Was bedeutet einen Vergleich anbieten?

vom 06.11.2008, 17:19 Uhr

Ich hätte mal eine Frage an Euch. Ich habe letztens beim Arzt im Wartezimmer in einer Zeitschrift über eine Familie gelesen, die ziemlich viele Schulden hat. Ich glaube, es waren so um die 60 tausend Euro und Sie haben sich dann an einen Schuldnerberater gewandt, der gesagt hat, dass er den Gläubigern einen Vergleich anbieten wird.

Was bedeutet denn Vergleich anbieten? Kann mir das jemand von euch erklären? Und wie funktioniert das genau mit so einem Vergleich? Danke schon mal.

» Semmi » Beiträge: 2 » Talkpoints: 1,40 »



Ein Vergleich mit einem Gläubiger funktioniert so, dass der Schuldner (oder der Schuldnerberater) dem Gläubiger einen gewissen Betrag anbietet. Dieser Betrag ist niedriger als der ursprünglich offene Betrag. Der Gläubiger erklärt sich dann mit dieser Summer einverstanden und verzichtet auf die Restforderung.

Ich habe so etwas mal mit einem ehemaligen Vermieter gemacht. Hintergrund war, dass wir nach dem Auszug aus der Wohnung zwar alles ausgeräumt hatten, mein Exmann aber die Schlüssel nicht zurückgegeben hat, obwohl er mir das gesagt hatte. Nach der Trennung bekam ich irgendwann Post vom Anwalt meines Exvermieters mit diversen Forderungen, unter anderem Renovierung und Nutzungsausfall wegen fehlender Schlüsselrückgabe.

Insgesamt ging es um etwas über 6.000 DM. Und da bei meinem Ex nichts zu holen war, kam der Vermieter eben zu mir. Ich habe ihm dann 3.500 DM angeboten, die ich sofort zahle, wenn er im Gegenzug auf die Restforderung verzichtet. Schließlich haben wir uns auf 4.000 DM geeinigt und ich war die Schulden los.

» Nicky14 » Beiträge: 743 » Talkpoints: 0,09 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ein Vergleich bedeutet immer einen Mittelweg finden. Also beide Parteien zufrieden zu stellen. Wenn man einen finanziellen Vergleich anbietet, macht man das, weil man das gesamte Geld nicht hat und der Gläubiger sich vielleicht auf einen Teilbetrag auch zufrieden gibt. Denn wenn der Schuldner gar kein Geld hat und ehe der Schuldner kein Geld zahlen kann, weil er droht in die Insolvenz zu gehen, würde der Gläubiger gar kein Geld bekommen. Deswegen lassen sich Gläubiger oft auf einen Teilbetrag ein, damit sie überhaupt was von ihrem Geld sehen.

Wenn man so hohe Schulden hat wie du in deinem Fall schilderst, dann ist es meist so, dass die Schuldner gar nicht mehr zahlen können. Aber um einen Vergleich duchzubekommen muss der Schuldner trotzdem noch Geld auftreiben. Denn ohne Bargeld macht lässt sich kein Gläubiger auf einen Vergleich ein und weitere Schulden machen kann der Schuldner ja auch nicht. Deswegen muss er von Privat dann Geld auftreiben, was er dann auch entweder geschenkt bekommt oder aber dann zurückzahlen muss. Offiziell bekommt der Schuldner aber kein Geld von irgendeinem Kreditinstitut dafür. Das wäre dem Kreditinstitut zu heikel.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Na das wichtigste wurde ja schon gesagt, das wichtigste an einem Vergleich nach § 779 BGB ist vor allem dessen Doppelnatur als materielles Rechtsgeschäft als auch Prozesshandlung (eben um einen Prozess abzukürzen und zu beenden).

Da er wichtig als materielles Rechtsgeschäft ist er für beide Parteien von hoher Bedeutung, weil beide so gewisse Rechte durch gegenseitiges Nachgeben gewinne, beispielsweise im Fall von Forderungen:
- Der Gläubiger erhält einen vollstreckbaren Titel nach § 794 (1, 1) ZPO.
- Der Schuldner erhält Sicherheit darüber, nur die im Vergleich vereinbarten Summen zu zahlen oder die dort vereinbarten Verpflichtungen zu erfüllen ohne dass ein Anspruch des Gläubigers darüber hinaus besteht - also dass der Gläubiger nicht danach nochmals mit Forderungen auf der Matte stehen kann, die er anfangs einklagte oder verlangte.

Daher eine klassische Win Win Situation für beide Seiten, da beide verschiedene Vorteile daraus erhalten.

Bei Schulden außerdem tritt außerdem oft eine besondere Art des Vergleichs auf, der sogenannte Chicago Vergleich, da er beiden Parteien noch mehr Vorteile einräumt:
- Schuldner darf die Summe in Raten abbezahlen und nicht auf einen Schlag, was die Zahlungslast mindert.
- Gläubiger darf im Gegenzug wenn der Schuldner der Ratenzahlung nicht nachkommt die gesamte geschuldete Summe (vor dem Vergleich) verlangen (abzüglich bereits erhaltener Raten).

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Einen vollstreckbaren Titel hat man allerdings nur beim gerichtlichen Vergleich. Man kann auch ganz privat mit einem Gläubiger einen Vergleich abschließen, durch den man sich beispielsweise verpflichtet, wegen einer offenen Forderung z.B. einen niedrigen Betrag innerhalb einer bestimmten Frist zu zahlen oder in dem der Gläubiger erlaubt, dass man eine Zahlung, die eigentlich auf einmal gezahlt werden sollte, in mehreren Teilbeträgen gezahlt werden darf.

Vergleichen heißt immer, dass beide Seiten irgendwie ein bisschen nachgeben, auch wenn es sein kann, dass die eine Seite sehr viel und die andere sehr wenig nachgibt.

» RopiusK » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

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