Brokeback Mountain

vom 23.02.2009, 10:24 Uhr

Hallo Ihr

Viele von Euch haben sicherlich, wie ich auch. Gestern den Film “Brokeback Mountain” zum ersten Mal gesehen. Ich war sehr ergriffen - ein wirklichschöner und gefühlvoller Film ! Ich möchte aber hier nicht den Film rezensieren, das hat sicher schon jemand vor mir getan. Ich habe vielmehr eine Frage an diejenigen unter Euch, die den Film vielleicht schon mehrmals gesehen haben oder einfach etwas aufmerksamer waren als ich.

Meine Frage bezieht sich auf Jacks Tod. Während Ennis mit Jacks Witwe telefoniert und diese ihm die Umstände von Jacks tragischem Unfall bei einem Reifenwechsel berichtet, werden ganz kurz ein paar verwackelte Szenen eingespielt, die zeigen, wie Jack verprügelt wird. Glaube ich. Denn ich habe gerade diese offensichtlich wichtigen Filmsequenzen verpasst. Gehe ich richtig in der Annahme, dass Jack von irgendwelchen schwulenfeindlichen Texanern ermordet worden ist?

Und was glaubt ihr? Wussten Jacks Eltern von seiner Neigung? Ich denke, zumindest die Mutter hat geahnt, um wen es sich bei Ennis handelt und in welcher Beziehung er zu Jack stand.

Toller Film, den ich ganz sicher nicht zum letzten Mal angesehen habe - und ich sehe mir eigentlich selten Filme zweimal an.

» drummergirl » Beiträge: 359 » Talkpoints: 29,70 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich habe den Film schon damals im Kino gesehen und seitdem darauf gewartet, dass er endlich im Fernsehen gezeigt wird, damit ich ihn mir gleich nochmal anschauen kann. Gestern war es ja endlich soweit, und der Film hat mir noch genausogut gefallen wie damals im Kino.

Zu Deiner ersten Frage: ich denke die Antwort darauf muss jeder Zuschauer fuer sich selbst finden. Natuerlich klingt die von der Frau beschriebene Todesursache schon ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Und natuerlich ist ein Mord auch sehr plausibel, wenn man die damalige Zeit und Ort beruecksichtigt.

Man kann nauterlich auch so argumentieren, dass Enis durch das Erlebnis in der Kindheit, als er den ermordeten Mann gesehen hat, so traumatisiert wurde dass er jetzt automatisch auch bei Jack annimmt, dass dieser umgebracht wurde. Andererseits gibt es ja den Spruch "das klingt so unglaublich, das kann sich keiner ausgedacht haben, also wird es wohl die Wahrheit sein". Wieso haette die Frau sich so eine haarstraeubende Geschichte einfallen lassen sollen, um nicht einen Mord zuzugeben? Da haette sie auch eine ganz alltaegliche Todesursache nennen koennen.

Eine weitere Moeglichkeit ist, dass Jack ermordet wurde und die Taeter das ganze mit der angeblichen Autopanne vertuschen wollten, allerdings haette es da doch auch einfachere Methoden geben muessen, wozu so einen Aufwand veranstalten? Ganz eindeutig mit ja oder nein kann man die Frage wohl nicht beantworten. Ich tendiere aber stark zu ja, eben weil der von der Frau beschriebene Tathergang allzu unglaubwuerdig klingt.

Was die Eltern von Jack angeht, so denke ich schon dass vor allem die Mutter von seiner Neigung wusste. Sicher wird sie das Hemd im Schrank bemerkt haben. Und Jack hat seinen Eltern ja auch einiges von Enis erzaehlt - da wird die Mutter sicher was gemerkt haben. Beim Vater war das nicht ganz so offensichtlich, aber ich wuerde sagen er hat sich so seine Gedanken gemacht. Allerdings schien er damit weit groessere Probleme zu haben, da er Jack gegenueber irgendwie steif und nicht abweisend, aber auch nicht so freundlich wie die Mutter war.

Es lohnt sich auf jeden Fall den Film ein zweites Mal anzusehen. Mir ist diesmal z.B. auch die einmalige Landschaft viel staerker aufgefallen, weil ich halt nicht mehr so stark auf die inzwischen bekannte Handlung fixiert war. Da ich im Urlaub auch kurz in Wyoming war, hatte das natuerlich auch ein bisschen persoenlichen Wiedererkennungswert.

Was ich immer noch nicht nachvollziehen kann, ist das der Film im mittleren Westen in einigen Kinos aufgrund von Protesten bzw. erwarteten Protesten gar nicht erst gezeigt wurde. Da koennte man meinen dort herrschen immer noch Zustaende wie im Film...

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» misspider » Beiträge: 1964 » Talkpoints: 6,69 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Es ist schon eine Weile her seit ich den Film gesehen habe, aber ich habe den Tod von Jack damals auch erst mal so interpretiert, dass er ermordet worden ist. Aber andererseits kann es ja auch sein, dass hier nicht Bilder von dem gezeigt werden was wirklich geschehen ist sondern von dem was Ennis sich vorstellt als er die Geschichte hört. Ich denke der Film lässt das hier bewusst offen für eigene Interpretationen.

Genauso offen ist für mich auch die Frage nach Jacks Mutter, denn Homosexualität war damals ja so ein großes Tabu, dass nicht nur nicht darüber geredet wurde sondern sich für viele wahrscheinlich auch jeder Gedanke daran verbot. Im Film wird ja auch ziemlich deutlich, dass Ennis' Frau weiß, dass er sie mit Jack betrügt, aber auch sie spricht das ja nie wirklich direkt an, sie fragt ihn nie ob er schwul ist, ob er auch schon was mit anderen Männern hatte und so weiter - was heute in so einer Situation wahrscheinlich normal wäre.

Wahrscheinlich wusste Jacks Mutter schon, dass Ennis mehr als nur ein guter Bekannter ist, aber ich denke eben, dass sich damals für viele Menschen diese Frage, ob zwei Männer (vor allem wenn es sich um den eigenen Sohn handelt) die eng befreundet sind ein Paar sind einfach verboten hat. Auch wenn die Situation heute eine andere ist, es gibt immer noch genug Eltern, die sehr gut im Verdrängen sind und von zukünftigen Enkelkindern reden obwohl ihr Sohn seit Jahren mit dem gleichen Mann zusammenlebt und seinerseits von Heirat redet.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Hallo, ich habe den Film auf DVD und schon sehr oft geschaut. Auch das Buch habe ich gelesen. Du selbst hast ja gesehen, was mit Schwulen in Texas gemacht wurde.

Der Junge Ennis musste sich das ganze dank seines Vater angucken. Nun war es aber so, das Jack nicht mehr länger warten wollte. Er war schwul und stand zu sich im Gegensatz zu Ennis. Doch leider verlor er seine Vorsicht und besuchte einen "Schwulen Strich".

Da er also immer mehr zu seiner Homosexualität stand, war sie schön ziemlich öffentlich. Er starb nicht aufgrund eines Unfalls. Er wurde wie du bereits gesagt hast, von Texanern ermordet. Und zwar so, wie man es Ennis damals als Kind zeigte.

» ZappHamZ » Beiträge: 1889 » Talkpoints: -16,50 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ja, das habe ich genauso interpretiert. Jack hat ja auch diesen anderen Texaner kennengelernt, als es mit Ennis zu immer größeren Verständnisproblemen kam ( dieser Typ, dessen Frau soviel redete )

Ich meine, der Film deutete zum Schluss auch an, dass Jack mit diesem Mann zusammenleben wollte, nachdem es mit Ennis aus war. Jacks Vater sprach ja davon, dass Jack mit jemand anderem kommen wollte um die Farm oder Ranch zu bewirtschaften.

Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass Jacks widerwärtiger Stiefvater da die Finger mit im Spiel hatte und Jack hat totprügeln lassen, nachdem er seine Frau endlich verlassen hat und mehr oder weniger öffentlich zu seiner Sexualität stand.

Der Film war unendlich traurig, vor allem vor dem Hintergrund, dass es in vielen Regionen der USA - grade so auf dem Land - ja fast noch immer ähnlich abläuft, wie miss spider in ihrem Post schreibt.

» drummergirl » Beiträge: 359 » Talkpoints: 29,70 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke, dass diese Stelle bewusst so gehalten ist, dass es offenbleibt, ob Enis sich das nur so vorstellt oder ob es tatsächlich geschehen ist. Enis erzählt Jack ja zu einem früheren Zeitpunkt, dass in seiner Kindheit ein homosexueller Mann in seinem Ort brutal ermordet wurde, was ja auch einer der Gründe dafür ist, dass er sich so davor fürchtet, sich zu der Beziehung zu Jack zu bekennen. Insofern liegt es doch nahe, dass er, als sein Freund stirbt, mutmaßt, dass dieser auch einen so grausamen Tod erfahren musste.

Auf der anderen Seite ist es den Umständen entsprechend eben auch wirklich gut möglich, dass dies so passiert ist - die Geschichte aus der Kindheit von Enis kommt ja auch nicht von irgendwoher und war sicher keine Ausnahme. Wie gesagt glaube ich wirklich, dass der Zuschauer das selbst entscheiden soll. Eigentlich ist das ja auch für den Gesamtkontext des Films nicht besonders relevant, denn die Tatsache, dass Homosexuelle durchweg von der Gesellschaft diskriminiert werden, kommt ja mit oder ohne den Mord zum Ausdruck.

Ich denke, dass sowohl Jacks Vater als auch seine Mutter von der Homosexualität ihres Sohnes wussten oder sie zumindest erahnten. Gerade die Feindlichkeit des Vaters und die dazu im Kontrast stehende Freundlichkeit der Mutter gegenüber Enis zeigen das meiner Meinung nach. Außerdem betont der Vater ja auch extra, dass er sehr wohl wisse, wo der Brokeback Mountain ist, dass er aber dem Wunsch seines Sohnes, einen Teil seiner Asche dort zu verteilen, absichtlich nicht nachkommen wird. Ich denke, damit soll ausgedrückt werden, dass er nichts von der Liebe seines Sohnes zu dem Ort und den Geschehnissen dort hält.

Insgesamt stehe ich dem Film etwas zwiegespalten gegenüber. Er ist ja sehr lang und ich finde durchaus, dass man ihn hätte kürzen sollen. Ich habe ihn letzte Woche auf DVD gesehen und habe dabei zwischendurch eine Pause gemacht, weil ich etwas anderes zu tun hatte. Während dieser Pause erzählte ich meinem Freund, dass ich von dem Film enttäuscht sei.

Ich finde einfach, dass die gesamte erste Hälfte unheimlich langatmig ist. Nichts passiert, man erfährt erstmal fast nur von Enis's Leben und Enis selbst wirkt unglaublich unsympathisch: Er verhält sich sowohl seiner Frau als auch Jack gegenüber ständig abweisend und lieblos.

Während der zweiten Hälfte wurde ich dann etwas wärmer mit Enis's Rolle. Zwar fand ich ihn immer noch eher unliebsam, aber dank der großartigen Schauspielkünste von Heath Ledger konnte ich ihn dann als Charakter der Handlung stark wertschätzen. Dadurch kommt dann für mich aber trotzdem auch wieder ein kleiner Wehrmutstropfen hinzu: Heath Ledger stellt einfach alle anderen Schauspieler und vor allem Jake Gillenhall so dermaßen in den Schatten, dass die Rolle des Jack am Ende fast lächerlich wirkt.

Trotzdem bleibt am Ende für mich ein sehr schöner Beigeschmack. Ich mag die Aussage des Films und wie gesagt finde ich auch, dass etwa die zweite Hälfte sehr gut gelungen ist. Meiner Meinung nach hätte man aber mit ein bisschen mehr Bearbeitung den Film noch ausdrucksstarker gestalten können.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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