Umerziehung von Linkshändern

vom 13.04.2009, 19:48 Uhr

Hallo,

Ich habe häufiger davon gehört, dass das Umerziehen von Linkshändern zum Schreiben mit der rechten Hand schädlich sein soll. Das sei eine enorme Belastung für das Gehirn, was bis hin zu Legasthenie, Stottern und zu aggressivem Verhalten führen soll. So jedenfalls einige Linkshänder.

Nun wollte ich fragen, ob ihr glaubt, dass es wirklich so ist? Seid ihr vielleicht Linkshänder, die dazu angehalten wurden, mit der rechten Hand zu schreiben? Vor einigen Jahrzehnten soll das in Schulen ja noch sehr üblich gewesen sein. Falls ja, meint ihr, dass euch das negativ beeinflusst hat? Oder ist es eine Ausrede, alle möglichen Probleme auf eine Umerziehung der Händigkeit zu schieben, wenngleich es sicherlich anstrengend sein dürfte, seine Händigkeit durch Übung zu wechseln?

Ich persönlich kann mit beiden Händen ganz gut schreiben und auch zeichnen. Alle möglichen Handlungen des Alltags tätige ich mit beiden Händen, ganz zufällig. Als ich ein Kind war, hieß es, ich hätte eventuell eine Tendenz zur Linkshändigkeit. Ich habe dennoch mit der rechten Hand in der Schule das Schreiben gelernt und ich habe nicht das Gefühl, dass ich deswegen psychische Probleme hätte oder verwirrt gewesen sei. Es gibt ja manchmal sogar die Meinung, dass man zwangsläufig Probleme bekommen müsse, wenn man sich nicht für eine Händigkeit entscheidet, aber das kann ich auch nicht bestätigen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich frage mich nur, welche guten Gründe es geben sollte, einen Linkshänder umzuerziehen? Klar, für manche Dinge braucht man spezielles Werkzeug, aber gerade beim Schreiben ist es eigentlich egal. Das einzige, was etwas stört, ist die Tatsache, dass man beim Schreiben mit der Hand über sein Geschriebenes wischt und dadurch die Schrift verschmieren kann. Das kann man aber mit der richtigen Schreibtechnik verhindern.

Ich selbst bin zwar vollständiger Rechtshänder, ich habe aber einige Linkshänder in der Famlie, von denen auch keiner umerzogen wurde. Und die haben im Alltag auch keine Probleme. Wieso also umerziehen?

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Hallo,

Ich weiß auch nicht, was logisch gesehen dafür spricht. Heute ist man ja auch schon längst von der Umerziehung abgekommen. Früher sah das aber auch noch anders, selbst noch in den 1970er Jahren.

Damals hat man in der Schule prinzipiell alle Kinder dazu erzogen, gleich zu schreiben. Es ist wohl hauptsächlich der Normgedanke, der dazu geführt hat. Heute gibt es das übrigens noch genauso, wenn auch in anderen Bereichen. Wenn ich mal daran denke, wie ich eine schlechtere Kunstzensur bekommen hatte, weil ich im Kunstunterricht beim Malen den Pinsel inkorrekt gehalten hätte! Unsere Zensur wurde tatsächlich danach beeinflusst, wie wir den Pinsel hielten. Da war es egal, ob das gemalte Bild dann gelungen war oder nicht. Ich denke, genau so ein Norm-Irrsinn ist es eben, der Glaube, dass nur eine Handlung richtig sei und dass man alle Schüler dahin erziehen sollte, weshalb auch Linkshänder früher umerzogen wurden.

Vielleicht sollte man aber auch bedenken, dass es heute viele Werkzeuge extra für Linkshänder gibt, weshalb diesen das Leben mittlerweile schon ein ganzes Stück erleichtert wurde. All das gab es vor wenigen Jahrzehnten noch nicht.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich bin Linkshänderin. Zu, Glück wurd ich nicht mehr umerzogen. Ich persönlich halte das auch nicht für gut. Das Gehirn ist nunmal auf links gepolt und dann sollte das auch so bleiben finde ich. Ich habe mir in der Grundeschule mal den linken Arm gebrochen und musste gezwungenermassen mit rechts schreiben. Das Ganze musste ich nur eine Woche machen, aber es war wahnsinnig anstrengend für mich. Meine Hand war total verkrampft etc. Es war wirklich schwer für mich und ich war froh als der Gips ab war und ich wieder normal schreiben konnte.

Im Alltag benutze ich ausser der Linkshänderschere keine Hilfsmittel für Linkshänder. Es kommt nur auf die richtige Technik an, dann klappt alles eigentlich problemlos.

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» ich-bin-ich » Beiträge: 639 » Talkpoints: 9,46 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich bin - war - ebenfalls Linkshändlerin. Als ich in die Schule kam, wurde das Linksschreiben umgewöhnt in Rechtsschreiben. Dazu muss ich sagen, dass ich zu DDR-Zeiten in die Schule kam und dies damals üblich war. Mit links schreiben war einfach "unschön". Naja, als Kind kann man sich dies dann auch nicht so aussuchen.

Heute noch spüre ich, dass ich mal mit Links geschrieben habe und in dieser Hand z.b. auch mehr Kraft habe als in der rechten. Auch meine Schrift ist ziemlich kaputt gemacht worden damals. Ich hab ca. bis zur 4.ten Klasse eine Lehrerin gehabt dann, die mir immer wieder Schönschreibhefte der 1-2. Klasse zum schreiben üben gab, damit ich meine Schrift mit rechts schreiben verbessern konnte. Vorher hatte ich eine schöne ordentliche Handschrift. Erst durch die Umgewöhnung wurde sie zur Sauklaue, wie man so schön sagt.

Später im Teeniealter machte man sich ja oft mal den Spass und versuchte mit Links zu schreiben. Bei mir sah dies dann oft besser geschrieben aus, als das "normale" mit rechts. Schon da fiel mir immer wieder bewußt auf, dass ich wohl mal Linkshändlerin war. Auch heute noch, wenn ich irgendwelche Dinge tue, dann vorranging mit Links. Dies geschieht unbewußt. Ich vermute einfach mal, das man einen Linkshändler nie ganz zum Rechtshändler umerziehen kann. Irgendwas bleibt immer in einem, so dass man später beidseitig arbeitet. Nur schreiben mache ich nach wie vor mit rechts. Würde ich allerdings etwas üben, dürfte es sicherlich auch mit links wieder gut gehen.

Ich find es schlimm, wenn man jemanden einfach nur weil es "unschön" ist, das Schreiben mit der anderen Hand anerzwingen will. Meine Kinder würden in solch einem Fall eben Linkshändler werden. Daran ist ja nichts schlimmes, für mich ist es ganz natürlich.

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» Mandylein » Beiträge: 1521 » Talkpoints: 10,39 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Hallo!

Einen Linkshänder umzuerziehen ist, als wenn du einen homosexuellen einen gegengeschlechtlichen Partner aufdrängst. Derjenige würde nicht glücklich werden und sein Unglück dann auch auf anderer Seite zeigen.

Ich habe mal mit einem Kinderarzt darüber gesprochen, weil mein Sohn im Alter von 2 Jahren seine Malstifte immer in die linke Hand genommen hat. Der Kinderarzt meinte zu mir, dass im Gehirn etwas "falsch" geschaltet ist und das kann man durch eine Umerziehung auf die rechte Hand nicht wieder "richtig" schalten. Man sollte es so hinnehmen wie es ist und abwarten.

Mein Sohn hat dann auf einmal nur noch seine rechte Hand benutzt, ohne dass ich etwas gesagt oder gemacht habe. Es war bei ihm nur eine Phase.

Ausserdem meinte der Kinderarzt damals auch, dass Linkshänder oft sehr schlaue Leute sind un meist einen höheren IQ haben als Rechtshänder. Man sollte sich also keine Gedanken darüber machen und die Kinder nie und nimmer umerziehen wollen. Das kann nur Schaden hervorrufen. Und das habe ich meinem Kinderarzt auch geglaubt.

Ein Nachbarskind war Linkshänder und seine Eltern haben immer und immer wieder den Drang gehabt dem Kind das Schreiben mit der rechten Hand beizubringen. Der Junge kam dann in der Schule nicht mehr mit. Er war totunglücklich. Erst, als die eltern den Jungen im Linksschreiben unterstützten wurde er besser in der Schule und war dann ein ganz normaler Junge, der in der Schule sehr gute Leistungen brachte.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Hallo zusammen,

ich bin 1989 eingeschult worden. Sowohl in der Grundschule von den Lehrern als auch in den vorhergehenden Kindergarten-Jahren von den Erzieherinnen bin ich wieder immer angehalten worden, das "schöne (rechte) Händchen" zum Malen, Schreiben, Schneiden etc. zu benutzen, obwohl sich bei mir schon sehr früh heraus kristallisierte, dass ich Linkshänderin war. Einzig zu Hause durfte ich immer die linke Hand benutzen, ohne dafür ausgeschimpft zu werden.

Natürlich war ich gerade im Kindergarten und in den ersten Schuljahren häufig frustriert, weil ich z.B. mit der rechten Hand nicht so schön ordentlich schneiden konnte oder mich beim Mittagessen mit dem Löffel in der rechten Hand total bekleckerte. Irgendwann habe ich dann Strategien entwickelt, um möglichst unauffällig zu bleiben und wann immer es ging, doch die linke Hand zu benutzen. Denn obwohl meine Eltern sich häufig in KiGa und Schule beschwerten, wichen die so ausgebildeten Betreuer nicht von ihrem Standpunkt ab, dass ich die rechte Hand zu benutzen habe wie jedes andere Kind auch.

Dass mich die Umerziehung aber in dem Maße negativ beeinflusst hätte, dass ich Konzentrationsschwierigkeiten, psychische Probleme oder schlechte Schulleistungen davon getragen hätte, kann ich nicht behaupten. Ob derartige Probleme andere umerzogene Linkshänder betreffen, kann und möchte ich aber nicht beurteilen.

Mittlerweile würde ich mich selbst als Beidhänder mit Tendenz zur Linkshändigkeit bezeichnen. Ich kann beispielsweise immer noch nichts mit der rechten Hand ausschneiden, muss aber eine Rechtshänderschere benutzen, da ich mit einer Linkshänderschere einfach nicht zurecht komme. Schreiben kann ich mit beiden Händen - auch gleichzeitig, was für andere Menschen immer ein recht witziges Bild abgibt. Zum Zeichnen benutze ich nach Lust und Laune mal die eine, mal die andere Hand. Messer und Gabel halte ich im Normalfall "richtig" herum, also Messer in der rechten, Gabel in der linken Hand, aber auch das geht andersherum genauso gut.

» Sunny08 » Beiträge: 228 » Talkpoints: 0,56 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich kenne einige Linkshänder und wusste garnicht, dass diese Umerziehung länger als bis in die Siebziger gutgeheißen wurde. Meine gleichaltrigen Freunde und Bekannte schreiben alle, wie es ihnen am leichtesten fiel, d.h. die Linkshänder alle mit der linken Hand. Ihre Eltern haben zwar teilweise gemeint, sie müssten die rechte Hand benutzen, wurden aber dann von Ärzten bzw. Lehrern eines besseren belehrt.

Von den älteren Linkshändern, die ich kenne, wurden alle in der Schule und daheim zum Schreiben mit der rechten Hand gezwungen, was sie bis heute beibehalten haben. Komischerweise machen sie aber alle anderen Sachen mit links. Da wurde damals wohl kein oder weniger Wert darauf gelegt.

Heutzutage zwingt hoffentlich keiner mehr Kinder zu so einem Blödsinn. Es ist doch wirklich völlig gleichgültig, mit welcher Hand man schreibt. Meine "umerzogenen" Linkshänderbekannten haben aber auch nie von Problemen, die sie damit hatten, berichtet. Sie sind teilweise auch in der Schule erfolgreich gewesen, also denke ich nicht, dass es so extrem stark zusammen hängt. Eine Sauklaue haben sie allerdings alle.

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» Studia » Beiträge: 1182 » Talkpoints: 2,44 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Hallo!

Ich finde es total Quatsch, Linkshänder um zu erziehen. Früher wurde das ja immer so gemacht. Aber ich sehe keinen Sinn darin. Jeder sollte doch mit der Hand schreiben, mit der er eben besser schreiben kann. Ich finde es gut, dass das heute nicht mehr gemacht wird. Mittlerweile gibt es ja auch sogar Stifte und Füller für Linkshänder.

Selbst habe ich auch bestimmte Dinge, die ich mit der linken Hand besser kann, obwohl ich eigentlich Rechtshänder bin. Ich kann zum Beispiel gar nicht mit der rechten Hand, Sms schreiben. Ich stelle es mir auch ziemlich anstrengend und schwierig vor, wenn ich jetzt auf einmal lernen müsste, mit der linken Hand zu schreiben.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde es auch völlig blödsinnig Linkshänder dazu zu zwingen die rechte Hand zum Schreiben zu benutzen. Mein Sohn ist auch Linkshänder, er hat bevor er schreiben gelernt hat, auch schon vieles mit der linken Hand gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war uns bereits klar, dass er Linkshänder ist. Wir haben ihn auch nie dazu gedrängt doch lieber die rechte Hand zu benutzen, ich wüsste auch nicht warum.

Mein Mann ist ebenfalls Linkshänder, auch ihn hat man nie versucht um zu erziehen. Er wurde 1980 eingeschult und da wurde dass wahrscheinlich schon nicht mehr gemacht. Seine älteren Geschwister, die zwischen 1973 und 1978 eingeschult wurden kenne ich auch nur als Linkshänder, also gehe ich davon aus, dass man bei ihnen ebenfalls auf die Umerziehung verzichtet hat, oder dass sei später wieder angefangen haben die linke Hand zum Schreiben zu benutzen. Ich werde sie mal fragen, wenn ich sei das nächste Mal treffe.

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» Himbeereis » Beiträge: 917 » Talkpoints: 10,01 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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