entweder zu aufreizend, zu unfein oder zu hässlich oder einfach nicht angemessen sei. Wäre es nach ihm gegangen, hätte ich wohl herumlaufen müssen, wie Mädchen das in den 1960er Jahren taten. Das wäre für ihn wohl "ordentlich und gesittet" gewesen. Aber wie reagierte ich darauf, dass er sagte, ich solle doch denken, was die Nachbarn denken könnten, oder irgendwelche anderen Mitmenschen? Ich entwickelte erst recht die Meinung, dass es völlig egal ist, was überhaupt irgendein Mensch über mich denkt. Nur ich selbst muss mit mir zufrieden sein.

Abfällige Äußerungen über verschiedene Personengruppen wurden auch oft gemacht. Ob nun über Homosexuelle ("Diese ganzen unnatürlichen Perversen da, die gehören alle eingesperrt!"), Punks und Gothics, Ausländer, oder Menschen mit psychischen Erkrankungen. Selbst Behinderte wurden quasi als etwas dargestellt, was widerwärtig sei, und wenn jemand im Rollstuhl saß und noch jung war, dann wurde getuschelt, der sei doch selbst Schuld, der sei sicherlich besoffen Motorrad gefahren und hätte sich dadurch schwer verletzt. Und so gut wie alle Musikarten galten natürlich auch nur als "Lärm" und Menschen, die diese gerne hörten, seien natürlich psychisch krank. Manchmal dachte ich mir auch, dass sie bei diesem ganzen Gerede absolut blind waren. Eigentlich hätten sie wissen müssen, dass ich nach offizieller Definition auch psychisch krank bin. Auch habe ich täglich von ihnen als pervers abgestempelte Musik in meinem Zimmer gehört. Sie haben sich darüber immer beschwert, wenn sie mal ungefragt in mein Zimmer kamen, also müssen sie es doch gewusst haben. Meine Reaktion auf all diese Dinge war einfach, sie für dumm zu halten.

"Das bildest du dir nur ein!" ist übrigens auch ein Spruch, den ich häufiger hören musste. Gerade, wenn es um gesundheitliche Beschwerden ging. Ich weiß noch gut, wie ich als Kind mal richtig schlimme Magenschmerzen hatte, und ich bekam keinen Trost, sondern es hieß nur, ich würde mir das doch sicherlich nur einbilden und eigentlich wäre da gar nichts. Ich hätte gar keine Beschwerden. Als Kind war das natürlich schlimm, da man sich einfach nicht ernst genommen und auch unumsorgt und ungeliebt fühlt, ich jedenfalls, aber je älter ich wurde, desto gleichgültiger war mir ihr Gerede. Ich habe ihnen einfach gar nichts mehr dazu gesagt, sondern habe mich dann eben selbst medizinisch versorgt, was in dem Alter dann natürlich im Gegensatz zum Kindesalter auch möglich war.

Mein Vater wollte mir übrigens auch einige Hobbies verbieten, zum Beispiel das Zeichnen und das Malen, obwohl es das Hobby für mich ist, das ich wirklich am allerbesten beherrsche. Es hieß immer, obwohl ich ja gute Zensuren in der Schule hatte, dass ich meine Zeit gefälligst nicht mit Kunst befassen sollte, denn die sei immer brotlos, also sei es eine Zeitverschwendung, sondern dass ich lieber für die Schule lernen sollte.

Außerdem habe ich gerne mythologische Szenen gemalt und skizziert. Da bekam ich vorgeworfen, dass ich dumm sei, ich würde ja nur unreale, "wirre" Dinge "malen" und nichts "Echtes". Ich sei wahrscheinlich sogar zu dumm, zu wissen, dass das alles nur eine Fantasiewelt sei und würde Fantasie und Realität nicht unterscheiden können. Ich frage mich heute noch, wie man zu dem Schluss kommen kann, nur, weil man Mythologie- oder Fantasy-Szenen malt und zeichnet. Jedenfalls habe ich mich von der "Kritik" nicht abbringen lassen und habe einfach weiter gemalt und gezeichnet, wie bisher.

Auch erwähnen sollte ich vielleicht, dass man meine Leistungen auch nie wirklich gewürdigt hat. Wenn ich eine 1- aus der Schule nach Hause brachte, dann lobte man mich nicht, sondern machte mir Vorwürfe. Man beschimpfte mich als "dumm", da das ja "nur eine 1-" sei und keine "richtige 1". Außerdem würden die Lehrer sowieso zu lasch bewerten, wenn so dumme Menschen wie ich dort solche Noten bekommen könnten. Daraus habe ich mir auch nichts gemacht. Ich wusste, wer so redet, kann nur spinnen.

So habe ich täglich Schikanen abbekommen, aber habe einfach zu meinem eigenen "Glauben" gehalten. Da es mir aber lästig war, täglich angeschrien und beschimpft zu werden, bin ich dann auch mit etwa 20 Jahren ausgezogen. Wenn du möchtest, kannst du mir eine PN schicken, dann können wir uns weiter darüber austauschen. Vielleicht hilft es ja uns beiden.

Was ich mit diesem Beitrag aber tatsächlich beabsichtigte, ist, zu zeigen, dass auf jede Anschuldigung sehr unterschiedlich reagiert werden kann. Das noch einmal als Stützung der These, dass alle Menschen eben anders handeln, in derselben Situation oder in ähnlichen Situationen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe wohl das Wörtchen Kann vergessen. So Aussagen können dazu führen. Wobei da sicherlich noch viele Faktoren mit reinspielen. So führte die Uniklinik Mainz vor kurzem eine Studie durch, die wohl darauf abzielte, ob es einen Zusammenhang zwischen der Schwangerschaft der Mutter ( und was halt während dieser ablief) und der Borderline- Erkrankung des Kindes bestehen kann. Noch dazu ist es halt auch so, das die Möglichkeit besteht, das Borderline vererbbar ist. Wobei ich denke, das das halt beeinflussbar ist. Und in meiner Familie habe ich zumindest bei einem Elternteil den Verdacht das da auch eine psychische Erkrankung besteht.

Und ich denke, es kommt auch darauf an, wie lange man solchen Aussagen ausgesetzt ist. Ich bin zwar mit 20 Jahren ausgezogen, habe aber noch Jahre im Betrieb meiner Eltern gearbeitet. Der Betrieb ist schon länger geschlossen und mir wird indirekt die Schuld dafür gegeben.

Und dort am Arbeitsplatz liefen auch einige unschöne Sachen ab. Runtermachen vor Kundschaft durch meine Tante. Teilweise im Beisein meiner Eltern, die nie, absolut nie was zu ihr deswegen sagten. Sie mich allerdings in andere Sachen unterstützte. Aber ich habe so auch nie gelernt, mich anderen gegenüber durchzusetzen. Das Runtermachen vor Kundschaft habe ich in meiner weiteren Berufslaufbahn immer wieder am eigenen Leib erfahren. Ob es nun die Chefin oder Kollegen waren.

Ich auch durchaus Kenntnisse und Fähigkeiten hatte und das Geschäft vielleicht auch hätte retten können. Aber nicht wenn der eigene Vater erwartet das man seinen Arsch aus der Scheisse zieht und immer wenn man das Seil mal locker angebunden hat, er es mit aller Gewalt zerschnitten hat oder gleich verhindert hat, das ich ein brauchbares Seil benutze. Und wenn das klappte, schmiss mir meine Mutter Knüppel zwischen die Beine.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Nun ist es aber auch nicht so, dass ich nun meine Ruhe hätte. Meine "Eltern" mag ich los sein, aber bei meiner Schwiegersippe habe ich leider auch nicht besonders viel Glück gehabt. Meinen Lebensgefährten liebe ich über alles, aber seine Eltern sind einfach nur schrecklich.

Dass man es Schwiegereltern "nie" recht machen kann, gehört zwar schon fast zum Allgemeinwissen, aber meine zukünftigen haben noch einige ganz spezielle Gründe, mich nicht leiden zu können. Ich schrieb es schon einmal in einem Thread hier: Sie sind ganz einfach rassistisch. Sie können Ausländer nicht leiden, auch keine "ausländisch aussehenden" Menschen und solche, die auch nur ein ausländisches Elternteil haben, und daher machen sie auch andauernd diskriminierende Äußerungen mir gegenüber.

Andauernd machen sie ausländerfeindliche Äußerungen übelster Sorte und wann immer ich dummerweise mit ihnen allein bin, beziehungsweise mein Lebensgefährte nicht bei mir war, haben sie auch mich auf ausländerfeindliche Weise beschimpft. Das Resultat war, dass ich sie einfach nie mehr wiedertreffen wollte und sie auch nicht mehr regelmäßig besucht habe, jedoch gibt es manchmal "Familienfeiern", bei denen sie meinen Lebensgefährten zwingend da haben wollen, und sie meinen, dass es sich natürlich so gehöre, dass ich als dessen zukünftige Ehefrau auch mitkommen müsse.

Das sei eben so und auch schon immer so gewesen. Es wäre ja eine Schande und peinlich, und was sollten denn die Leute denken, wenn mein Freund zum Familienfest käme und seine langjährige Partnerin nicht mitnähme. Das ginge so ja nicht. Bislang habe ich mich manchmal beschwatzen lassen, weil ich meinen Freund ja auch nicht beschämen wollte und weil er ja auch noch finanziell abhängig von seinen Eltern ist und sonst diverse Probleme zu befürchten hätte, aber es nervt mich ungeheuer und irgendwann mache ich es auch nicht mehr mit, das ist klar. Die Frage ist nur, wie lange ich mich noch gedulde.

Aber an sich nehme ich ihre Behauptungen oder besser Vorurteile auch nicht ernst. Natürlich reagiere ich darauf. Die "Prägung" durch diese Äußerungen sieht so aus, dass ich diese Leute absolut nicht leiden kann. Aber ich werde nie glauben, dass ich als Halb-Ausländerin irgendwie dümmer, unzivilisierter oder fauler sei, egal, wie oft sie das auch noch behaupten werden!

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Also von meinen Eltern her kenne ich solche Sätze kaum noch. Klar hat es sie gegeben, aber da ich eh die meiste Zeit bei meiner Oma verbracht habe, fallen mir nur ihre Sätze ein und die waren nicht negativ. Ich wurde sozusagen so halb von ihr aufgezogen, weil ich mit meinem stets prügelnden, brüllenden Vater und meiner an Messisyndrom erkrankten Mutter nie so richtig klarkam. Wenn mein Vater wieder einen seiner Wutanfälle bekam, habe ich mir immer die Ohren zugehalten, habe an etwas Schönes gedacht und/ oder bin schließlich zu meiner Oma gegangen.

Ich weiß, dass es Sätze gab, aber irgendwie komme ich da nicht mehr ran. Als wenn ich den Zugangscode auf meiner Software (weil zu Beginn jemand etwas von Software schrieb) vergessen hätte oder als wenn ich ihn absichtlich weggeworfen, unbrauchbar gemacht hätte.

Ich kann mich allerdings noch sehr gut an einen Satz meiner Biologie Lehrerin aus der 5. Klasse erinnern. Da ging es um den Körperbau, um Junge und Mädchen und die Frau sah in die Runde, sagte diesem und jenem Mädchen, dass sie das Glück gehabt haben, dünn zu sein und mich schaute sie an und sagte: "Na und Du bist eben etwas runder als die anderen! So ist das eben."

Mir war damals nicht bewusst gewesen, dass ich rund sei, ich war nie ein Skelett, aber ich sehe auch jetzt im Nachhinein auf den alten Fotos kein dickes Mädchen. Jedenfalls hat mich das damals ziemlich verletzt, ja bis ins Mark erschüttert, und ich schwor mir abzunehmen. Irgendwann sagten alle, ich sei viel zu dünn, hat mich aber nicht interessiert. Dann kam eine schlimme Zeit am Gymnasium, in der ich von 2 Mädchen aus der nächsthöheren Stufe gemobbt wurde, die nannten mich "fettiges Schnitzel", es kamen noch einige andere Sachen hinzu und mein Gewicht reduzierte sich, erhöhte sich wieder, es war ein heilloses Durcheinander. Ich hatte Phasen in denen ich gar nicht gegessen habe, weil ich mir zu fett vorkam und es gab Phasen wo ich viel zu viel gegessen habe, weil ich mich trösten wollte, oder weil alle wieder gesagt haben ich sei zu dünn. Irgendwann fielen mir die Haare aus, ich wechselte auf die Mittelschule, da war alles schön und mein Gewicht ist dort endlich zur Ruhe gekommen und ich bin relativ zufrieden damit.

Im Kindergarten hat es auch mal eine Erzieherin gegeben, die mich zu sich nahm und vor der Gruppe ganz laut zu mir sagte: "Na Du hast aber einen dicken Bauch! " Daran habe ich aber viele Jahre nicht gedacht, das fiel mir auch in etwa in der Zeit erst weder ein, als ich das Problem am Gymnasium wieder hatte.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ja ich denke schon, dass solche Sätze das Leben prägen können. Wenn man jeden Tag irgendeinen blöden Satz von den Eltern gehört hat, wird es irgendwann so stark im Kopf festsitzen, dass man diese nicht mehr aus dem Kopf kriegt.

Ich selbst habe auch oft gehört, dass ich vieles nicht können würde und früher wurde mir zudem oft gesagt, dass ich zu dick bin. Meine Eltern hatten damit zwar recht, aber es war nie ein extremes Übergewicht. Zudem kränkt es einen so sehr, wenn man von seinen Eltern hört, dass man zu dick ist. Zuhause sollte man sich doch wohl fühlen und nicht sofort denken, sobald man kurz in den Kühlschrank guckt, dass gleich wieder der Satz kommt, dass man zu dick ist.

Zudem wurde mir oft gesagt, ich hätte kein Durchsetzungsvermögen. Auch das stimmte früher, prägt mich aber dennoch bis heute. Früher wollte ich mich viel mehr für etwas durchsetzten, habe es dann aber doch gelassen, da meine Eltern immer mit dem Argument diskutiert haben, dass ich es sowieso nicht schaffe. Heutzutage traue ich mich gar nicht mehr irgendwas wirklich Durchzusetzen. Klar, wenn es sein muss, mache ich auch bei Entscheidungen meinen Mund auf, aber ich habe immer noch etwas Scham davor, weil meine Eltern mir diese Gabe früher nun mal schlecht geredet haben.

In der Kindheit scheint nun mal so einiges kaputt zu gehen, was nicht mehr heile zu kriegen ist. Ich werde später jedenfalls probieren, meinem Kind zwar die Wahrheit zu sagen, es damit aber trotzdem nicht zu kränken, denn meiner Meinung nach merkt jeder Mensch irgendwann von selber, ob er etwas kann und wenn ja was er kann!

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» lisachen » Beiträge: 355 » Talkpoints: -0,67 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ja, solche Sätze prägen enorm. Besonders die negativen Sätze. Meine Mutter hatte immer zu mir gesagt, dass mich später mal kein Mann nackt sehen will, wenn ich nicht abnehme. Dementsprechend habe ich auch heute, trotz Gewichtsreduktion, noch sehr große Hämmungen und Probleme damit.

Aber auch Sätze wie "wenn du dich anstrengst und ordentliche Noten schreibst bekommst du mal einen tollen Job und verdienst viel Geld" haben mich geprägt. Denn trotz eines Schulabschlusses mit Note 1 habe ich keinen tollen Job und Geld schon gleich noch weniger. Das sind auch so Dinge die einem im Erwachsenenalter dann doch wie als Lüge vorkommen.

Ich denke, negative Äußerungen wie "du bist dafür zu dumm, zu schwach oder zu klein" gehören sich grundsätzlich nicht, da man Kinder dadurch einschüchtert und sie irgendwo in ihrer Entfaltung einschränkt, außerdem prägen diese Dinge wirklich außerordentlich und das leider im negativen Sinne.

» que_Linda » Beiträge: 688 » Talkpoints: 9,25 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Das Ausmaß solcher Äußerungen in der Kindheit ist mir letztens erst bewusst geworden. Ich war nach dem Ereignis so schockiert, es war folgendermaßen: Ich und eine bekannte haben in unserer Freizeit einen Kurs zur Programmiersprache Java gemacht, es war sehr anstrengend hat aber auch richtig Spaß gemacht. Wir konnten beide schon HTML, Textsatz (LaTeX) und Python, aber Java war schon eine Stufe schwieriger. Das es nicht einfach sein würde, war aber von Anfang an klar.

Erst einmal ist mir aufgefallen, dass wir die einzigen Frauen in dem Kurs waren, aber das war noch nicht das Hauptereignis. Wir haben immer mal wieder verschiedene Aufgaben bekommen irgendwelche Sachen zu programmieren. Meine Freundin hatte auf jeden Fall ein Problem und kam nicht weiter, da ich in dem Moment beschäftigt war, konnte ich ihr nicht helfen und sie hat den Kursleiter um Hilfe gebeten.

Er erklärte ihr ihren Fehler , aber sie verstand nicht, was sie falsch gemacht hatte. Er hat immer wieder versucht es ihr zu erklären, aber es klappte nicht. Und dann sagte sie: Ich verstehe das einfach nicht. Aber ich bin ja auch eine Frau, Technik liegt mir also von Natur aus nicht.

Ich bin vor Schreck fast von meinem Stuhl gefallen und habe sie hinterher total schockiert gefragt, wie sie denn darauf komme, dass Frauen in Sachen Computer grundsätzlich schlechter seien als Männer. Sie zuckte nur mit den Schultern und meinte nur, das wüsste man doch und das sei nun einmal so. Ich führe das darauf zurück, dass man sich als kleines Mädchen immer anhören musste, dass Frauen nichts von Technik verstehen und dass das nur Männer machen.

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» JulietMay » Beiträge: 1078 » Talkpoints: -0,56 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Sicherlich haben wir diese Sätze auch mal zu hören bekommen aber sie haben mich nicht so geprägt, dass sie mein Leben entscheidend beeinflusst hätten. Meine Eltern waren da zum Glück immer sehr unkonventionell und haben uns auch viele Sachen erlaubt wo andere Eltern niemals darüber nachgedacht hätten.

So auch das Thema Berufswahl, da hatten wir freie Hand, es wurde sicherlich darüber diskutiert aber am Ende war es immer unsere Sachen. Bei mir sind bestimmte Redewendungen die ich damals zu hören bekommen habe, die sich dann so eingeprägt haben, dass ich sie heute teilweise noch anwende bei meinen Kindern - leider.

Sprüche, wie „ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ Oder „Wenn Erwachsene reden, dann haben Kinder ruhig zu sein“ ich habe diese Sätze gehasst und wende sie nun selber an, weil sie sich eben so eingeprägt haben. Aber mich haben so dumme Sprüche nie so beeinflusst, dass sie mir mein Leben dirigieren.

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» stance » Beiträge: 1775 » Talkpoints: -0,31 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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