Die Jugend und ihre sprachlichen Defizite
Kann meinen Vorrednern da teilweise nur zustimmen, diese Art von Sprache ist eben ein Teil der Jugendkultur und vergeht bei den meisten auch wieder. Heute sagt auch keiner der Elterngeneration mehr Dinge wie "schwoofen", "knorke", "affengeil" oder "dolle Fete", also zumindest nicht die Mehrheit.
Saturn1985 hat geschrieben:Wen verwundert es? Die Menschen haben einfach andere Probleme und ihr Ausdruck ist vermutlich das Letzte, worüber sie sich Gedanken machen.
Trister Alltag und durchgängige Sorgen härten eben ab, in der Mimik, als auch im sprachlichen Bereich.
Genau das ist aber das Problem, da man über Sprache eben auch viele Sachen definiert, früher sah ich das weniger eng, aber wenn ich heute Menschen treffe oder die über den Freundes- und Bekanntenkreis zu einem stoßen, wird man auch nach der Qualität der Sprache beurteilt, da sagt man schnell hinter vorgehaltener Hand Dinge, die denjenigen als dumm oder asozial, von unserem Standpunkt aus, charakterisieren und dann automatisch die Aufnahme in unsere "Gemeinschaft" verweigern einfach weil derjenige vom Gesamtbild nicht passt.
In der Schule war das weniger ein Problem, da man da noch kulanter war, aber je mehr man auf der Karriereleiter voranschreitet und sich in gewissen Kreisen bewegt, desto größer wird auch die Distanz zu den Leuten unter einem, um es mal höflich auszudrücken.
Untereinander benutze ich zwar bei engen Freunden immernoch eine Art von Jugendsprache, die man so über die Jahre pflegte, aber gegenüber Fremden grundsätzlich nicht, da ich eben auch auf meine Erscheinung wert lege und den ersten Eindruck nicht trüben möchte so gesehen also ein sprachliches Doppelleben, welches aber auch abnimmt. Durch "falsche" Sprache wächst auch irgendwie meiner Meinung nach so eine Distanz, da man sich innerlich förmlich dagegen wehrt.
Subbotnik hat geschrieben:Durch "falsche" Sprache wächst auch irgendwie meiner Meinung nach so eine Distanz, da man sich innerlich förmlich dagegen wehrt.
Eine Distanz wozu? Den letzten Satz verstehe ich nicht so ganz.
DIe Distanz gegenüber denen, die sozusagen nicht die eigene Sprache pflegen, was meiner Ansicht völlig normal ist, da auch andere "Gruppen" ein Zusammengehörigkeitsgefühl über die Sprache empfinden, Beispiel Oberschicht, Unterschicht, Immigranten.
So hat man auch wenig Lust, mit Menschen zu verkehren oder zu kommunizieren, die nicht das eigene Niveau, egal welches, haben, da man hier aufgrund von Vorurteilen, die sich im Lauf der Zeit aufbauen, praktisch voreingenommen ist.
Hier wächst sozusagen eine Distanz bzw. man begegnet anderen mit einer gewissen Ferne, die eben wenig zuträglich ist, z.B. wenn derjenige mehr kann, als auf den ersten Blick möglich scheint und sich so bereits sprachlich disqualifiziert. Überspitzt gesagt: Wie am Beispiel My Fair Lady - Educating Rita.
Stimmt, das ist wirklich so. Wenn man sich, durch welche Umstände auch immer, in einer Gruppe aufhält, die eine völlig andere Redensart hat als man selbst, fühlt man sich automatisch irgendwie total unwohl. So geht es mir zumindest immer.
Denkt ihr nicht das sich die sprachlichen defizite, durch eventuell eine ausbildung schon etwas verbessern? Denn wie schon öfter erwähnt geht es schließlich vor allem um das umfeld, in denen sich die jugendlichen bewegen. Wenn sie also im arbeitsbereich auf verbesserte sprachliche verhältnisse stoßen, werden sie sich schon anpassen!? Sie müssen sich doch auch zwangsläufig etwas anpassen weil es sonst auf dem arbeitsmarkt für sie äußerst schwer wird!
Im Moment kann ich noch darüber schmunzeln. Ich wurde kürzlich gefragt "Döner mit scharf oder mit ohne". Und solche sachen passieren ja ständig. Aber ich erwarte auch gar nicht von jedem das er perfekt deutsch reden kann. Wenn ich mal in England bin verzeihen die Engländer mir hoffentlich auch meine grammatkalischen Missgeschicke. Andererseits wäre es natürlich wünschenswert wenn das bei der Jugend nur so eine phase bliebe!
Denkt ihr nicht das sich die sprachlichen defizite, durch eventuell eine ausbildung schon etwas verbessern? Denn wie schon öfter erwähnt geht es schließlich vor allem um das umfeld, in denen sich die jugendlichen bewegen. Wenn sie also im arbeitsbereich auf verbesserte sprachliche verhältnisse stoßen, werden sie sich schon anpassen!?
Sie müssen sich doch auch zwangsläufig etwas anpassen weil es sonst auf dem arbeitsmarkt für sie äußerst schwer wird!
Das ist aus meiner Erfahrung nur bedingt richtig.
Die Sprache bzw. die Qualität der Ausdrucksweise hat sehr viel mit dem sozialen Umfeld zu tun. Und so hart sich das jetzt auch anhören mag, aber die Jugendlichen die "schlechte" Sprache an den Tag legen, enden meistens auch in Berufsbereichen, die auch deutlich niedrigere Qualifikationen voraussetzen.
Ich erlebe das in meinem Praxialltag mit meinen Patienten immer wieder. Der Bauarbeiter/Handwerker/was auch immer hat einen ganz anderen sprachlichen Umgang als höherqualifizierte Menschen.
Natürlich sollte man nicht alle über einen Kamm scheren, es gibt genug Jugendliche aus schlechteren sozialen Verhältnissen, die durchaus über eine gepflegte Ausdrucksweise verfügen, aber aus dem umgekehrten Fall wird natürlich auch ein Schuh.
Die Jugend hat eigentlich in jeder Generation ihre eigene Sprache gehabt, das war so, wird immer so bleiben, und ist in einem gewissen Maß auch gut so. Wichtig ist zu wissen, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist, und an sich selber arbeiten kann.
Ich habe neulich mit einer Patientin über ihren Sohn gesprochen, der 15 Jahre alt ist. Die Patientin sagte zu mir, wenn sich ihr Sohn mit seinen Freunden unterhält, dann verstehe sie kein Wort. Sie brachte auch einige Beispiele an, erzählte auch, dass sich ihr Sohn teilweise im "Real Life" genauso ausdrückt, wie er es im Internet per ICQ, Skype o.ä tut, soll heissen, er benutzt auch im RL Ausdrücke wie z.B, "lol".
Einige Wochen später ergab sich der Zufall, dass der Sohn auch zu mir in Behandlung kam, und da ich ja durch seine Mutter quasi vorgewarnt war, hab ich mich mal überraschen lassen, was denn da so an sprachlichen Auswüchsen auf mich zukommt. Ich war schon ein klein wenig überrascht, als ich feststellte, dass sich der junge Mann auch durchaus gewählt und qualifiziert ausdrücken konnte. Er war also tatsächlich in der Lage, mit mir eine ganz normale Konversation zu betreiben, ohne dabei übermäßig viele Kunstwörter oder "Jugendsprache" zu verwenden.
Allerdings kommt es bei mir auch häufiger vor, dass ich Kinder aus sozial schwächeren Schichtenin Behandlung habe, bei denen ich mir schon nach den ersten fünf Minuten verkneifen muss, meiner Vorurteilsbildung freien Lauf zu lassen. Deren Ausdrucksweise spiegelt sich allerdings auch in deutlich schlechteren Schulnoten wider, so dass da eigentlich fast klar ist, dass man dort keine großen beruflichen Karrieren erwarten kann.
Think hat geschrieben:Denkt ihr nicht das sich die sprachlichen defizite, durch eventuell eine ausbildung schon etwas verbessern?
Bedingt würde ich sagen, bei manchen, sehr wenigen vielleicht. Jedoch nur durch eine sprachliche Ausbildung, da, wie mein Vorredner erwähnte, bestimmte Ausbildungen solchen Menschen auch verwehrt sind, auch mit guten Schulnoten, bei denen man dies vielleicht noch "aufstocken" könnte, da sie meist in den Vorstellungsgesprächen genau deswegen durchfallen.
Wie gesagt, ich finde dass ein zweischneidiges Schwert, ich hau mir mit meinen engen Freunden auch noch Gamer- und Jugendsprache um die Ohren, aber heute wie damals, dass ist ziemlich schwer genau in Worte zu fassen, war für uns nach 5 Minuten Gespräch mit jemand anderem klar: Unterschichtler oder dumm! Heute sogar mehr denn je, aber selbst zur Schulzeit, als alle noch "Alter" und "Hurensohn" in den Mund nahmen und andere spezifische Ausdrücke hat man selbst da Unterschiede festgestellt, in der Art wie man gesprochen hat, wie man etwas formuliert und gesagt hat oder versucht hat, dem anderen mitzuteilen.
Lag vielleicht daran, dass viele von uns durch ihre Eltern halt ein sehr positive Vorbild hatten, wie man es "richtig macht", auch wenn wir als Jugendliche wenig davon nachahmten, zumindest nicht im Freundeskreis und in der Schule, wenn man irgendwo mit den Eltern unterwegs war, hat man sich natürlich zusammengerissen und so wieder ein völlig anderes Bild abgegeben. Aber genau das fehlte irgendwie bei Freunden von mir (aus der Unterschicht), die mir sonst immer cool vorkamen und locker und dann auf einmal peinlich und wie die Axt im Walde, z.B. wenn ich Verwandte oder Kunden / Geschäftspartner von meinem Vater zufällig in der Stadt getroffen habe / auf dem Geburtstag.
Subbotnik hat geschrieben:Aber genau das fehlte irgendwie bei Freunden von mir (aus der Unterschicht), die mir sonst immer cool vorkamen und locker und dann auf einmal peinlich und wie die Axt im Walde, z. B. wenn ich Verwandte oder Kunden / Geschäftspartner von meinem Vater zufällig in der Stadt getroffen habe / auf dem Geburtstag.
Komisch, das war bei mir nie, aber das ist wohl Einstellungssache. Mich hat das fasziniert zu sehen, wie zwei sehr unterschiedliche Menschengruppen aufeinandertreffen und miteinander klarkommen. Also mir war noch nie jemand peinlich aufgrund seines sprachlichen Ausdrucks.
Tja, das sprachliche Defizit ist ja meist nur eines von vielen - und da ich damals noch jünger war, war mir das im persönlichem Umgang auch nicht peinlich. Nur bei "erfahrenen" Menschen steht derjenige eben aufgrund dieses Defizits eben auch schnell als Idiot da, da in diesem Umfeld eben korrekter sprachlicher Ausdruck bzw. der korrekte Umgang als Grundvorraussetzung erwartet werden. Ein Grund warum diese Menschen vor großen Hürden stehen, wenn sie aufsteigen wollen. Mir war es deswegen peinlich weil diese Menschen mich von einer völlig anderen Seite kennen und mir "so einen Umgang" nicht zutrauten.
Subbotnik hat geschrieben: Mir war es deswegen peinlich weil diese Menschen mich von einer völlig anderen Seite kennen und mir "so einen Umgang" nicht zutrauten.
Aber das ist schon ein bisschen oberflächlich, oder? Also nicht von dir, sondern von Menschen, die einem einen "gewissen Umgang" nicht zutrauen. Ich meine, jeder hat Dreck am Stecken, und dann ist mir jemand, der "frei-nach-Schnauze" redet immer noch lieber und sympathischer, als so hochgestochene, pseudo-intellektuelle Oberschicht-Fritzen. Um es jetzt ein bisschen überspitzt auszudrücken.
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