Natascha Kampusch und ihr Leben "danach"

vom 11.07.2009, 22:52 Uhr

Hallo,

ich bin mir sicher, dass ihr euch noch an den Fall von Natascha Kampusch erinnern könnt. Sie war als Kind entführt und jahrelang eingesperrt worden. Als sie fliehen konnte, brachte sich ihr Entführer um.

Sie ist in Österreich mittlerweile eine kleine Berühmtheit und hat sogar eine eigene Fernsehsendung! Wie findet ihr diese Entwicklung? Ich selbst finde es mehr als eigenartig, dass sich eine junge Frau, die jahrelang eingesperrt war, jetzt so stark in der Öffentlichkeit präsentiert und wie eine Prominente behandelt wird!

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» Nipfi » Beiträge: 3076 » Talkpoints: 8,28 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Nun ja ich fande die ganze Geschichte von Anfang an etwas konfus. Ich habe damals in der Nähe, allerdings in Deutschland gearbeitet und sogar bis dorthin war das lange ein Thema. Sicher ist das eine ganz schlimme Geschichte. Aber es schien mir manchmal so, als wäre es dort entweder nicht ganz so schlimm gewesen oder sie verdrängte die Sache oder hatte sie schnell verarbeitet. Ich will das nicht leugnen, dass das schlimm war, aber es gab ja auch Aussagen darüber, dass sie sich mit der Situation arrangiert hatte. Ich finde, dass die Aussagen aus der Zeit kurz nach der Flucht und auch spätere Aussagen sich mit der Situation teilweise widersprechen.

Als sich die Geschichte in Amstetten noch einmal ähnlich wiederholte wurden die Opfer sofort abgeschottet und man hat ja bis heute nichts weiter von ihnen gehört, sicherlich sind sie in psychatrischer Behandlung und es wird sehr lange dauern, bis diejenigen damit umgehen können.

Ich kann es mir nur schwer vorstellen, dass man so etwas überhaupt jemals verarbeiten kann, geschweige denn im Anschluss eine Figur des öffentlichen Lebens zu sein, deshalb fande ich es auch von Anfang an verrückt, dass Natascha Kampusch nach kürzester Zeit so umfangreiche Interviews gab und dem öffentlichen Interesse so dermaßen nachgab.

» SariKari » Beiträge: 371 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Die Fälle Kampusch und Amstetten sind doch komplett verschiedene Fälle. Wie kann man sowas miteinander vergleichen? Es ist schon etwas anderes, wenn man von jemanden entführt und eingesperrt wird und dies als kleines Kind schon. Oder wenn man vom eigenen Vater eingesperrt und vergewaltigt wird.

Meiner Meinung nach beginnt man als Kind doch eher ein "Verhältnis" zu seinem Entführer aufzubauen, wenn man als Kind entführt wird. Bisher wurde ja nicht öffentlich, ob Frau Kampusch (auch) missbraucht wurde. Es scheint, als ob der Kerl sie doch einigermaßen gut behandelt hat, wenn man von der Entführung, Festhaltung und damit verbundenen Quälerei absieht. Im Fall Amstetten gab es dies nicht. Oder wer bezeichnet einen ständigen jahrelangen Missbrauch mit dem Ergebnis Kinder, die dann teils in der Familie des Täters als "Eigentum" aufwachsen und von der Mutter gar nichts erfahren, bzw. mit das gleiche erleben müssen?

Jeder Mensch verarbeitet anders. Daher denke ich, dass es gar nicht so schlimm zu deuten ist, dass Frau Kampusch in die Öffentlichkeit ging. Man muss auch sehen, dass sich ihr Täter ja umbrachte, heute also nicht mehr da ist. Ob das so gut ist, beibt eine andere Seite, aber er kann ja z.b. keine Widerworte geben, wenn sie eine Geschichte erzählt, die nicht ganz so war vielleicht. Im Amstettener Fall geht das natürlich nicht. Dort hängen viel mehr Personen in der ganzen Sache drin. Meiner Meinung nach ist das von dieser Familie erlebte doch um einiges schwerer zu verarbeiten, als der Fall Kampusch. Daher finde ich es zwar etwas übertrieben, dass sie sogar eine eigene TV-Sendung bekam, allerdings gönne ich es ihr auch. Wenn sie damit glücklich wird, bitteschön. :roll:

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» Mandylein » Beiträge: 1521 » Talkpoints: 10,39 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Mich hat es auch verwundert, dass sie sich so der Öffentlichkeit gibt. Man könnte meinen, dass man, wenn man sowas erlebt hat, erstmal seine Ruhe haben will. Stattdessen bekommt man eine eigene Show, was kurios ist, denn ich würde nicht direkt wissen, wie ich mit so jemanden umgehen sollte, wenn ich da Gast wäre, und "scheffelt Geld".

Andererseits kann ich es aber auch verstehen. Die Alternative wäre ja gewesen, sich weiter zu verstecken. Entweder bietet man sich der Öffentlichkeit direkt und bewusst an, oder man wird heimlich "verfolgt" und ich vermute, dass der zweite Weg der Schrecklichere ist. Außerdem will sie der Welt natürlich zeigen, dass der Entführer sie nicht gebrochen, sondern stärker gemacht hat. Sie ist eine junge Frau, die ihr Leben noch vor sich hat.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Hallo!

Aber litt Natascha Kampusch nicht am Stockhom Syndrom? Das würde zunächst einmal erklären warum einiges widersprüchlich war. Einerseits war sie entführt und eingesperrt worden aber andererseits hat sie auch eine gewisse emotionale Bindung zu dem Entführer aufgebaut und sympathisierte mit ihm. Das wurde mit Sicherheit dadurch verstärkt, dass sie schon als kleines Mädchen entführt worden war. Ihr Entführer war ihr einziger Ansprechpartner und hat sie groß gezogen - so erschreckend das auch klingt.

Dass sie den Weg in die Medien gewählt hat, finde ich nicht schlimm. Es sollte ihr überlassen bleiben, wie sie das ganze verarbeitet und ob sie die Geschichte gerne teilen möchte oder nicht.

» SabrinaMuc » Beiträge: 788 » Talkpoints: 15,76 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Mich erstaunt die ganze Geschichte auch sehr, denn so weit ich mich zurück erinnern kann, sprach Natascha Kampusch ziemlich kurze Zeit nach der Entführung, also nicht einmal ein halbes Jahr später davon, sie wünsche sich Moderatorin einer eigenen Fernsehsendung zu werden. Das ist für mich sehr wohl ungewöhnlich. Ich selber habe auch nicht gerade eine Vergangenheit, die man hervorragend nennt. Natürlich ist diese nicht so schlimm, wie jene, die Natascha Kampusch scheinbar widerfahren ist, trotzdem würde ich mich alleine deshalb vor einer Kamera nicht wohl fühlen. Ich bekomme auch Panik, wenn zu viele Leute um mich herum sind. Nicht weil ich Platzangst habe, sondern einfach aufgrund meiner früheren Erlebnisse denke, es denken alle etwas schlechtes von mir, oder wissen etwas über mich.

Wenn Natascha Kampusch wirklich so etwas schlimmes erlebt hat, wie es immer wieder geschildert wurde, dann müsste es ihr eigentlich ähnlich gehen, wie mir, denn ihre Erlebnisse waren ja 1000 Mal schlimmer als meine. Also ich verstehe von Anfang an nicht, was der Hintergrund ist, eine eigene Fernsehsendung zu bekommen. Klar, sie sagt, sie möchte den anderen Leuten helfen, das kann ich aber auch ohne Fernsehsendung zu Hause in meinen eigenen vier Wänden oder auf der Straße, wenn ich einem Obdachlosen eine Wurstsemmel und einen Tee vorbeibringe. Damit muss ich mich doch nicht öffentlich brüsten.

Ich traute mich nur nie, etwas zu sagen, da, wenn das Mädchen wirklich eine so schlimme Vergangenheit mitgemacht hat, es ihr ja gegönnt werden sollte, dass sie jetzt einen solchen Posten hat. Ich hingegen kann es überhaupt nicht nachvollziehen, warum das ihr Wunsch war, oder etwas, dass sie erfüllt oder erfüllen würde.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Hallo!

Aber nur weil mancher sich nicht vorstellen kann nach einer so schlimmen Erfahrung im Fernsehen darüber zu reden oder gar eine eigene Show zu haben, kann es doch trotzdem für Natascha Kampusch das Richtige sein. Ich denke, dass jeder anders mit schlimmen Erlebnissen umgeht und diese verarbeitet und gerade nach so einer Erfahrung sollte man selbst entscheiden wie man damit umgeht.

Auch den Wunsch anderen zu helfen setzt jeder anders um. Warum nicht Menschen, die etwas ähnliches erlebt haben, auf diesem Weg zeigen, wie man damit umgehen kann und dass sie nicht alleine sind mit ihrem Schicksal?!

» SabrinaMuc » Beiträge: 788 » Talkpoints: 15,76 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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