Lohnt es sich heute noch den Meister zu machen?
Hallo!
Meine Tochter ist nächstes Jahr mit der Ausbildung zur Tischlerinnengesellin fertig und ihr Meister hat sie gefragt, ob sie denn vor hätte auch den Meister zu machen. Der Betrieb würde sie, weil sie auch sehr gut ist, auch unterstützen. Sie könnte den Meister in Abendschule machen und würde dann über Tag als Gesellin im Betrieb arbeiten. Sie würde auch Freitage mehr bekommen, damit sie sich auf den Meister vorbereiten kann und könnte auch alle praktischen Arbeiten im Betrieb erledigen. Sie ist sich unschlüssig, ob es sich heutzutage lohnt den Meister zu machen, wenn sie sich nicht selbstständig machen will.
Denn es werden ja mehr Gesellen als Meister eingestellt und wenn sie den Meister hat, dann ist sie überqualifiziert für den Gesellinnenjob. Was würdet ihr machen? Würdet ihr in dem Fall meiner Tochter den Meister bzw. die Meisterin machen? Sie hat sehr großen Spaß am Beruf und freut sich auch, dass ihr Meister so viel Vertrauen in sie setzt.
Hallo Diamante,
ich würde deiner Tochter schon dazu raten, den Meister noch zu machen, denn so ein Angebot sollte man nicht ausschlagen. Du schreibst, dass sie von ihrem Betrieb die nötige Unterstützung bekommen würde und das sind sehr gute Voraussetzungen. Auch wenn deine Tochter sich erstmal nicht ans Selbständig machen denkt, kann ihr der Meistertitel weiterhelfen. Sie hat damit einige Möglichkeiten mehr und hat andere Chancen im Berufsleben.
Man sollte bedenken, was an dem Meister mit dran hängt. Wenn man ihn später machen möchte, braucht man einiges an Geld, Zeit, einen Betrieb in dem man seine Arbeiten machen kann und auch den nötigen Willen bzw die Unterstützung. Der Betrieb deiner Tochter gibt ihr eine richtig gute Chance mit dem Angebot und auch wenn sie nicht direkt als Meister irgendwo eingestellt wird, heißt es nicht, dass sie direkt überqualifiziert ist. Man sollte eigentlich ja immer den höchsten Abschluss anstreben, den man erreichen kann und wenn deiner Tochter ihr Beruf gefällt, sie Spaß an der Arbeit hat und sich selbst die Meisterschule zutraut, dann spricht doch nichts dagegen, dass sie ihren Meistertitel noch mitmacht.
LG P-P
Ich denke schon dass es sich lohnt seinen Meister zu machen, insbesonders wenn wie in deinem Fall der Betrieb dahintersteht und dich unterstützt. Gerade wenn man jung ist steckt man solch eine Doppelbelastung schneller weg und es fällt einem auch nicht so schwer zu Lernen. Selbst wenn du es jetzt noch nicht vorhast einmal einen Betrieb zu übernehmen oder ein paar Leute anzuleiten, später ist dieser Wunsch bestimmt einmal da und du wirs bereuen damals nicht zugegriffen zu haben. Auch muss ich sagen dass Bildung immer etwas gutes ist, man kann ja auch mal etwas für sich selbst tun. Was so eine Meisterausbildung kosten kann weiß ich nicht, ich hatte mal was von zehntausend Euro gelesen und dass es staatliche Beihilfen gibt. Ich nehme mal an dass es aber je nach Gewerk auch variiert.
Meine Frau ist ausgebildeter Gärtner und hatte nach der Wende gleich ihre Arbeit verloren. Obwohl wenig später unser Sohn geboren wurde hat sie sich aufgerafft um ihren Meister zu machen. Das ganze hat drei Jahre gedauert und die Schule fand immer Freitags und Samstags statt. Sie hat zwar dadurch auch keine Arbeit gefunden aber es war mit Sicherheit gut für das Selbstvertrauen. Diese Meisterausbildung war übrigends kostenlos und ist es auch heute noch, warum weiß ich allerdings nicht. Auch ich habe damals eine Weile überlegt ob ich noch einen Ingenieurabschluss mache. Drei Jahre Fernstudium klang nicht gerade verlockend und als Verdienst hätte ich gerade einmal einhundert Mark mehr gehabt. Heute bin ich sowas von froh dass ich dieses Studium durchgehalten habe weil ich dadurch einen guten Job bekommen habe der auch ordentlich bezahlt wird. Ohne diesen Abschluss hätte ich einen Tausender weniger in der Lohntüte.
Ein weiterer Aspekt wäre auch ein bischen an die Zukunft zu denken. Selbst wenn einem die Arbeit Spaß macht, irgendwann klappt es vielleicht gesundheitlich nicht mehr so und dann hätte man als Tischlermeister doch mehr Möglichkeiten den besonders körperlich anstrengenden Arbeiten aus dem Weg zu gehen. Ein Freund von mir war auch so Weise, in der Schule damals fast überall nur ausreichend, Lehre als Heizungsmechaniker und dann auf den Baustellen und auf Montage geschuftet bis zum Umfallen. Heute sitzt er mit seinem Technikerabschluss in einem Planungsbüro und verdient richtig gutes Geld, in kalten Kellern brauch er sich nicht mehr herumtreiben.
Also ich denke schon dass es sich lohnt das Angebot des Betriebes anzunehmen, die eventuelle Überqualifikation würde ich nicht so überbewerten.
Hallo zusammen!
Wenn sie den in ihrem Betrieb bleiben kann trotz Meistertitel für das Gesellen Gehalt, würde ich an ihrer Stelle sofort den Meister machen! Einen Meister in der Tasche ist immer noch besser wie keiner. Zu dem hat sie dann in ihrem Betrieb vielleicht die Chance früher oder später wirklich zum Meister befördert zu werden, oder sie sucht sich nebenbei einen neuen Job als Meister inklusive Berufserfahrung! Da sie ja während ihrer Meisterschule immer im Beruf tätig war. Dies ist nämlich das a und o bei der Job suche als Meister oder ähnliches! Die Berufserfahrung muss da sein.
Ich habe vor Jahren eine ähnliche Weiterbildung gemacht. Das lief damals allerdings Vollzeit. Da war ich zwei Jahre in einer Meisterschule und habe in der Zeit auch alle Prüfungen gemacht, die für meine Weiterbildung erforderlich waren. Allerdings wollte ich damals auch den Betrieb meines Vaters übernehmen und man sagte mir quasi erst zum Schluss der Weiterbildung, das ich das mit dem Abschluss nicht kann.
Ich habe wärend dieser zwei Monate noch am Wochenende bei meinem Vater gearbeitet und damit ein kleines Gehalt bekommen um mindestens die laufenden Kosten decken zu können. Ansonsten hätte ich mir das auch nicht leisten können. Die Fortbildung an sich, war auch relativ teuer. Allerdings hatte ich ein Stipendium der Handwerkskammer. Das wäre vielleicht auch für deine Tochter interessant. Das hiess damals Begabtenförderung berufliche Bildung und das gab es von der Handwerkskammer. Bedingung war eine abgeschlossen Lehre in einem Handwerksbetrieb und da halt sehr gute Noten. Und man musste halt im erlernten Beruf arbeiten, um an die Leistungen zu kommen.
Ich wurde damals automatisch von der Handwerkskammer angeschrieben, weil ich meine Lehrabschlussprüfung mit 1/1 gemacht hatte. Dieses Stipendium kann man allerdings auch bekommen, wenn einen der Arbeitsbetrieb für besonders begabt hält. Zu meiner Zeit bekam man drei Jahre lang Förderungen für Lehrgänge etc. ( die mussten nicht berufstypisch sein. Ich hätte auch eine Studienreise nach Italien machen können) mit einem Höchstsatz von damals 3000 DM Pro Jahr. Allerdings musste man bis zu 300 Euro selbst tragen. In den 3000 Euro waren aber auch Fahrtkosten mit drinne. Und ich kannte einige die den kompletten Meister bezahlt bekamen, bis auf einen kleinen Eigenanteil.
Wenn eine solche Fortbildung vom Arbeitsbetrieb gefördert wird, würde ich in jedem Fall dazu raten. Der Meisterbrief ist nicht gerade günstig. Und oftmals gibt es halt nur Vollzeitmassnahmen und man hat kein Einkommen. Ausserdem kann ich mir vorstellen, das man beim Meisterbrief im Tischlerhandwerk ein Meisterstück erstellen muss. Die benötigten Maschinen hat man in der Regel nicht gerade eben mal daheim. Deshalb ist es sicherlich sinnvoll, wenn da ein Betrieb einen da im Hintergrund unterstützt.
Bedenken sollte man aber eventuell auch,das der Betrieb einen dann für X Jahre verpflichten kann. Also das der Arbeitgeber sagt, wir zahlen die Ausbildung, dafür arbeiten sie X Jahre in unserem Betrieb. Und ich weiss auch nicht, wie da die Regelungen bei Mutterschutz und so sind.
Auch wenn man sich nicht selbstständig machen möchte, kann der Meisterbrief einige Vorteile bringen. In meinem Berufszweig ist es so, das man bestimmte Tätigkeiten nur machen darf, wenn man einen Meisterbrief hat. Wie das im Tischlerhandwerk aussieht, weiss ich allerdings nicht. Ausserdem umfasst der Meisterbrief die Ausbildereignungsprüfung. Sprich mit bestandener Meisterprüfung darf man Auszubildende ausbilden. Und dazu muss man sich nicht selbstständig machen. Der Meisterlehrgang und die Meisterprüfung umfasst ziemlich viele Gebiete. Die können auch einzeln eingesetzt zum Vorteil für den Arbeitgeber sein. Was zwar dann nicht zwingend einen Meisterlohn bringt, aber Zusatzqualifikationen sind nie schlecht.
Ich bin bei dieser Thematik eher zwiegespalten. Einerseits denke ich schon, dass eine Weiterbildung grundsätzlich gut und sinnvoll ist, daher finde ich schon, dass man sich so weit wie möglich qualifizieren sollte, wenn man denn die Chance dazu hat. Andererseits ist gerade die Tischler-Branche sehr hart umkämpft und ich kenne mehrere Tischler, die mittlerweile fachfremd arbeiten müssen, weil sie in ihrem Bereich keinen Job mehr gefunden haben.
Es ist eben hart, wenn man Konkurrenz von den Möbelgeschäften bekommt, die dann auf Massenproduktion setzen und Handarbeit nicht mehr so gefragt ist. Ich kenne auch eine Tischlerei, die regelmäßig Insolvenz anmelden muss und sich dann quasi neu gründet und einen Neustart hinlegt, aber es gab schon mehrere "Bruchlandungen", wenn man so will. Also selbst für Meister ist es nicht so pralle, je nach Region.
Mein Partner arbeitet in einer anderen Branche und da ist es so, dass Meister zwar gesucht werden, aber man will sie nicht bezahlen. Man sucht eher Leute, die die Aufgaben des Meisters übernehmen, aber als Fachkraft bezahlt werden, was ja auch nicht so toll ist. Wenn ich schon entsprechende Qualifikationen habe, will ich dafür auch entlohnt werden.
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