Spontan schenken

Ich habe die etwas seltsame Angewohnheit, zu manchen Dienstleistern ein bisschen großzügig zu sein.

Vor zwei Jahren hatten wir einen Rohrbruch vor dem Haus, mitten im Winter. Aus einem Riss im Asphalt auf dem Bürgersteig sprudelte eine kleine Wasserfontäne. Wir haben das Büro von der Wasserversorgung angerufen und die handelten ziemlich schnell. Sie schickten sofort einen Mitarbeiter, um das Ausmaß des Schadens festzustellen. Der arme Kerl trabte tatsächlich abends um halb elf noch bei uns an und stellte fest, dass die Sache sofort in Angriff genommen werden musste, da inzwischen noch mehr Wasserfontänchen aus verschiedenen Stellen des Bürgersteigs sprudelten.

"Es hilft nix", meinte er und griff zum Handy. "Ich mach die Kerls jetzt mobil!". Zwanzig Minuten später rückte die Kolonne an. Am Abend des zweiten Advents und mit Bagger, Messgeräten und sonstigen Gerätschaften. Es waren ungefähr sieben Männer, die da anrollten. Ich hatte wirklich nicht erwartet, dass die das auch Nachts machen, aber ich wurde aufgeklärt, dass die Sache keinen Aufschub duldete, da wohl irgendwo im Hauptrohr unter dem Bürgersteig ein Rohrbruch sei.

Nun gut.. Was hättet ihr getan? Es war dunkel, es war kalt und die Kerls waren von zu Hause geholt worden, um Nachts eine Straße aufzureißen und nach einem kaputten Rohr zu suchen. Ich hab Kaffee gekocht, meine Plätzchendosen geplündert und Stollen geschnitten und den Kerls draußen ein Tischchen hingestellt. Wer arbeitet, soll auch futtern!

Die Jungs haben sich wirklich gefreut, aber trotzdem über dem Futtern das Arbeiten nicht vergessen. Sie mussten bis knapp halb zwei Uhr nachts da rumbaggern, die Nachbarn kamen aus den Häusern, hatten aber glücklicherweise Verständnis, und dann haben sie über das kaputte Rohr eine behelfsmäßige Schelle gelegt, die bis zum Montag halten sollte.

Nun frage ich euch, hättet ihr auch etwas spendiert? Heißen Kaffee oder Tee? Ich fand es in dieser Nacht einfach nur in Ordnung, ein Trösterchen zu servieren, obwohl zwei oder drei der Jungs Thermoskannen dabei hatten.

Hast du gut gemacht. Persönlich bin ich auch der Meinung, dass man, wenn man gute Arbeit erleben darf, auch seiner Freude Ausdruck verleihen darf. Dies kommt am besten, wenn man den Leuten eine kleine Anerkennung zukommen lässt. Und ich rede hier nicht von Geld. Da ist ein Kaffe und etwas zu futtern morgens um zwei sicher besser als ein paar Euro.

Bei den Umbauarbeiten in meinem Haus wollte ich ebenfalls, dass die Arbeiter wussten, dass ich gute Arbeit zu schätzen weiss. Ich nahm mir auch Zeit mit den Arbeitern zu sprechen und Ihre Gedanken zum Umbau aufzunehmen. Zudem stand den Arbeitern immer ein Früchtekorb mit Getreideriegeln und Getränken zur Verfügung. Wer gute Arbeit leistet soll sich geschätzt fühlen. Damit habe ich immer gute Erfahrungen gemacht. Wer gute Arbeit nicht zu schätzen weiss, der hat sie auch nicht verdient.

Wenn ich selbst Handwerker mit größeren Arbeiten beauftragen würde, würde ich denen auch etwas anbieten, wenn sie ordentliche Arbeit leisten. Aber nur dann. Sind es, wie im oben geschilderten Fall, Arbeiter einer Firma, mit denen ich aber eigentlich nichts zu tun habe, würden die von mir auch nichts bekommen. Was geht mich das an, wenn draußen die Wasserleitung kaputt ist und nachts repariert werden muss?

Es ist deren Job, die Wasserleitung zu reparieren, und dafür werden sie auch entsprechend bezahlt, ggf. mit Zuschlägen für Nachtarbeit oder Bereitschaft. Die Qualität der Arbeit überprüft das Wasserversorgungsunternehmen, ich persönlich habe nichts davon. Deshalb sähe ich keinen Grund, die Arbeiter zu versorgen. Wenn ich meinen Job ordentlich mache, gibt mir dafür auch keiner was zusätzlich. Im Gegenteil: ich dürfte es nichtmal annehmen. Deshalb werde ich auch nicht meine soziale Ader für derartige Fälle entdecken.

Naja, Estrella78, eigentlich ist es ja nicht eine soziale Ader die da alleine für ein solches Verhalten verantwortlich ist. Klar bin ich sozial veranlagt, aber es bringt mir ganz pragmatisch Vorteile wenn ich mich gegenüber Arbeitern sozial verhalten, selbst dann wenn sie nicht direkt für mich arbeiten und ich sie nicht beauftragt habe. Nehmen wir die Arbeiter als Beispiel die die Leitung reparieren. Das passiert Abends spät vor meinem Grundstück. Wenn die nicht gekommen wären hätte das Grundstück Schäden davon tragen können. Wenn ich denen nun Kaffe bringe, dann sind sie mir gegenüber positiv eingestellt. Sie werden vorsichtiger arbeiten und vielleicht eher darauf achten, dass auf meinem Grundstück keine Sauerei veranstaltet wird. Der Vorteil der mir aus meinem "sozialen" Verhalten erwächst ist grösser als die mir anfallenden Kosten.

Hat übrigens auch schon die faktenbezogene Wissenschaft untersucht. Soziales Verhalten zahlt sich aus. Und ich fühle mich besser. Die Arbeiter auch. Also gewinnen alle.

Man muss vor oder während der Arbeit die "gute Tat" vollbringen. Sonst bringt es nichts. Bei einem Wasserrohrbruch bringt ein Kuchen nach dem flicken nichts mehr für eine gute Arbeit. Vielleicht machen die dann den Job beim nächsten Rohrbruch bei mir darum besser, aber ein nächster Rohrbruch geschieht vielleicht in 250 Jahren wieder.

Aber ein anderer Punkt. Du hast geschrieben, dass der Vermieter jede Woche die Heizung leert, reinigt und wieder neu füllt? Was soll denn das? Ich bin zwar kein Heizungssanitärler, aber ich kenne mich ein wenig in Technik aus, und ich würde mal sagen, dass man so seine Heizungsrohre und die Radiatoren ziemlich schnell auf die Knie bringt. Wasser aus der Wasserleitung hat immer Luft (und damit Sauerstoff) drin. Das ist auch gut so. Nun ist es so, dass dieser Sauerstoff mit den Leitungen reagiert (Korrosion).

Dabei bildet sich aus Sauerstoff mit Eisen sogenanntes Eisenoxid (Rost). Nicht weiter schlimm, da der Sauerstoff dabei gebunden wird. Somit ist nach kurzer Zeit sämtlicher Sauerstoff im Wasser in der Heizung "verbraucht" und es kann nicht weiter korrodieren. Wenn nun aber immer wieder das Wasser ausgewechselt wird, dann kommt immer wieder neuer Sauerstoff in die Rohre, es kann immer wieder weiter korrodieren. Dabei bilden sich auch immer wieder schlammig, braunrote Rückstände.

Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber meine physikalisch/chemischen Grundkenntnisse werden mich hier wohl nicht fehlgeleitet haben.

Ehrlich gesagt gehört das für mich schon dazu. Denn die Leute arbeiten schneller und gründlicher,wenn man nett zu ihnen ist. Ich seh das immer bei meinem Vater. Da bleiben die Handwerker dann eben auch mal länger, um noch alles zu schaffen. Und wenn ich denen Kaffee koche und ein paar Plätzchen spendiere, werd ich davon auch nicht ärmer, sowas hat man in der Regel ja eh immer da.

Und man soll andere immer so behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Und ich würde mich schon freuen,wenn man mir, wenn ich da ewig arbeite, einen Kaffee hinstellt.

Ich finde es gut, dass du so gehandelt hast, weil die Arbeiter sich sicher darüber sehr gefreut haben. Wenn ich Handwerker in der Wohnung habe, dann ist es für mich auch selbstverständlich, dass ich diesen einen Kaffee mache und vielleicht auch ein paar Kekse hinstelle, wenn sie ihre Arbeit gut machen. Wenn bei mir vor dem Haus Arbeiter beschäftigt waren, habe ich an so etwas noch nicht gedacht. Aber die Situation, die du beschreibst, war ja doch eine besondere. Dabei könnte ich mir auch vorstellen, entsprechend zu handeln, auch wenn ich mit den Arbeiten nur indirekt etwas zu tun hätte.