Zerstritten in den Tod
Ich war letztens in Bremen, da wir ein Gespräch mit meinen Eltern und meiner Urgroßmutter und ihrer Pflegefamilie führten. Es ging um das Testament meiner Uroma. Ich fand das Gespräch äußerst seltsam, zumal man sich ja nicht oft auf ein solches Gespräch einlässt. Die Menschen heute zutage denken halt nicht über den Tod nach, oder reden offen darüber.
Meine Uroma hat sich mit meiner Oma gestritten, mit der ich und meine Eltern uns auch gestritten haben. Ich fände es irgendwie blöd, wenn ich ins Grab gehen würde und nicht mit allen, vorallem meiner Familie vertragen hätte. Nur leider kann ich nichts machen. Ich kann meine Uroma auch nicht immer besuchen und sie versuchen zu überreden, dass sie sich mit meiner Oma verträgt, denn sie wohnt in Bremen, ich in Kassel und meine Großmutter lebt in Hannover, von daher ist das Ganze ziemlich schwer.
Fändet ihr es nicht auch blöd, zerstritten ins Grab zu wandern und zu sterben, bevor man sich mit allen vertragen hat und sich noch im Streit befindet?!
Fändet ihr es nicht auch blöd, zerstritten ins Grab zu wandern und zu sterben, bevor man sich mit allen vertragen hat und sich noch im Streit befindet?!
Nein, eigentlich nicht. Natürlich wäre es sehr schön, wenn man mit allen Bekannten und Verwandten in Frieden leben könnte, aber da man sich die Verwandten nicht auslesen kann ist dies nicht in allen Fällen möglich. Ohne die Situation zwischen deiner Oma und Urgroßmutter zu kennen ist es natürlich nicht möglich abzuschätzen ob da ein wirklich guter Grund für den Streit vorliegt oder ob da nur ein Kommunikationsproblem zu einer Entfremdung geführt hat. Vielleicht bringt es was da bei Gelegenheit etwas nachzufragen. Möglicherweise handelt es sich um ein Missverständnis. Es kann aber auch sein, dass da etwas ganz übles gelaufen ist und die Urgroßmutter allen Grund hat mit der Oma sauer zu sein, wer weiss?
Aber nur weil ich kurz vor dem Abtreten nicht mit allen Frieden geschlossen hätte, das würde mich nicht zu Gandhi machen und mich dazu bringen meinen (bis jetzt noch nicht vorhandenen) Feinden die andere Backe hinzuhalten, nur um dann vor dem (hoffentlich nicht sozialverträglichen Früh-) Ableben noch einer gängigen Vorstellung nachzukommen.
Ich fände es sehr schlimm, wenn ich mich mit jemanden zerstritten hätte und der dann plötzlich sterben würde. Da würde ich mich schon bemühen den Streit aus der Welt zu schaffen. Ich würde es sehr bereuen und mir ewig Vorwürfe machen, wenn ich nicht versucht hätte mich mit der Person wieder zu versöhnen. Man wird sich sonst sicher ewig Vorwürfe machen und ich kann mir vorstellen, dass das ganze Leben dann darunter leiden würde.
Kannst du nicht doch versuchen, alle zusammen an einen Tisch zu bekommen. Damit sie sich aussprechen könnten. Sage ihnen doch ehrlich wie du denkst und fühlst. Und das du es nicht gut finden würdest, wenn sie den Streit mit ins Grab nehmen würden. Wer weiß denn wie lange sie noch Zeit für eine Aussprache haben.
Ich hatte 5 Jahre und dann bis zum Tod mit meiner Mutter keinen Kontakt. Ich habe immer versucht, dass wir uns noch vertragen, bevor sie stirbt, weil sie auch schon 75 Jahre alt war, als wir uns zerstritten haben und ich wollte nicht, dass wir unausgesprochenen Streit haben, wenn sie stirbt. Ich habe dann erst eine Woche nach ihrem Tod erfahren, dass sie gestorben ist und das war das Schlimmste für mich, was man sich denken kann.
Aber ich denke, sie wollte es nicht anders. Denn ich habe zig mal geschrieben und versucht anzurufen. Auf Briefe kam nie eine Antwort und Telefonate hat sie sofort beendet, wenn sie hörte, dass ich am Telefon war.
Im Prinzip ist eigentlich nichts vorgefallen, warum sie mit mir nicht mehr sprechen will, sondern eher umgekehrt. Aber meine Mutter hat sich immer sehr reingesteigert und die Sache dann so gelegt, wie es für sie am besten war.
Mir tut es leid, dass wir uns nicht noch einmal aussprechen konnten. Aber wenn es zu spät ist nutzt es auch nichts mehr, wenn man dem Streit bzw. der Versöhnung nachheult.
Wenn man selber nicht bereit ist zu einer Versöhnung, dann ist es schwer. Es ist zwar blöd, aber jeder der Streitbeleidigten weiß, dass das Leben vergänglich ist und muss selber wissen, wie weit sie den Streit ausdehnen oder ob sie ihn beenden.
Ich selber kann es nicht haben, wenn ich Streit mit jemanden habe und diesen nicht ausräumen kann. Soviel an mir liegt, möchte ich nicht, dass der Streit über den Tod hinaus wärt.
Allerdings kenne ich es auch, dass, je länger ein Streit dauert, umso schlechter ist er zu bereinigen. Manchmal weiß man gar nicht mehr so genau, worum es eigentlich gegangen ist. Und jeder hat so seine eigene Version. Manchmal muss man einfach einen Schnitt machen und neu anfangen. Doch das ist nicht so leicht.
Leider gibt es in meiner Familie auch so einen Streit. Und jeder denkt, er ist im Recht. Und jeder wartet, dass der andere kommt und um Entschuldigung bittet. Ich habe den Eindruck, dass es manchmal zu spät ist. Man hat sich so an die Situation gewöhnt und sein Leben darauf eingestellt, dass man gar nicht mehr erwartet, dass es anders wird oder anders werden könnte. Für mich wäre es sehr schlimm, gerade wenn es um die Eltern geht. Lieber gebe ich da klein bei, damit Frieden ist.
Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass es tiefe Verletzungen gibt, die es unmöglich machen, Frieden zu schließen, es sei denn, diese Verletzung ist heil geworden und ich bin dann in der Lage, Frieden anzubieten.
Ich versuche mich nach Streits eigentlich immer recht schnell zu versöhnen oder zu einigen, je nachdem, wie verhärtet die Fronten sind oder waren. Und ich kann mir dementsprechend nicht vorstellen, einen Streit über den Tod hinaus ungeklärt zu lassen.
Allerdings glaube ich, dass ein solcher ungeklärter Streit am schlimmsten für die Hinterbliebenen des Verstorbenen ist. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte mich mit einem meiner verstorbenen Familienmitglieder auch noch zerstritten und diesen Streit nicht vor ihrem Tod beilegen können, wäre das schon hart für mich, immerhin ist eine Versöhnung ab dem Todeszeitpunkt nicht mehr möglich, und wie oft hat man selbst schon erlebt, dass man einen Streitgrund nach Wochen gar nicht mehr nachvollziehen kann oder dass dieser Grund einen Streit überhaupt nicht wert war?
miri78910 hat geschrieben:Fändet ihr es nicht auch blöd, zerstritten ins Grab zu wandern und zu sterben, bevor man sich mit allen vertragen hat und sich noch im Streit befindet?!
Prinzipiell nicht. Allerdings denke ich, dass es schon einen Unterschied macht, wie nahe einem die entsprechende Person einmal stand. Beispielsweise ist es sicher schwerer wenn ein Elternteil verstirbt mit dem man im Clinch lag als wenn es die Großtante ist. Außerdem ist das Bedauern sicher noch davon abhängig. wie oft man Anlauf genommen hat, den Streit zu schichten. Je häufiger solche Versuche scheiterten desto mehr stumpft man auch ab.
Und wenn man immer mit allen Mitmenschen ein tolles Verhältnis haben wollte, müsste man sicher auch öfter mal nach dem Motto leben: Der Klügere gibt nach. Das ist nicht mein Ding, denn es gibt zu diesem geflügelten Wort noch einen wahren Nachsatz: Bis er irgendwann der Dumme ist. Würde ich morgen sterben, würde ich die kleineren Zwistigkeiten deswegen heute doch nicht ausräumen.
Wenn ich sterben würde und zu dieser Zeit noch Streit mit irgendwelchen wichtigen Personen habe, dann würde ich das doch gar nicht wahrnehmen, oder? Daher mach ich mir da keine große Gedanken über sowas, denn wenn ich tot bin, bin ich tot und nehm das ganze sowieso nicht mehr wahr. Eine völlig andere Sitatuion wäre es, wenn ich Streit mit einer Person hätte und diese dann plötzlich verstirbt. So etwas stelle ich mir wirklich blöd vor, denn ich könnte ehrlich gesagt irgendwie nicht damit leben, dass eine Person - die mir womöglich recht nahe stand, verstirbt und ich im vollen Streit mit ihr war. Das fände ich ernsthaft blöd.
Ansonsten ist es natürlich völlig irrelevant, wenn man doch eh schon gestorben ist. Dann kann man sowieso rein theoretisch nichts mehr "blöd finden".
Soweit von mir.
Zwei meiner Großtanten waren auch schon seit Ewigkeiten miteinander verstritten und hatten seit 15 Jahren nichts mehr miteinander geredet, als die eine der beiden vor etwa 5 Jahren gestorben ist. Als sie im Sterben lag, haben viele meiner anderen Großtante ins Gewissen geredet, dass sie sich noch versöhnen sollen. Meine Großtante hat das nicht gemacht, was ich auch gut verstehen kann. Wenn die andere noch 20 Jahre gelebt hätte, hätten sie sich auch in der Zeit nicht versöhnt, und nur weil jemand stirbt, wieder miteinander zu reden, ist doch Heuchelei.
Ich versuche, mich immer möglichst schnell zu versöhnen. Wenn ich allerdings 15 Jahre nicht mit jemandem rede, müsste schon etwas sehr schlimmes vorfallen, dass ich vermutlich nicht verzeihen könnte. Nur weil dann einer von uns beiden stirbt, würde ich mich nicht versöhnen.
Ich würde wahrscheinlich mir das nicht verzeihen können, obwohl man sich nicht immer verstehen kann. Darum versuche ich mich auch sehr schnell wieder zu versöhnen.
Gegen den Tod kann keiner etwas machen, darum habe ich keine Angst vor ihm, aber wenn ich daran denken muss, dass ich und der Verstorbene nicht mehr uns begegnen und nicht mehr reden, versöhnen, und noch viel mehr können bricht mir das Herz.
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