Geschmacklosigkeit bei Hitradio Antenne

Hallo zusammen!

Eigentlich bin ich kein großer Radio-Hörer, aber da wir heute tapeziert haben lief das Radio dann doch mal nebenbei. Und da bin ich dann direkt mal wieder fast aus den Latschen gekippt.

Hitradio Antenne Niedersachsen spielte nämlich den Song: "I don't like Mondays" von den Boomtown Rats. Das empfand ich ehrlich gesagt als den Gipfel der Geschmacklosigkeit, denn dieser Song bezieht sich auf den 29. Januar 1979, an dem die 16-jährige Brenda Ann Spencer vom Fenster ihres Zimmers aus mit einem halbautomatischen Gewehr auf den gegenüberliegenden Schulhof schoß. Dabei tötete sie den Schulleiter und den Hausmeister der Schule und verletzte einen Polizisten und acht Schüler. Nach den Gründen für diesen Vorfall gefragt antwortete sie lediglich: "I don`t like Mondays."(Ich mag keine Montage). Daher auch der Titel.

Darüber ob man über so ein Ereignis einen Song schreiben muss, lässt sich sicherlich streiten, aber, dass es geschmack- und respektlos ist diesen Song wenige Tage nach den Vorfällen in Winnenden zu bringen ist ja wohl unstrittig. Es wurde auch nicht in irgendeiner Weise kommentiert, das Lied ging einfach im "Juhu, es ist Wochenende, also habt alle gute Laune!"-Brei unter. Auch mit einer ensprechenden Erklärung hätte ich das immer noch ziemlich unmöglich gefunden, aber so ganz kommentarlos ist es noch schlimmer.

Vielleicht sind die Moderatoren ja auch einfach nur uninformiert, aber solche Dinge sollte die Redaktion eines renommierten Radiosenders wissen und bedenken. Ich fand es jedenfalls total unangebracht und hätte wirklich kotzen können, als die ersten Takte kamen. Bislang habe ich mich immer noch nicht wieder angeregt, weil ich solche Gedanken- und Taktlosigkeiten einfach unmöglich finde. Für mich ist dieser Sender jedenfalls dauerhaft gestorben!

Hallo!

Ich finde, dass man das mit den Liedern, die ja vor diesem Amoklauf schon auf dem Markt waren und im Prinzip uralt sind, nicht so eng sehen sollte. Auch damals, als der Tsunami gewesen ist, dufte das Lied nicht gespielt werden "Die perfekte Welle" von Juli. Ich fand das damals schon etwas sehr überzogen.

Als hier in Paderborn die kleine Kardelen vermisst wurde, wurden hier Lieder aus den 80ern im Lokalsender gespielt. Unter anderem auch Jeanny Part 1 und Jeanny Part 2 von Falko. Darin geht es auch um den Missbrauch.

Die wenigsten hören sich die Texte genau an und hören nur auf die Musik. Oft steht die Musik schon mehrere Tage vor dem Tag an dem sie gesendet wird und man kann nciht immer alles Lieder erst mal auf Tauglichkeit prüfen, ob sie grade in die Zeit passen.

Als hier in Paderborn die kleine Kardelen vermisst wurde, wurden hier Lieder aus den 80ern im Lokalsender gespielt. Unter anderem auch Jeanny Part 1 und Jeanny Part 2 von Falko. Darin geht es auch um den Missbrauch.

Auch das finde ich ziemlich geschmacklos, auch wenn ich die Songs eigentlich mag. Es gibt Situationen, in denen man einfach nicht alles spielen kann. Man muss Betroffene ja nicht mit Gewalt und Absicht vor den Kopf stoßen. Beim zweiten Nachdenken finde ich das eigentlich noch widerlicher als mein Beispiel.

Dass das Radioprogramm völlig feststeht bezweifle ich stark, schließlich werden auch Musikwünsche angenommen. Und der Amoklauf war da immerhin schon einige Tage her, so furchtbar unmittelbar war das also nicht, dass es aus Zeitgründen nicht mehr hätte verändert werden können. Das war einfach gedankenlos und ein Mangel an Takt, sonst nichts. Und mich ärgert so etwas.

Also ich bin mir sicher, dass die Leute von Hitradio den Titel nicht bewusst gespielt haben, ich kannte den Hintergrund zu dem Lied auch nicht und das es sich um einen Amoklauf handelt kommt aus dem Liedtext ja auch nicht so klar raus, zumindest wäre mir das noch nie aufgefallen. Man kann nicht verlangen, dass die Leute von jedem Lied das sie spielen denn Hintergrund kennen, zumal der Song ja fast 30 Jahre alt ist.

Anders als bei der bei dem Song "Jeanny" von Falco, wo jedem sofort klar ist worum es geht und auch, dass man "Die perfekte Welle" von Juli nach dem Tsunami nicht gespielt hat, kann ich irgendwie nachvollziehen. Eine zeit lang hat man nach dem Tsunami auch keine Lieder von den Beach-Boys im Radio gehört

Hallo!

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das Radio selbst über den Zusammenhang mit dem Leid und dem Amoklauf Bescheid wusste. Ich glaube auch, dass sich dabei einfach nichts gedacht wurde. Die meisten kommen sicher gar nicht auf die Idee, dass man so ein Lied mit einem Amoklauf verbinden könnte.

Damals habe ich nur mitbekommen, dass über die Katastrophenflut Witze gemacht wurden, eben mit dem Lied von Juli " Die perfekte Welle". Die Witze fand ich auch nicht lustig, aber das Lied gab es doch schon vorher und es wurde viel im Radio gespielt. Ich denke auch, dass dann alles auf die Goldwaage gelegt werden muss. Und es wird sicher keiner daran gedacht haben, dass das Lied eine zweideutige Bedeutung hat.

Gerade bei Liedern mit englischen Texten kennen jüngere Menschen häufig nicht den Hintergrund. Denn viele der neueren Lieder haben irgendwie auch nicht so sehr viel Sinn und sind schon gar nicht vor einem bestimmten Hintergrund geschrieben worden.

Und da Radiomoderatoren oft auch nur junge Menschen sind, haben diese dieses Lied sicher in völliger Unkenntnis des Hintergrundes gespielt. Allein der Text lässt doch nur erahnen, dass es um ein überfordertes Kind geht, mehr aber nicht..

Ganz ehrlich - hätten wird das Lied nicht mal vor knapp 20 Jahren im Englisch-Unterricht besprochen, dann hätte ich um die Hintergrund auch nicht gewusst. Und wenn man dann das Lied betrachtet, passt es schon: Es ist doch eher so, dass im gesamten Lied die Frage nach dem Warum im Vordergrund steht, also die Aufarbeitung.

Im übrigen finde ich es auch nicht verwerflich, Lieder zu spielen, die schon irgendwie mit dem Ereignis in Verbindung gebracht werden könnten. Wirklich unschön, finde ich nur, wenn solche Ereignisse in irgendeiner Form Gegenstand von Witzen werden.

Hallo Sorcya,

Deine Wut und Dein Unverständnis darüber, dass ein solches Lied vor dem Hintergrund des Amoklaufs in Winnenden gespielt wird, kann ich nachvollziehen und verstehen, auch wenn ich selbst den Hintergrund des Liedes bisher nicht kannte und Du mich mit diesem Thread erst einmal darüber aufgeklärt hast.

Ich finde allerdings auch, dass es schwierig ist, Lieder wegen bestimmter, durchaus tragischer Vorfälle, zu zensieren oder aus den Playlisten zu nehmen, vor allem auch, wenn es um die Frage geht, wie lange ein Lied wegen eines bestimmten, schrecklichen Vorfalls nicht gespielt werden darf.

Absolut übereingestimmt und wahrscheinlich auch beim Radiosender beschwert hätte ich mich, wenn dieses Lied nach dem Bericht über den Amoklauf gespielt worden wäre. Vor langer Zeit gab es diesen Fall einmal, allerdings ein bisschen anders: Es gab auch ein schlimmes Verbrechen, das jeden schockiert hat. Und nachdem ein Radiosender darüber berichtet hatte, wurde kein nachdenkliches, ruhiges Lied angespielt, sondern ein überaus fröhliches, das einen Text hatte, der mehr als unpassend für die Situation war. Ich weiß noch, dass ich mich damals sehr aufgeregt und mir auch einen Boykott überlegt habe.

Aber mittlerweile denke ich, dass man es nicht ganz so eng sehen darf. Die Radiosender werden sicherlich nicht absichtlich unpassende Lieder auswählen, es hat sich sicherlich um ein Versehen oder wirklich um Unwissenheit über den Hintergrund des Liedes gehandelt. Schreib doch mal eine eMail an den Radiosender und mache Deinem Ärger Luft. Ich bin mir sicher, dass Du eine Antwort erhalten wirst, vielleicht sogar eine, die dich die andere Seite verstehen lässt.

LG,
moin!

Dass das Radioprogramm völlig feststeht bezweifle ich stark, schließlich werden auch Musikwünsche angenommen.

Als die Musik noch von richtigen Tonträgern kam stand das Programm schon relativ fest und für Wunschsendungen wurden auch schon mal extra Mitarbeiter gebraucht (das war als Schülerin lange mein Job am Wochenende) - aber da viel jetzt von Festplatte kommt kann man das Programm natürlich mit ein paar Klicks umstellen.

Aber ich finde es zu viel verlangt wenn man erwartet, dass ein Redakteur bei jedem Lied recherchiert um was es da genau im Text geht und bei seiner Auswahl jedes aktuelle Ereignis berücksichtigt. Ich denke das ist auch gar nicht machbar, denn mir fallen spontan schon eine ganze Menge Lieder ein, die in bestimmten Situationen als unpassend empfunden werden könnten. Nach einem Flugzeugunglück sind Lieder, die sich in irgendeiner Weise mit fliegen beschäftigen - und davon gibt es sicher tausenden - sicher auch nicht die sensibelste Wahl. Und letztendlich kann man über Geschmack und Kunst immer streiten.

Hallo.

Ich denke auch das man nicht immer alles so eng sehen sollte. Das Lied ist immerhin schon ganz schön alt und ich wusste nicht das das Lied so eine Geschichte hat. Ich kann mit dem Lied persönlich gar nichts anfangen und ich denke das Hitradio Antenne das Lied bestimmt nicht extra wegen den Amoklauf gespielt hat. Damals als sie das Lied die perfekte Welle nicht mehr spielen durften fand ich das auch schon übertrieben. Ich mein die Lieder können im Prinzip nichts dafür das so viele Tragödien geschehen.

Grüße!

Hallo,

ich kann die Aufregung und Empörung darüber, dass dieser Song zur Zeit im Radio gespielt wird, leider ganz und gar nicht nachvollziehen. Man sollte nicht nur den Hintergrund der Entstehung des Songs heran ziehen, sondern auch die Grundaussage des Liedes. "I don´t like mondays" thematisiert die letztlich nicht zu beantwortende Frage danach, warum es überhaupt zu einem Amoklauf kommen kann. Wenn der Song heute gespielt wird, steht er symbolisch für nichts anderes als die Sinnlosigkeit dieses und ähnlich gearteter Verbrechen.

Gerade in der heutigen, auch medial gesehen, schnell-lebigen Zeit kann man davon ausgehen, dass in etwa einem oder zwei Monaten kaum noch oder gar nicht mehr über die Ereignisse in Winnenden gesprochen wird. Oder habt ihr vor vergangenem Mittwoch noch an die Amokläufe 2002 in Erfurt und 2006 in Emsdetten nachgedacht? Marschiert in ein paar Jahren wieder ein junger, frustrierter Mensch bis an die Zähne bewaffnet in eine Schule und richtet die hin, die in seinen Augen Schuld an seinem Schicksal sind, sind die Entsetztheit und geschockte Gelähmtheit der Bevölkerung wieder genau die gleichen wie heute. Es kommt höchstwahrscheinlich wieder zu Diskussionen, wie man Amokläufe in Zukunft verhindern kann. Die Gründe werden wieder in ungesichert gelagerten Waffen der Eltern und gewalttätigen PC-Spielen gesucht. Ebbt das Interesse der Bevölkerung an den Geschehnissen ab, werden auch mögliche Intervenierungsmaßnahmen unter den Tisch gekehrt.

Wenn also "I don´t like mondays" im Radio gespielt und dazu genutzt wird, den Hörern die Schrecken, die Amokläufe verbreiten, ins Gedächtnis zu rufen, was ist daran so empörenswert und schlimm? Es mag sein, dass eine musikalische Interpretation eines solchen Ereignisses keine adäquaten Versuche lostreten wird, das Problem der Amokläufe in den Griff zu bekommen. Aber wer immer wieder an die Sinnlosigkeit der Geschehnisse erinnert wird, hält vielleicht in Zukunft die Augen offen, wenn er einem verstörten, viel zu ruhigen und waffenvernarrten jungen Menschen begegnet.