RTL 2 : „Frauentausch“ ruft Medienwächter auf den Plan

Über zwei Wochen ist es her, dass die Folge 198 des Formates „Frauentausch“ gesendet wurde. Gezeigt wurden die 32-jährige Yvonne aus Zerbst, die mit ihrer Familie von ALG II lebt. Die gesamte Familie zählt nicht zu den tolerantesten und leider auch nicht gerade pfiffigsten, aber sie sind nicht zum ersten Mal in einem solchen Format zu sehen. Diese Frau tauschte mit Hamburgerin, die aus Polen stammt und mit einem Franzosen zusammen lebt. So weit so gut, allerdings versetzte die Ausstrahlung der Folge einige Bewohner des sonst so beschaulichen Zerbst in Aufruhr; vor dem Haus der Familie kam es mehrmals zu Demonstrationen (hauptsächlich von Jugendlichen), Eier und auch Bierflaschen flogen gegen die Hauswand, Frühstücksbrettchen wurden in den Postkasten gesteckt.

Warum? Ein Teil der Sendung gilt der Vorstellung der Heimatorte der beiden Teilnehmerinnen. Zwar betont eine Sprecherin von RTL 2, dass es auch dabei nicht darum ging Klischees zu bedienen, aber wenn man Zerbst kennt und dann die Vorstellung der Stadt sieht, dann fragt man sich schon, ob die Verantwortlichen ihren Job verstehen: ganz kleine Kameraschwenks hätten auch mehr als Ruinen gezeigt – nämlich ordentlich restaurierte Gebäude. Und statt alter Leute mit Rollis hätte man auch ohne Ortswechsel zu einer anderen Zeit andere Altersgruppen sehen können. Von anderen Orten ganz zu schweigen, aber die waren wohl nicht "ruiniert" genug.

Die Darstellung von Zerbst allein hätte vielleicht nicht mal zu einem solchen Aufruhr geführt. Die Darstellung der Familie bediente das Klischee vom faulen, dümmlichen und intoleranten Ossi perfekt. Zu viel für viele Zerbster, von denen glücklicherweise aber nur ein kleiner Teil mit ungenehmigten Protestaktionen ihren Unmut zeigte.

Der Aufruhr ist nun Auslöser für eine intensive Prüfung der Folge von der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten. Der Vorsitzende der Kommission, Thomas Langheinrich, mahnte, dass auch Teilnehmer, die sich freiwillig für eine solche Sendung bewerben und im Verlauf umfangreiche Verträge unterschreiben müssen, von den Sendern nicht „medial hingerichtet“ werden dürften. Auch in solch einer Situation haben die Teilnehmer weiterhin ein Recht auf Menschenwürde und dafür müsse der entsprechende Sender in seinem Programm Sorge tragen.

Norbert Schneider (ZAK-Beautragter für Programm und Werbung) kündigte eine intensive Prüfung an, die feststellen soll, inwieweit in der aufrüttelnden Folge moralische und ethische Grenzen überschritten wurden. Weiter sagte Schneider, dass nicht alles was legal sei, auch legitim ist. Denn neben der Quote gäbe es auch andere Werte, die für TV-Sender verpflichtend seien. Und nicht zuletzt hieße Programmverantwortung auch verantwortlich an eventuelle Folgen des Programmes zu denken.

Bleibt abzuwarten, was die Prüfung bringt und welche Konsequenzen RTL 2 aus diesem Aufruhr zieht.

Diese Folge und seine Highlights habe ich inzwischen mehrmals gesehen, weil sie mit Abstand die beste, lustigtste, aber mit etwas Abstand betrachtet auch die traurigste und schockierendste Folge der Serie Frauentausch ist.

Selten habe ich eine so verkorkste Familie (Leps aus Zerbst) gesehen, die auch noch den Mut besitzt, sich und ihre massenhaften Schwachstellen in einem öffentlichen Medium zu präsentieren, und das nicht zum ersten Mal bei Frauentausch, wie viele andere Videos im Internet beweisen.

Natürlich ist es falsch, die negativen Aspekte dieser Familie (Faulheit, Dummheit, Unfähigkeit in der Kindeserziehung, Streitsucht,...) auf die ganze Stadt zu übertragen, aber das kam meines Erachtens in der Folge auch nicht so extrem zum Ausdruck, wie es von der Gemeinde behauptet wurde. Und dass einige private Fernsehsender aus dramaturgischen Gründen gelegentlich etwas übertreiben, sollte sowohl dem Fernsehzuschauer als auch der Stadt Zerbst bewusst sein und nicht so ernst genommen werden.