Aus finanziellen Gründen das Studium abbrechen

vom 25.01.2009, 20:28 Uhr

Hallo!

Ein guter Freund von mir hat vor gut drei Jahren mit einem Studium angefangen. Im Laufe der ersten zwei Semester merkte er, dass das Studium wohl nicht das richtige für ihn ist. Daher hat er dann nach zwei Semestern das Studienfach gewechselt und studiert nun seit gut zwei Jahren ein anderes Fach. Leider hat er in den Fächern, die für sein Studium von großer Bedeutung sind, keine guten Noten. Es gab schon einige Prüfungen, die er nicht bestanden hat. Er nimmt noch zusätzlich an freiwilligen Kursen teil und in diesen Kursen hat er fast nur gute Noten.

Seine Eltern können ihn im Studium nicht finanziell unterstützen. Er hat theoretisch Anspruch auf den Baföghöchstsatz. Am Anfang des Studium würde ihm dieser Betrag auch bezahlt, allerdings gab es damit in den letzten Semestern immer wieder Probleme. Ein Problem war, dass die Mutter sich immer viel Zeit mit dem Ausfüllen der Unterlagen für den Bafögantrag lies. Außerdem hätte er im Sommer sein Vordiplom machen müssen, was er aber nicht geschafft hat.

Momentan bekommt er gar kein Geld und nagt förmlich am Hungertuch. Er lebt in einem Studentenwohnheim, hat monatlich also seine Miete zu zahlen und natürlich braucht er auch Geld für Lebensmittel usw. Er lebt in einer Messestadt und hat bisher immer auf Messen gearbeitet. Da hat er wohl ganz gut verdient, allerdings hat er so auch immer Vorlesungen verpasst. Vielleicht hängt es damit auch etwas zusammen, dass er in seinem Studiengang nicht so gut ist.

Auf jeden Fall hat er sich jetzt überlegt, sein Studium wohl abzubrechen und sich für Ausbildungsstellen zu bewerben. Er meint, dass er das in erster Linie aus finanziellen Gründen machen möchte. Allerdings möchte er die Ausbildung auch in einem ganz anderen Bereich machen. Er ist der Meinung, dass er sich finanziell eher eine Ausbildung als ein Studium leisten kann.

Was haltet ihr von der Idee? Ich halte von der Idee ehrlich gesagt nicht allzu viel. Meiner Meinung nach wäre es schade, wenn er jetzt die drei Jahre einfach so verschenkt hätte. Außerdem hat er ja einige Zeit Bafög bezogen und das Geld wäre so ja auch verschenkt. Wahrscheinlich ist es ja nicht mal sicher, dass er in seiner Ausbildung mehr Geld verdient, als er jetzt, wenn er den Bafög bekommt und auf Messen arbeitet, bekommt. Er sieht das anders. Er meinte, er würde dann noch Wohngeld bekommen, wenn er eine Ausbildung macht und bestimmt auch genug BAB. Stimmt das?

Hat jemand von euch vielleicht auch sein Studium aufgrund finanzieller Schwierigkeiten abgebrochen? Wenn ja, wie denkt ihr im Nachhinein darüber?

Viele Grüße

» Mareikel » Beiträge: 1738 » Talkpoints: 6,97 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo Mareikel,

ich kann deinen Freund voll und ganz verstehen, denn auch ich habe ein Studium aus finanziellen Gründen abgebrochen und bereue es bisher nicht. Das ist mittlerweile 3,5 Jahre her und ich bin immer noch sehr glücklich mit meiner Entscheidung. Der Unterschied zu deinem Freund ist allerdings, dass ich bereist vor dem Studium eine Ausbilung gemacht habe und somit wieder direkt ins Berufsleben einsteigen konnte, wenn auch mit 1,5 Jahren Unterbrechung.

Bei mir war es auch so, dass ich Anspruch auf den Höchstsatz Bafög hatte, und den auch bekam, aber das ist in einer Studentenstadt nunmal leider meistens nicht ausreichend. Dort sind die Mieten sehr hoch, selbst in einem Studentenwohnheim. Und dann bleiben die Lebenshaltungskosten, man braucht Bücher, hat vielleicht ein Auto und möchte mal weggehen. Da nutzt der Höchstsatz nicht viel, wenn die Eltern nicht viel zusteuern können und man keinen lukrativen Nebenjob hat. Und selbst wenn man einen hat, kann es wie bei deinem Freund sein, dass das Studium leidet. Ich hatte nicht das Glück, einen Nebenjob zu bekommen, denn ich wollte keine Vorlesungen verpassen. Da muß man eben sehen, wie die Prioritäten sind.

Sollte dein Freund sich mit dem Gedanken wohler fühlen, dass er lieber eine Ausbildung machen möchte, dann würde ich ihm dazu raten. Er kann nach der Ausbildung immer noch Weiterbildungen, Fernstudien etc machen, das Lernen hört ja nicht auf, nur weil man eine Ausbildung macht oder gemacht hat. Mir jedenfalls ging es mit der Entscheidung, das Studium abzubrechen, sehr gut und auch heute noch bereue ich diesen Schritt keinesfalls. Aber man sollte vielleicht darüber nachdenken, direkt nach dem Abitur eine Ausbildung zu machen und dann ein Studium anzufangen. Ich fand diesen Weg immer als den besseren und man kann eben direkt wieder einsteigen, sollte einem das Studium aus welchen Gründen auch immer nicht liegen.

LG P-P

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» P-P » Beiträge: 3246 » Talkpoints: 1,58 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Hallo Mareikel,

da dein Freund in einem anderen Bereich eine Ausbildung anfangen will, hört es sich für mich so an, als wäre sein jetziges Studium nicht wirklich sein Traum. Und wenn er denkt, dass er in dem anderen Bereich glücklicher wäre, sollte er auf jeden Fall das Studium abbrechen.

Da er das Vordiplom nicht innerhalb der vorgegebenen Zeit geschafft hat, hat er vermutlich nie wieder Anrecht auf Bafög, d.h. er müsste das Studium komplett selbst finanzieren. Das halte ich nur dann für möglich, wenn er wirklich bereit ist, alles für sein Studium zu geben. Und dazu müsste es wirklich sein Traum sein.

Ein früherer Arbeitskollege von mir hat jeden Abend und am Wochenende gekellnert, um sein Studium zu finanzieren, weil er erst nach dem Abitur in Bulgarien nach Deutschland gekommen war und deshalb keine Unterstützung bekam. Er hatte wirklich während des gesamten Studiums keine Freizeit, sondern hat nur gelernt und gearbeitet. Das kann man aber nur durchziehen, wenn das Studium wirklich das einzige ist, was man will und sich vorstellen kann.

Natürlich wäre es bei deinem Freund schade um die vergangenen drei Jahre und auch um das dafür ausgegebene Geld. Aber besser, er entscheidet sich jetzt um und zieht die Ausbildung durch, als wenn er weiter macht und es dann irgendwann doch nicht schafft.

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» Studia » Beiträge: 1182 » Talkpoints: 2,44 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Studia hat geschrieben:Da er das Vordiplom nicht innerhalb der vorgegebenen Zeit geschafft hat, hat er vermutlich nie wieder Anrecht auf Bafög, d.h. er müsste das Studium komplett selbst finanzieren. Das halte ich nur dann für möglich, wenn er wirklich bereit ist, alles für sein Studium zu geben. Und dazu müsste es wirklich sein Traum sein.

Wer hat dir denn das erzählt? Vielmehr ist es so, dass du ja in der Regel nach dem 4.Semester den Leistungsnachweis erbringen musst um weiter BAFöG zu beziehen. Kannst du dies nicht, bekommst du ein Semester erstmal weiter BAFöG, darüber hinaus nur, wenn du belegen kannst, dass es für dich nicht möglich war, dass Vordiplom in der Zeit zu bekommen, weil du zum Beispiel zu spät eingeschrieben wurdest oder die Kurse nicht belegen konntest.

Und selbst wenn du dies nicht kannst wird die BAFöG-Zahlung nur ausgesetzt, bis du den Leistungsnachweis erbringst und ab da bekommst du dann auch wieder dein BAFöG. Hab das bei meiner Freundin durch. Sie hat ihren Leistungsnachweis auch erst 1 Jahr später gebracht. Da sie aber auf Grund verspäteter Immatrikulation nichts dafür konnte, hat sie sogar alle 3 Jahre für das Grundstudium BAFöG bekommen und bekommt nun insgesamt 1 Jahr mehr bezahlt als die Regelstudienzeit beträgt.

Aber abgesehen vom BAFöG gibt es doch auch von der KfW einen Studienkredit. Klar es ist ein Darlehen das verzinst wird und man bekommt im Gegensatz zum BAFöG nichts geschenkt. Aber wenn man keine andere Möglichkeit hat und das Studium an sich schon das richtige für ihn ist und er es von der Leistung her schaffen kann, sollte er sich da zumindest mal informieren.

Finanziell wird es ihm bei einer Ausbildung ja auch nicht viel besser gehen in den nächsten 3 Jahren. Und dann muss er ja auch erstmal eine Ausbildungsstelle bekommen . Wenn er allerdings doch eher größere Probleme mit dem Studium oder vielleicht dem Fach hat dann kann ich ihn schon verstehen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Hallo nochmal!

Ich denke auch, dass es einfacher wäre, wenn er bereits eine abgeschlossene Ausbildung hätte. Vor dem Studium war er bei der Bundeswehr, ein Jahr Wehrdienst und dann noch drei oder vier Jahre "freiwillig".

Leider bin ich mir nicht ganz sicher, ob es nur die finanziellen Gründe sind, warum er sein Studium abbrechen möchte und eine Ausbildung beginnen möchte. Vielleicht ist es beides. Der Vorteil an der Ausbildung wäre sicherlich, dass er dann immer sein festes Gehalt bekommt und ihm eigentlich nicht sowas passieren kann, wie nun mit dem Bafög.

Etwas habe ich auch die Befürchtung, dass er keine Ausbildungsstelle finden wird. Er möchte eine Ausbildung machen, die nicht allzu häufig angeboten wird und zudem noch sehr begehrt ist. Außerdem ist er eben schon 27 Jahre alt. Was meint ihr, wie stehen die Chancen, dann noch eine Ausbildungsstelle zu finden?

Ja, so wie Klehmchen es beschrieben hat, ist es wohl bei ihm. Er bekommt jetzt erstmal kein Bafög. Wenn er dann das Vordiplom machen würde, würde er wahrscheinlich wieder Bafög bekommen. Aber das muss er auch erstmal schaffen.

Viele Grüße

» Mareikel » Beiträge: 1738 » Talkpoints: 6,97 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Für mich sind das nur faule Ausreden. Ich habe noch niemals meine Mutter den Antrag für das Ausfüllen des Bafög-Antrages gegeben, sondern immer alles für sie ausgefüllt und sie dann am Ende unterschreiben lassen. Sonst würde ich bestimmt seit 6 Jahren darauf warten, dass sie mal fertig ist. Man kann aber auch wirklich immer Schuldige finden, die dann verantwortlich dafür sind, dass man etwas nicht auf die Reihe bekommt. Wenn er gewollt hätte, dass der Antrag ausgefüllt wird, hätte er dafür auch etwas tun können. Aber wenn einem noch nicht einmal der Bafög-Höchstsatz von fast 600 Euro monatlich wert ist, dass man seine Mutter unter Druck setzt oder sich einach mal selbst drum kümmert, dann kann einem das SO wichtig ja auch nicht sein.

Für mich ist das alles nicht nachvollziehbar. Man setzt sein Studium aufs Spiel, weil man seinen Finanzen nicht geregelt bekommt und dabei geht es nicht einmal darum, dass man arbeiten geht, sondern dass der Staat einem 600 Euro monatlich zur Verfügung stellt und man es nicht einmal schafft die Formalitäten dazu in Ordnung zu bringen. Dann hat ers doch auch gar nicht anders verdiend und vielleicht sollte es das Studieren einfach bleiben lassen, wenn er schon mit dem Bafög-Antrag überfordert ist.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich sehe das wie Sippschaft und glaube auch nicht, dass das wirklich daran liegt, sondern dass das nur vorgeschoben wurde. Gut, ich bekomme kein Bafög, allerdings habe ich mich darüber trotzdem informiert und da gibt es ja extra ein Formular für Bafög-Vorausleistung, was man einfach nur ausfüllen muss, wenn die Eltern das Bafög-Formular nicht rechtzeitig ausfüllen oder unterschreiben wollen. Und vom Studenten ausfüllen und von den Eltern unterschrieben kann er das Formular ja auch abgeben. Das klingt für mich ehrlich gesagt also nicht sonderlich überzeugend, was dir dein Freund da erzählt.

Gut, ein Problem könnte sein, dass er nach 4 Semestern Bafög in seinem neuen Studiengang bestimmte Leistungen erbrachte haben muss, was er eventuell nicht tut. Aber offenbar scheint ihn sein Studiengang auch nicht so recht zu interessieren. Es gibt doch immer die Möglichkeit eines Studienkredits und wenn man wirklich studieren will und das Fach einen überzeugt hat, dann nimmt man doch so etwas auch auf sich und besorgt sich diesen Kredit! Dann müsste er nicht mehr arbeiten gehen und könnte dafür sorgen, dass seine Leistungen und Noten auch stimmen. Also ich denke eher, dass dein Freund mit seinem Fach nicht klarkommt und daher jetzt einfach das fehlende Geld als Ausrede benutzt.

Ich habe noch nie darüber nachgedacht, wegen finanzieller Schwierigkeiten mein Studium abzubrechen und muss es zum Glück auch nicht. Einmal sind meine Eltern in der Lage und Pflicht es zu finanzieren und zum Anderen habe ich auch noch was gespart, so dass es da keine Probleme geben dürfte. Selbst wenn, würde ich eher einen Studienkredit aufnehmen als dann mit leeren Händen dazustehen. Einfach gar nichts und mit 27 ohne alles dazustehen finde ich ehrlich gesagt auch nicht gerade erstrebenswert. Ich würde an seiner Stelle zumindest so lange weiterstudieren, bis ich eine fest Zusage für einen Ausbildungsplatz hätte.

Ich halte nicht viel davon, dass er abbricht, wenn es wirklich nur wegen dem Geld ist. Aber da er ja anscheinden auch nicht so wirklich Gefallen an dem Studienfach hat und auch nicht so wirklich Leistung erbringt (andere arbeiten auch neben dem Studium und schreiben trotzdem gute Noten), denke ich schon, dass es richtig war, dass er aufgegeben hat. Wobei ich auch denke, dass er mit 27 Jahren jetzt ohne alles da steht und das schon eine ziemlich blöde Situation ist.

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» pepsi-light » Beiträge: 6018 » Talkpoints: 2,14 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Da werden wohl mehrere Faktoren zusammen kommen und das Geld ist nur eines der Faktoren. Ob es nur vorgeschoben ist um nichts so dumm da zu stehen kann dir nur dein Freund genau erklären, ich vermute es auf jeden Fall anhand deiner Beschreibungen. Gerade die Sache mit dem Bafög zeigt mir dass da das Interesse nicht so tief sitzt sonst würde ich mich persönlich absolut dahinter klemmen weil ich sonst am Hungertuch nage.

Wie auch immer, es ist keine Schande ein Studium abzubrechen. Nicht jeder kann studieren und es gibt auch genügend andere Tätigkeitsfelder mit einem gewissen Anspruch, gerade wenn man über ein Abiturabschluss verfügt.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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