Schulaufgabe - Freizeit in der DDR
Hallo Leute,
mein Sohn hat mit meiner Frau und mir ein Interview über die Freizeitgestaltung in der DDR geführt, dass ich euch nicht vorenthalten möchte.
Die Auskünfte meiner Frau fehlen hier, da sie meinte als junges Mädchen nicht viel erlebt zu haben und schon damals das klassische Rollenverhalten stark ausgeprägt war. Um es kurz zusammenzufassen war es nach Meinung meiner Frau so, dass es völlig normal war als Junge durch die Gegend zu ziehen, bei Freunden zu übernachten und auch als Minderjähriger Alkohol zu trinken während die Mädchen ihren Müttern im Haushalt helfen mussten und mehr Pflichten als Rechte hatten. Ich kann ihr Meinung nicht ganz entkräften, aber auch nicht absolut zustimmen. Sonst hätte ich in der Disco nur mit mir selber getanzt und die Partys wären langweilige Herrenabende gewesen.
Was meint Ihr, könnt ihr das beschriebene unterschiedliche Freizeitverhalten der Jugendlichen bestätigen oder habt ihr andere Meinungen? War dieses klassische Rollenverhalten früher ausgeprägter als heute? War es nur in der DDR so (weil z.B. in der Regel beide Eltern berufstätig waren) oder gab es das auch im Westen Deutschlands?
Ich freue mich schon auf eure Antworten.
Gruß Hooker
Interview Geschichte
„Freizeit in der DDR“ geführt von Stefan Bauer und seinem Vater Thomas Bauer.
Stefan:Hallo Herr Bauer,
Ich würde mit ihnen gerne über die Freizeitaktivitäten in der DDR sprechen.
Zuerst würde ich gerne wissen, in welchem Ausmaß hatte die relative Gleichgültigkeit der Ostdeutschen im Umgang mit der Macht Folgen für das
Hobby oder verhinderte vielmehr die berühmte Schere im Kopf zu große Freizügigkeit und Weltoffenheit?
Thomas: Ich würde diese Frage gerne mit einer kleinen Geschichte aus meiner Jugend beantworten. Beim Fußball hatte man oft Probleme mit der Polizei, da sich einige Leute nie benehmen konnten. Diese „Auffälligkeiten“
Wurden negativ in meiner Akte vermerkt. Es gingen sogar Polizisten rum und fragten meine Nachbarn nach meinem Verhalten. Dies führte dann zu zukünftigen Überwachungen bei Fußballspielen. Ich wusste davon, aber eigentlich war es mir komplett egal.
Stefan: War das kulturelle Angebot ausreichend, gerade für sie als Jugendlicher?
Thomas: Auf keinen Fall!
Stefan: Was hätten sie sich denn noch gewünscht?
Thomas: Mehr Discotheken, Kinofilme, Rockkonzerte. Das Angebot war insgesamt ein wenig spärlich gesät.
Stefan: ...und war der Preis erschwinglich?
Thomas: Die aufgezählten Dinge, vorallem die Aktivitäten waren allesamt sehr günstig. Elektrogeräte wie Radios oder Fernseher dagegen waren kaum zu bezahlen.
Außerdem sollte man immer ein wenig Geld in der Tasche haben. Ich hab nämlich kein Taschengeld bekommen...[schaut verärgert]
Stefan: Wie sah es mit den Printmedien aus, sagen wir Bücher und Zeitschriften. Wurden diese auch vom Staat subventioniert?
Thomas: Klar, wurden die das! Zum Beispiel haben Zeitschriften wie die Junge Welt gerade mal ein paar Pfennig gekostet und waren nahezu überall erhältlich, andere Sachen die angesagter waren, konnte man nur unter dem Ladentisch erwerben. Da musste man selber meist ein wenig nachhaken.
Stefan: Wieviele Fernsehsender gab es denn seinerzeit und wusste das Angebot zu gefallen?
Thomas: Es gab 2 DDR Sender und 2 West Sender. Diese hatten aber einen katastrophalen Empfang. Für mich kam aber nie was besonders interessantes.
Stefan: Hatten sie den Eindruck, dass das Angebot vom Staat absichtlich eingegrenzt und die Kunstfreiheit nicht gewährleistet wurde?
Thomas: Darüber habe ich mir damals keine Gedanken gemacht, aber ich wusste das Künstler wie Udo Lindenberg nie in der DDR auftreten durften oder nur unter bestimmten Reglementierungen.
Stefan: Ich möchte nun zum Punkt „Reise und Urlaub“ kommen. Tourismus in der DDR stell ich mir teilweise sehr schwierig vor. So durfte man wahrscheinlich nur Ostdeutschland und das sozialistische Umland besuchen, oder?
Thomas: Das ist richtig, aber selbst das war ein Problem?
Stefan: Wieso?
Thomas: Es gab nur ein begrenztes Angebot an Plätzen. Außerdem bestimmten in Betrieben Kommissionen, welche betriebseigenen Urlaubsplätze man aufsuchen durfte.
Stefan: Waren sie viel unterwegs? Und was war ihr Lieblingsreiseziel?
Thomas: Ich war sehr viel unterwegs. Am Wochenende übernachtete ich oft in Jugendherbergen. Ins Ausland kam man nur mit viel Eigeninitiative. Am liebsten fuhr ich nach Bulgarien.
Stefan: Darf ich fragen wie sie dies geschafft haben?
Thomas: Gerne doch! Ich hatte keine Beziehungen oder derartiges, sondern hab mich nur hinter dieses Ziel geklammert und die Leute solange genervt, bis ich in den Urlaub fahren durfte. Jeden Tag stand ich dort auf der Matte.
Stefan: Wie fühlten sie sich, wenn sie mit Urlauber aus Westdeutschland in einem Hotel waren?
Thomas: Da habe ich zum ersten mal gemerkt, dass man als Ostdeutscher im Ausland nicht zählt.
Stefan: Abschließend würde ich gerne noch wissen, wo ihrer Meinung nach die wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Jugendleben heute und damals sehen?
Thomas: Eigentlich ist es genau dasselbe. Wir wollten auch nur unseren Spaß haben. Der wesentliche Unterschiede liegt darin, dass man heute für sein Geld nahezu alles kaufen kann. Damals hat der letzte Zug bestimmt, wann der Discobesuch zu Ende war. Es konnte sich ja keiner ein Auto leisten. Heute hat fast jeder 18-jährige schon einen fahrbaren Untersatz.
Stefan: Ich bedanke mich für das Gespräch.
Thomas: Die Freude ist ganz meinerseits.
Deinen Aussagen kann ich soweit zustimmen. Aber die klassische Rollenverteilung mit Frauen an den Herd gab es zu DDR Zeiten nicht wirklich. Denn dort war man bestrebt, das Frauen arbeiten gehen und sich auch weiterbilden. Denn nur so haben sie dem Staat auch was gebracht. Allein, das Frauen nach dem Abitur gleich studieren konnten, das es Kitaplätze in fast jedem kleinen Dorf gab, zeigt doch, das man die Frau für den Beruf gefördert hat.
Naja und eine Disco gab es auch fast überall. Bei uns war die damals immer 23 Uhr zu Ende, damit die Leute um 23.15 Uhr den letzten Zug noch bekommen haben. Also von daher stimmt es, das man sowas an den öffentlichen Verkehrsmitteln festgemacht hat. Auch Schwimmbad war richtig billig. Da hat man als Minderjähriger nur 50 Pfennig bezahlen müssen und konnte den ganzen Tag dort verbringen.
Da ich die Wende als Teenie erlebt habe, habe ich natürlich nur einen beschränkten Eindruck von der Freizeit in der DDR.
Einem kann ich aber auch nicht zustimmen, dass die Kinder schon in der klassischen Rollenverteilung geübt wurden. Das hing von den Eltern ab und da gab es sicher einige sehr strenge Eltern. Glücklicherweise haben meine den Versuch schnell aufgegeben. Von staatlicher Seite war das aber nicht gewünscht, hier waren Frauen als Arbeitskräfte volkswirtschaftlich wichtig und daher entstanden ja auch so viele Kinderkrippen und -gärten bzw. -kombinationen. In diesen Einrichtungen wurden natürlich auch schon die Kleinsten ideologisch beeinflusst.
Je nach Region konnte man durchaus auch mehr Fernsehprogramme empfangen, mit Antennenverstärker waren bei uns drei manchmal auch vier Westprogramme empfangbar. Ebenso gab es etliche westdeutsche Rundfunkprogramme zu empfangen, so dass wir uns die Musik von dort auf Musikkasetten zusammengeschnitten haben. Das nötige Equipment war allerdings in der Tat sehr teuer.
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