Schulwissen im Alltag anwenden - so schwer?
Es scheint schwerer zu sein als es sich anhört, nämlich das Wissen, welches man in der Schule erlernt, im Alltag anzuwenden. Gerade dies wird ja auch bei der Pisa-Studie bemängelt (wobei ich von dieser nicht viel halte), denn Schüler können anscheinend keine Sachen kombinieren und mit dem Wissen aus der Schule neu erschließen. Das, was in der Schule gelernt wird, scheint nur in der Theorie in den Köpfen der Schüler vorhanden zu sein, angewandt wird es eigentlich nie.
Darauf kam ich nach einer heutigen Stunde im Chemie LK. Im April schreiben wir Abitur in diesem Fach und als angehender Abiturient sollte man schon zusammenhänge erschließen können, finde ich jedenfalls. Es ging auf jeden Fall grob um das Thema Carbonsäuren, viel mehr um die Propansäure oder auch Propionsäure genannt. Diese entsteht mit Hilfe von Buttersäurebakterien, wenn die Stärke gärt. Daraus resultiert dann Kohlenstoffdioxid, welches für die Löcher im Käse verantwortlich ist. Ok, soweit die Theorie dazu.
Irgendwie kamen wir dann auf die Herstellung von Käse und dann auf die in manchen Käsesorten enthaltenen Löcher. Wir wurden vom Lehrer gefragt, wie wir uns denn vorstellen, wie die Löcher in den Käse kommen. (Anmerkung hierzu: Vorher haben wir wohl unter anderem über die Eigenschaften der Propansäure gesprochen). Ein Schüler erklärt dann, dass dies mit Hilfe von Bakterien geschieht, die dem Käse vorher beigemischt wurden. Ok, das ist ja auch ungefähr richtig. Daraufhin sagt ein anderer Schüler, er habe immer geglaubt, dass die Löcher in den Käse gebohrt werden. Und das im Chemie LK.
Käse begegnet einem ja nun wirklich oft im Alltag. Wennman sieht, dass ein Käse Löcher hat, was ja durchaus nicht ungewöhnlich ist, fragt man sich doch mal, wie die dahinein kommen. Und wenn man dann auch noch 1,5 Jahre im Chemie LK sitzt, dann sollte man doch wissen, dass da niemand die Löcher von Hand "reinbohrt", sondern dass diese durch Bakterien entstehen, die man extra hinzufügt. Wieso wird das Wissen, welches man in der Schule erlernt, nicht auf den Alltag angewandt? Ist das wirklich so schwer?
Naja, für mich ist das wirklich ein wenig unbegreiflich, dann ich finde, dass man sich solche Sachen ohne großartiges Vorwissen zum Teil erschließen kann, wenn man ein bisschen nachdenkt. Habt ihr auch schon solche Situationen erlebt oder wendet ihr selbst euer in der Schule erlerntes Wissen auch nicht bewusst auf den Alltag an? Man lernt zwar viele unnötigen Sachen in der Schule, aber das sind doch einfach Geschichten, die ganz und gar nicht unnötig sind, auch wenn man nicht vor hat, eine Käsefabrik zu eröffnen. Und das ist nicht das einzige Beispiel, ich könnte noch vieles mehr aufzählen.
Naja - meiner Meinung nach klingt das alles nach einem falsch verstandenem Scherz. Ich glaube nämlich auch nicht wirklich, dass jemand so kurzsichtig sein könnte um sowas zu glauben. Aber trotzdem, ich behaupte einfach mal, dass ein Großteil des Stoffes, den man in der Schule lernt, im Leben nicht mehr gebraucht wird. Ich habe später einmal vor Physiotherapie zu studieren (daher auch mein Interesse an Sport und Gesundheit), wobei mir die Sachen, die wir in Mathematik lernen (ebenfalls LK) nun wirklich wohl nie wieder begegnen werden. Und selbst das was wir in Biologie machen, nämlich Evolution (zumindest im Moment) werd ich wohl nicht mehr oft brauchen. Daher kann man recht wenig auf den Alltag anwenden.
Was meinst du warum die Grundschule Grundschule heißt? Vermutlich weil sie die Grundlagen vermittelt, mit denen man im Leben zurechtkommt, sofern man sich nicht auf ein bestimmtes Gebiet durch seinen Beruf spezialisiert (z.B. als Physiker, Chemiker oder eben Physiotherapeut). Ich hab zumindest auf dem Gymnasium noch nicht viel über die "wirklich" wichtigen Dinge gelernt, wie Verträge, Steuert etc. (halt das, was einem später im Berufsleben begegnet, wenn man sich nicht spezialisiert).
Wobei man sich doch schon ungefähr vorstellen können müsste, woher die Löcher im Käse kommen. Das ist aber abhängig von der Sache ansich und ist eher Allgemeinbildung als Schulbildung.
Na ja, ich sag mal so, vieles von dem Wissen was man in der Schule lernt und welches man nicht so häufig benötigt, vergisst man recht schnell. Ich hab in der Schule z.B. Französisch gelernt, weiß davon aber heute nicht mehr viel. Mit englisch ist es da schon einfacher, das braucht man ja öfter.
Mit anderen Dingen wie mit Chemie und Biologie ist halt auch eine Sache, wenn einen Biologie oder Chemie so garnicht wirklich interessiert, lernt man das ganze auch einfach wirklich nur auswendig, ohne das man hier großartig drüber nachdenkt wo man dieses Wissen jetzt noch anwenden könnte. Klar könnte man hier jetzt sagen: Das mit dem Käse gehört aber zum Allgemeinwissen. Hmm, ich hätte es auch nicht mehr im Detail gewusst, das sie nicht reingebohrt werden ja ok und das es irgendwas mit Gasen zu tun, ok das auch noch, aber so wirklich?!
Wie gesagt wenn man das Fach mochte, kann man das Wissen mit Sicherheit auch gut umsetzen, aber letztlich mag ja nicht jeder jedes Fach. Und wenn man sein Wissen noch dazu nicht täglich benötigt, dann wird das ganze einfach noch kompliziert.
Du hast meinen Beitrag wohl nicht ganz verstanden, aber ich erkläre es gerne noch einmal: Ich sage nicht, dass es Schulwissen ist, sondern bin natürlich auch der Meinung, dass dies Allgemeinbildung ist. Aber mit Hilfe des in der Schule erlernten Wissens kann man sich das doch erschließen, daher mein Beitrag. Es geht mir darum, ob es für Schüler wirklich so schwer ist, das in der Schule gelernte Wissen praktisch im Alltag anzuwenden und auf alltägliche Sachen zu beziehen.
Und ja, diese Aussage des Schülers war durchaus ernst gemeint, ich war ja selbst dabei. Wir fanden es zwar alle lustig, aber wenn man darüber nachdenkt ist es eigentlich eher traurig. Ich habe ja auch gesagt, dass man wohl viel unnötiges in der Schule lernt, aber solche Sachen kann man doch immer auf alltägliche Dinge beziehen und anwenden. Selbst wenn es einen nicht interessieren sollte, so bekommt man wohl das ein oder andere mit oder lernt zumindest für die Kursarbeiten. Davon abgesehen sollte ein Leistungskursschüler sich schon für sein Fach interessieren, findest du nicht?
Wie die Käseherstellung (das mit den Löchern war ja jetzt auch nur einmal ein Beispiel für die Unwissenheit mancher Schüler) genau funktioniert, muss man ja auch nicht bis ins kleinste Detail wissen. Wichtig ist eigentlich nur, dass Bakterien dafür verantwortlich sind und soweit sollte eigentlich jeder angehende Abiturient (oder auch allgemein jeder Oberstufenschüler) wissen. Es gibt ja noch jede Menge anderer Beispiele dafür, dass das in der Schule erlernte Wissen nicht auf den Alltag angewandt wird.
Ein gutes Beispiel dafür wäre vielleicht noch die Zinsrechnung. Mir sind schon so viele junge Leute begegnet, die sich nicht einmal ausrechnen konnten, wie viel Geld sie an Zinsen bekommen, bei einem festgelegten Zinssatz und einem festgelegten Geldbetrag. Und das sieht man dann bei Schülern, die normalerweise, selbst in Mathe, super Noten schreiben. Für mich ist das ein Beispiel dafür, dass nur gelernt und nichts verstanden wird, sonst könnte man das doch auch praktisch anwenden und nachvollziehen können, oder?
Ich würde zwar auch vermuten, dass die Aussage mit den Löchern im Käse nicht ernst gemeint war, allerdings kann man das wohl nur sagen, wenn man dabei war.
Außerdem kann man sich, auch wenn man sich ein bestimmtes Fach als Leistungskurs ausgesucht hat, für bestimmte Teilgebiete sehr wohl interessieren, andere dagegen absolut nicht mögen. Gerade das Beispiel mit der Zinsrechnung trifft es doch ganz gut. Ich bin wirklich sehr an Mathematik interessiert, doch hat mich Finanzmathematik (und dazu gehört ja auch Zinsrechnung) noch nie wirklich angesprochen. So bin ich dann auch in einer anderen Branche gelandet. Zins- oder Zinseszinsrechnung kann ich auch heute nicht stante pede, allerdings kenne ich den Unterschied und weiß, wo ich die entsprechenden Formeln finde und kann dann die Werte zuordnen und damit ein Ergebnis errechnen. Übrigens ist nicht nur Betrag und Zins dafür wichtig sondern auch in welchen Perioden verzinst wird.
Davon abgesehen kann ich durchaus verstehen, warum schon einige Schüler derartige "Fachidioten" sind. Wenn man in der Oberstufe schon einige durchaus wichtige Fächer abwählen kann, sich dafür aber schon sehr früh spezialisieren kann, dann ist das für mich nicht mehr unbedingt Allgemeinwissen.
Wenn die Frage des Lehrers im Kontext mit der Durchnahme der Propansäure gewesen ist, dann hätte man sich das selbst erschließen können, ja sogar müssen, wenn ich recht drüber nachdenke. Aber wenn man mich das so gefragt hätte, dann hätte ich gewusst, dass es durch Gase bei der Reifung oder so entsteht und auch, dass es durch Bakterien geschehen muss (woher sollen sonst die Gase kommen?).
Wenn ich mich allerdings recht entsinne, dann habe ich das auch schonmal bei Galileo, Wunderwelt Wissen oder einer ähnlichen Sendung gesehn. Hätte ich es nicht gesehen hätte ich es vielleicht auch nicht gewusst, wer weiß.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich das meiste in der Schule gelernte auch vergessen habe. Von meinem LK Geschichte ist noch übrig geblieben, dass es wohl irgendwann man eine französische Revolution gab. Oft "verwählt" man sich auch bei den LKs und lernt den Stoff eben für die Klausuren und vergisst ihn danach wieder.
Natürlich wäre es schön, wenn jeder sein (in der Schule oder wo auch immer) erlerntes Wissen immer anwenden könnte und würde. Aber über die meisten Dinge macht man sich eben keine Gedanken. Der Schüler mit dem Käse hat wohl noch nie wirklich darüber nachgedacht. Wenn er das getan hätte, hätte er wahrscheinlich schon gemerkt, dass man die Löcher da nicht reinbohren kann.
Das Problem, das die meisten Leute allgemein mit Wissen haben (ich schließe mich mit ein), ist einfach, dass sie sich keine Gedanken machen. Wenn etwas nicht sofort abrufbar "ganz vorne" im Kopf gespeichert ist, denkt man oft gar nicht lange drüber nach.
Da ich auf der Arbeit oft mal was in Prozent ausrechnen muss, ist das sofort da, d.h. ich weiß z.B. beim Einkaufen gleich wie hoch genau ein %-Rabatt ist. Bei Bekannten, die das nicht dauernd machen, aber bestimmt können, ist mir aufgefallen, dass sie oft einfach mal raten. "20% Rabatt bei 80 €" werden dann "fast 20 €". Dabei könnten sie es wohl schon ausrechnen, sind aber einfach zu faul, es zu machen. So ist es bei mir bei meinem "Hinterkopf-Wissen" auch.
Ich habe vorgestern eine Sendung gesehen, wo Schüler darüber erzählt haben, was sie vermissen wenn sie mal das Wissen brauchen was sie mal erlernt haben und nämlich eine praxisbezogene Ausbildung.
Vielen mag das jetz vielleicht komisch erscheinen, aber das alleinige auswendig lernen ist z.B. für mich etwas Sinnloses und Realitätsentfremdet. Klar muss man sich vieles alleine zusammenreimen und damit klarkommen, weil es nunmal so heute in der Schule ist, aber etwas zu erlernen was man gleich irgendwo anders anwenden kann ist für mich eine Hilfe die Dinge im Kopf zu behalten und sie auch später anzuwenden. Viele wissen nämlich garnicht warum sie Dinge wie Pythagoras oder Elektrizität lernen und wenn sie mal gefragt werden nicht wissen wo sie anfangen müssen, selbst bei den einfachsten Dingen.
Meiner Meinung nach sind die die heutigen Lehrer und aber auch das ganze Schulsystem darauf bedacht die Schüler schnellstmöglich vom "Laufbahn" der Erziehung runter zu bekommen und nicht darauf bedacht sind, diese in den Köpfen zu festigen damit die Schule auch wirklich noch spass macht.
Hm, naja, manchmal ist das aber auch alles extrem theoretisch, was man in der Schule so lernt. Vieles braucht man eigentlich auch gar nicht, weil es nichts Praktisches und im normalen Alltag gar nicht anwendbar ist. Ich weiß nicht, aber vieles ist auch einfach zu logisch und man macht es in der Praxis ganz selbstverständlich einfach so, wie es sein muss. Zum Beispiel einfache physikalische Gesetze, die braucht man so gar nicht auf Anhieb erklären und definieren können, die weiß man instinktiv einfach. Man weiß, wie ein hebel funktioniert, man weiß, wie ein Flaschenzug funktioniert, man weiß, dass wo ein Körper ist, kein zweiter sein kann und anderes. Das weiß selbst der mit der schlechtesten Note in Physik.
Naja, Mathe. Solche Dinge wie Prozentrechnung und solcher Kram kann ich im Alltag anwenden, aber was ist, wenn es um Funktionen geht? Die habe ich niemals verstanden, weder am Gymnasium noch an der Mittelschule, weil das für mich einfach keinen praktischen Wert hat. Ich kann darin keinen Sinn für mein persönliches Leben und meinen persönlichen Alltag erkennen, also habe ich das nie in meinen Kopf gelassen, während ich im Rechnen auch am Gymnasium meine 1en und 2en hatte. Das ist etwas Greifbares, das ist logisch, aber so etwas wie Funktionen? Meine Schwester hat sich mal eine Gardinenstange gekauft, deren Bedienungsanleitung mittels einer Funktion erklärt worden ist. Sie fragte mich: wie willst du dieses Teil montieren, wenn du die Funktion nicht verstehst? Ich nahm das Teil und habe es einfach so zusammen gebastelt und ihr gezeigt, wie ich es anbringen würde, hätte ich eine Leiter und andere Gerätschaften. Wie gesagt, vieles erschließt sich aus der Situation heraus, man braucht die Theorie nicht immer.
In Biologie habe ich mich immer gefragt in der 9. Klasse wozu ich die Eutrophierung eines Sees so richtig brauche. Alles schön und gut, aber ich selbst schütte keine Giftstoffe in einen See, wozu muss ich das dann wissen? Dann kam mal irgendwer in diesem Forum und fragte, ob man eine Pflanze mit Cola gießen kann. Da fiel mir ein, dass bei der Eutrophierung Phosphate Schuld am vermehrten Pflanzenwachstum und dem damit verbundenem Kaputtgehen des Sees verantwortlich sind. In der Cola ist Phosphorsäure enthalten, also habe ich mir erschlossen, dass die Pflanze sogar mit Cola besser wachsen müsste, wenn man die durch zu viel Zucker ruinierte Erde außen vorlässt. Demzufolge bin ich darauf gekommen, dass Phosphate Düngemittel sind. Also manchmal hat man doch mal einen Geistesblitz und kann das ganze Schulwissen anwenden.
Wobei man das Meiste sicherlich auch einfach vergisst, wenn man sich nicht weiter damit beschäftigt. Zu einem Eignugstest habe ich festgestellt, dass mein Geografiewissen verschwunden ist, obwohl ich das immer gut konnte in der Schule. Aber ich habe mich einfach Jahre lang damit nicht auseinander gesetzt und so war es eben einfach weg. Gerade dieses reine Wissen, das Auswendiggelernte, das muss man immer wieder anwenden, sonst ist es bald verloren. Gerade Geschichte, das war immer eins meiner Lieblingsfächer, aber jetzt habe ich mich schon 2 Jahre gar nicht mehr groß damit beschäftigt bis auf ein paar Sendungen im Fernsehen und wenn ich jetzt über diese bereits angesprochene französische Revolution nachdenke, weiß ich auch nicht viel mehr, als dass es sie eben mal gab. Dafür weiß ich jetzt allerhand medizinischen Kram durch Praxis und Theorie in der Ausbildung.
Und so wird es früher oder später jedem einmal gehen. "Bildung ist das, was übrigbleibt, wenn wir vergessen, was wir gelernt haben.", sagte der Earl of Halifax. Wenn man die Schulbank noch drückt, sagt man: was, wie kann das sein, dass meine Eltern das nicht wissen, ist man dann aber selbst raus und vergehen die Jahre, dann stellt man das auch bei sich selbst fest, mitunter mit Erschrecken. Man spezialisiert sich ganz zwangsläufig auf das beruflich notwendige Wissen und ein bisschen auf die Interessen und vom Rest bleiben nur Brocken übrig. Das ist ganz normal, auswendig gelerntes Wissen ist vergänglich. Und da kann man im Schulsystem nicht so wahnsinnig viel anpassen, wie will man denn das alles praxisbezogen erklären.
Und was die Löcher im Käse betrifft, ich denke, dass das wohl eher ein Scherz war. Ich denke schon, dass ein Mensch in diesem Alter zumindest weiß, dass sie nicht reingebohrt werden. Man braucht dafür zwar nicht in den Chemie Leistungskurs gehen, es reicht auch, wenn man Löwenzahn oder Galileo oder Wer wird Millionär im Fernsehen anguckt oder mal angeschaut hat. Manches im Fernsehen bildet eben doch, mitunter mehr als die Schule, so absurd das auch klingt.
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