Schwule Nachbarn

Ich frage mich gerade, warum du mit dem Lebensstil des jungen Mannes scheinbar so ein deutliches Problem hast. Von vielen 08/15-Heteros kommen oft Kommentare à la "ich habe ja nichts gegen Schwule", meistens direkt an ein großes "aber" gekoppelt. Diese ganze Scheintoleranz finde ich absolut ätzend.

Wer legt fest, was normal ist und was extravagant ist? Ich persönlich finde die ganzen Standardmenschen total langweilig. Besonders betont männliche Männer und sehr weibliche Frauen sprechen mich überhaupt nicht an und ich meide den Kontakt mit diesen sogenannten normalen Menschen.

Ich mag weiche, feminine Männer und ich finde auch sehr maskuline Frauen teilweise recht hübsch. Sollte es eine Frau an meiner Seite geben, wäre sie garantiert maskulin und damit eine Zielscheibe für den Spott der üblichen Normalos. Männer müssen feminine Seiten zeigen, um mir zu gefallen und dürfen auch gerne sehr tuckig sein.

Dass diesen Geschmack nicht alle teilen, liegt auf der Hand und ich finde das auch sehr gut so. Allerdings denke ich, dass das man die anderen Geschmäcker und Lebensweisen respektieren sollte. Ich könnte mir auch keinen LKW-fahrenden Klaus oder eine Hanne von der Wursttheke an meiner Seite vorstellen. Aber dennoch ziehe ich nicht über die hier angedachten Stereotypen her, da sie mir einfach egal sind und keinen Einfluss auf mein Leben haben.

Ich frage mich, warum du soviel Interesse für das Leben deines Nachbarn zeigst. Er ist offensichtlich ein netter und ausgeglichener Mensch, der gerne Parties feiert und auch auf fremde Leute, wie zum Beispiel dich, offen zugeht. Wenn er seinen rosa Wandteppich mag, dann ist das seine Sache und nicht deine. Vielleicht gefallen ihm die Eiche-rustikal-Möbel der Durchschnittsbürger auch nicht. Aber das ist einfach nichts, was eine wirkliche Relevanz besitzt. Ich mache mir über solche Dinge, die du beschreibst, überhaupt keine Gedanken.

Ich finde es auch ganz schlimm, wenn man das eigene Leben und den eigenen Lifestyle als Maßstab nimmt und daran Normalität fest macht. Aber nicht jeder ist bereit, seinen eigenen eng gesteckten Horizont zu erweitern. Das ist aber dann auch in Ordnung.

Du sagst zwar, dass du nichts gegen Schwule hast, regst dich aber auf das dein Nachbar typisch rumläuft? Ich vermute, dass dein Nachbar dich damit bewusst provoziert, weil er merkt dass du dich darüber aufregst oder es dir peinlich ist.

Ich habe in meinem Freundeskreis auch einen schwulen Bekannten und ich muss sagen, dass ich mit ihm besser klar komme als mit so manch anderem. Sicher er läuft auch in engen Jeans und mit viel zu engen Hemden durch die Stadt, aber mir macht das nichts aus. Ich finde es witzig, dass er zu sich selber steht und auch keine große Sache daraus macht auf welches Geschlecht er steht. Sicher manchmal erntet man schon böse Blicke, aber man gewöhnt sich an alles.

Vielleicht solltest du deinen Nachbarn auch mal so sehen wie er ist und dich nicht von ihm provozieren lassen. Er will immerhin auch nur seinen Spaß.

Ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass er seine sexuelle Neigung zeigt und auslebt. Stell dir mal vor, was er denkt, wenn er andere stock konservative Heterosexuelle sieht? Da sagt doch auch keiner was.

Du hast ja selber geschrieben, es soll Jeder so machen wie er es für richtig hält. Und wenn er dazu steht und es dementsprechend auslebt dann ist das seine Sache. Warum muss er sich denn so verhalten wie die anderen Schwulen, also laut Deiner Aussage ohne die üblichen Klischees auszuleben?

Leben und leben lassen, du wiedersprichst dir total, entweder es stört dich nicht oder er provoziert dich. Ich könnte genauso behaupten, dass dein Verhalten klischeehaft ist. Es taucht ein Schwuler auf und du verurteilst ihn wegen den Sachen die er tut, weil sie für dich typisch schwul sind.

Selbst wenn er zugibt damit absichtlich zu provozieren, was anderes hast du gerade in meinen Augen nicht getan, du hast ihn als tuntig abgestempelt und damit all die provoziert die es nicht so sehen wie du.

Also, wenn es dich sowenig stört und ihr ja scheinbar klar kommt miteinander, dann akzeptiere es, er hat ja deine Heterosexualität auch akzeptiert und kann mit dir so um wie du bist, sollte es dich aber wirklich stören, dann sage ihm das, vielleicht kann er es ein wenig einstellen in deiner Gegenwart aber ich würde dir eher raten ihn so zu nehmen wie er ist, wenn dir was an seiner Freundschaft liegt.

Wir haben auch einen Nachbarn gehabt, der zwar nicht schwul ist aber im falschen Körper geboren wurde. Ca. 4 jahre lang hat er mit seiner Frau bei uns auf der Nebenstiege gewohnt. Er war ein kräftiger Mann, und hat auch wirklich so wie einer ausgesehen. Keine Spur von Verwandlung.

Tja dann nach einigen Monaten hat er sehr stark abgenommen, und siehe da, man erkannte ihn nicht mehr. Ich weiß jetzt zwar die Hintergründe nicht, aber er hat sich schon immer als Frau gefühlt und hat gemeint, die Zeit dafür ist gekommen, sein leben drastisch zu ändern.

Er hat auch Hormone bekommen, hat sich die Barthaare weglasern lassen, und verwandelte sich nach und nach in eine Frau. Als Frau schaut er schon sehr gut aus, und man merkt es fast nicht mehr, das er einmal ein Mann war.

Ich bewundere wirklich wie er das geschafft hat, von einem moppeligen Mann sich so zu verändern. Überhaupt so eine Figur zu bekommen. Meine Nachbarin meinte letztens zu mir, das er/sie eine wirkliche Tussi ist, und eigentlich nur über Mode und Schminke redet.

Ich bin mir sicher, das seine Frau einen wirklichen Schock bekommen hat, ich weiß auch nicht, wie lange sie zusammen waren, aber seine Frau hat sich dann halsüberkopf in eine Affäre gestürzt, und ist auch ziemlich schnell aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen.

Mir ist aber auch aufgefallen, das er sich wirklich sehr extrem, als Frau "aufspielt", und wirklich alle Tussihaften Klischees erfüllt. Ich habe auch nichts gegen Schwule und auch nichts gegen solche die eigentlich in einem falschen Körper hineingeboren wurden. Mein Motto, leben und leben lassen!

Um ehrlich zu sein: Mir ist das herzlich egal, wie Menschen sich verhalten oder zeigen und ich finde es geht mich gar nichts an und es steht mir auch nicht zu, das in irgendeiner Weise zu kritisieren. Jeder soll einfach so leben, wie es ihm Spaß macht.

Du sprichst davon, dass er es mit seiner Homosexualität übertreibt, aber wie sollte man es damit übertreiben, ich denke es liegt nicht an dieser anderen sexuellen Neigung. Das ist wie bei allen anderen Menschen auch: Es gibt die einen und die anderen- die einen sind sehr zurückhaltend, geben nur wenig von sich preis, das ist die Mehrzahl, die dann auch als normal gilt. Aber dann gibt es dann auch eben die anderen- die emotionalen, die sich ganz offen nach außen zeigen und kein Problem damit haben, irgendetwas von sich zu zeigen.

Wie gesagt: Mir ist das egal, letztendlich kommt es ja wirklich auf die Person an. Wenn er eine nette Person ist, mit der man sich gut unterhalten kann, dann sollte seine Verhaltensweise da doch nicht im Weg stehen. Aber wenn du da wirklich ein großes Problem mit hast, geh doch einfach nicht mehr auf seine Partys. Es ist ja nicht so, dass dich irgendjemand zwingt, mit ihm in Kontakt zu bleiben.

Ich sage es mal ganz direkt: irgendwo müssen diese Klischées bezüglich von femininen, ständig gut gelaunten und weltoffenen Schwulen ja kommen Ich bin mir sicher, dass es sogar mehr dieser Art gibt, als so mancher es ahnen würde, auch, wenn ich mich frage, wie sich der Schwule selbst mit einer derartigen Lebensweise fühlen muss. Dass es homosexuellen Männern meist nichts ausmacht wenn andere von ihren Vorlieben wissen, ist ja allgemein bekannt. Aber ob es einem Schwulen wirklich absolut gar nichts ausmacht, wenn er wirklich zu hundert Prozent dem Klischée entspricht? Im Grunde zeugt das doch auch vom genauen Gegenteil von Individualität, und mich persönlich würde das sehr stören.

Natürlich ist es auch möglich, dass manche Schwule einfach nur ihr Umfeld provozieren wollen und es darauf anlegen, dass man mit ihrer Homosexuallität nicht umzugehen weiß. In diesem Falle liegt es sicherlich nahe, so viele Klischées wie nur möglich zu erfüllen.

Ich frage mich, wieso überhaupt automatisch davon ausgegangen wird, dass dieser Mann provozieren will. Wieso kann es nicht einfach so sein, dass er einfach lebt, wie es ihm gefällt? Dass es dem Klischee entspricht, kann ja auch Zufall sein. Oder darf man neuerdings kein Rosa mehr mögen und nicht nasal sprechen, nur, weil man schwul ist? Es sollte jeder einfach so leben, wie es ihm am besten gefällt, so lange das niemandem schadet (und der Mann schadet garantiert niemandem damit). Das würde ich mir wünschen. Egal, ob es einem Klischee entspricht, oder nicht. Egal, ob es "normal" ist oder "unnormal".

An sich finde ich es übrigens schon etwas seltsam, einen Nachbarn direkt zu fragen, ob er schwul sei, nur, weil er sich ungewöhnlich kleidet. Nein, ich fände es definitiv nicht beleidigend, denn schwul zu sein, ist nichts beleidigendes. Aber komisch ist es halt schon für mich, aufgrund der Kleidung auf die sexuellen Vorlieben zu schließen. Ich kenne übrigens auch einen heterosexuellen Mann, der gerne enge Kleidung trägt und der sich auch schon Haarsträhnen pink gefärbt hat, und er ist dennoch nicht homosexuell oder transsexuell. Er lebt so, weil es ihm einfach so gefällt. Wo sollte es da auch ein Problem geben, außer mit dummen, intoleranten Mitmenschen?

Ganz abgesehen von all den Äußerungen bezüglich Klischess, Intoleranz und so weiter, denen ich mich zum größten Teil anschließen kann, ohne alles noch mal mit eigenen Worten zu formulieren, gibt es noch eine andere Sache, die mich irritiert: Was stört sich daran, dass er "Guten Tag, wie geht es Ihnen?" sagt, statt "Moin" oder Servus"? Ihr kennt euch ja offensichtlich nicht näher, so dass er einen persönlicheren Gruß vielleicht einfach nicht für angebracht hält. Verschiedene Menschen haben eben verschiedene Vorstellungen davon, wie höflich oder locker man mit fremden Leuten kommuniziert.

Und auch, wenn du das vielleicht übertrieben höflich und ungewöhnlich für einen jungen Menschen findest, kann ich nichts in dieser Formulierung finden, was seine Homosexualität betont. Ist das ein neues Klischee, das ich noch nicht kenne? Dass Schwule immer besonders höflich sind? Oder ist gutes Benehmen in deiner Welt immer ein Anzeichen für Homosexualität, weil heterosexuelle Männer unhöflich zu sein haben? Oder wie darf ich diese seltsame Anmerkung deuten? Erklär das doch mal bitte, denn da komme ich wirklich nicht mehr mit!

Also, ich kenne auch viele Schwule und habe kein Problem mit ihnen, die meisten sind doch ganz normale Leute wie du und ich. Im Haus meiner Schwester ist vor kurzer Zeit auch ein schwules Päärchen eingezogen und die kamen gleich am ersten Tag mit zwei Flaschen Prosecco vorbei und waren insgesamt total freundlich und "normal". Gleich am nächsten Abend sind meine Schwester und ihr Mann mit den beiden ins Kino und danach noch etwas trinken gegangen, absolut nette Leute. Also, weg mit den Vorurteilen, diese Leute sind größtenteils nicht anders als wir und was sie in ihrem Schlafzimmer machen, das lass mal deren Sorge sein.

Ich finde es jetzt nicht weiter schlimm, wenn er sich so verhält. Ich selbst finde es eher amüsant und musste beim Lesen des Beitrages eher schmunzeln. Die meisten Schwulen verhalten sich ja nicht "schwul" sondern einfach wie ganz normale Menschen. Aber ich finde es cool, dass er so locker damit umgeht und auch dazu steht und es nicht leugnet, dass er schwul ist. Dazu gehört eine Menge Mut.