Lockender Engel

Ich möchte euch ein Buch vorstellen, das vom Titel her wohl sofort in die Kategorie Frauenroman eingeordnet werden würde. Doch weit gefehlt. Das Buch stammt aus der feder von keiner geringeren als Rosamond Smith, einigen wahrscheinlich besser bekannt als Joyce Carol Oates. Erschienen ist das Buch 1997 und fällt eindeutig in die Kategorie Psychothriller.

Worum es geht? Es geht um Terence. Terence hat eigentlich alles, was man sich nur wünschen kann. Er hat einen guten Job, ein geregeltes und hohes einkommen, eine hübsche und ihn liebende Frau und wundervolle Kinder. Perfekt. Eines Tages erhält er einen Brief, in dem er aufgefordert wird, seine Pflicht als guter Bürger nachzukommen, und als Geschworener einem Prozess beizuwohnen. Terence nimmt diese gern wahr und etwas später befindet er sich bereits im Gerichtssaal.

Dort sieht er Opfer und angeblichen Täter zum ersten Mal und ihm ist sofort klar, dass der Angeklagte schuldig ist. Vom ersten Augenblick an ist er fasziniert von dem Opfer. Es handelt sich um eine junge, in seinen Augen wunderschöne, zerbrechliche Frau. Deren Unschuld ist für ihn zweifellos bewiesen und er drängt auf ein schnelles Ende des Prozesses. Was er auch ohne Probleme schafft.

Allerdings kann er die junge Frau nicht vergessen. Er versucht, nach dem Prozess, den Kontakt zu ihr wiederherzustellen. Was ihm schnell gelingt. Sofort wird er von der Familie der jungen Frau aufgenommen und bereits nach Kurzem entwickelt sich zwischen den beiden eine leidenschaftliche Affaire.

Allerdings beginnt sein "normales" Leben darunter zu leiden und seine Vorliebe für die junge Frau bleibt nicht folgenlos. Er verstrickt sich immer mehr in seiner Abhängigkeit nach dieser Frau. Er sieht nur noch sie. Bald ist schon allein der Gedanke, ohne sie auskommen zu müssen, unerträglich und er steigert sich in einen regelrechten Wahn.

Das Buch gehört definitiv nicht in die Kategorie der teilweise seichten Frauenromane. Obwohl während des ganzen Buches die Anziehungskraft zwischen der Frau und Terence zu spüren ist, gibt es keine expliziten Sexszenen. Ledigliche leichte Andeutungen. Der Rest bleibt ausdrücklich der Phantasie überlassen.

Auch der Erzählstil spricht für sich. Alles wird aus Terence Sicht erzählt. Man bekommt tiefe Einblicke in einen Geist, der langsam aber sicher dem Wahnsinn anheim fällt. Man sieht eine Psyche, die immer mehr in ihre Wahnvorstellungen verfällt und die einzig und allein auf eine Person fixiert ist. Eine Fixierung die immer stärker zum Verfall führt und ihn schließlich zu zerstören droht.

Der einzige Wehrmutstropfen bedingt sich durch diese Sicht der Erzählweise: Stellenweise muss das Buch mit Satzfragmenten auskommen, die Terence' Verwirrtheit zum Ausdruck bringen sollen. Leider ist das für ein flüssiges Lesen nicht förderlich und so ist es stellenweise etwas mühsam.

Auch das Ende ist gewöhnungsbedürftig. Für mich war es nach einmaligem Lesen nicht ganz einleuchtend und ich musst mehrmals durch die letzten Seiten blättern, um alles Ereignisse richtig einordnen zu können. Diese überschlagen sich nämlich und zumindest ich hatte den Eindruck, als hätte es die Autorin sehr eilig gehabt, das Buch zu Ende zu bringen. Und daher weniger Augenmerk auf ein logisches und gut nachzuvollziehendes Ende zu legen.

Ansonsten ist das Buch aber Top und zegt sehr eindringich, was Obsessionen auslösen und für unheilvolle Folgen haben können. Einfach klasse.

Kennt ihr das Buch? Oder die Autorin? Könnt ihr andere Romane von ihr empfehlen?

Ich kenne noch kein Buch von der Autorin, habe aber einige auf meiner Wunschliste stehen, seit ich irgendwann mal bei amazon ueber einige Buecher und Rezensionen gestolpert bin. Die Geschichten klingen alle sehr faszinierend, denn die Autorin taucht tief in die Psyche der Protagonisten ein, wobei besonders extreme Gefuehle und Verhaltensweisen im Vordergrund stehen.

Das eine Buch das ich lesen moechte ist Zombie, das leider nicht mehr erhaeltlich ist, das andere ist Bellefleur. Da ich aber noch so viel anderes im Regal warten habe, werde ich diese Buecher wohl vorerst noch weiter aufschieben.