Manager als Lehrerersatz
Das sähe zumindest die Bundesbildungsministerin Annette Schavan gern. Sie forderte alle Unternehmen auf, ihre Top-Manager für den Schulunterricht freizustellen. Beispielsweise könnten Ingenieure einmal wöchentlich Mathematik - oder Physikunterricht geben. Betrachtet man dies nun vor dem Hintergrund der Debatte über Lehrermangel und Abwerbe-Versuche einzelner Bundesländer und einer Studie des Bildungsökonomen Ludger Wößmann, nach der gerade Abiturienten mit schlechten Noten Lehrer werden wollen, so scheint der Vorschlag auf den ersten Blick nicht schlecht zu sein.
Aber: es regt sich erster durchaus berechtigter Widerstand. Zwar sind die angesprochenen Mitarbeiter hochqualifiziert, aber nur die wenigsten haben Erfahrung im unterrichten. Von anderer Seite wird darauf hingewiesen, dass es durchaus schon Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen gibt, diese können aber weder Unterricht noch Lehrer ersetzen.
Wie seht Ihr das? Guter Vorschlag oder gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht?
Mein Mann ist gelernter IT-Fachmann mit Schwerpunkt System- und Netzwerkadministration. Leider ist er inzwischen seit 5 Jahren aus diesem Beruf heraus, seine Ausbildung ist weitestgehend veraltet Seine Ausbildung damals erfolgte ohne IHK-Abschluß, lediglich zertifiziert.
Ihm wurde tatsächlich vom Arbeitsamt ein 1€ -Job als Dozent (!) für Informatiklehre an Schulen angeboten. Da ihm die Verantwortung für diese Stelle viel zu hoch war, hat er dankend abgelehnt und doch lieber einen Job als Gepäcklader angenommen.
Ich kann mir gut vorstellen, daß im Notfall bei akutem Lehrermangel Manager eingesetzt werden könnten, um Schulausfall zu vermeiden. Allerdings nicht als Langzeit- oder gar Ersatzlösung. Ist nur die Frage, welcher hochbezahlte Manager läßt sich dazu herab, in Schulen zu unterrichten?
Als ich das hörte, musste ich erst einmal lachen. Bei meinen Kindern fällt schon sehr viel Unterricht aus. Andererseits habe ich das Gefühl, die Schule muss sparen, wo es nur geht. Die Klassenstärke wurde auf 35 hochgesetzt. Das Kurssytem wurde abgeschafft. Die Ausstattung der Schule wird immer sparsamer. Die letzten Jahre wurden keine Festeinstellungen gemacht.
Einige befristet angestellte Lehrer sind in andere Bundesländer gegangen. Und nun sind nicht genügend Lehrer mehr da. Wie wäre es, mal richtig ins Schulsystem zu investieren, um Bedingungen zu schaffen, dass Schule Spaß macht. Oder ist dafür kein Geld da.
Und umsonst werden Firmen ihre Mitarbeiten doch auch nicht für Schulunterricht einsetzen.
Ich bin der Meinung, dass dies nicht gut gehen würde. Fachleute aus der Industrie sind sicher fachlich kompetent. Aber ein guter Lehrer muss viel mehr als sein Fach beherrschen. Er muss auch das Vorwissen der Schüler kennen und gezielt darauf aufbauen können - es kommt nicht nur auf das fachliche Wissen an, sondern vor allem, wie das Wissen vermittelt wird (Didaktik). Und vor allem muss man mit Schülern umgehen können. Lehrer üben schließlich auch eine Erziehungsfunktion aus. Ein Manager würde hier einfach ins kalte Wasser geworfen werden. Ich finde deshalb den Vorschlag von der Bundesbildungsministerin ziemlich praxisfremd.
Außerdem ist dieser Vorschlag ein krasser Widerspruch zu dem, was gerade bei mir in der Nähe auf einer pädagogischen Hochschule (PH) abläuft. Die PH in Schwäbisch Gmünd muss sehr viele Studenten aufnehmen und ist daher ziemlich überfüllt. Der Grund dafür sei angeblich, dass man nur die besten Lehramtsstudenten in den Schuldienst übernehmen will - also brauch man möglichst viele Studenten. Die Studenten werden auch sehr hart geprüft und viele schaffen deshalb ihr zweites Staatsexamen nicht. Von den Lehramtsstudenten wird sehr viel abverlangt, sie können kaum gut genug sein. Und nun sollen plötzlich Manager ohne pädagogischen Ausbildung in den Schuldienst geschickt werden? Politik ist manchmal schon schwer nachzuvollziehen.
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