Erwerbsminderungsrente und Selbstständigkeit

vom 25.02.2009, 11:11 Uhr

Wegen einer psychischen Erkrankung bezieht Frau E. eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit. Da die Rente sehr niedrig ist, bezieht Frau E. noch Wohngeld. Frau E. befindet sich in Therapie, weil sie nicht belastbar ist. Die Therapie läuft zwar weitgehenst ambulant, aber es gibt auch Krankenhausaufenthalte, die nicht planbar sind.

Frau E. macht gerne Handarbeiten und bastelt auch sehr viel. Da sie die Sachen nicht alle selber brauchen kann und die Herstellungskosten ja auch noch da sind, würde Frau E. die Sachen gerne verkaufen. Das Ganze würde, da Frau E. nicht belastbar ist, in einem kleinen Rahmen stattfinden. Wenn man vom Verkaufspreis die Herstellungskosten abzieht, bleibt nicht viel übrig. Eventuell wäre es soviel das sie irgendwann kein Wohngeld mehr beziehen müsste.

Ist das eine gewerbliche Handlung? Immerhin wird mit der Absicht, Gewinn zu erzielen Produziert und Verkauft. Welche Dinge muss Frau E. beachten?

Bis zu 15 Stunden darf Frau E. laut dem letzten Rentenbescheid arbeiten. Gilt das auch für selbstständige Arbeit? Und wie kann Frau E. das dem Rentenversicherungsträger belegen? Es ist ja auch ihr Hobby. 350 Euro darf Frau E. laut dem letzten Rentenbescheid dazuverdienen. Auch hier, in wie weit gilt das auch für selbstständige Arbeit. Und auf was bezieht sich dann die Hinzuverdienstgrenze? Auf den reinen Gewinn ( Verkaufspreis- Herstellungskosten) oder auf den Verkaufserlös?

Die Krankenversicherungsbeiträge werden ja zur Zeit von der Rente abgeführt. Wie sieht das auch bei einem Hinzuverdienst? Steigen da auch die Beiträge? Ist das was Frau E. da plant nicht Kunstgewerbe? Welche Regelungen gelten da? Besteht ein Unterschied zwischen einer freiberuflichen Tätigkeit und Gewerbe? Wenn ja welche? Was muss Frau E. noch beachten, wenn sie ein Gewerbe anmelden möchte, beziehungsweise sich halt selbstständig machen möchte?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Vorweg: Rentenversicherung ist nicht mein Spezialgebiet und mehr als eine Meinung ist es nicht.

LittleSister hat geschrieben:Ist das eine gewerbliche Handlung? Immerhin wird mit der Absicht, Gewinn zu erzielen Produziert und Verkauft.

Je nachdem nein, da die Tätigkeit von E auch unter den Begriff des freien Berufes fallen könnte, je nachdem, wie stark der "künstlerische Anteil" an dem Produkt ist, Beispiel: Sind die Produkte wenig individuell wäre es schwieriger, dies anzunehmen. Je nachdem ergeben sich hier verschiedene Schwierigkeiten, beispielsweise bei einem Gewerbe die Zwangsmitgliedschaft in der IHK oder bei einem künstlerisch-freien Beruf Mitgliedschaften in entsprechenden Verbänden (Künstlersozialkasse z. B.).

Beiden Berufen liegt, da selbstständig, natürlich die Gewinnerzielungsabsicht zugrunde.

LittleSister hat geschrieben:Bis zu 15 Stunden darf Frau E. laut dem letzten Rentenbescheid arbeiten. Gilt das auch für selbstständige Arbeit?

E hat somit eine Höchstarbeitsgrenze von 5 Stunden pro Tag und folglich eine teilweise Erwerbsminderung - und ja, das gilt auch für selbstständige Arbeit, Ausnahme: Selbstschädigung.

LittleSister hat geschrieben:Und wie kann Frau E. das dem Rentenversicherungsträger belegen? Es ist ja auch ihr Hobby. 350 Euro darf Frau E. laut dem letzten Rentenbescheid dazuverdienen. Auch hier, in wie weit gilt das auch für selbstständige Arbeit. Und auf was bezieht sich dann die Hinzuverdienstgrenze? Auf den reinen Gewinn (Verkaufspreis- Herstellungskosten) oder auf den Verkaufserlös?

Je nachdem wie der Rentenversicherungsträger dies verlangt - von schriftlichen "Zusicherungen" ohne konkreten Nachweis bis zu konkreten Arbeitsplänen kann hier alles drin sein, E sollte hier konkret den Versicherungsträger ansprechen und um eine schriftliche Auskunft bitten, wie, in welcher Form und wie umfassend der Nachweis erbracht werden soll.

Wichtig: Ab 6 Stunden täglicher Arbeit könnte E den Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente verlieren, da man ab dieser Grenze wieder als erwerbsfähig gilt!

Soweit ich die Regelungen verstanden habe bezieht sich dies auf den reinen Verdienst, da von Hinzuverdienstgrenzen gesprochen wird. Anders: würde E einen 350 Euro Job ausüben und für diesen (Anfahrtskosten usw.) 340 Euro investieren müssen so erhöht dies nicht die Hinzuverdienstgrenze.

LittleSister hat geschrieben:Die Krankenversicherungsbeiträge werden ja zur Zeit von der Rente abgeführt. Wie sieht das auch bei einem Hinzuverdienst? Steigen da auch die Beiträge?

Der Hinzuverdienst muss bei der Krankenkasse angegeben werden und kann die Beiträge erhöhen, welche dann je nachdem auch voll übernommen werden müssen. Konkret weiß ich es nur bei Rentnern und Selbstständigkeit, hier wäre ein Beispielfall so zu rechnen:
- 900 Euro monatliche Rente,
- 350 Euro Einkommen aus Selbstständigkeit
- Kassensatz 15 %

Rentner müssten die Hälfte der Kassenbeiträge zahlen, heißt: 15 % von 900 Euro = 135 Euro / 2 = 67,5 Euro.

Gleiches gilt für den Hinzuverdienst, man müsste also bei einem Hinzuverdient aus selbstständiger Tätigkeit von 350 Euro (15 % von 350 Euro = 52,50 Euro / 2 =) 26,25 Euro mehr zahlen.

Daneben gibt es noch verschiedene Obergrenzen, aber meiner Meinung gelten diese nur für Rentner und als Erwerbsgeminderter würde man sonst herausfallen. Problem ist hier, dass die Beiträge zur Krankenkasse je nach Art der Tätigkeit, Art der Rente, Höhe der Rente usw. völlig unterschiedlich ausfallen.

LittleSister hat geschrieben:Ist das was Frau E. da plant nicht Kunstgewerbe? Welche Regelungen gelten da? Besteht ein Unterschied zwischen einer freiberuflichen Tätigkeit und Gewerbe?

Jain, je nachdem, siehe oben. Grundsätzlich sind beide Begriff - Gewerbe / freier Beruf - schon einmal nicht klar definiert, hier bestehen im Steuerrecht und Gewerberecht bereits 2 verschiedene Einordnungen, die nicht deckungsgleich sind. Wer im Steuerrecht als freiberuflich ist, muss es nicht im Gewerberecht sein. Je nach Art ergeben sich verschiedene Zwangsverpflichtungen oder Steuerbedingungen, gewerblich tätige müssen z. B. in die IHK, Freiberufler in andere Berufsverbände (z. B. Künstlersozialkasse) oder auch nicht. In § 18 (1,1) Satz 2 EStG sind zwar einerseits viele freiberufliche Berufe definiert die teils keine Ausbildung benötigen, aber im Gewerberecht ist beispielsweise eine höhere Ausbildung (mindestens Fachhochschulabschluss) zwingend notwendig.

Zum Schluss: E sollte sich konkret mit ihrem Anliegen an ihren Versicherungsträger wenden, dort erfragen, in welcher Form Nachweise (siehe oben) erbracht werden müssen, ggfs. nachhaken wie sich dies auf zusätzliche Beitragserhebungen (Krankenkasse) auswirkt bzw. wenn keine Auskunft gegeben werden kann bei der Kasse nachhaken und den genauen Status der angestrebten Tätigkeit vom Finanzamt bewerten lassen. Gerade bei letzterem ist man oft sehr hilfsbereit wenn es um die konkrete Bewertung der Tätigkeit geht und auch in der Lage, rechtssichere Auskünfte zu geben.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Je nachdem nein, da die Tätigkeit von E auch unter den Begriff des freien Berufes fallen könnte, je nachdem, wie stark der "künstlerische Anteil" an dem Produkt ist, Beispiel: Sind die Produkte wenig individuell wäre es schwieriger, dies anzunehmen. Je nachdem ergeben sich hier verschiedene Schwierigkeiten, beispielsweise bei einem Gewerbe die Zwangsmitgliedschaft in der IHK oder bei einem künstlerisch-freien Beruf Mitgliedschaften in entsprechenden Verbänden (Künstlersozialkasse z. B.).

Das Gebiet in dem Frau E. arbeiten möchte ist eher weitläufig. Einmal eher in Richtung gestrickte Socken, was sicherlich keine künstlerische Leistung ist. Und einmal zum Beispiel der Entwurf von Adventskalendern, das basteln dieser und dann halt der Verkauf der Adventskalender. Das wäre ja dann eine künstlerische Arbeit, oder nicht? Mit den genannten Verbänden kann ich nichts anfangen. Könntest du mir das näher erläutern bitte?

E hat somit eine Höchstarbeitsgrenze von 5 Stunden pro Tag und folglich eine teilweise Erwerbsminderung - und ja, das gilt auch für selbstständige Arbeit, Ausnahme: Selbstschädigung.

Ich komme auf maximal 3 Stunden täglich. Wäre Frau E. für mindestens 3 Stunden täglich Erwerbsfähig, würde sie ja keine Erwerbsminderungsrente bekommen. (Die Erwerbsminderungsrente ersetzt ja die Erwerbsunfähgikeitsrente)

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