Schweigen statt lügen
Ich bin ab und zu in Situationen, in denen ich Dinge gefragt werde, auf die ich ungern meine ehrliche Meinung äußern möchte. Dabei handelt es sich gewöhnlich um Situationen, in denen eine absolut intolerante Person mich etwas fragt, und ich schon weiß, dass sie sehr aggressiv werden wird, wenn ich nicht antworte, was sie hören möchte.
Da ich ungern lüge, habe ich mittlerweile die Gewohnheit, in solchen Situationen lieber vom Thema abzulenken, oder zu schweigen, statt zu lügen.
Ich weiß, dass das auch kritisch ist, denn eigentlich sollte man zu seiner Meinung stehen. Damit hätte ich an sich auch kein Problem, denn an Streit dieser Art störe ich mich nicht unbedingt. Allerdings ist die Person, bei der es meist zu solchen Situationen kommt, meine Schwiegermutter in spe. Dem "Familienfrieden" zu Liebe versuche ich, Konflikte so gut wie möglich zu vermeiden, da ich doch sehe, dass einige andere Familienmitglieder darunter sehr leiden. So muss ich dann eben nicht meine eigene Meinung sagen, wenn sie wieder etwas fragt, wo ich mir sicher bin, dass sie meine Meinung nicht mögen wird.
Meinem Gefühl nach ist es weniger schlimm, zu schweigen, als aktiv zu lügen. Ich bin mir nicht schlüssig, ob das so stimmt, oder ob das einfach nur ein Gefühl ist. Wie seht ihr das?
Habt ihr auch die Tendenz, lieber zu schweigen, denn zu lügen? Wenn ja, woran denkt ihr, liegt das?
Ich kann dich in diesem Zusammenhang sehr gut verstehen. In solchen Situationen gehöre ich auch zu den Personen, die ihren Mund halten und dann lieber nichts sagen. Doch dies mache ich wiederum auch nur, weil ich schon genügend schlechte Erfahrungen damit gemacht habe, wenn ich meine eigene Meinung gesagt habe.
Heute war zum Beispiel wieder so eine Situation. Mein Vater hatte Geburtstag und ich bin gegen Nachmittag zu ihm nach Hause gefahren. Vor knapp acht Jahren hat er erneut geheiratet. Damals war ich gerade 12 Jahre alt. Ich akzeptiere seine neue Frau - keine Frage. Dennoch gibt es Situationen, in denen ich mit ihr absolut nicht aus komme.
Bin ich mit meinem Vater alleine unterwegs, unterhalten wir uns oft über sie. Nach all den Jahren ist bei den beiden der Alltag in die Beziehung eingekehrt und deswegen lässt er sich oft bei mir über sie aus. Er berichtet mir über ihre Macken und ihre Verhaltensweisen, die er nicht verstehen kann und möchte. Früher bin ich oft auf dieses Thema eingegangen. Doch mittlerweile lasse ich dies sein. Denn ich weiß ganz genau, dass es ihn verletzt, wenn ich ihm meine Ansicht über seine Frau erzähle.
Leider hatte ich nie eine besonders gute Beziehung zu ihr. Wir akzeptieren uns gegenseitig, doch im Innersten empfinden wir beide füreinander gleich - wir sehen uns als Rivalinnen. Doch meinem Vater nicht dieser Situation auszusetzen, gehe ich meist nicht mehr auf dieses Thema bei ihm ein. Es würde ihn einfach verletzten, wenn ich ihm meine Ansicht in diesem Thema schildern würde.
Um ihm damit aus dem Weg zu gehen, halte ich seine Frau teilweise die Stange, in dem ich meinem Vater ihre Situation näher bringe. Ich nenne Ihnen gerne ein Beispiel. Mein Vater regt sich immer wieder darüber auf, dass sie nicht die Schnellste im Haushalt ist und dass sie immer morgens bis in die Puppen schlafen muss. Dann versuche ich ihm immer klar zu machen, dass seine Frau immer hin jeden Morgen um drei Uhr aufstehen muss, da sie Zeitung austrägt.
Mit diesen kleinen Mitteln verrate ich mich so zu sagen selbst, in dem ich gegenüber meinem Vater zu ihr halte. Eigentlich mache ich dies nicht gerne. Doch um den familiären Frieden zu waren, muss ich oftmals meinem eigenen Vater ins Gesicht lügen.
In dem Fall , den du schilderst, halte ich es auch meist so, dass ich lieber schweige, anstatt der Person "nach dem Mund" zu reden. Denn sowas kann ich absolut nicht. Also halte ich lieber die Klappe. Lügen würde ich nicht. Dann würde ich es mir lieber mit dieser Person verderben und sie sauer sein lassen.
In manchen Situationen würde ich aber das Schweigen mit dem Lügen gleichsetzen. Nämlich dann, wenn man jemanden etwas schwerwiegendes verschweigt, dass man eigentlich sagen sollte. Zum Beispiel, wenn man dem Partner etwas aus der Vergangenheit verschweigt, was auch für die Beziehung schon wichtig ist oder wenn man dem Partner Krankheiten verschweigt, oder verschweigt, dass man keine Kinder bekommen kann und der Partner aber Kinder will . Das sehe ich dann so, dass man es mit dem Lügen gleichsetzen kann und das würde ich nie und nimnmer machen.
Bei Dingen dir mir nicht so wichtig sind, schweige ich auch lieber, als das ich mich da in eine unnötige Diskussion einlasse. Ich lasse da lieber jeden seine Meinung, aber ich würde das nicht als Lüge bezeichnen, ich würde sagen, dass das eine soziales Verhalten ist. Würde ich zu jeder Kleinigkeit meinen Senf dazugeben und versuchen meine Meinung durch zubringen, würde ich wohl sehr schnell alleine dastehen, sei es im Berufsleben oder im privaten bei Freunden, auch würde das meine Ehe nicht lange aushalten
Natürlich muss soll man nicht immer klein bei geben, manchmal ist es Notwendig sich durchzusetzen, auch brauchen manche Typen eine gewisse Konfrontation, einen Reibebaum. Wenn beide vernünftig sind, kann ja aus solchen Konfrontationen durchaus was sehr positives entstehen
Ich muss bei meiner Schwiegermutter auch immer verdammt aufpassen was ich sage, sie gehört zu den Personen die jedes Wort in die Goldschale legen. Sie ist bereits in Pension und hat somit sehr viel Zeit über das Gesagte nachzudenken, aber sie verstrickt sich da immer in ihre eigenen Gedanken, sodass sie dann immer irgendeinen Schwachsinn in das Gesagte reininterpretiert. So habe ich mir bei ihr auch angewöhnt, nur Ja Ja zu sagen und nur über allgemeine Themen, wie über das Wetter und ähnliches unbefangenes, mit ihr zu reden. Das ist Schade, aber leider funktioniert es nicht anders.
Ich kenne das auch ein bisschen. Ich bin irgendwie immer grundsätzlich die Einzige, die ein andere Meinung hat. Das ist dann immer der Fall, wenn wir uns mit den Eltern meines Freundes und seiner Schwester unterhalten. Bisher habe ich meine Meinung dann auch geäußert, auch wenn es eben eine ganz andere war. Allerdings wurde dann immer gar nicht wirklich darauf eingegangen, was ich sagte. Daher mache ich es mittlerweile auch, dass ich meine Meinung dort, kaum noch sage.
Ich denke, dass ich an deiner Stelle genauso handeln würde und lieber still wäre. Oder eben, vom Thema ablenken würde. Wenn man weiß, dass es sowie so nur Streit gibt, wenn man seine ehrliche Meinung sagt, dann würde ich auch lieber nichts sagen, bevor man lügt. Aber eigentlich ist ja schon traurig, dass man seine eigene Meinung nicht frei äußern darf, wenn man danach gefragt würde. Die Schwiegermutter sollte erst gar nicht danach fragen, wenn sie dann sowie so wieder was daran auszusetzen hat.
Ich halte es inzwischen meist so weder zu schweigen (und mir meinen Teil nur zu denken) noch zu lügen. Mit beidem vermittelt man dem Gegenüber ein völlig falsches Bild von sich und nimmt sich sich selbst einige Chancen sich weiter zu entwickeln.
Ich halte es inzwischen so, dass ich schon meine Meinung sage, allerdings bei der Formulierung schon begründe, warum ich eben dieser oder jener Meinung bin. So manches Mal ist es auch schon vorgekommen, dass ich von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen bin, weil ich entweder in meiner Meinung total festgefahren war oder aber weil mein Gegenüber etwas unglücklich formuliert hat. Hätte ich in solchen Fällen geschwiegen dann hätte ich einige Dinge sicher nicht erfahren oder hätte mich nicht weiter entwickelt.
Allerdings gebe ich zu, dass ich bei einigen weniger wichtigen Dingen auch einfach meinen Mund halte. Das ist dann aber eher bei allgemeinen Themen so, wie dem Wetter - ändern kann ich es eh nichts, nur das beste draus machen.
Ich kenne diese Situationen auch nur zu gut. Es kommt relativ häufig vor, dass ich Personen begegne, die ich
a) entweder nicht leiden mag und mit denen ich mich daraus resultierend nicht gerne unterhalte bzw. Personen, die ich zwar mag, aber deren Interessen mir einfach nicht zusagen, oder
b) die einfach nicht verstehen (wollen) was ich denen eigentlich erzählen möchte.
Im Fall a) passiert es mir demnach oft, dass ich zwar scheinbar interessiert zuhöre, aber nicht unbedingt das Gespräch weiterführen möchte. Auf der anderen Seite möchte ich der Person aber auch nicht das Gefühl geben, dass es mich absolut nicht interessiert, was sie mir da erzählt. Schlimm ist diese Situation immer dann, wenn ich mit der Person viel Kontakt habe (Arbeitskollegen, Klassenkameraden, Mannschaftskameraden etc.).
Fall b) ist da noch problematischer, denn diese "Zwickmühle" ist kaum zu entgehen. Du weißt, dass wenn du jetzt auf die Aussage der Person antwortest, dann wirst du diese Diskussion bereuen, denn die Person will dich einfach nicht verstehen und bleibt stets bei seiner Meinung. Und für den Fall dass du nicht antwortest, fühlt sich die Person gegenüber bestätigt und (vor allem) dir überlegen!
Mittlerweile habe ich mich mit beiden Fällen abgefunden und ich komme mit einem Zwischending zwischen Schweigen und Diskutieren, so eine Art Small-Talk, ganz gut aus.
Man kann auch versuchen schwammig zu antworten, statt zu schweigen. Ich persönlich sag aber lieber meine Meinung, gerade in der von dir geschilderten Situation scheint mir diese Vorgehensweise, für mich, auch die beste.
Ich bin nicht der Typ der des lieben Friedens willen hinter dem Berg hält, das macht deine Schwiegermutter schießlich auch nicht, oder denkst du das? Genau aus dem Grund würde ich das auch nicht machen.
Meine liebe Oma ist auch so eine "Matriarchin" gewesen und früher haben ihr auch immer alle nach dem Mund geredet oder lieber garnichts gesagt. Mittlerweile sagt selbst mein Opa was wenn es ihm auf den Keks geht. Ist echt witzig irgendwie, die streiten sich dann ein wenig, und dann ist aber auch gut. Ich denke ein wenig Streit gehört irgendwie dazu, und Menschen die gegen anderen Meinungen direkt angehen, brauchen glaub ich zwischendurch auch den Streit
Wenn es nach mir ginge, würde ich, wie schon geschrieben, einem Konflikt nicht unbedingt aus dem Weg gehen. Aber ich weiß, wie soetwas dann ausgehen kann.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie meine Schwiegermutter in spe einmal das gesamte Restaurant, in dem wir gerade zu Abend aßen, zusammenbrüllte, weil ich auf eine ihrer belanglosen Fragen etwas geantwortet hatte, was sie nicht hören wollte. Ich persönlich hätte mich ruhig noch weiter mit ihr anlegen können, aber der Rest der Familie wäre am liebsten vor Scham im Boden verschwunden, was ich ihnen auch angesehen habe. Nachdem soetwas mehrfach geschehen ist, möchte ich das dem Rest der Familie einfach nicht mehr zumuten. Zumal es auch einige gibt, die einfach das Geschrei der Schwiegermutter an sich nicht mehr aushalten. Allein schon die Lautstärke ist eigentlich eine reine Belästigung.
Ehrlich gesagt zweifle ich immer an der psychischen Gesundheit dieser Frau, wenn sie wegen absoluter Kleinigkeiten derart ausrastet. Beispielsweise erinnere ich mich noch gut daran, dass sie einmal in dieser Art ausrastete, nur, weil ich ein Urlaubsziel schön fand, das sie nicht schön findet. Und zwar hatte ich ihn erzählt, dass ich gerne mal nach Griechenland reisen würde, worauf sie schon begann, herumzustänkern, und einen langen Vortrag zu halten, was an Griechenland so schrecklich sei und warum man nicht dorthin reisen sollte. Ich antwortete darauf bloß, eigentlich freundlich: "Das mag sein und das glaube ich dir auch vollkommen. Ich würde aber trotzdem gerne dorthin reisen, denn einiges davon macht mir einfach nichts aus. Außerdem möchte ich das einfach gerne mal mit eigenen Augen sehen." Schon hat sie getobt wie eine Wahnsinnige.
Ich bin auch der Meinung, dass sie sich nicht so hysterisch verhalten sollte und dass sie keine Fragen stellen sollte, wenn sie keine ehrliche Antwort darauf hören möchte. Aber sie ist so und ich werde sie kaum ändern können. Demnach muss ich einfach versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, was möglich ist.
Zum Glück habe ich solche Probleme mit echten Freunden und meinem Lebensgefährten nicht. Wir können uns eigentlich alles sagen und sind schonungslos ehrlich zueinander. Ich weiß, das kommt bei vielen Leuten nicht gut an, aber wir sind in der Hinsicht beide nicht zimperlich und passen da einfach gut zueinander. Demnach können wir auch so miteinander umgehen. Wobei ich eigentlich bei ihm sowieso kaum bei irgendetwas widersprechen muss, weil wir uns sehr ähnlich sind. Aber auch, wenn ich mal eine andere Meinung äußere, dann nimmt er mir das eben nicht übel. Er akzeptiert es vollkommen, dass alle Menschen einen anderen Geschmack haben, so, wie ich das auch tue.
Hallo wawa, wenn ich dieses Beispiel so lese, dann verstehe ich Dich wesentlich besser. Nach Deinem ersten Beitrag dachte ich eher, dass Du grundsätzlich eher ausweichst bzw. lügst. Aber scheinbar bist Du da wie die meisten hier veranlagt - in aussichtslosen Fällen einfach zu schweigen.
Bei einer solchen Schwiegermutter würde ich dann aber auch dazu tendieren jeglicher Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Denn das ist ja wirklich keine normale Art und Weise mit anderen Menschen umzugehen, scheinbar ist sie es gewohnt immer alles nach dem Mund geredet wird. Von Lügen halte ich in diesem Fall nichts, denn das hat so etwas von Anbiedern, was wohl auf Dauer auch nicht das Wahre ist.
Allerdings sind das - zum Glück - Ausnahmen, die meisten Menschen hören sich die Meinung des Gegenübers erst einmal an und äußern ihre Meinung zivilisiert.
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