Der Untergang der Estonia
Anlässlich des Konfliktes zwischen Georgien und Russland möchte ich Euch gerne auf ein Thema aufmerksam machen, mit dem ich mich seit vielen Jahren beschäftige.
Der Zusammenhang mag weit hergeholt sein, aber wenn Ihr aufmerksam über die Geschehnisse während und vor allem vor der Eskalation gelesen habt (z.B. im SPIEGEL), so werdet Ihr vermutlich über die Zusammenhänge, die den Konflikt verursacht haben, Bescheid wissen. Einer dieser Gründe ist ohne Zweifel der Versuch Russlands, die Kontrolle über zahlreiche angrenzende Staaten, darunter der Kaukasus und vor allem natürlich die ehemaligen Sowjetstaaten zu behalten. Das starke Streben Georgiens Richtung Westen und EU war definitiv einer der Auslöser des Konfliktes und des übermäßig harten Eingreifens der russischen Truppen.
Das Thema dieses Threads soll jedoch mit einem anderen Land in Zusammenhang stehen: Estland. Nach dem Fall der Sowjetunion war Estland in Aufbruchstimmung. Die Unabhängigkeit von Mütterchen Russland war für viele Esten ein Glücksfall. Das Streben gen Westen, Richtung Wohlstand, Soziale Marktwirtschaft, Nato und EU stand nun an erster Stelle.
Diese Entwicklung war Russland ein Dorn im Auge. Die konservativen Kommunisten der russischen Regierung sahen im Fall der Sowjetunion ein riesiges Greuel, welches am besten wieder rückgängig gemacht werden sollte.
Am 28. September 1994 nahm Estland zum ersten mal an einem Flottenmanöver der Nato in der Ostsee teil. Am selben Tag, in den frühen Morgenstunden, sank die estnische Passagierfähre ESTONIA in der Ostsee, auf dem Weg von Tallin nach Stockholm. 852 Menschen ertranken. Dies ist ein sehr empfindliches Thema, welches schon viel zu sehr in Vergessenheit geraten ist.
Ich möchte an dieser Stelle in mehreren Schritten (alles auf einmal wäre viel zu viel) die Umstände dieser schlimmsten Schiffskatastrophe in Europa’s Nachkriegszeit erläutern und auf die Unregelmäßigkeiten und Unwarheiten der Untersuchungen sowie auf alternative Theorien aufmerksam machen. Wer an dieser Stelle von einer weiteren hirnlosen Verschwörungstheorie ausgeht, dem möchte ich an dieser Stelle einen kleinen Vorgeschmack geben:
Avo Piht war der 2. Kapitän an Bord der Estonia. Er rettete sich zusammen mit 6 weiteren Besatzungsmitgliedern in einer Rettungsinsel. Am frühen Morgen des Unglückstages meldeten die Estline (der Betreiber der Estonia), das estnische Radio sowie natürlich die schwedischen Rettungshelfer, dass Avo Piht gerettet wurde. Auch seine Frau, Sirje Piht, erhielt diese Nachricht. Angeblich hat sogar der estnische Ministerpräsident, Mart Laar, mit Avo Piht persönlich nach der Rettung gesprochen.
- Am nächsten Tag verschwindet Avo Piht auf mysteriöse Wiese und wird für tot erklärt, er war nie gerettet worden
- Auch die 6 Besatzungsmitglieder, mit denen er während des Unglücks zusammen war (und auf die ich noch näher eingehen werde) wurden entgegen jeder Logik für tot und nie gerettet erklärt.
- Seine Frau bekommt wenige Tage später Besuch von zwei mysteriösen Beamten, die auf der Suche nach Piht sind. Angeblich haben sie gesagt, dass sie „auch wüssten, dass Piht lebt, aber leider sind wir zu spät gekommen…“
- Piht wird am 7. Oktober, obwohl für tot erklärt, auf die Fahndungsliste von Interpol gesetzt.
- Laut Aussage eines schwedischen Beamten befinden sich Piht und die 6 genannten Crewmitglieder in einem US-Zeugenschutzprogramm.
Und das ist nur eine von außergewöhnlich vielen Unregelmäßigkeiten.
Wem hier das Wasser im Mund zusammengelaufen ist, der habe ein bisschen Geduld. Ich werde in mehreren Schritten meine Kenntnisse der Estonia Katastrophe in diesen Thread schreiben. Als erstes eine kleine Vorgeschichte, dann die Geschehnisse des Untergangs.
Ein sehr interessantes Thema, das du da aufgegriffen hast. Muss selber sagen ich bin auch davon direkt betroffen, da ich ursprünglich aus Estland komme, zu der Zeit dort gelebt habe und einer meiner näheren Verwandten bei dieser Katastrophe ums Leben gekommen ist.
Über die Sache, die du beschrieben hast habe ich auch auch zu der Zeit gelesen und war sehr verwundert über die viele "Ungereimtheiten des Unglücks", wenn man das so sagen darf. Ist aber auch wie du geschrieben hast alles in Vergessenheit geraten und ich würde es sehr begrüßen, wenn du mehr Fakten darüber schreibst, da ich sie auch schon vergessen habe und lange nicht mehr darüber geredet habe. Ist aber in meiner Hinsicht ein sensibles Thema ...
Das hätte ich mir natürlich nicht träumen lassen, dass die erste Antwort zu meinem Thread von einem Esten kommt, der auch noch unmittelbar von der Katastrophe betroffen ist.
Es ist mir absolut bewusst, dass es sich um ein sehr sensibles Thema handelt. Ich kann Dir versichern, dass ich nicht die Absicht habe, die Geschehnisse um die Estonia als sensationsgeladenen, spannenden Thriller darzustellen, sondern als Bericht von Behauptungen, Zeugenaussagen und Fakten. Diese drei Dinge werde ich, so gut es geht, voneinander trennen.
Mein Interesse an der Estonia Katastrophe ist Teil meines großen Interesses an der Passagierschifffahrt des 20. Jahrhunderts und ihren Katastrophen. Es würde mich außerordentlich freuen, wenn Du mir zu einem späteren Zeitpunkt einige Fragen beantworten könntest. Eine Gelegenheit, mit einem Esten über diese Sache sprechen zu können, hätte ich absolut nicht erwartet.
2. Vorgeschichte
Die Estonia wurde im Jahre 1980 bei der deutschen Meyer Werft in Papenburg als "Viking Sally" für die Viking Line gebaut. 1990 ging sie an die Silja Line und wurde zur "Silja Star“. Im selben Jahr wechselte sie jedoch zur Wasa Line und fuhr weitere zwei Jahre als „Wasa King“, ehe sie an die estnische Estline verkauft und in „Estonia“ umbenannt wurde.
Die Estonia war das erste estnische Fährschiff auf der Ostsee, welches in Konkurrenz zu den zwei bereits genannten Platzhirschen im Baltikum, der Silja Line und der Viking Line, trat. So wurde sie zum Symbol der Unabhängigkeit einer jungen Nation. Es wurde keine Mühen gescheut. Es wurde sogar eine neue Reederei namens E-LINE (in Kooperation mit der schwedischen Reederei „Nordström & Thulin“) gegründet, damit die Estonia die estnische Flagge, eine estnische esatzung sowie den Heimathafen Tallinn beanspruchen konnte.
Diese Schritte ermöglichten Estland, sich einen Traum zu erfüllen, der jedoch einen Preis hatte. Das Haftungskapital der Betreiber für das Schiff war extrem niedrig, die Crew war zum Teil sehr jung und wenig geschult, auch an technischem Know-How fehlt es bisweilen. Darüber hinaus war die Instandhaltung des Schiffes absolut miserabel. Ein großes Passagierschiff wird in der Regel alle paar Monate aus dem Dienst genommen, um im Trockendock einer Werft gründlich überholt und auf Mängel überprüft zu werden. Nordström & Thulin, die die Verantwortung für die Instandhaltung innehatten, waren jedoch nicht daran interessiert, das Schiff regelmäßig aus dem lukrativen Verkehr zu ziehen. So hatte die völlig überforderte Besatzung die Aufgabe, Reparaturen durchzuführen.
Ein weiterer kritischer Punkt an dieser Stelle ist Folgender:
Die Estonia war nicht für einen Fährdienst quer über die Ostsee konstruiert worden.
Das Schiff wurde für den Fährdienst zwischen Finnland und Schweden gebaut. So entfernte es sich nie mehr als 20 Seemeilen vom Land. Dies ist deshalb ausschlaggebend, weil Hochseefähren (die sich weiter als 20sm vom Land entfernen) ein Kollisionsschott hinter der Autorampe besitzen müssen. Die Viking Sally wurde 1980 ohne dieses Schott gebaut. 1993, als das Schiff in Estonia umbenannt wurde, hätte somit kein neues Sicherheitszertifikat mehr ausgestellt werden dürfen. Der Kurs führte von Tallinn nach Stockholm, also quer über die Ostsee. Spätestens 1993 hätte also ein zusätzliches Kollisionsschott installiert werden müssen, was jedoch nicht geschah. Und obwohl alle Institutionen um die Estonia von diesem Sachverhalt wussten, wurde nicht nur kein Schott installiert, auch das Bureau Veritas (vergleichbar mit dem TÜV) stellte dem Schiff ein Sicherheitszertifikat aus und disqualifizierte sich damit als Aufsichtsgremium. Dieser Sachverhalt hat besonders bei der Schuldfrage während der Untersuchungen eine große Bedeutung, wie ich zu einem späteren Zeitpunkt erläutern werde.
Am 27. September, unmittelbar vor der letzten Abfahrt, wurde das Schiff von einem Team unter der Leitung des erfahrenen schwedischen Schiffsinspekteurs Ake Sjöblohm auf Mängel untersucht. Nach dieser Inspektion wollte dieser das Schiff nicht auslaufen lassen. Doch seine Vorgesetzten waren da anderer Meinung. Letztlich war es niemand anderes als Mats Odell, der schwedische Transportminister, der am 27. September 1994 auf ein Auslaufen der Estonia bestand. Ein erstaunlicher Sachverhalt, der viele Fragen aufwirft. Niemand schien sich für die gravierenden Mängel zu interessieren – weil sie allgemein bekannt waren. Dies bestätigt auch ein Briefwechsel nach dem Ünglück, zwischen dem Chefinspekteur des Bureau Veritas, Lars-Olaf Arlander und Börje Stenström, einem schwedischen Ermittler im Fall Estonia, betreffend der Mängelliste, die am 27. September erstellt wurde. Hier war u.a. die Rede davon, dass „…wenn die Estonia am 27. gestoppt worden wäre, um die Mängel zu beheben, wäre wahrscheinlich sehr schnell der Rest der Mängel / Schäden aufgefallen, und in dem Fall hätte das Schiff für einige Wochen in Estland bleiben müssen.“ Während der Untersuchungen wurde eine gefälschte Mängelliste verwendet, um technische Mängel als Ursache des Unglücks auszuschließen.
Spätestens jetzt sollte eines klar sein: Ungeachtet der Vorkommnisse während der Reise, die später thematisiert werden, war das Schiff nicht seetüchtig. Abgesehen von einer Konstruktion, die nicht für einen Hochseedienst gedacht war, befand sich das Schiff in einem technisch katastrophalen Zustand. Die Betreiber und Aufsichtsbehörden waren über diese Mängel zweifelsohne informiert. Sie ignorierten jedoch diesen Sachverhalt und fälschten sogar Dokumente, damit das Schiff um jeden Preis im Dienst blieb.
Kurz: Die Estonia hätte Tallinn nie verlassen dürfen.
Kapitel 3: Der Verlauf des Unglücks
Erst jetzt bin ich über das Internet auf Deinen interessanten Bericht über den Estonia Untergang gestoßen. Ich habe Dein 1. Kapitel und auch Dein 2. Kapitel gelesen und am Ende des 2. Kapitels ist dann auch die Überschrift für das 3.Kapitel: Der Verlauf des Unglückes gegeben... doch es gibt keinen 3.Beitrag mehr? Er ist nirgendwo hier im Forum zu finden? Wie kommt das?Ich würde sehr gerne weiter lesen, besonders, wie Du den Untergang beschreiben würdest, woher Du Deine Informationen bekommen hast - wenn es denn weitere Informationen sind, die man nicht sofort über das Internet bekommen kann.
Ich habe inzwischen meine eigenen Theorien, aber auch viele Fragen, die merkwürdigerweise noch niemand öffentlich gestellt hat, was mich sehr verwundert! Auch gibt es immer noch viel Angst vor Entdeckungen und
viele, die mehr wissen, als sie zugeben, reden nicht, weil sie um ihr Leben fürchten müssen, wenn sie die Wahrheit sagen würden. Da nützt es auch nichts, dass die meisten der Politiker, die damals im schwedischen Parlament ansässig waren, nicht mehr politisch aktiv sind.
Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, ob ich Kontakt mit dem Anwalt Henning Witte in Schweden aufnehme, der damals die Hinterbliebenen der Estonia-Opfer vertreten hat: allerdings musste er sein Mandat nach massiven Angriffen und Bedrohungen - auch von Regierungsseite - niederlegen. Er wohnt zwar immer noch in Stockholm, weil er das Land liebt, ist aber inzwischen eine " Person non grata ", also eine unerwünschte Person, die jedoch bis zum heutigen Zeitpunkt geduldet wird!
Als vorläufig letzten Punkt möchte ich noch anführen, dass der damalige Rücktritt von Olof Forssberg, der Chef der Estonia Kommission / der Havarie-Kommissar!, nicht weiter im Internet zur Sprache kommt, obwohl Olof Forssberg damals "zugegeben" hat, dass er "gelogen" hat! Aber darüber und die Folgen - es wird alles irgendwie totgeschwiegen - findet man kaum überhaupt irgend etwas, aber man findet auch sehr viel Anderes zu diesem Verbrechen nicht, bei dem und ich sage mutwillig der Tod von über 800 Menschen in Kauf genommen wurde. Ich würde gern noch zu meinen Lebzeiten die Aufklärung dieses furchtbaren Verbrechens miterleben. Also, ich würde mich über ein Zeichen von Dir freuen! Wenn Du mir antwortest, gib mir bitte etwas Zeit, darauf wieder zu reagieren, ich bin nicht täglich im Internet. Danke!
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