Ausgrenzung wegen Hobby
Ausgrenzung direkt kenne ich bei meinem Lieblingshobby - dem Lesen - nicht, aber Unverständnis. Weil sich viele nicht vorstellen können, dass ich es herrlich entspannend finde, mal einen ganzen freien Tag nichts anderes zu machen, als gemütlich dazusitzen oder im Gartenstuhl zu liegen und zu lesen. "Was eine Zeitverschwendung!", höre ich dann als Kommentar dazu. Oder noch krasser: "Du hast wohl keine Freunde." Oder in der Variante: "Dir fehlt ja bloß ein Mann."
Dass mir diese Lesestunden gut tun, ich sie entspannend finde und nicht als Alternative ansehe, weil ich sonst nichts hätte, verstehen manche Leute einfach nicht. Dabei ist so ein ruhiger Lesetag doch nichts anderes, als wenn sich jemand den ganzen Tag seinem Modellbauprojekt widmet oder auf dem Fußballplatz ist. Das aber wird nicht als Zeitverschwendung angesehen. Und ich tausche mich über die gelesenen Bücher doch dann genauso mit anderen Leseratten aus, schon von daher stimmt es also nicht, dass Lesen ein einsames Hobby ist.
Aber da besteht wohl das Problem, dass Lesen von vielen Leuten gar nicht als Hobby angesehen wird. Weil sie Bücher mit Schule und Lernen verbinden, nicht verstehen, dass man Spaß daran haben kann, in eine Geschichte einzutauchen. Und von sich selbst nur kennen, dass sie beim Friseur oder im Wartezimmer in Zeitschriften blättern, eben um eine Wartezeit zu überbrücken.
Ich denke, dass Ausgrenzung auf keinen Fall vorkommen sollte, wenn jemand ein Hobby hat, das nicht modisch ist oder keine große Zielgruppe hat. Wenn jemandem das Hobby des anderen nicht zusagt, dann reicht es wenn man dem neutral gegenüber steht oder sich zumindest erniedrigende Worte verkneift. Aber man sollte bedenken, dass sich Freunde wesentlich leichter finden, wenn man gleiche oder ähnliche Hobbies hat, über die man reden und diskutieren kann.
Bei mir ist es so, dass ich nicht jedem sage welche Hobbies ich hab bzw. womit ich viel Zeit verbringe. Denn wenn man nichts weiß, kann man auch nicht darüber urteilen. Bücher zu lesen, Comics zu sammeln, Warhammer zu spielen oder zu zeichnen ist für viele ja schon etwas merkwürdiges. Wenn man dann noch sagt, dass man gerne Computerspiele spielt oder sich in irgendeiner Weise damit beschäftigt, ist man schon gleich der Nerd. Spielen andere aber jeden Tag mehrere Stunden an der Videospielkonsole, dann ist alles normal. Ja, sowas habe ich schon erlebt und verfolge ich die Hobbies, die mir Spaß machen und wenn jemand danach fragt, dann mache ich mir erst ein Bild davon wie er reagieren würde.
Vielleicht kommt diese Einstellung, dass man die Hobbies anderer nicht nachvollziehen kann daher, dass man so gut wie nichts darüber weiß. Der hier angesprochene Angler mag für den einen ein kaltblütiger Mörder sein, für andere aber jemand, der seine Zeit gerne in Ruhe am Wasser verbringt und einem "Sport" nachgeht.
Ich habe es wirklich noch nie erlebt, dass jemand wegen seines Hobbies ausgegrenzt wird. Zu Schulzeiten wurde jemand vielleicht mal belächelt, weil er etwas merkwürdiges gesammelt hat oder weil er fast seine gesamte Freizeit in seinen Sport investiert hat. Aus letzterem folgte sicher auch, dass diese Personen weniger soziale Kontakte unter den Nicht-Sportlern hatten, aber mit Ausgrenzung hat das doch nichts zu tun.
Mit vielen Hobbies kommt man ja als jemand, der dieses Hobby nicht betreibt, auch überhaupt nicht in Berührung und es steht ja auch niemandem auf die Stirn geschrieben, was er in seiner Freizeit macht. Deshalb würde es doch erst dann überhaupt zu einer Ausgrenzung kommen können, wenn das Hobby exzessiv und rücksichtslos betrieben wird oder wenn es das Leben des Betreffenden so sehr bestimmt, dass auf Parties praktisch von nichts anderem redet und deshalb mit anderen Leuten kein gemeinsames Thema findet.
Ich finde es auch völlig normal, dass man auf "fremde" Hobbies mit Unverständnis reagiert, denn wenn ich zum Beispiel verstehen würde, was so toll daran ist den ganzen Tag eine Schnur ins Wasser zu halten und darauf zu warten, dass ein Fisch anbeißt, würde ich dieses Hobby ja wahrscheinlich selber betreiben.
Ich habe auch einige Hobbys die bei Jugendlichen eher schlecht ankommen. Das Lesen ist ja inzwischen eigentlich wieder ganz ''in'', zumindest in gebildeten Kreisen. Trotzdem gibt es immer noch Leute, die einen schief anschauen, wenn man Dinge Bücher liest von Autoren wie Goethe, Schiller oder Kafka. Denn heute ist ja schließlich Twilight angesagt, wer will denn da schon Kafka lesen. Nicht anders ist das mit Hobbys wie das Besichtigen von Friedhöfen. Ich fahre normalerweise mehrmals im Jahr nach Paris und dieses Jahr war ich auch mit einigen meiner Freundinnen dort. Als ich ihnen dann sagte, dass ich heute auf den Pere Lachaise gehen wolle, wurde ich sofort schief angeschaut, denn man ist schließlich in Paris, da muss man shoppen gehen. Nicht anders ist das mit Dingen wie Theater und Musicals. Es ist normal Musicals wie ''König der Löwen'' oder ''Starlight Express'' zu besichtigen, aber wenn man sich Opern, wie ''Carmen'' ansieht, dann ist man absolut altmodisch und ''out''.
Und ganz besonders sieht man das in Bezug auf die Musik. In meiner Schule spielen sehr wenig Leute klassische Instrumente. Wenn man sagt, man spiele Schlagzeug oder E-Gitarre, dann wird man erstmal bewundert und ausgefragt. Wenn man aber sagt, man spielt Geige und Cello, interessiert das keinen, denn das ist absolut altmodisch. Ich selbst spiele in einem Orchester und ich habe daher oftmals in den Ferien und In der Woche Abends keine Zeit, da ich zu Proben gehen muss. Akzeptiert wird das aber nur von meinen Freunden, die schon älter sind. Die Gleichaltrigen lachen mich deswegen sogar manchmal aus und beschweren sich, wieso ich statt dem ''Opaorchester'' nicht lieber mit ihnen einen Trinken gehe.
Genau dasselbe gibt es dann auch beim Musik hören. Zuerst einmal ist man komisch, weil man nämlich nicht weiß, wer ''Farin Urlaub'' oder so ist und dann wird man als absolut bescheuert abgestempelt, weil man auf seinem iPod nicht die neusten Charts hat, sondern stattdessen klassische und Filmmusik. Das wird bei den heutigen Jugendlichen ganz und gar nicht gern gesehen und das macht einen schnell zum Außenseiter. Ich denke Menschen, die derart über die Hobbys anderer Menschen lachen und sie kritisieren, sind einfach noch sehr unreif und vor allem hinterwäldlerisch und nicht besonders weltoffen. Ich finde es schön, Hobbys zu haben, die sonst nicht so viele Menschen haben, anstatt mich der Menge anzupassen und das zu tun, was alle tun.
Es gibt schon ein paar Hobbys bei denen nach meinem Empfinden sich jemand Ausgrenzen und unbeliebt machen kann.
Mein Nachbar hat jetzt seine Liebe für die Trompete entdeckt, leider kann er überhaupt nicht spielen und er übt am liebsten bei offenem Fenster. Ich hoffe einmal diese Phase geht bald vorbei sonst muss ich da doch noch etwas unternehmen.
Ansonsten kann ich persönlich nicht nachvollziehen warum jemand beispielsweise seinen zehn Jahre alten Golf so aufrüstet und dabei Geld investiert von dem er sich auch zwei funkelnagelneue Autos kaufen könnte, aber das geht mich im Prinzip nichts an. Ärgerlich werde ich nur wenn diese Hobby-Schumacher auf der Straße Rennen austragen und dieses dann verharmlosend sportliches Fahren nennen. Ich denke mal dieses ist so ein Hobby was viele normale Autofahrer ärgert. Unternehmen kann man da gar nichts, höchstens schnell vorbeilassen.
Aber das sind Verhaltensweisen, die aktiv Mitmenschen belästigen und gefährden. Wenn man etwas gegen Raser hat, oder gegen Leute, die dauerhaft massiv Lärm machen, auch nachts noch, dann ist mir das vollkommen verständlich.
Aber das kann man eben nicht mit den anderen Beispielen hier vergleichen. Wenn man beispielsweise Briefmarken sammelt oder Blumen fotografiert oder meinentwegen auch Schiller-Gedichte auswändig in chinesischer Sprache und rückwärts liest, dann belästigt man damit niemanden. Mir ging es um solche Dinge: Hobbies, die keinen belästigen, und die nur den Ausübenden etwas angehen, wegen denen pubertäre Mitschüler aber dennoch Mobbingattacken starten, obwohl sie all das einen Schiet angeht.
Ich finde, bei Tätigkeiten, die objektiv betrachtet keinen Mitmenschen stören und keinem Mitmenschen Schaden an Hab und Gut oder Gesundheit anrichten, über die mag man den Kopf schütteln können, aber Menschen mit solchen Hobbies gegenüber aggressiv zu werden, ist einfach intolerant und primitiv. Anders sieht es natürlich bei Tätigkeiten aus, die die Mitmenschen belästigen. Da kann man natürlich etwas dagegen sagen, ohne, dass das intolerant wäre. Es ist ja sein gutes Recht, Menschen davon abzuhalten, einen beispielsweise mit Lärm zu belästigen.
Ja richtig, aber es handelt sich doch um Verhaltensweisen die aktiv von einem Hobby ausgehen.
Wawa666 hat geschrieben:Ich finde, bei Tätigkeiten, die objektiv betrachtet keinen Mitmenschen stören und keinem Mitmenschen Schaden an Hab und Gut oder Gesundheit anrichten, über die mag man den Kopf schütteln können, aber Menschen mit solchen Hobbies gegenüber aggressiv zu werden, ist einfach intolerant und primitiv.
Wenn ich mich richtig erinnere bist du doch aktive Tierschützerin oder zumindest Tierliebhaberin. Wie sieht es mit deiner Toleranz aus wenn das bei uns hier in der Gegend so beliebte Finkenschlagen abgehalten wird? Falls du gerade nicht genau weißt um was es sich handelt, das ist altes Harzer Brauchtum wo Singvögel dazu animiert werden in einer bestimmten Singfolge besonders helle und klare Töne abzugeben. Um diese Tiere zu trainieren ist es erforderlich dass sie so ziemlich ihre gesamte Lebenszeit in einem mit einem Tuch vollständig abgedeckten Käfig verbringen müssen damit sie ihre Umwelt nicht wahrnehmen und nicht abgelenkt werden. Diese jährlichen Veranstaltungen werden übrigens seit Jahren nur noch unter Polizeischutz abgehalten.
Es ist ganz einfach: Ich lehne Dinge ab, die Schaden anrichten, der nicht nur den Handelnden selbst trifft. Das heißt, wenn jemand meint, er müsse sich aus welchen Gründen auch immer freiwillig den Finger abschneiden, dann finde ich das zwar seltsam, aber es ist seine Sache. Schneidet er jedoch einem anderen Menschen gegen dessen Willen den Finger ab, ist Toleranz nicht notwendig.
Wobei wir nicht einmal so ins Extrem gehen müssen. Alles, was Fremde schädigt, ist meiner Meinung nach ruhig zu kritisieren. Dazu zählen dann aber nicht nur Lärmbelästigung und Raserei, sondern eben auch Schäden, die an Eigentum oder auch an nicht-menschlichen Lebewesen verursacht werden. Das heißt, wenn mir einer eine Delle ins Auto schlägt (wenn ich eins hätte), dann wäre das für mich nicht akzeptabel. Ebenso nicht, wenn jemand seinen Hund schlagen würde, auch, wenn es sein Hund und demnach sein Eigentum wäre. Sofern also jemand oder etwas zu Schaden kommt, und dieses Lebewesen nicht eingewilligt hat oder die Sache jemandem gehört, der nicht eingewilligt hat, ist Kritik meiner Vorstellung nach in Ordnung.
Du kannst dir jetzt aussuchen, was das für das Finkenschlagen bedeutet. Leiden die Tiere dabei? Wenn ja, dann halte ich ein solches Verhalten für nicht rechtens. Genauso, wie ich es nicht korrekt finde, seinen Hund zu schlagen. Wobei ich dennoch nicht die Menschen, die so handeln würden, körperlich bedrohen würde. Es muss andere Wege geben, ich will mich doch nicht auf dieselbe Stufe mit den Menschen stellen, die ich nicht leiden kann.
Und nein, ich bin keine Tierschützerin. Ich habe bloß ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Beseeltheit von Tieren und meine persönliche und unglaublich simple (ich brauche keine dicken Wertelisten und keine religiöse Schrift mit hunderten von Seiten, die mir sonst etwas vorschreibt) Lebensregel ist, dass alles erlaubt ist, was niemandem gegen seinen Willen schadet. Natürlich gilt das für alle Lebewesen mit Emotionen, also zumindest einmal für Menschen und Tiere.
Falls du auf meinen Vegetarismus anspielst: Ich habe nur eine Weile kein Fleisch gegessen, weil mir davon immer schlecht wurde. Kann auch eine Eiweißallergie gewesen sein. Ideologische Gründe hatte das nicht, denn ich finde es normal, dass Lebewesen andere Lebewesen verspeisen, also kann auch der Mensch ruhig Tiere fressen. Denn das ist natürlich und hat einen für mich legitimen Grund. Anders, als Katzenjunge zu ertränken oder Hunden die Stimmbänder durchzuschneiden, weil man einen haben will, aber das natürlicherweise dazu gehörende Gebell nicht ertragen möchte. Wie gesagt, ich unterteile alle Handlungen für mich als schädlich oder unschädlich und legitim und nicht legitim.
Und, um die große Schlaufe zurück zum Thema zu drehen: So bin ich der Meinung, dass man Hobbies kritisieren kann, die Schaden anrichten, egal, ob Menschen, Tieren, oder Dingen gegenüber, ohne, dass dieser Schaden Sinn macht oder ihm freiwillig zugestimmt wurde. Mit der Regel kannst du eigentlich alles bewerten.
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