Altenpflege - Massenabfertigung
Guten Morgen zusammen,
meine Freundin arbeitet im Bereich der Altenpflege und berichtet mir häufig über die Arbeitsbedingungen. Oft ist es so, dass das Personal sehr knapp ist und überall gespart wird. In der Praxis sieht das dann so aus, dass ca. 2 Mitarbeiter (oft sind dies sogar Abzubis und Praktikanten oder Zivildienstleistende) für die Versorgung von 10-15 älteren Menschen zusändig sind).
Meine Freundin berichtet mir sehr häufig, dass die Zeit sehr knapp ist und man pro Person nur einen gewissen Zeitrahmen zum Aufstehen, Waschen und Anziehen hat, da man sonst die Arbeit nicht schafft. Für ein ruhiges Gespräch mit den alten Leuten oder einfach mal ein paar liebe Worte bleibt keine Zeit.
Aus diesem Grund frage ich mich, ob die Altenpflege nur noch eine Art Abfertigung der älteren Leute ist!? Es ist doch schon erschreckend, dass er Kapitalismus so weit ist, dass man sogar an der Pflege von Menschen spart. Wenn nur ein oder zwei weitere Kräfte da wären, könnte man das Wohlbefinden der Leute insoweit steigern, dass es ihnen auch vom Kopf her gut geht und sie sich wohl fühlen.
Es kann doch nicht sein, dass es nur um die Pflege und jeden Tag um den gleichen Ablauf in einem straffen Zeitrahmen ankommt und das Ganze nur, weil überall gespart wird. Ich finde es schade, dass die älteren Leute mehr oder weniger abgefertigt werden wie am Fließband. Wie denkt ihr darüber? Ich jedenfalls finde es sehr erschreckend.
Habt ihr vielleicht ähnliche Erfahrungen oder Geschichten?
Hallo!
Mein Vater war ein paar Jahre in einem Altenheim. Es war wirklich schlimm und ich habe mich mit einer Schwester über die Zustände auch mal unterhalten.
Es war wirklich so, dass sie einen Zeitplan hatten. Auf dem Zeitplan stand genau drauf, wieviel Zeit man bei Mitbewohner A brauchen darf . Die Schwestern dort hatten kaum Zeit die eigene Pause zu machen und ein Angehörigengespräch musste auch eingeplant werden. Wenn sie Pech hatten ging dann dieses Gespräch von den Pausen ab.
So ein Altenheimplatz ist nun wirklich nciht billig und ich muss sagen, dass ich nciht verstehen kann, dass man , wenn man als alter Mensch fast alles alleine macht, damals schon 3500 DM im Monat bezahlen musste. Mein Vater war, als er ins Altenheim kam noch fit. Das einzige, was er hatte, war an dem Rollstuhl gebunden. Aber ist alleine auf die Toilette und brauchte nur beim Duschen ein wenig Hilfe. Gegessen hat er im Aufenthaltsraum und sonst hat er alles alleine gemacht. Als er dann pflegebrdürftiger wurde, wurde der monatliche Beitrag auch sofort aufgestockt. Und trotzdem kam immer weniger Personal in die Einrichtung. Es waren Zivis da und welche, die ein freiwilliges sozialen Jahr machten. Also billige Arbeitskräfte und die Schwestern routierten und wußten manchmal nicht, wo der Kopf stand.
Und das ganze ist jetzt gut 15 Jahre her. Ich möchte nicht wissen, wie es heutzutage ist und wie die Menschen heute versorgt werden. Denn da es damals schon von Jahr zu Jahr schlimmer wurde, denke ich, dass es noch weitaus schlimmer geworden ist.
In einem Altenheim habe ich zwar noch nie gearbeitet, jedoch im Krankenhaus im Rahmen eines Pflicht-Pflegepraktikums.
Auch dort ist mir aufgefallen, wie wenig Zeit für den einzelnen Patienten bleibt, vor allem wenn es sich um eine Station mit pflegebedürftigen Menschen handelt. Gegenüber Pflegeheimen sind viele Krankenhäuser meiner Meinung nach aber noch gut besetzt.
Aus dem Pflegebereich habe ich von Bekannten auch schon ähnliche Geschichten gehört. Es gibt wenig Personal und diese wenigen Mitarbeiter müssen sich um sehr viele hilfsbedürftige Menschen kümmern und sind damit oftmals hoffnungslos überlastet, was sich auf ihre persönliche Verfassung ebenso auswirkt wie auf den Kontakt mit den Patienten selbst.
Für mich ist der Gesundheitssektor neben dem Bildungssektor einer der wichtigsten Stützpfeiler einer Gesellschaft. In diesen Bereichen darf einfach nicht gespart werden. Hier können Fehlinvestitionen gravierende Folgen haben. So weit der Idealismus, die Realität sieht leider anders aus.
Ich habe ein Schulpraktikum in einem Krankenhaus hinter mir und weil dort auch einige ältere Menschen waren habe ich auch ein wenig Erfahrungen gemacht und kann sagen, dass es wirklich stimmt, dass das Personal allgemein sehr knapp gehalten wird, sodass die Pfleger ständig im Stress sind und keine Zeit haben um ruhig und konzentriert zu arbeiten.
Wenn man viel Arbeit hat und sich beeillen muss kommt es automatisch zu Fehlern, die durch ein wenig Entlastund nicht kommen würden. Dann kann es schonmal passieren, dass ein Opa oder eine Oma die falschen Medikamente bekommt und krank davon wird oder dass man von einer Person, die um Hilfe gebeten hatte vergessen hat, weil in dieser Zeit schon 5 andere geklingelt haben.
Jedoch habe ich manche Krankenschwestern bewundert, die trotz der vielen Arbeit noch Zeit hatten um mit den Patienten zu reden und zwar einfach während sie ihre Arbeit gemacht haben, also während sie ihnen das Essen gebracht haben oder ihnen ins Bett geholfen haben. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass die älteren Menschen sich vernachlässigt gefühlt haben, weil immer relativ schnell, nachdem sie geklingelt hatten, ein Pfleger zur Stelle war.
Viele haben auch Verständniss dafür, dass es einfach zu wenig Pfleger sind und regen sich auch offen darüber auf, ohne die Krankenschwestern zu beschuldigen, sondern den Krankenhauschef, der die ganzen Stellen kürzt.
Hallo.
Ich habe auch mal für 6 Monate in einem Altenheim gejobt. Ich habe da mehr oder weniger aber nur geputzt. Für mich war das sehr schlimm die Umstände dort zu sehen. Ich gebe mal ein Beispiel. Ein Mann im Rollstuhl der nicht mehr viel kann und der so einen Beutel hat da er nicht mehr auf die Toilette kann. Denn Beutel muß man regelmäßig leeren. Ich und eine Kollegin mussten das Zimmer reinigen und der Herr tropfte alles voll. Und das war nicht gerade wenig. Bei dem Herr war alles naß und am Boden noch eine große Pfütze. Und wir haben eine der Schwestern gesuch und die standen alles draußen zum Rauchen. Das hat bestimmt noch 15 minuten gedauert bis dann mal jemand kam. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.
Also ich hoffe nur eins. Das wenn ich mal alt bin ich nicht in diesem Altenheim lande. Am besten in gar keines. Aber die Umstände sind bestimmt nicht überall so schlimm. Es gibt bestimmt auch noch gute Altenheime, das hoffe ich zumindest.
Grüße!
Hallo,
Natürlich gibt es wie in jedem Bereich die guten und die schlechten. Und wie immer ist es auch so, dass man von den schlechten hört und von den guten nie. Ich persönlich führe seit fast 8 Jahren Software in solchen Einrichtungen ein und natürlich habe auch ich schon gute Heime gesehen, aber auch schlechte.
Man kann den Angestellten keinen Vorwurf machen, denn es ist in der Tat so das sie für eine Person nur wenig Zeit haben. Aber woran liegt das denn eigentlich?
Wenn ich mit überlege, dass z.B. für einen "Stuhlgang" 3 Minuten vom Kostenträger bezahlt werden (so war es zumindest mal), diese Prozedur mit Aufstehen, zur Toilette gehen, Ausziehen, hinterher wieder Anziehen und wieder zum bett bringen aber viel länger dauert, so zahl das Heim schon hier bereits drauf. Für mich persönlich sind das erbärmliche, staatlich hervorgerufene Mißstände.
Denn mal ehrlich, ein Seniorenheim oder ein Pflegeheim ist auch "nur" ein wirtschaftliches Unternehmen, in dem die Einnahmen größer sein sollten als die Ausgaben. (traurig aber wahr).
Ich habe zwar beruflich nie in solchen Altenheimen zu tun gehabt, bin aber ein halbes Jahr da fast täglich ein und aus gegeangen. Die Gründe dafür lagen genau in genau den Problempunkten, die du beschreibst.
Meine Oma hatte damals einen Schlagafall und war komplett halbseitig gelähmt und konnte sich auch nicht mehr vernünftig artikulieren. Nachdem meine Mutter und ich sie leider nicht zu Hause betreuen konnten, sollte sie (zunächst vorübergehend) in ein Pflegeheim, da wir dachten sie würde sich durch die Reha ein wenig erholen.
Um zum Punkt zu kommen, nachdem wir mitbekommen haben wie meiner Oma dort einmal das Essen verabreicht wurde (kalt und in einem Tempo, dass so schnell nicht mal ein normaler gesunder Mensch hätte vernünftig schlucken können), haben wir wir uns jeden Tag abgewechselt und haben mit ihr Mittag gegessen bzw, sie gefüttert. Alles andere erschien uns als keine Alternative, da selbst nach Gesprächen mit den Pflegern eben immer die Antwort kam, man wäre zuwenig Personal und hätte nur begrenzt Zeit.
Da wir an diesem Zustand nichts ändern konnten, blieb uns das als einzige Alternative. Das fehlende Personal hatte dann auf den Gesundheitszustand meiner Oma letztendlich noch weitere negative Folgen, auf die ich jetzt hier nicht eingehen möchte, jedoch kann ich persönlich bestätigen, dass mit der Pflege der alten Menschen dort einiges im Argen lag und es alles wie am Fließband abläuft. Somit decken sich die erfahrungen, die ich gemacht habe mit den Aussagen deiner Freundin durchaus.
Das finde ich persönlich sehr traurig. Jedoch würde ich nicht behaupten wollen, dass das in allen Heimen so ist. Aber ich vermute, dass je größer ein solches Haus ist, die Menschen auch schneller mal "untergehen" können. In kleineren Häusern läuft das zum Teil menschlicher ab. Das ist aber nur meine Erfahrung.
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