Buchempfehlung: Glade-Hassenmüller - Gute Nacht, Zuckerpüppc

vom 26.11.2008, 20:21 Uhr

Ich möchte euch hier "Gute Nacht, Zuckerpüppchen" von Heidi Glade-Hassenmüller vorstellen. Das Buch ist ein autobiographischer Roman, in dem Heidi Glade-Hassenmüller die Geschichte ihrer eigenen Kindheit erzählt, auch wenn die Hauptfigur Gabi heißt.

Die sechsjährige Gabi lebt mit ihrer Mutter und ihrem älteren Bruder Achim im Nachkriegsdeutschland, der Vater ist im Krieg gefallen. Eines Tages taucht ein Kriegskamerad von Gabis Vater bei der Familie auf, der allerhand rare Güter mitbringt und besonders zu Gabi sehr nett ist, die er sein Zuckerpüppchen nennt. Gabis Mutter und der Mann heiraten und auch wenn Achim den Neuankömmling nicht leiden kann, scheint zunächst alles wunderbar zu sein.

Dann jedoch beginnt Gabis Martyrium: Eines Tages fängt der neue Mann der Mutter(den Gabi Pappi nennen muss)an, Gabi anzufassen und ihr weh zu tun. Gabi lehnt dies zunächst ab, Pappi besteht jedoch darauf, dass Gabi ihn "glücklich macht" und droht ihr, ihre Mutter würde sie nicht mehr lieben, wenn sie je davon erführe. Darum gibt Gabi klein bei und hält still. Als Gabi einige Jahre später das erste Mal menstruiert und somit "eine Frau ist", verwandeln sich die sexuellen Übergriffe in Vergewaltigungen und erzwingt Gabis Gefügigkeit mehr und mehr durch Prügel.

Gabis Mutter scheint zu ahnen, was sich zwischen ihrem Mann und ihrer Tochter abspielt, anstatt Gabi jedoch zu helfen und sie zu schützen, reagiert sie mit Eifersucht und straft sie mit Liebesentzug. Mit 18 schließlich gelingt es Gabi durch einen Trick die vorzeitige Volljährigkeit zu bekommen(Bis in die Siebziger war man erst mit 21 Jahren volljährig, die vorzeitige Volljährigkeit benötigte das Einverständnis der Eltern.) und ihrer zwölfjährigen Hölle durch Auszug zu entfliehen.

Dieser Roman schildert die furchtbare Geschichte eines kleinen Mädchens, das über viele Jahre hinweg missbraucht und misshandelt wird. Ihre Umwelt bemerkt dies nicht, weder dem Hausarzt, noch den Lehrerinnen oder Freundinnen mag Gabi sich anvertrauen. Zwar empfinden sie sie als auffällig, aber was wirklich los ist, kann oder will niemand herausfinden. Die eigene Mutter betrachtet sie als Rivalin und kehrt ihr den Rücken, gibt ihr die alleinige Schuld und auch bei Gabi entwickelt sich zunächst ein intensives Schuldgefühl, ob der von ihr begangenen Sünden. Und so dauert ihr Martyrium an.

Dies Buch ist nichts für zarte Gemüter, obwohl es ein Jugendbuch ist, dennoch habe ich es gern gelesen. Mich hat Gabis(oder Heidis) Geschichte erschüttert. Im Glossar findet sich eine ganze Reihe von Anlaufstellen für missbrauchte und misshandelte Kinder und betroffene Kinder werden aufgefordert werden Hilfe zu suchen und vor sich vor allem bewusst zu werden, dass nicht sie die Schuldigen in dieser Situation sind.

Besonders schockierend ist die Geschichte ob der Nachwirkungen auf das Leben der Autorin, die sie in dem Folgeband "Zuckerpüppchen und die Zeit danach" beschreibt. So wird deutlich, dass zwar der Missbrauch ein Ende hat, Gabis Leiden aber mitnichten. Der größte Teil ihres erwachsenen Lebens, ihre Beziehung zu Männern und die zu ihren Kindern sind von ihrer Kindheit überschattet und sie braucht Jahrzehnte, bis sie die Ereignisse endlich nicht nur verdrängt, sondern wirklich verarbeitet hat. Aus dieser Phase der Verarbeitung, stammen wohl auch die beiden Romane.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich kann es verstehen, dass die Autorin ihre Geschichte in einem Roman niedergeschrieben hat und ich hoffe, dass es ihr helfen konnte, besser damit fertig zu werden. Ich habe das Buch nicht gelesen, auch wenn ich schon mal davon gehört habe. Aber ich bin mir sicher, dass es nicht leicht zu lesen ist, auch wenn es ein Jugendbuch ist. Es ist einfach ein Thema, das sehr schwer ist, egal, für welche Altersgruppe es geschrieben wurde.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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