Schießbefehl gegen DDR Flüchtlinge
Da fällt es mir sehr schwer an einen Zufall zu glauben. Ausgerechnet pünktlich zum Jahrestag des Mauerbaus findet sich plötzlich der definitive Beweis, dass and der Grenze der Deutschen Demokratischen Republik Flüchtlinge auf Befehl erschoßen wurden.
Gerade noch feiert die Leitung für den Aktenfund zuständigen Stasiunterlagenbehörde den aufsehenerregenden Fund. Prompt muß man plötzlich einräumen, das ähnliche oder sogar gleiche Dokumente bereits vor 10 Jahren veröffentlicht worden waren. So ungeheuerlich und menschlichverachtend der Schißbefehl, der nicht einmal auf Frauen und Kinder Rücksicht nahm, auch war und so dringend notwendig es ist, dies nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, sollte die Stasiunterlagenbehörde das Managenet ihres Hauses und die Öffentlichkeitsarbeit überprüfen und verbessern. Denn so etwas darf nicht passieren. Die Sache ist viel zu Ernst. Etwas mehr Effizienz und Seriosität wären sicher hifreich. Sonst leistet sich die Stasiunterlagenbehörde einen Bärendienst.
Die Dokumente der Stasiunterlagenbehörde zeigen den ganze Terror des szialistischen Einheitspartei Deutschlands-Unrechtsregimes. Der Schießbefehl, der Auftrag unschuldige Menschen zu Töten, ist ein besonders erschrekender Beleg dafür, dass hier auch vor Hinrichtungen nicht halt gemacht wurde, um das System der Ungrechtigkeit und vor allem Unfreiheit mit aller Gewalt aufrecht zu erhalten. Natürlich ist bis heute viel aufgearbeitet worden. Doch gibt es jede Menge offener Fragen und Tendenzen zu Verhamlosung und Verklärung dessen, was in der DDr geschehen ist.
Ohne Zweifel leistet die Stasiunterlagenbehörde unverzichtbare Arbeit. Ihre Leitung sollte dieses nicht aufs Spiel setzen und mit einer ungeschickten Regie den Gegenern einer gründlichen Vergangenheitsbewältigung Angriffsflächen bieten. Oder handelt es sich hier wirklich nur um Sensationshascherei?
Wohl eher, wie Du schon sagtest: Pünktlich zum Jahrestag des Mauerbaus kramt man mal wieder ein paar Dokumente raus um zu beweisen: Oh seht her, die böse DDR und wir tun hier auch was für unser Geld.
Zum Thema Schießbefehl in der DDR:
Natürlich ist es schrecklich, wenn jemand erschossen wird, nur handelt es sich hier nicht um eine Hinrichtung. Denn eine Hinrichtung setzt voruas, das sich der zu Tötende in der Gewalt der Hinrichtenden befindet - was bei einem Flüchtling, der ja sehr mobil und recht frei ist, nicht der Fall ist. Also trifft der Begriff überhaupt nicht zu.
Außerdem war JEDEM DDR Bürger bekannt, dass auf diese Art der "Republikflucht" die Todesstrafe steht/stand (bis zur Abschaffung), so wie es heute auch noch bei vielen (pseudo) demokratischen Regimen gängige Praxis ist, Menschen bei illegalem Grenzübertritt notfalls (also für mich im Grunde ein rein juristisches Konstrukt um nicht zu sagen: sofort) zu erschießen. Es war also nicht so, dass man vor der Mauer stand und feststellte: "He, da wird ja auf mich geschossen! Wie das?", daher weiß ich auch nicht, warum man die Opfer bedauern sollte - es waren halt in dem Moment Kriminelle, so wie wenn ein Polizist einen flüchtenden Kriminellen erschießt, nur das unsere heutigen Polizisten diese nur bewegungsunfähig schießen sollen (also ins Bein) aber z. B. bei den Amis auch Fangschüsse häufig sind (andere Gründe). Sie hätten genausogut das normale Ausreiseverfahren beantragen können und nach 2 - 4 Jahren Demütigungen in den Westen können, das hatten mein Onkel und meine Tante auch gemacht und das erforderte etwas mehr Mut und Standhaftigkeit als eine meiner Meinung nach feige Flucht.
Daran zeigt sich der Terror? Wie gesagt, ich weiß bis heute nicht, wo es in der DDR Terror gab wie man ihn heute definiert, in deinem Text wären ein paar "meiner Meinung nach" wohl angebrachter, falls man Begriffe (und deren Definitionen) nicht richtig benutzen kann. Unterdrückung ja, ohne Zweifel? Terror von staatlicher Seite - also die massive Einschüchterung und Verängstigung der Bürger durch ein Schreckensregiment? Wie gesagt, es gab genug Schlimmes in der DDR, aber mit Terror hat das nichts zu tun (siehe: Robbespierre, Nazistaat -> Schauprozesse und gezielte, öffentliche Hinrichtungen). Es gab auch genug Freiräume in der DDR, weiß ich von meinem Vater, der mehr als 30 Jahre in diesem "Terrorstaat" *auslach* gelebt hat und wie viele andere mehr als einmal aneckte - und nicht in den Bau kam oder besonders starke Repressalien erleiden musste. Da kenn ich genug Erzählungen von ihm, wo er ständig betont, dass man sich oft genug über ungeliebte Maßnahmen beschwert hat oder auch mal ordentlich ablästerte - öffentlich beim Fasching und untereinander auch. Natürlich nicht grad vor dem Stasifritzen (die sich oft genug selbst verraten haben), es ist ja damals auch keiner zum Blockwart gerannt oder hat in dessen Nähe rumerzählt, das er antifaschistische Sympathisanten und Presse beherbergt und unterstützt oder einen Juden im Schrank versteckt - nur das hier die Strafen für diese Vergehen "etwas" höher angesetzt waren, wo wir wieder beim Thema staatlicher Terror wären.
Na kann dem von Subbotnik teilweise zustimmen, ebenfalls aus eigener Erfahrung bzw. "Erzählungen" meiner Eltern.
Zum Thema:
Die ehemalige Gauck Behörde, jetzt Birthler Behörde, veröffentlichte das Dokument von 1973 jetzt angeblich wieder, weil es 1997 bei der Erstveröffentlichung angeblich keine öffentlichen Reaktionen darauf gab, wahrscheinlich weil es unter Fahnenflucht statt Schießbefehl geführt wurde. Jetzt erst möchte die Staatsanwaltschaft ja prüfen, ob man ehemaligen SED Kadern vielleicht noch etwas “anhängen“ kann, so z. B. wer der Verfasser war und an wen es konkret gerichtet war.
Die Forschungsgruppe SED Staat der Freien Universität Berlin warf der Birthler Behörde erneut vor, daß man die Stasi Unterlagen ins Bundesarchiv hätte überführen sollen und das die Behörde viel Geld verbrauche aber wenig dabei herauskomme. Bernd Faulenbach von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sprach sich angesichts dieser Tatsache ebenfalls für eine Überführung der Stasi Akten ins Bundesarchiv aus, da "Die SED-Diktatur […] sich nicht allein aus Stasi- Akten heraus erklären [lasse], dafür braucht man einen breiteren wissenschaftlichen Ansatz.“.
Auch andere Personen fordern eine Auflösung der Behörde angesichts dieser Tatsache und eine Überführung der Dokumente ins Bundesarchiv. So z. B. auch der sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Michael Beleites: Wenn man ein solches Grundsatzdokument schon einmal gefunden hat, dann muss gesichert sein, dass es jederzeit wieder auffindbar ist, um es mit neuen Aktenfunden zu vergleichen", daher sei zumindest eine Kooperation mit dem Bundesarchiv notwendig und es soll auch nicht mehr ewig dauern – oder der SED Forscher Klaus Schroeder: "Für die Wissenschaft wäre es besser, wenn die Stasi-Akten in absehbarer Zeit dem Bundesarchiv übergeben würden und damit Forschern frei zugänglich wären".
Reinhard Grindel, MdB will der Birthlerbehörde einen Forschungsverbund zur Seite stellen, die Erschließung der Akten aber weiter der Birthler Behörde zu überlassen.
Ich hätte ja nicht gedacht hier ein so kontroverses Thema zu finden und bin umso mehr geschockt, was hier zum Teil so lapidar geschrieben wird.
Subbotnik hat geschrieben:Sie hätten genausogut das normale Ausreiseverfahren beantragen können und nach 2 - 4 Jahren Demütigungen in den Westen können, das hatten mein Onkel und meine Tante auch gemacht und das erforderte etwas mehr Mut und Standhaftigkeit als eine meiner Meinung nach feige Flucht.
Mal eben so einen Ausreiseantrag zu stellen und dann sicher sein, dass man ausreisen durfte wahr gar nicht immer so einfach möglich. Wenn das so simpel gewesen wäre, hätte das jeder gemacht. Tatsächlich waren das auch nicht einfach nur Schikanen, sondern Eingriffe in das Leben der Antragsteller, die weitreichende Konsequenzen haben konnten, wie z.B. den Verlust der Arbeit bis hin zur Verhaftung.
Was ich allgemein damit sagen will ist, dass man die verschiedenen Wege, die Menschen aus Verzweiflung gewählt haben, nicht in der Form bewerten sollte. Man kennt nie die Hintergründe, die die Menschen dazu gebracht haben und es wäre anmaßend diese Flüchtlinge als feige zu bezeichnen.
Es war also nicht so, dass man vor der Mauer stand und feststellte: "He, da wird ja auf mich geschossen! Wie das?", daher weiß ich auch nicht, warum man die Opfer bedauern sollte - es waren halt in dem Moment Kriminelle,
Wenn ich sowas lese, macht mich das echt traurig. Nur weil den Bürgern solche Gesetze auferlegt wurden (sie haben ihre Staatsmänner ja nie wirklich demokratisch wählen können) heißt das doch nicht, dass sie ihren Willen zur Freiheit zu Unrecht hatten. Im Übrigen verstieß der Schießbefehl an sich sogar gegen DDR Recht.
Zur Arbeit der heutigen Stasiunterlagenbehörde kann ich nur sagen, dass sie, meiner Ansicht nach sehr gute Arbeit leistet und ich es nicht verwerflich finde, wenn sie das Thema des Schießbefehls, aus welchem Grund auch immer, wieder auf den Tisch packt. Damit erreicht sie, dass darüber diskutiert wird, was ich in Zeiten der Ostalgie und Verklärung der DDR völlig in Ordnung finde.
Darüber hinaus war ich vor ein paar Monaten zu einer Führung in eben dieser Behörde und habe mir u.a. die Säcke voll zerschredderter Akten ansehen können, die die Mitarbeiter dort , sofern möglich, wieder herzustellen versuchen. Diese Behörde hat schon unheimlich viel geleistet und ich bin froh, dass die Akten nicht ans Bundesarchiv gegeben wurden. Wo wir doch wissen, wie langsam unser Staat manchmal arbeiten kann. Ohne die Arbeit der Behörde hätten meine Eltern nie ihre Stasiakte komplett sehen können, da nach und nach, bis heute, noch immer neue Papiere wieder hergestellt werden können.
Für Forscher sind die Akten im Übrigen zugänglich. Man braucht nur einen Forschungsantrag zu stellen und bekommt von der Behöre ohne Weiteres die Möglichkeit die Akten zu diesen Zwecken einzusehen.
Yazz hat geschrieben:Tatsächlich waren das auch nicht einfach nur Schikanen, sondern Eingriffe in das Leben der Antragsteller, die weitreichende Konsequenzen haben konnten, wie z.B. den Verlust der Arbeit bis hin zur Verhaftung.
Das habe ich geschrieben, richtig lesen! Desweiteren lagen diese Demütigungen nicht in dem Bereich, dass sie unerträglich gewesen wären, sondern "nur" entwürdigend. Vergleiche das mal mit anderen Opfern staatlicher Willkür die hier oft nur den Suizid als Ausweg sehen, die hätten sich über sowas noch gefreut (da es eh zu ihrem Alltag gehört).
Das ist kein Ansatz von Rechtfertigung, sondern nur einmal ein Vergleich von Unrecht und was man hätte aushalten können. Wie gesagt, meine Verwandten haben die Ausreise auch gewagt trotz aller Schikanen und Demütigungen und sie sind nicht als gebrochene Menschen im Westen angekommen, es war also nichts unmögliches. Und das konsequent durchzustehen erforderte wesentlich mehr Mut als ein "Hundert-Meter-Hürdenlauf".
Yazz hat geschrieben:es wäre anmaßend diese Flüchtlinge als feige zu bezeichnen.
Es ist nicht anmaßend, es ist Fakt dass es reine Feigheit war - eben die Feigheit, sich hier gängeln und demütigen lassen zu müssen und stattdessen die schnelle und riskantere Lösung vorzuziehen.
Yazz hat geschrieben:Wenn ich sowas lese, macht mich das echt traurig. Nur weil den Bürgern solche Gesetze auferlegt wurden (sie haben ihre Staatsmänner ja nie wirklich demokratisch wählen können) heißt das doch nicht, dass sie ihren Willen zur Freiheit zu Unrecht hatten. Im Übrigen verstieß der Schießbefehl an sich sogar gegen DDR Recht.
Es ist völlig nebensächlich ob der Schießbefehl gegen DDR Recht verstoß oder nicht oder ob die Gesetze gerechtfertigt waren - es war nicht unbekannt, dass man hier auch erschossen werden könnte wegen illegalen Grenzübertritts und darum geht es. Wer sich also dazu entschließt handelte in dem vollen Bewusstsein dass es eben auch böse ausgehen könnte und man nicht lebend ankommt. Und das ist das ewige Problem, dass es ständig so wirkt, als wäre da willkürlich geschossen worden je nach Lust und Laune ohne dass es jemand geahnt hätte - dem war aber einfach nicht so, und da kann man auf die Tränendrüse drücken wie man will, das ändert nichts an den Fakten.
Subbotnik hat geschrieben: Desweiteren lagen diese Demütigungen nicht in dem Bereich, dass sie unerträglich gewesen wären, sondern "nur" entwürdigend. Vergleiche das mal mit anderen Opfern staatlicher Willkür die hier oft nur den Suizid als Ausweg sehen, die hätten sich über sowas noch gefreut (da es eh zu ihrem Alltag gehört).
Du hst es doch nicht persönlich erlebt, sondern beurteilst es nur von Hören-Sagen, demnach halte ich es für schwierig, dass nur zu verallgemeinern, weil deine Verwandten es (zum Glück) gut verkraftet haben. Denn auch in der DDR haben sich Menschn das Leben genommen, weil sie vieles, was ihnen angetan wurde nicht verkraften konnten. Das ist glaube ich auch hier der falsche Thread, um das auszudiskutieren.
Ich möchte auch jedem seine Meinung lassen, aber ich versuche immer auch Standpunkte anderer nachzuvollziehen und bei dir fiel es mir schwer, weil es so radikal klingt. Mir geht es darum, dass man in solchen Fällen nicht verallgemeinern sollte.
Wie gesagt, meine Verwandten haben die Ausreise auch gewagt trotz aller Schikanen und Demütigungen und sie sind nicht als gebrochene Menschen im Westen angekommen, es war also nichts unmögliches. Und das konsequent durchzustehen erforderte wesentlich mehr Mut als ein "Hundert-Meter-Hürdenlauf"
Das weiß ich, dass das alles andere als einfach war, weil meine Eltern und ich damals auch ausgereist sind. Und dementsprechen kann ich auch sagen, dass man die Erfahrung des einen Menschen nicht universell auf die eines anderen übertragen werden kann.
Es ist völlig nebensächlich ob der Schießbefehl gegen DDR Recht verstoß oder nicht oder ob die Gesetze gerechtfertigt waren - es war nicht unbekannt, dass man hier auch erschossen werden könnte wegen illegalen Grenzübertritts
Ich finde es in sofern alles andere als nebensächlich, weil das Thema diese Threads sich ja darum dreht, daher habe ich es geschrieben. Genau das ist es doch, was heute noch diskutiert wird in der Aufarbeitung dessen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kommt jedenfalls zu diesem Urteil, dass es unrecht war. Und in dem Zusammenhang fand ich es völlig gerechtfertigt, wenn die Stasiunterlagenbehörde das Thema in den Vordergrund rückt. Gerade weil so viel Unverständnis darüber herrscht.
Aber wenn man so geteilter Meinung ist, könnte man das endlos weiter diskutieren und das ist hier vielleicht nicht der richtige Rahmen.
Yazz hat geschrieben:Du hst es doch nicht persönlich erlebt, sondern beurteilst es nur von Hören-Sagen, demnach halte ich es für schwierig, dass nur zu verallgemeinern, weil deine Verwandten es (zum Glück) gut verkraftet haben.
Sorry, aber auch heute nehmen sich die Menschen "im goldenen Westen" das Leben weil sie nicht mit allem klarkommen - da reicht bei manchen schon der soziale Abstieg in ALG II aus oder noch weniger. Warum sich Menschen das Leben nehmen hat verschiedene Gründe und nur am Rande mit Drangsalierungen zu tun.
Und denkst Du ernsthaft, dass es nicht auf die Familie zurückfällt wenn die näheren Verwandten / Bekannten ausreisen? Da wurde doch mit am ärgsten nachgehakt vom Stasi Blockwart! Wo bei meiner Familie noch verschärfend hinzukam, dass wir eine weitreichende adlige Westverwandtschaft hatten / haben, einen bekannten NS Kriegsverbrecher im direkten Stammbaum (mein UrUrOpa) sowie ehemalige, größtenteils enteignete "Junker" sind. Da bleibt so einiges hängen wenn einer davon gehen will .
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kommt jedenfalls zu diesem Urteil, dass es unrecht war. Und in dem Zusammenhang fand ich es völlig gerechtfertigt, wenn die Stasiunterlagenbehörde das Thema in den Vordergrund rückt. Gerade weil so viel Unverständnis darüber herrscht.
Es war auch Unrecht, keine Frage. Aber es war damals geltendes "Recht", egal ob das nun falsch war oder nicht. Damit meine ich nicht das der Schießbefehl gerechtfertigt war, sondern nur, dass dies eben ein bekannter Sachverhalt war: Verlasse das Land illegal und Du wirst vielleicht erschossen. Da wurde also niemand überraschend oder unschuldig getötet, jeder der so versuchte "auszureisen" nahm das Risiko mehr oder weniger billigend in Kauf.
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