Hartz IV vs. Arbeit

vom 15.10.2008, 05:40 Uhr

Ich habe mich letztens mit meinem Nachbar unterhalten und mich wie immer über meinen Chef beschwert, der wirklich ein Halsabschneider ist. Mein Nachbar sagte zu mir, dass ich dumm sein, wenn ich noch arbeiten gehe. Ich soll doch Hartz IV beantragen und schwarz arbeiten gehen. Unterm Strich würde mehr rauskommen. Wenn ich will, würde er mir eine Stelle besorgen. Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Ich persönlich bin gegen solche Praktiken und habe kein Verständnis dafür.

Nur dieses Mal habe ich ernsthaft überlegt, dass mein Nachbar eigentlich Recht hat - es lohnt sich doch gar nicht arbeiten zu gehen, wenn man nur durchschnittlich verdient. Mit Hartz IV hätte ich zwar etwas weniger, aber dafür viel mehr Freizeit, in der ich mein Leben bewusster und gesünder verbringen könnte (ich arbeite sonst auf einer Baustelle).

Warum lässt unser Staat solche Zustände zu? Warum wird bei uns die Arbeit nicht belohnt?

» HD » Beiträge: 6 » Talkpoints: 0,00 »



Kann man nicht auch mal einmal weiter als von der Schädeldecke bis zur Stirn denken? Hast du schonmal an solche Dinge wie Krankenversicherung, Berufsunfähigkeitsversciherung oder Altersvorsorge gehört? Was glaubst du, wie deine Rente aussieht, wenn du 20 Jahre nix einzahlst und nur Hartz4 beziehst?

Genau, mies. Achso, man kann ja vom schwarz verdienten was in die Privatvorsorge einzahlen! Ne, bestimmt nicht, dann hast du das Sozial/Finanzamt schneller auf der Matte als du denkst, die merken recht fix wenn da was nicht stimmt. Und dann gibts nichts mehr, völlig zu Recht wie ich finde. Also Sozialschmarotzertum ist ja wohl echt das letzte! Vom Geld der anderen Leute leben ist ja schon mies genug, aber dann auch noch schwarz verdienen ist echt der Gipfel! Ich finde die Strafen dafür können garnich hoch genug sein.

Also ich hoffe du denkst da jetzt nochmal drüber nach! Sollte nicht so klingen, dass ich DIR das alles vorwerfe, das war ein allgemeines Aufregen über solche Vorgehensweisen. ;)

Für solche Leute könnte man von mir aus auch wieder eine Prangerstrafe einführen. :lol: Oder ein Schild an die Haustür kleben und jedem Passanten erlauben, sich frei aus seiner Wohnung zu bedienen, mit Dingen die er gern haben will; hat derjenige ja auch so getan. :P

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» Herr Lehmann » Beiträge: 558 » Talkpoints: 5,56 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Nette Idee. Nur wird das so nicht ganz klappen. Wenn du selbst kündigst, beziehst du erstmal etwa ein Jahr lang Arbeitslosengeld 1. Du musst dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Sprich, wann erwartet, das man dich morgens anrufen kann und dir einen Job anbieten kann. Wenn du aber egrade deiner Schwarzarbeit nachgehst, ist das kaum möglich. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld 1 folgt Arbeitslosengeld 2, auch Hartz 4 genannt. Da musst du dann erstmal deine Vermögenswerte offenlegen. Lebensversicherungen etc. Das Vermögen daraus, musst du erstmal ausgebeb, bevor du Leistungen beziehen kannst.

Wenn du nun Hartz 4 beziehst, musst du dem Arbeitsmarkt auch zur Verfügung stehen. Es kann dir durchaus passieren, das du zu einem Ein- Euro- Job rangezogen wirst. Das Geld kannst du zwar behalten und steigerst so deine monatlichen Einkünfte, nur Freizeit hast du nicht mehr so wie du es dir erträumst. Und du gehst für wesentlich weniger Arbeiten, als du jetzt bekommst. Und da du deinen erlernten Beruf angeben musst, kann es schon passieren, das dieser Ein- Euro- Job genauso hart ist wie dein jetziger Job.

Momentan hast du einen Arbeitsplatz. Daa du noch zu überlegen scheinst, scheint er nicht so schlimm zun sein. Willst du das alles aufgeben? Ist ja nicht so, das du die obengenannten Probleme bekommen könntest. Nein du wirst auch gesellschaftlich nicht mehr angesehen. Hartz 4 Empfänger gelten als Sozialschmarotzer. Kein einfacher "Job". Du bekommst zwar neber der Miete für eine angemessene Wohnung noch 345 Euro. Davon gehen aber noch Telefon, Strom und eventuell Versicherungen ab. Man kann mit dem was übrig bleibt leben. Aber als Arbeitnehmer hat man da doch ein paar Euro mehr in der Tasche.

Ach ja, solltest du es schaffen, Hartz 4 zu bekommen und einer Schwarzarbeitertätigkeit nachzugehen. Du bist nicht versichert. Wenn du einen Unfall hast, wer zahlt? Was wenn du Berufsunfähig wirst? auch hier zahlt niemand. Vorallem ist die erste Frage vom Amt, wie ist das passiert. Und da stehst du vor dem entscheidenden Problem. Wirst du bei Schwarzarbeit erwischt und beziehst Leistungen nach Hartz 4, dann bitten die dich dann erstmal zur Kasse. Da wirst du nicht nur zur Zurückzahlung der zu unrecht bezogenen Leistungen herangezogen. Höchstwahrscheinlich wirst du auch eine richtig schöne Betrugsanzeige am Hals haben.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Es gibt viele Menschen die trotz Arbeit am Existenzminimum leben. Nicht selten weil die Abgabenlast ihrer Einkommen sehr hoch ist. Sie zahlen Steuern und Beiträge zu Sozialversicherungen und am Ende bleibt nicht viel über.

Wenn also Jemand der Meinung ist, lieber von Hartz IV zu leben, weil er mit regulärer Arbeit auch nicht mehr verdienen würde, liefert den Beweis das staatliche Fürsorgeleistungen, sprich Hartz IV, noch zu hoch sind!

Sie sollten sich endlich mal vor Augen halten, das arbeitende Menschen auf einen Teil ihres Einkommens verzichten, damit sie Geld vom Staat erhalten.

» jaris » Beiträge: 2 » Talkpoints: 0,31 »



Herr Lehmann hat geschrieben:Kann man nicht auch mal einmal weiter als von der Schädeldecke bis zur Stirn denken? Hast du schonmal an solche Dinge wie Krankenversicherung, Berufsunfähigkeitsversciherung oder Altersvorsorge gehört? Was glaubst du, wie deine Rente aussieht, wenn du 20 Jahre nix einzahlst und nur Hartz4 beziehst?

Immer wieder schön, wenn man Leute beleidigt ohne dabei selber großartig nachzudenken. Ein Recht auf eine Grundsicherung hat auch ein Hartz4-Empfänger. Klar ist das nicht viel, was dann als Rente rausspringt, aber wenn man ehrlich ist, bekommt man als Geringverdiener doch am Ende auch nicht mehr.

Und seit wann sind Arbeitslose nicht krankenversichert? Dann war es halt ein Freizeitunfall als man einem Freund geholfen hat, das kann dir niemand verbieten. Genauso wie man durch eine Arbeit auch nicht gleich gegen die Berufsunfähigkeit versichert bist. Sowas musst du privat abschließen und kannst das auch ohne Arbeit machen.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass viele von den Leuten die im Niedriglohnsektor arbeiten besser leben würden, wenn sie Hartz4 beantragen und schwarz arbeiten gehen. Natürlich ist das nicht erlaubt, aber im Grundsatz ging es ja nicht um die Frage ob es erlaubt ist, sondern ob man damit besser leben kann. Ob man nun für vielleicht 800 Euro netto arbeiten geht und davon alles selber zahlt oder gleich zu Hause bleibt und Hartz4 + Miete bezieht, rein finanziell kommt da oft kein großer Unterschied raus. Zumindest keiner der 30-40 Stunden Arbeit pro Woche belohnen würde.

Auch wenn es der arbeitenden Bevölkerung gegenüber unfair ist, kann ich viele Hartz4-Empfänger verstehen, dass sie nicht arbeiten, da sie in der Regel für eine richtige Arbeit auch nicht viel mehr bekommen würden als vom Amt. Um das zu ändern ist aber die Politik gefragt und nicht die Hartz4-Empfänger, wobei ich jetzt auch nicht sagen würde, dass sie zuviel bekommen. Man kann sicher davon leben, aber große Sprünge kann man damit auch wieder nicht machen, da muss man die Kirche schon mal im Dorf lassen. Vielmehr sollte es stärkere Anreize geben, zu Arbeiten bzw. der Unterschied von Hartz4 zur regulären Arbeit muss deutlicher ausfallen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Klehmchen hat geschrieben:Auch wenn es der arbeitenden Bevölkerung gegenüber unfair ist, kann ich viele Hartz4-Empfänger verstehen, dass sie nicht arbeiten, da sie in der Regel für eine richtige Arbeit auch nicht viel mehr bekommen würden als vom Amt. Um das zu ändern ist aber die Politik gefragt und nicht die Hartz4-Empfänger, wobei ich jetzt auch nicht sagen würde, dass sie zuviel bekommen.

Das ist der Knackpunkt an der Sache, es liegt es doch auch an den Leistungsempfängern, wenn alle die könnten und die Möglichkeit hätten arbeiten würden, würden die Abgaben welche auf den Gehaltsabrechnungen der arbeitenden Bevölkerung zu sehen sind geringer ausfallen. Dann hätten die die Arbeiten eben doch mehr Geld über, als der Hartz 4 Empfänger.

Weiterhin kenne ich mehrere Arbeitslose, welche nichts lieber hätten, als einen ordentlichen Job. Klar, auch ich würde als Profi im Projektmanagement nicht als Aushilfsregalauffüller im Supermarkt anfangen, wo mein Vorgesetzter dann halb so alt ist wie ich, da habe ich Verständnis, wenn so etwas abgelehnt wird seitens des Arbeitssuchenden (wobei ich vermutlich mitmachen würde, da ich nicht nutzlos rumhängen möchte).

Nur für Leute die einfach nicht arbeiten wollen, ausser in einem utopischen Job (20 Stunden die Woche arbeiten für ein sechsstelliges Jahresgehalt oder so), fehlt mir das Verständnis.

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» crissi » Beiträge: 1137 » Talkpoints: -9,86 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich finde es traurig, dass man "ANREIZE SCHAFFEN MUSS, UM ARBEITEN" zu gehen.

Hartz IV, ist eine Fürsorgeleistung für Jene, die ihren Lebensunterhalt nicht mit eigenen Mitteln und eigenen Kräften bestreiten können. Es kann nicht sein,dass es als alternative Einkommensquelle bzw. als Entscheidungsmaßstab herhalten muss, um überhaupt einen Job anzunehmen. Dies beleidigt nur Menschen die wirklich Hilfe brauchen bzw. wirklich darauf angewiesen sind!

» jaris » Beiträge: 2 » Talkpoints: 0,31 »



Wer so etwas wirklich macht, sitzt dann allerdings auch noch mit 65 in Hartz IV, weil er nichts für die Rente ansparen konnte.

Außerdem sind ein Drittel aller Bezieher von Hartz IV doch in Arbeit, wobei gerade Familien mit Kindern arm trotz Arbeit sind und der Staat lt. Focus 50 Milliarden alleine von 2005 bis 2009 für das Aufstocken ausgegeben hat. 40 Prozent aller Alleinerziehenden sind in Hartz IV und dies hat seinen Grund.

Aussagen wie die von HD sind reine Lügenmärchen, die nichts mit der Realität zu tun haben. Dafür gab es schon immer zu viele Sanktionen und Vorschriften. Deshalb scheint der liebe Nachbar dies aus gutem Grund selber nicht zu machen.

Da bringt es eher etwas, sich selbständig zu machen und nur einen Teil seiner Einnahmen zu versteuern. Dies funktioniert in der Realität auch wesentlich besser.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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