Ausgewogen ernähren mit Hartz IV nicht möglich?

vom 20.03.2009, 11:38 Uhr

Ich habe mich letztens mit meiner Nachbarin unterhalten, sie lebt von Hartz IV, was ich nicht schlimm oder so finde, abgesehen davon, dass ich ihr wünsche, dass sie eine neue Stelle findet. Naja, aber das soll hier auch gar nicht Thema sein, mir geht es vielmehr um etwas anderes:

Sie meinte, dass es ihr nicht möglich ist, mit dem ALG II gesund für die Familie einzukaufen. So richtig konnte ich das nicht glauben, aber mir fehlt dazu auch die Erfahrung und deswegen habe ich mich ihr gegenüber nicht konkret geäußert.

Wie seht ihr das, würdet ihr sagen, das ist korrekt? Also dass das Geld bei HArtz IV nicht ausreicht, um ausgewogen zu kochen? Gekauft werden müsste zur ausgewogenen Ernährung meiner Meinung nach frisches Gemüse, Obst, Salat, Vollkornbrot und andere Vollkornprodukte, Fisch und mageres Fleisch. Ist das wirklich ein finanzielles Problem bei ALG II? Würde mich interessieren!

» iFranzLi » Beiträge: 10 » Talkpoints: 0,16 »



Man kann sich gesund mit ALG II ernähren, ohne sich einschränken zu müssen. Gut man sollte wirklich nur die regionalen Sachen nehmen, weil die günstiger sind. Und man kann auch abnehmen damit, dann lässt man halt die Schokolade weg und nimmt sich lieber stattdessen ein Beutel Äpfel.

Salat ist im Sommer im Normalfall auch nicht so teuer. Ich mache auch gerne gemischten Salat (Eisberg, Gurke, Mais und Tomate ca. 1,90 € für 4 Personen, als Beilage zum Hauptgericht).

Gut frisches Fleisch ist schon teuer, aber die gibt es auch im TK-Bereich genauso der Fisch. Ich nehme auch öfters TK-Gemüse und das soll ja auch gesünder sein, weil sie direkt nach der Ernte eingefroren werden.

» sunflower82 » Beiträge: 32 » Talkpoints: 10,03 »


Ich könnte es anhand eines Beispiels einer Freundin erzählen. Allerdings lebt sie allein und bekommt 710 Euro Hartz IV.

Davon gehen ab:

360 Miete
35 Strom
20 Telefon
20 Tiere
70 sonstige Aufwendungen
20 Versicherungen

Bleiben unterm Strich 185 Euro zum leben für einen Monat. Und da beziehe ich noch alles mit ein, sei es der Einkauf (zzgl. Waschmittel, Duschzeug usw.) oder anfallende Dinge, die nicht vorhersehbar sind. Unter sonstige Aufwendungen verstehe ich z.B. eine Monatsmarke oder Ähnliches.

Das macht grob 46 Euro in der Woche zum leben für alle Eventualitäten. Ich finde es nicht sonderlich viel, zumal man eh immer das Glück hat, dass noch Extrakosten hinzukommen an die man nicht gedacht hat.

Das hier ist nur ein Beispiel und sicher fehlen noch ein paar Dinge, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man sorgenfrei durch die Regale läuft und sich einfach mal ohne groß nachzudenken ein Paket Äpfel oder einen Salatkopf einpackt. Dazu sei gesagt, dass ich mir auch keinen Salatkopf einpacke, wenn dieser 1,50 € kostet.

Es ist schwer, sich gesund zu ernähren mit Hartz IV und man muss auf viel verzichten.

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» Hormonkeks » Beiträge: 447 » Talkpoints: -0,53 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Also ich denke, auch mit der Rechnung 46 Euro in der Woche, kann man ganz gut und ausgewogen leben.

Klar kann man dann nicht die tollen Sachen beim Obst- und Gemüsestand kaufen, aber auch beim Discounter gibt es gutes Obst und Gemüse. Beim Fleisch muss man halt auf Sonderangebote achten und kann dann gegebenenfalls einfrieren. Letztlich geb ich auch nicht mehr als 100 Euro für Haushalt, Kosmetik und Lebensmittel aus und das auch ohne Hartz IV.

Sicherlich muss man auf einiges verzichten, Preise vergleichen und auf regionale Obst und Gemüsesorten zurückgreifen, aber ich denke das man schon recht gut davon essen kann.

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» aries24 » Beiträge: 1748 » Talkpoints: 9,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



@ Hormonkeks: Die sonstigen Aufwendungen deiner Freundin finde ich recht hoch. Hier bekommt man als Alg2- Bezieher eine vergünstigte Monatsfarkarte. Da soll sich deine Freundin mal kundig machen.

@ Topic: Ich selbst beziehe Leistungen die Alg2 ähnlich sind. Sprich ich habe im Monat etwa den Betrag zur Verfügung, den auch ein Alg2- Empfänger hat. Von dem was ein Alg2- Empfänger bekommt, müssen auch noch Rücklagen für Reperaturen und ähnliches gebildet werden. Da denken die Wenigsten dran.

Ob man da gesund von Leben kann, ist so eine Sache. Ich habe eine zeitlang weniger Geld als ein Alg2- Bezieher gehabt und da war kaum was drinne. Dann hatte ich halt zusätzliche Leistungen aus dem grossen Hartz 4 Topf und somit soviel wie ein Alg2- Empfänger. Das war dann allerdings auch knapp. Seit etwa einem Jahr gehe ich nun zur Tafel. Die gibt es an sich in jeder grösseren Stadt. Wie es in Dörfern aussieht, weiss ich nicht. Da sollte man sich aber mal kundig machen. Da geht man dann hin, legt seine "Einkünfte" da. Zum Beispiel halt mit dem Alg2- Bescheid. Dann wird einem eine Karte ausgehändigt, mit der man dann an bestimmten Tagen hingehen kann und sich Lebensmittel abholen kann.

Hier läuft das bei der Tafel so ab. Es gibt drei Ausgabetage mit jeweils etwa fünf oder sechs Gruppen mit jeweils etwa 50 Berechtigten pro Gruppe. Man selbst hat dann einen festen Ausgabetag, eine Gruppe und eine Nummer in der Gruppe. An den Ausgabetagen wechseln die Zeiten zu denen die Gruppen kommen können wöchentlich. So ist man in der einen Woche mal um 11 Uhr dran. Die Woche drauf dann um 13.30 Uhr. Die Woche drauf dann um 13 Uhr und so weiter. Da geht man dann halt hin zu der Zeit zu der die Gruppe in der man ist, dran ist. Man legt dann seine Berechtigungskarte vor, unterschreibt das man an dem Tag Lebensmittel holt und zahlt pro Person 1 Euro ( Kinder sind kostenlos). Auf der Karte steht drauf in welcher Gruppe man ist und für wieviele Personen man Lebensmittel holt.

Ausgegeben wird an drei "Theken". Einmal Brotbelag, Milchprodukte ( Joguhrt und ähnliches), Nudel, Reis, etc., gelegentlich auch Fleisch ( gibt es meistens nur für Familien), Eier. An der zweiten "Theke" gibt es Obst und Gemüse. An der dritten "Theke" dann Backwaren, wie Brot und Brötchen, aber auch Stückchen und Kuchen.

Seitdem ich zur Tafel gehe, ernähre ich mich gesünder. Alleine weil halt ein Angebot für Obst und Gemüse da ist. Man muss halt manches Mal schon einfallsreich sein. Vorher planen kann man kaum. Man muss zwar nicht nehmen was da ist, aber man bekommt halt auch nur das was da ist.

Und man darf nicht unbedingt zimperlich sein. Die Lebensmittel sind halt Sachen die im "normalen Handel" nicht mehr verkauft werden. Es sind auch durchaus mal Sachen dabei, die gerade abgelaufen sind. Das Obst und Gemüse ist keine erste Wahl Ware. Aber durchaus ohne Probleme essbar.

Mit Alg2 alleine eine gesunde Ernährung zu haben, ist schwer. Durch die Tafeln aber durchaus machbar.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ja ich weiss, dass die Monatsmarke weniger kostet. Ich glaube so um die 30 Euro, aber ich zähl ja noch andere Dinge dazu. Man braucht so viele Kleinigkeiten im Alltag, die sich "Normalverdiener" nicht wirklich bewusst sind, wenn sie einkaufen.

Es war auch nur eine grobe Hochrechnung von mir.

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» Hormonkeks » Beiträge: 447 » Talkpoints: -0,53 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Wir haben auch mal fast 2 Jahre lang von Hartz 4 gelebt, davon 4 Monate mit fast 500,- Euro weniger als normales hartz 4 (mussten da noch was nachzahlen auf Raten).

In diesen 4 Monaten hatten wir mit 5 Personen etwa 70,- Euro pro Woche zum Einkaufen und Tanken, und das mit 2 Erwachsenen und 3 Kindern. Verhungert sind wir nicht, obwohl wir schon echt sehr sparsam waren, und besonders ich manchmal auf Mahlzeiten verzichtet habe, damit meine Kinder mehr bekommen. Es gab aber jeden Tag frisches Obst, zwar nichts besonders wie Erdbeeren, Weintrauben, oder Melone, aber zumindest Äpfel habe ich immer gekauft, sodas jedes Kind pro Tag einen Apfel essen konnte. Für die Gemüsesuppe habe ich dann statt frisches Gemüse Tiefkühlgemüse geholt, immer noch besser wie fast Food.

Wo wir auf jeden Fall einsparen mussten, war Wurst und Fleischprodukte. Zwar gab es bei uns nur Wurst vom Metzger, aber meistens waren es Wurstabfälle, also Endstücke von Wurst, und Wurstreste, die schon etwas angetrocknet waren. Aber ich finde das immer noch gesünder, als irgendeine Wurst in Plastikverpackung aus dem Discounter. Brot haben wir mit dem Brotbackautomat selbst gebacken, und da gibt es ja schon recht günstig diese Fertigpackungen, auch mit Vollkorn. Ansonsten gab es halt viel Pfannkuchen, Kartoffeln, etc. Wo wir dann wieder richtig viel Geld hatten, haben wir uns schon gesünder ernährt.

Noch mal was zur sogenannten "Tafel". Als wir diese 500,- Euro weniger bekommen haben, bin ich auch zur Tafel gegangen mit meinen Unterlagen, damit ich dort etwas bekomme. Aber so einfach ist das leider nicht, zumindest nicht bei uns. Denn die haben nur eine bestimmte Anzahl von Plätzen, und wenn gerade kein Platz frei ist, kommt man auf eine Warteliste (allerdings erst nach 3 - 4 Monaten). Ich hätte also erst mal 3 Monate warten müssen, um mich dann auf die Warteliste setzen zu lassen, und dann hätte ich imer noch fast 1 Jahr lang warten müssen. In dieser Zeit wären wir hier schon längst verhungert. Obwohl es immer heißt, Familien mit kleineren Kindern werden bevorzugt behandelt.

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» pepsi77 » Beiträge: 1629 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich glaube schon, dass es möglich ist. Zum Glück gibt es noch die Tafeln, auch wenn es die meisten wahrscheinlich eine Menge Überwindung kostet, diese in Anspruch zu nehmen.

Bei Stern TV waren zu diesem Thema mal zwei Gäste, die ein Hartz IV Kochbuch geschrieben haben. Zur Stern TV Seite. Da gab es das auch mal eine ganze Weile als PDF Datei zum Download, konnte aber jetzt keinen Link mehr finden. Wenn man aber einfach mal nach Hartz IV Kochbuch googelt findet man einige, auch kostenlose, Rezepte und Rezeptesammlungen.

» pieter91 » Beiträge: 23 » Talkpoints: 9,36 »


Dazu kann ich sagen nein, ich habe selbst von Hartz4 gelebt und hatte dadurch das ich mit mein Partner zusammen gelebt habe nicht die üblichen 351,00€ sondern nur 312,00€ durch die Bedarfsgemeinschaft.

Ich habe mir damals mal die Mühe gemacht und gefragt warum das um soviel geringer ist als wenn ich alleine wohnen würde, daraufhin bekam ich als Antwort das man Waschpulver und Klopapier sowie Lebensmittel weniger braucht als wenn man alleine lebt. Schon klar, ich benutze das Klopapier erst und dann nochmal mein Freund damit es länger hält, und mit der Wäsche ist es genau das gleiche denn wer alleine lebt der braucht halt nur 1 mal die Woche eine Waschmaschine anmachen ich mache es 2-3 mal die Woche und habe so in etwa den gleichen Verbrauch wie jemand der alleine lebt. Da ich auf vieles allergisch bin wie z.B. sämtliches Obst ist unser Essen sehr unterschiedlich, so kam da auch kein Sparen in Frage. Wo also ist da die Logik das ich fast 40,00€ weniger erhalte?

Nun gut und eine Familie z.B. mit 2 Kindern die bekommen für die Kinder je nach Alter einen viel geringeren Hartz4 Satz und für sich jeweils ca. nochmal 312,00€ weil sie ja in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

Wenn man dann die monatlichen Kosten wie Strom, Fahrkarte, Ausflüge der Kinder und und und berücksichtigt dann bleibt nicht mehr viel zum Leben sodas man sich Gesund mit viel Obst, Gemüse und Fleisch ernähren könnte.

Ich finde gerade der Hartz4 Satz für Kinder sollte drastisch erhöht werden, denn Kinder brauchen viel Obst und Gemüse.

» Sissi1 » Beiträge: 518 » Talkpoints: 9,65 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Also ich bin Studentin und habe nicht grad viel zum Leben im Monat, sogar weniger als, das was ich oben gelesen habe, was ein Hartz4-Empfänger hat. Fürs Essen gebe ich etwa 15 Euro pro Woche aus. Darin sind tägliche 3 bis 5 Portionen Obst drin (Banane, Kiwi, Orange, Apfel und noch einmal etwas davon), jeden Tag ein großer Salat (Tomate, Gurke, Feldsalat, Champignons, Chinakohl, Körner, je nachdem, was grad da ist) mit Öl und Vollkornbrot sowie eine Hauptmahlzeit aus etwas Warmen z.B. Nudeln mit Sojasoße oder Kartoffeln, Eiern oder Reis oder Buchweizen oder Gemüsesuppe, morgens und abends paar Nüsse. Ihr ahnt schon, dass sich das vegetarisch anhört und ist es auch. Da ich keine Milchprodukte mehr konsumiere und auch keine Schokolade, wie früher, sowie kein Fleisch und Fisch, kann ich mir zur Zeit so einen "Gemüse/Obst-Luxus" erlauben mit meinem Budget.

Deswegen bin ich der Meinung, dass man sich auch mit Hartz 4 und auch nicht unbedingt vegetarisch, mit 20 Euro die Woche gesund ernähren kann, wenn man auf jeglichen weiteren Luxus verzichten würde, den man eh nicht braucht, um zum Überleben: Schokoladenaufstrich, Eis, Schokolade, Fertigprodukte, Süßigkeiten, zu viel Fleisch und Wurst! Für das Geld kann man mehr Obst und Gemüse, sowie Vollkornbrot und Öle zum Salat kaufen! Softgetränke sind auch nicht notwendig. Wenn dann reinen naturtrüben Saft oder selber pressen! Und wenn man selber Milchprodukte konsumiert, dann ist da auch mal hier und da Käse oder ein Naturjoghurt drin, den man mit Obst und Müsli verfeinern kann.

Den meisten Menschen dürfte so eine Ernährung fremd sein (auf alles zu verzichten, was Luxus ist), aber es liegt nur an eigenem Willen und Kopf. Und dann kann man auch Geld einsparen und es für Gesundes ausgeben, was zu einer besseren Laune und einer größeren Leistungssteigerung führt.

Jedoch, wenn jemand Kinder hat, ist es schon eine andere Lage, da würden dann die 20 Euro pro Person und Woche schon etwas knapp ausfallen. Kinder haben Wünsche und da können die Eltern nicht immer nein sagen, z.B. bei einem Schokoladenaufstrich fürs Brot. Ich denke mit Kindern ist es schwieriger sich ausgewogen zu ernähren von dem Geld, aber in einem gewissen Maß ist es auch möglich.

» VitaminC » Beiträge: 41 » Talkpoints: 0,26 »


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