Weniger Trennung bei Internet Bekanntschaften?

vom 12.01.2009, 23:29 Uhr

Vor ein paar Tagen habe ich einen Artikel darüber gelesen, dass der Hamburger Psychologe Erich H. Witte der Ansicht ist, dass Internetbeziehungen mehr Zukunft versprechen. Er glaubt auch, dass die Menschen dies in den nächsten 10 Jahren verstehen werden und dann als favorisierten Suchort das Internet verwenden. Der Paarforscher ist davon überzeugt, dass durch diesen Trend der aktuell sehr hohen Scheidungsrate entgegengewirkt werden kann.

Derzeit liegt die Scheidungsrate bei etwa 50 Prozent. Nach Ansicht des Wissenschaftlers liegt das vorrangig daran, dass im „realen Leben“ die Suche sehr zufällig ist, man also nichts über die andere Person weiß, außer eben das Äußere. Im Internet dagegen kann man schon vor dem ersten Kontakt viel über den anderen herausfinden und schon sehr häufig an Angaben aus Persönlichkeitsprofilen feststellen, ob der potenzielle Partner wirklich zu einem passt. Lernt man sich stattdessen „normal“ kennen, merkt man viele Dinge erst, wenn man sich vielleicht schon mitten in einer Beziehung befindet. Das führt letztendlich dann dazu, dass die Rate der scheiternden oder kränkelnden Beziehungen stark ansteigt. Im Internet ist dagegen die „dauerhafte Beziehung“ wahrscheinlicher.

Ich persönlich kann diese Beobachtungen nur unterstützen. Sicherlich kann man sich im Internet auch sehr gut verstellen und falsche Angaben etc., aber letztendlich kann man schon extrem gut filtern. Lernt man sich nicht auf Singlebörsen kennen, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass man schon einmal gleiche Interessen hat. Selbst bei Singlebörsen verbindet beide schon einmal die Idee und die Einstellung sich dort zu registrieren und über das Internet den Partner zu finden. Gewissermaßen hat man immer eine Bindung an den anderen – das hilft schon einmal ein wenig, unabhängig davon, ob man nun füreinander geschaffen ist oder nicht.

Weiterhin muss ich sagen, dass die meisten sich schon beim Chatten oder Telefonieren nicht bewähren und man so viel früher merkt, dass es nicht der oder die Richtige ist. Vor allem ist man nicht gezwungen sich in Discos oder Bars umzuschauen, wo die Luft oftmals stark gesundheitsschädigend ist.

Wie man weiß, ist natürlich auch nicht jeder der Typ dafür dort seinen Partner oder seine zukünftige Partnerin zu suchen. Mir persönlich ist es vor allem in Discos viel zu laut. Ich frage mich oft, wie man sich dort richtig kennenlernen will, wenn man sein eigenes Wort nicht versteht. Das ist irgendwie nicht mein Fall.

Da ich die Theorie von Erich H. Witte unterstütze, kann man sich schon fast denken, dass ich mit Internetbeziehungen auch positive Erfahrungen gemacht habe. Genau so ist es auch: Meine jetzige Freundin habe ich im Internet kennengelernt und unsere Beziehung ist völlig anders verlaufen als es „normalerweise“ der Fall ist mit Menschen, die man in „real“ und bei sich im Ort kennenlernt. Wir passen eben unwahrscheinlich gut zusammen und deshalb ist man sich mit vielen Dingen in der Planung viel schneller sehr sicher als bei anderen Beziehungen.

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» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich frage mich irgendwie, ob es immer von Vorteil ist, wenn man die gleichen Interessen hat wie der Partner, also so gesehen "kompatibel" ist. Es ist doch nicht immer der eigentliche Scheidungsgrund, dass man an sich nicht zusammenpasst.

Es können doch ganz andere Faktoren eine Rolle spielen - und kann es nicht auch sein, dass man sich "anödet", wenn man oder gerade weil man vielleicht ähnliche oder dieselben Interessen hat? Oder es spielen äußere Faktoren eine Rolle, was sicher auch keine Seltenheit ist wie z.B. berufsbedingte Trennung und daraus resultierend ein "sich entfremden". Oder, dass einer der Partner einfach Abwechslung möchte und einen Seitensprung wagt, den ihm der andere Part nicht verzeiht.

Oder, dass die anfängliche Verliebtheit - ähnliche Interessen einfach mal außen vor gelassen - einfach weicht und dem schnöden Alltag Platz macht und man sich die Beziehung einfach anders vorgestellt hätte (sprich: Viele Menschen haben evtl. an sich falsche Vorstellungen vom "Wolkenkuckucksheim"). Das alles hat doch nur relativ wenig mit dem "Zusammenpassen" an sich zu tun, finde ich.

Ich finde das Thema Partnerschaft ist doch recht komplex und mir kommt diese Theorie so ein bißchen wie eine Milchmädchenrechnung vor. So à la "wenn man sich den kompatiblen Partner aus einem Pool heraussucht, dann wird alles gut" Das hat doch eher mit Mathematik, als mit Beziehungen zu tun, und ich finde diese Vorgehensweise persönlich "zu wissenschaftlich".

Die Begründung, dass man den Partner im Internet vorab "scannen" kann und sich ein Bild verschaffen kann BEVOR man eine Beziehung eingeht, stimmt zwar, aber ist es denn nicht so, dass ich in der Regel auch eine Beziehung, wenn ich merke, der Partner ist nicht der/die Richtige VOR der Eheschließung beende?

Klar gibt es den Punkt, den ich genannt habe, das "Wolkenkuckucksheim", aber diese Leute sind ja so gesehen quasi "selbst schuld", wenn sie so voreilig eine Ehe eingehen, und ob das Internet diese Leute vor "Kurzschlusshandlungen" bewahrt, sei einmal dahingestellt. Denn selbst wenn der Partner ähnliche Hobbies hat, sagt das ja nichts über dessen Umgänglichkeit bzw. Charakter an sich aus.

Ich denke, die Scheidungsrate wird eher dann sinken, wenn die Leute a) eine Eheschließung gut überdenken und b) allgemein in ihrer Beziehung kompromissbereit sind, sprich keine überzogenen Vorstellung vom Parter haben, sprich wie früher so klassisch "durch gute und schlechte Zeiten" mit dem Partner gehen, wozu heutzutage immer wenige Menschen bereit sind. Auch das ist keine Patentlösung, aber ich finde, das ist schlüssiger als einfach zu sagen "geht online!".

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Hallo!

Ich kann dazu nur sagen, dass es stimmt. Ich selbst habe meinen Partner im Internet kennegelernt. Wir haben sehr viel geschrieben und dem anderen viel über uns verraten. Dabei waren wir Beide ehrlich. Mir kam auch gar nicht in den Sinn, da irgendwie zu lügen. Es gibt sicher auch User, die dem anderen etwas in die Tasche lügen, dass sich die Balken biegen.

Wir haben bis zu dem ersten Treffen über Monate nur über das Internet komuniziert und danach auch mal telefoniert. Als wir dann unser erstes Treffen hatten, kam er mir gar nicht fremd vor. Da ich durch das viele schreiben, schon das Gefühl hatte, dass wir uns recht gut kennen. Wir haben uns auch in einander verliebt und sind heute immer noch zusammen. Das Ganze ist nun 5 Jahre her. Wir wohnen zusammen und teilen unser Leben.

Ich denke, dass man sich durch das Schreiben erstmal besser kennenlernen kann und vielleicht auch nicht so viele Hemmungen hat, etwas über sich preiszugeben, als wenn man dem jenigen gegenüber sitzt. Ich bin eigentlich sehr schüchtern und während des chattens hatte ich damit nie Probleme. Ich finde das ganz gut, um dann schon vorher etwas herausfinden zu können, ob man eventuell eine Freundschaft oder sogar eine Beziehung daraus entstehen lassen kann.

Sicher gibt es auch Chatter, die nicht die Wahrheit erzählen, aber ich denke, dass man das irgendwann merkt, wenn man lange genug mit dem jenigen schreibt. Und man behält ja auch eigentlich immer noch etwas Anonymität und kann den Kontakt auch jeder Zeit wieder abbrechen.

Ich kann mir vorstellen, dass eben dadurch die Scheidungsrate gesenkt werden kann, da man sich erst viel besser und offener übers Internet kennenlernen kann. Da man dort seine Schüchterheit und Zurückhaltung ablegen kann und wahrscheinlich viel mehr über sich erzählen kann, als wenn man dem Anderen gegenüber sitzt. Man traut sich wahrscheinlich ehr etwas zu fragen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Hallo!

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Ansicht des Psychologen auch richtig ist. Ich habe auch meinen Mann im Internet kennengelernt und ich kann mich da Nelchen nur anschliessen. Ehe man "zusammenkommt" lernt man sich erst mal kennen und meist auch die Macken des jeweiligen Partners. Wir haben einige Monate gechattet und dann stundenlange Telefonate geführt. Dann haben wir uns getroffen und haben das Gefühl gehabt, dass wir uns schon kennen. Wir haben keine Streitereien über unsere Hobbies oder andre Freizeitgestaltung, da wir ziemlich auf dem gleichen Level stehen und gleiche Interessen haben.

Klar, gibt es auch mal Meinungsverschiedenheiten unter Internetpartnerschaften. Aber mein Mann und ich hatten in den 8 Jahren, die wir zusammen sind nicht einen Streit, der lange angedauert hat. Irgendwie ergänzt man sich viel mehr als bei einer Partnerschaft, die "normal" zu stande gekommen ist.

Ich habe schon 2 Ehen hinter mir und kann auch vergleichen. Wenn man sich so kennenlernt, dann lernt man erst mal das Äussere kennen. Die inneren Werte oder auch "Nichtwerte" lernt man erst später kennen. Man verliebt sich bei dem "normalen" kennenlernen ins Äussere und dann erst in den Menschen. Bei der Internetbekanntschaft / Partnerschaft weiß man vor dem ersten Treffen schon so viel vom jeweiligen Gegenüber, dass man den Eindruck hat, dass man ihn schon lange kennt. Vorraussetzung ist natürlich Ehrlichkeit.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Es kann durchaus sein, dass die Meinung des Forschers richtig ist. Auf solchen Portalen hat man sehr viele Möglichkeiten, den geeigneten Partner zu finden. So hat man verschiedene Persönlichkeitstests, es gibt Seiten die aus den von mir angegebenen Daten ein "Matching" herstellen und mir meine passenden Kandidaten zeigen und ich kann natürlich selbst Erfahrungen mit den Männern oder Frauen dort sammeln.

Wenn ich meinen Partner in einer Bar oder auf der Straße kennenlerne, kann ich nicht so einfach filtern. Ich habe nicht die Auswahl, denn ich sehe dort jemanden und es beginnt das Gespräch. Ich kann auch nicht gleich vergleichen, denn ich habe nur den einen vor mir mit dem ich mich unterhalten kann. Im Internet aber kann ich Vergleiche anstellen, ich kann mir bei der Suche Zeit lassen und erstmal ein paar Versuche starten.

Diese ganzen Möglichkeiten bieten natürlich ein breites Feld und damit auch eine große Wahrscheinlichkeit, dass der Partner, den ich letztendlich dort finde, auch wirklich zu mir passt. Ich finde es wichtig, dass man Gemeinsamkeiten mit dem Partner hat. Es muss doch Gesprächspotentiale geben, es muss ein gemeinsames Ziel geben und man möchte doch Dinge gemeinsam erleben. Wenn aber jeder andere Ziele verfolgt und andere Interessen hat, wie soll das dann funktionieren? Solche Dinge lassen sich im Netz sehr gut heraus finden.

Ich habe meinen Partner auch im Netz kennengelernt und wir passen wirklich super zusammen. Man muss aber eben auch suchen, anders geht es einfach nicht. Die Suche im Netz kann sich manchmal schon als Zeitraubend erweisen, wenn man keine Geduld hat. Denn bis jemand dabei ist, von dem man selbst das Gefühl hat, dass er wirklich passt, das kann schon dauern. Ich bin mal gespannt, ob es sich in ein paar Jahren so zeigen wird, dass Beziehungen die aus Internetbekanntschaften resultieren länger halten und seltener geschieden werden als andere. Wundern würde es mich auf jeden Fall nicht.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich kann mir schon vorstellen dass dieser Psychologe mit seiner Vermutung Recht hat. Ich meine, es stimmt ja auch wirklich: Wenn man sich in einer dieser Communities anmeldet, sieht man doch gleich auf einen Blick auf den Profilen viel, was ausschlaggebend über den Charakter des Profileigentümers ist. Dadurch findet man sicherlich leichter Leute, mit denen man sich gut versteht. Gerade im Internet verliebt man sich ja eigentlich auch fast nur in den Charakter des Schreibpartners, aber ob solche Beziehungen länger halten kann ich nicht sagen.

Ich selbst hatte vor einiger Zeit nämlich auch einmal eine Beziehung mit jemandem, den ich im Internet kennengelernt habe. Eigentlich habe ich ihn nur zufällig bei einer dieser "Kennst du schon?"-Seiten entdeckt. Aber dann haben wir angefangen miteinander zu schreiben, immer mehr, und, nunja, irgendwann sagte er mir dann dass er sich in mich verliebt hatte. Das war natürlich auch nachdem wir schonmal telefoniert und über Webcam miteinander gechattet haben. Insgesamt ist es leider nie zu einem Treffen gekommen, da wir beide immer noch Schüler waren und dementsprechend nicht viel Zeit für sowas hatten, aber wir hatten eine wirklich schöne Zeit zusammen und obwohl die Beziehung nur drei Monate dauerte, bereue ich gar nichts davon. Letztendlich beendete ich die Sache dann aber doch aufgrund der Entfernung. Und weil ich nebenbei auch schon die ganze Zeit über noch in einen anderen verliebt war, und dieser Jemand ist mein jetziger Partner. :)

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» porcelain » Beiträge: 1071 » Talkpoints: 5,47 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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