Absolutismus als Epochenbegriff für 1648 - 1789
Hier soll kurz erläutert werden, was den Epochenbegriff "Absolutismus" charakterisiert und dann darauf eingegangen werden, ob der für den allgemein darunter verstandenen Zeitraum eigentlich zutreffend ist. Geprägt wurde der Begriff nicht von Zeitgenossen, sondern erst im 19. Jahrhundert von britischen Historikern als Abgrenzung zum eigenen System entwickelt.
1. Ausgangslage nach dem 30-jährigen Krieg
Im Heiligen römischen Reich deutscher Nation ist der König den Reichsständen, die auch Adel, Klerus und Reichsstädten bestehen Rechenschaft schuldig, er kann keine Entscheidung ohne ihre Zustimmung einfach treffen. Er konnte etwa keine Steuern ohne das Einverständnis des Reichstages erheben. Auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder Schweden sind verschiedene priviligierte Gruppen erheblich an der Herrschaft beteiligt. Im deutschen Reich wurde der König von den Kurfürsten gewählt, ein Erbrecht gab es nicht.
2. Definition von Absolutismus
In der Phase des Absolutismus verliert die Mitregentschaft der Stände an Bedeutung, der Monarch wird zum uneingeschränkten Alleinherrscher, der von gesetzlichen Schranken und jedem Einfluss anderer früherer Herrschaftselemente frei ist. Legitimiert wird dieser Anspruch durch Gottesnadentum, der Monarch ist von Gott eingesetzt worden und daher hat auch niemand das Recht ihn in Frage zu stellen. Außerdem gilt hier das Erbrecht der Dynastie, die Herrschaft wird von Generation zu Generation weiter gereicht. Als Paradebeispiel hierfür gilt Louis XIV, der König von Frankreich.
Damit sollte die Wohlfahrt und Sicherheit des Reiches gewährleistet werden. Durch die Religionskriege war es zu Instabilität gekommen, die reliöse Disparität zwischen Monarch und Ständen machte eine Beschneidung der Rechte von letzteren notwendig, weil sonst ein Regierungsstillstand eingetreten wäre. Somit wird der Gewalteinsatz zur Erlangung der Alleinherrschaft als gerechtfertigt angesehen, weil der dem Frieden im Reich dient.
3. Kritik am Absolutismusbegriff für die Epoche
Seit den 1960er Jahren wird der Begriff zunehmend kritisiert und als Idealmodell, das bei weitem nicht aus alle System dieser Zeit passt, betrachtet. Dies wird mit sieben Hauptpunkten begründet.
a) Es lässt sich in Europa keine einheitliche Entwicklung festhalten, nicht überall fand sich ein absolutistisches Muster, die Schweiz und die Niederlande erprobten gar das Modell der Republik.
b) Zwischen Theorie und Praxis herrscht hier eine massive Diskrepanz, zwar der Absolutismus von zeitgenössischen Staatstheoretikern als Modell durchaus gezeichnet worden, konnte aber nicht realisiert werden.
c) Neben dieser Staatstheorie gab es verschiedene Gegenentwürfe, so die schon erwähnte Republik, aber auch ein Festhalten an der Gewaltenteilung die bis dahin bestand.
d) Nicht einmal Frankreich, das als Musterland galt, konnte die Alleinherrschaft in vollem Umfang durchsetzen. Auch Louis, das Sinnbild des allmächtigen Monarchen, musste in vielen Punkten mit den Ständen kooperieren anstatt frei schalten und walten zu können.
e) Als Sonderfall ist auch England anzuführen, die kein absolutistisches System hatten, aber trotzdem über eine sehr starke Staatsgewalt verfügten, was die Legitimierung durch Friedenssicherung widerlegt.
f) Die von der Forschung betonte, allgemeine Vorstellung von einem absoluten Herrscher überdeckt die vielen Widerstandsbewegungen, die durchaus vorhanden waren, aber wege der Fixierung auf Absolutismus oft übersehen wurden.
g) Absolutismus hat zudem keinen epochenrgenden Charakter, er beschränkt sich auf die geschichtspolitische Sichtweise und lässt kulturelle und wirtschaftlichenEntwicklungen außen vor.
4. Andere Möglichkeiten
Darüber, dass "Absolutismus" ein nicht zutreffender Epochenbegriff ist, herrscht inzwischen Einigkeit allerdings hat sich bislang noch kein adäquates Ersatzkonzept gefunden. Viele tendieren mittlerweile dazu den kunstgeschichtliche Begriff "Barock" auf die Geschichtswissenschaft auszudehnen, da er mehrere Bereiche umfassen kann und damit die Anknüpfung an die anderen Fächer wie Kunst, Musik, Literatur oder Politik vereinfacht.
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