Ehrenamt oder nur gegen Bezahlung?

vom 07.05.2009, 14:36 Uhr

Neulich kam im Fernsehen eine Reportage über ehrenamtliche Tätigkeiten und es wurde davon gesprochen, dass immer weniger ehrenamtlich arbeiten wollen, weil alle "nur aufs Geld aus sind". Ich schreibe das in Anführungsstriche, weil ich diese Aussage im Fernsehen in der heutigen Zeit schon etwas verwerflich fand. Grade in der heutigen Zeit und wo das Geld so knapp ist, kann man doch nicht von "nur aufs Geld aus sein" sprechen. Ich kenne keinen, der freiwillig einen harten Arbeitstag macht ohne dafür einen Cent zu bekommen.

Klar, ist es schön, wenn Leute sich aufopfern für andere Leute. Aber warum müssen ehrenamtliche Posten her, wenn sich doch Leute auch ein paar Cent dabei verdienen wollen oder händeringend Arbeit suchen. Ich selber habe mich schon in etlichen Einrichtungen beworben. Aber dort wurde nur gesagt, dass sie mich gerne ehrenamtlich nehmen würden, weil sie keine Leute einstellen. Egal, ob es Altenheim oder andere Einrichtungen waren. Da ich aber dringend Geld verdienen will und nicht noch Fahrgeld bezahlen kann um arbeiten zu gehen, kann ich keinen ehrenamtlichen Posten annehmen. Denn da bekommt man nicht mal das Fahrgeld ersetzt.

Geht ihr arbeiten ohne dafür bezahlt zu werden? Opfert ihr eure Freizeit für einen ehrenamtlichen Posten?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich habe noch nie ehrenamtlich gearbeitet. Mein Freund ist allerdings in der freiwilligen Feuerwehr, dass kann man ja als etwas ähnliches ansehen. Aber ich finde auch, dass man gar nicht sagen kann, dass alle nur aufs Geld aus sind. Heute und bei den immer steigenden Preisen, kann man doch wirklich jeden Cent gebrauchen. Da ist man doch eher froh, wenn man noch ein bisschen Geld, durch eine Arbeit dazu verdienen kann.

Mir würde es Spaß machen, in einem Tierheim zu arbeiten. Ich denke, dass ich das auch durchaus ehrenamtlich machen würde. Oder für eine Tierhilfe, Notstation oder ähnliches. Allerdings denke ich dann oft, dass ich mit meinen Tiere schon genug Arbeit habe und diese nicht vernachlässigen möchte. Außerdem sind die Tierheime in der Gegend, recht weit weg. So, dass ich schon eine größere Strecke dahin zurück legen müsste. Ich kann aber durchaus nachvollziehen, dass die Leute immer weniger ehrenamtlich arbeiten wollen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich selber habe noch nie ehrenamtlich gearbeitet, aber mein Mann ist seit 10 Jahren ehrenamtlich als aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr bei uns im Ort tätig und er wird das auch wohl noch die nächsten Jahre weiter machen, denn er ist mit ganzem Herzen dabei.

Sein Traum wäre zwar das auch beruflich zu machen, aber da es so schwer ist an eine freie Stelle zu kommen, hat er es eben zu seinem Hobby gemacht. Ich unterstütz ihn da auch so gut es geht und halte ihm auch den Rücken frei, weil ich seinen Einsatz für die Feuerwehr sehr schätze, auch wenn dafür viel Freizeit und Familienleben drauf geht und kein Cent reinkommt.

Einmal im Jahr haben die dann zusammen mit uns Frauen eine Feier mit einer Tombola und das ist dann sozusagen der Dank an alle. Das Geld für diese Feier kommt aus kleineren Einsätzen, die die Feuerwehr bei den Bewohnern unseres Dorfes macht, wie z.B. Filter einspülen, Wespennester entfernen oder solche Dinge.

Ich finde es sehr gut, wenn man ehrenamtlich tätig ist und leider werden das immer weniger, die sich dazu bereit erklären. Wenn ich es irgendwie zeitlich unterbringen könnte, neben Familie, Job und der Feuerwehrtätigkeit meines Mannes, dann würde ich sowas auch liebend gerne machen.

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» EmskoppEL » Beiträge: 3423 » Talkpoints: 20,21 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



@ Nelchen: Ich habe mal im Tierheim ehrenamtlich gearbeitet. Aber da konnte ich das Tierheim auch noch mit dem Fahrrad erreichen, was hier einfach zu weit ist. Und ich müsste auch, weil es etwas außerhalb ist ein Auto haben und das braucht mein Mann und dann bekommt man ja nicht mal das Fahrgeld und das kann ich mir einfach nicht leisten.

Ich denke, wenn man auch den ehrenamtlichen Arbeitern wenigstens ein kleines Taschengeld geben würde, damit sie Bus oder Bahn oder Sprit bezahlen könnten, würden das auch mehr machen. Aber in dem Altenheim, in dem ich mich mal beworben habe wollten sie sogar, dass ich einen Ehrenamtsvertrag unterschreibe. Damit hätte ich mich für ein Jahr verpflichtet dort ehrenamtlich zu arbeiten. Aber ich suche ja eine Arbeit, wo ich Geld verdienen kann und dann kann ich so einen Vertrag ja nicht unterschreiben.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Also gleich zu Beginn: Ich kann mich deiner Meinung anschließen. Natürlich ist es bewundernswert, wenn sich Leute ohne Eigengewinn aufopfern, aber wenn man das nicht macht, muss man ihm noch lange keine Vorwürfe machen. Das ganze ist ja schließlich freiwillig. Das ist dasselbe wie mit der „Wahlpflicht“.

Ich persönlich mache als Student nichts ehrenamtliches, doch habe ich in meinem Bekanntenkreis jemanden, die ist glaub ich um die Dreißig, ist arbeitslos, aber ehrenamtlich ist sie sehr engagiert. Zum einen abreitet sie, soweit ich weiß, im Tierheim und in einer Krippe, ohne Entgelt. Natürlich ist das bewundernswert, ihr Freund ist so ähnlich wie sie, aber ihre Mutter sagt mir, dass sie so gut wie kein Geld verdient und ständig bei ihr um die lebensnotwendigen Summen anfragen muss. Ich sehe das mit sehr gemischten Gefühlen. So nett wie ein Mensch auch sein kann, irgendwann grenzt es an reine Naivität. Vielleicht sollte sie sich erst selber helfen, bevor sie anderen hilft.

Ich weiß nicht, ob Frustration so etwas auslösen kann, aber ich noch vor ein paar Jahren erlebt, wie sie ein Job gesucht hat. Ständig wurde sie aber abgelehnt. Dann ist sie ein bisschen kräftiger geworden. Ich weiß nicht, vielleicht hat sie sich gedacht: „Wenn mich niemand für Geld einstellen will, dann mache ich es halt kostenlos.“ Ich halte diese Einstellung aber für falsch.

Wenn ein Rentner gut über die Runden kommt und dann nicht weiß, was er mit seiner Freizeit machen soll, dann kann (muss auf gar keinen Fall!) irgendetwas freiberuflich machen. Das ist durchaus ehrenwert, diese Menschen verdienen auch meinen höchsten Respekt. Aber gerade jetzt, wo viele um ihren Arbeitsplatz bangen, hat es keinen Sinn, Ehrenamtlichkeit anzupreisen. Insofern finde ich es schon wichtig, das es Menschen gibt, die den wirklich Bedürftigen helfen oder auch nur etwas in ihrer Freizeit anbieten, aber dass man auch an seine eigen Existenz denken muss, verstehe ich vollkommen.

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» Schweinebraten John » Beiträge: 181 » Talkpoints: 0,25 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich persönlich finde es schade, dass es so wenig ehrenamtliche Mitarbeiter gibt. Die Arbeit dort ist doch meist für einen guten Zweck. Mir fallen da spontan Tierheime oder diese Wohltätigkeitsläden wie Oxfam ein. Die haben meist garnicht das Geld, um soviele Leute auch noch zu bezahlen. Ebenso sieht es wahrscheinlich im Pflegebereich, z.B. im Altenheim, aus.

@Diamante: Du schreibst, dass dir das Fahrtgeld fehlt. In dem Fall kann ich verstehen, dass du nicht ehrenamtlich arbeiten willst. Aber wenn wir mal ehrlich sind, ist das doch bei den wenigsten so. Ich kenne viele Leute, die genug Freizeit haben, aber in der Zeit lieber vor dem Fernseher oder sonstwo herum hängen. Es gibt auch genug Menschen, die für eine ehrenamtliche Arbeit keinen Cent ausgeben müssten, es aber trotzdem nicht tun.

Ich habe auch schon ehrenamtlich gearbeitet und die meisten haben mich für komplett verrückt erklärt. Leider fehlt mir momentan wirklich die Zeit dafür, da ich meinen Hund und meinen Freund nicht vernachlässigen will, weil ich den Sonntag im Tierheim verbringe. Früher habe ich das aber öfters gemacht. Ich finde einfach, dass es mir sehr gut geht und anderen Menschen (oder Tieren) geht es eben nicht so gut. Es gab mir einfach ein gutes Gefühl, ein Stück von meinem Glück abzugeben. Ehrenamtlichen Mitarbeitern macht ihre Arbeit normalerweise auch Spaß und ich denke, dass keine der freiwilligen Feuerwehrleute das als "Freizeit opfern" sieht. Man lernt bei solchen Sachen neue Leute kennen und kann auch einiges dazu lernen. So verdient man zwar kein Bargeld, aber ist um viele positive Erfahrungen reicher geworden.

Es gibt übrigens auch sehr viele ehrenamtliche Tätigkeiten, die nicht mit einem "harten Arbeitsalltag" vergleichbar sind. Z.B. kann man sich im Altenheim einfach mit den Bewohnern dort beschäftigen. So etwas empfinde ich nicht als schlimm oder anstrengend. Eine ungelernte Hilfe würden die dort wohl eher nicht für Sachen wie Windeln wechseln und Baden einsetzen.

Natürlich wäre es eine Möglichkeit, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger in solchen Bereichen einzustellen. Aber erstens würden sie dort vermutlich nur wenig mehr verdienen, als sie ohne Arbeit bekommen, einfach aus dem Grund, weil kein Geld bei den Einrichtungen da ist. Und zweitens hat man bei ehrenamtlicher Arbeit meist mit Menschen zu tun, wofür auch nicht jeder geeignet ist.

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» Studia » Beiträge: 1182 » Talkpoints: 2,44 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Meiner Beobachtung nach gibt es viele Leute, die "ehrenamtilich" Tätig sind und das beziehe ich nicht nur auf Stellen wahrnehmen, die explizit als Ehrenamt deklariert sind. Für mich fängt das mit Schneefegen bei älteren Nachbarn an, Besuchsdienst im Krankenhaus ausführen, Jugendpartys organisieren, die Verkehrsinsel vor der Tür mitbepflanzen und weiteren Kleinigkeiten, die zeigen, dass man sich umschaut und erkennt, wo man der Gesellschaft oder einem Individuum helfen kann. Eigentlich hat jeder Mensch derartige Ressourcen frei, es ist aber in der Tat eine Frage der Erziehung, ob man sich ein wenig engagiert oder eben nicht.

Leider ist es so, dass man, außer einem guten Gefühl, wenig davon hat. Der christliche Gedanke der Nächstenliebe umfasst meiner Meinung nach ein derartiges Engagement, durch den Wegfall dieses Wertes und ein Ersetzen mit einem ökonomischen Wertedenken, werden solche Dienste für die Allgemeinheit zusehends entwertet. Meiner Beobachtung nach engagieren sich viele Menschen nur noch, wenn sie sich selbst ein eigenes Wertsystem geschaffen haben, welches auf Tradition oder Subkultur basiert. Dazu gehört aber schon im Vorfeld eine individuelle Anstrengung, die von vielen nicht mehr geleistet werden kann. Dies kann eben auch den Grund haben, dass viele all ihre Zeit mit dem Erwerb von Geld verbringen müssen oder einfach keine Wertschätzung erfahren haben, die über das Geldverdienen heraus geht.

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» Feuerputz » Beiträge: 1415 » Talkpoints: 7,29 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke man sollte auf keinen Fall diese Tätigkeiten nur auf eine sogenannte Bezahlbasis stellen. Das Ehrenamt soll oder einmal besser gesagt ist dafür dar, der Allgemeinheit einen Nutzen zu bringen. Wird es dann durch Geld honoriert, muss dieses erwirtschaftet werden. Letztendlich müssten es dann die Leute bezahlen, die dann auch die Dienste oder Leistungen in Anspruch nehmen. Das wäre dann das Aus für das Ehrenamt.

Es müssen andere Anreize genutzt werden, z.B. steuerliche Vergünstigungen, Gutscheine oder andere Varianten. Würde es das Ehrenamt nicht mehr geben, würden eine sehr hohe Anzahl von sozialen Projekten vor der endgültigen Schließung stehen. Diesen Zustand kann in der Tat keiner wollen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich selber arbeite nicht ehrenamtlich, aber ich finde es wirklich toll, wenn andere Leute sich die Zeit nehmen und so eine ehrenamtliche Arbeit verrichten. Aber ich weise jegliche Vorwürfe von mir,dass ich das nur nicht mache, weil ich „nur auf Geld aus bin“.

Bei mir ist es einfach so, dass ich durch mein ganzes Leben tagsüber schon ziemlich eingespannt bin. Ich mag mein Leben, aber es ist teilweise einfach extrem stressig. Ich habe da schon Probleme, auch einmal Zeit für die Familie oder Hobbys finde und bin wirklich überglücklich, wenn ich mich einfach mal kurz setzen kann und mich einfach entspannen kann, ich muss mir meine Freizeit wirklich erkämpfen.

Bei mir liegt es einfach daran, dass ich das einfach nicht schaffen würde, so einen ehrenamtlichen Job könnte ich einfach in meinen Leben nicht mehr unterbringen. Und ich denke, dass es vielen Leuten so geht wie mir, die zwar grundsätzlich nichts dagegen haben, etwas ehrenamtlich für die Allgemeinheit zu tun, aber einfach nicht die Zeit dafür finden. Ich habe einmal ehrenamtlich gearbeitet, habe aber im Moment einfach keine Zeit dafür.

Aber wie gesagt: Solche Personen, die das wirklich machen, haben auf jeden Fall jede Menge Respekt verdient. Sie opfern einen Teil ihrer Zeit, die teilweise auch ziemlich knapp bemessen ist und das sollte man ihnen hoch anrechnen. Sie arbeiten einfach nur für die Allgemeinheit und nicht, weil sie irgendetwas dafür bekommen und da steckt dann oft wesentlich mehr Motivation hinter, als bei jemandem, der Geld für seine Arbeit bekommt.

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» JulietMay » Beiträge: 1078 » Talkpoints: -0,56 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Für Menschen die ihre Freizeit opfern für eine ehrenamtliche Tätigkeit muss man echt den Hut ziehen. Ich habe mir auch schon mehrmals überlegt, ehrenamtlich mit Kindern zu arbeiten, konnte es dann aber nie umsetzen weil die Zeit knapp war oder ich in meiner Arbeit flexibel sein musste.

So wie du es sagst, sehe ich es auch. Wie kann man in der heutigen Zeit "nur hinter dem Geld her sein", wenn manche doch ums Überleben kämpfen muss. Besonders Alleinerziehende und Arbeitslose oder Teilzeitbeschäftigte fallen mir da immer ein. Oftmals machen sie nebenbei noch andere Mini-Jobs damit das Geld reicht und jeder was zu essen bekommt.

Ich selbst hätte wohl nicht die Lust und Zeit, als auch Opferbereitschaft um mich regelmäßig freiwillig und ohne Bezahlung bereitzustellen. Teilweise ist man so schon gestresst von der Arbeit und übernimmt Überstunden (oft ohne Bezahlung). Da bleibt oft gar keine Zeit mehr, um nebenbei noch ehrenamtlich zu arbeiten. Und wenn die Zeit da wäre, möchte man sich auch mal ausruhen, Zeit mit der Familie/den Kindern verbringen. Teilweise ist es ja schon anstrengend, nervenaufreibend und zeitfressend genug, einen Nebenjob zu haben, der bezahlt ist!

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» misses_jessica » Beiträge: 963 » Talkpoints: -4,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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