Gewissensbisse bei der Arbeit / im Beruf
Ich muss jetzt einfach mal meine Gedanken loswerden. Ich arbeite als Bankberater und bin eigentlich ganz gut darin. Es kein Geheimnis, dass jeder Bankberater sogenannte Zielvereinbarungen hat, die besagen, dass er ein bestimmtes Kontingent an Bankprodukten verkaufen soll. Natürlich heißt es offiziell bedarfsgerechte Beratung, aber eigentlich geht es nur ums Verkaufen. Ich bin ein guter Verkäufer.
Manchmal habe ich Tage, da läuft es richtig gut. Nur manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich Produkte verkaufe, die der Kunde eigentlich gar nicht braucht bzw. sich gar nicht leisten kann und trotzdem drehe ich ihm das Produkt an. Wenn ich mit meinem Chef über Zielerreichung spreche, dann interessieren ihn die nackten Zahlen und die sind gut bei mir. Manchmal habe ich Gewissenbisse, aber so ist nun mal mein Beruf.
Geht es sonst noch jemandem genau so (vielleicht ist jemand auch als beratender Verkäufer tätig)?
Du hast zurecht ein schlechtes Gewissen. "Aber so ist nun mal mein Beruf" zieht meiner Meinung nach überhaupt nicht. Stell dir doch mal vor, dass jemand deiner Mutter/Frau oder deinem Kind irgendwelche kostenpflichtigen Sachen andrehen würde.Hättest du dann auch Verständnis? Ob du nun bei einer Bank arbeitest oder in einem Callcenter im Verkaufs (Outbound-) Bereich und irgendwelchen uralten Omas einen DSL-Anschluss andrehst, ist vollkommen egal. Beides ist unehrlich und unehrenhaft.
Irgendwann bekommst du ohnehin alles zurück, nichts bleibt unbestraft Daher lass es lieber sein, du wirst sicher nicht auf der Strasse landen, wenn du ehrliche Arbeit verrichtest.
Ich finde du musst den für dich am besten geeigneten Mittelweg finden. Ich selber komme aus der Hotelerie und verkaufe auch schon mal Kunden am Telefon Zusatzarrangements die eigentlich kein Mensch braucht. Allerdings gebe ich auch gerne mal den tipp sich seine Halbpension für Abende gut zuschreiben an denen Sie außerhalb essen.
Im Endeffekt belastest du dein Gewissen wenn du deinen Kunden nur unnötigen kram andrehst, auch wenn es dein Beruf ist. Berate halt einfach mal Kunden noch besser als andere, schwatze ihnen nicht allen möglichen Müll auf und bleibe ehrlich wenn sie Fragen stellen.
Ich kann das sehr gut verstehen und ich habe vor 20 Jahren mal als Versicherungsberaterin gearbeitet, wo man auch Verträge abschließen musste und ich konnte das nicht mehr machen, weil ich wirklich ein unsagbar schlechtes Gewissen hatte, Leute was anzudrehen, was sie irgendwann sowieso entweder nicht mehr bezahlen konnten, oder aber sie es absolut nicht brauchten.
Auch in anderen Berufs oder Jobrichtungen hat mich ein schlechtes Gewissen geplagt., Als Avonberaterin, als Tupperberaterin hat man das gleiche Problem. Die Leute kaufen überteuerte Sachen, die sie dann kaum brauchen und müssen mit dem Geld rechnen. Aber ich habe es ihnen aufgeschwatzt.
Solche Arbeiten konnte ich nicht mehr machen. Es hat mich sehr belastet, wenn dann gerade gute Bekannte mir ihr Leid klagten, wenn sie finanzielle Probleme hatten und ein paar Monate vorher haben sie bei mir sinnlose Sachen gekauft.
Hast du schon einmal hier geschaut ? Ich hab auch bei einem Versicherungsunternehmen gearbeitet für ein halbes Jahr, und dort auch den Leuten den Ramsch aus dem genannten Thread verkauft (auch wenn jemand anderes immer noch der Meinung ist, dass es sich dabei um ein gutes Produkt handelt). Gewissensbisse hab ich schon ein paar gehabt, aber ehrlich gesagt - wenn die Leute es unterschreiben und annehmen dann sind sie selbst Schuld. Getroffen hat es mich ja auch, und ich hab den Ärger nun ...
Und bei meiner jetzigen Arbeit im Rettungsdienst müssen auch Abstriche hingenommen werden, wenn ich grad keine Lust habe dann ist die Versorgung ein wenig minimalisiert und vor allem ich trage doch nicht jeden ins Auto runter. Die Patienten sollen einmal nicht so weich sein, wenn sie es nicht an den Füssen haben dann muss ich mir den Rücken doch nicht kaputt machen und nur weil sie fett sind und deswegen angeblich nicht Treppenlaufen können erst recht nicht.
Denn irgendwie schaffen sie es auch den Müll raus zu bringen oder man sieht sie ständig im Dorf unterwegs ... da kann ich auch schon einmal Laut werden damit ich das durchsetze und ich sehe es als mein gutes Recht. Nur weil ich Rettungsdienst am Rücken stehen habe, bin ich noch lang nicht ein 100% Rundumservice mit Tragen, Putzen und netter Betreuung ... leider wird das zu oft ausgenutzt, und so müssen halt auch die Leute drunter leiden die nicht simulieren - aber im Gegensatz zum Rest, geben die sich wenigstens Mühe.
Zu deinem Job, es ist nun einmal dein Job und wenn du deswegen Gewissensbisse hast, dann kannst du dir ja noch einmal einen Wechsel überlegen. Muss nicht direkt sein, aber auf die Dauer machst du dich damit psychisch selbst kaputt. Aber wie auch oben angesprochen, die Leute sind selbst Schuld wenn sie etwas unterschreiben statt selbst noch einmal durch zu rechnen und wenn sie direkt unterschreiben weil überrumpelt und aufgeschwatzt, dann haben sie immer noch eine Widerspruchsfrist die sie benutzen können.
Somit selbst Schuld und würde ich mir persönlich keine Gedanken darum machen. Ich trenne auch Job von Privat, mag sein das ich mir auf der Arbeit noch Gedanken darum gemacht habe - damit hat es nichts zu suchen - funktioniert aber nur, wenn das Privatleben in Takt ist, ansonsten vermischt sich das und am Ende kommt ein Burn-Out Syndrom raus.
Diamante hat geschrieben:auch in anderen Berufs oder Jobrichtungen hat mich ein schlechtes Gewissen geplagt., Als Avonberaterin, als Tupperberaterin hat man das gleiche Problem. Die Leute kaufen überteuerte Sachen, die sie dann kaum brauchen und müssen mit dem Geld rechnen. Aber ich habe es ihnen aufgeschwatzt.
Das finde ich jetzt sehr unzutreffend verallgemeinert. Denn nicht jeder Berater schwatzt anderen Leuten etwas auf. Und nicht alle Leute haben es nötig mit ihrem Geld zu rechnen. Zumal teilweise diejenigen, die scheinbar kein Geld haben, eben dieses an anderen Stellen derart aus dem Fenster werfen, dass ich jeden Berater, der dann eben denkt: das Geld wird eh' ausgegeben, und da ich auch etwas verdienen möchte, seh ich eben zu, dass es bei mir ausgegeben wird, verstehen kann.
Bevor ich mich aber noch weiter vom eigentlichen Thema entferne. Auch wenn ich es nicht unbedingt so tragisch finde, dem ein oder anderen Menschen etwas aufzuschwatzen, was dieser nicht unbedingt braucht, so finde ich es doch bedenklich, wenn der Verkäufer dabei ein schlechtes Gewissen hat und die Kunden dabei (wenigstens teilweise) übervorteilt werden.
Was ich bei Dir aber nicht unbedingt sehe: dass das Problem Dich so belastet, dass Du unbedingt etwas daran ändern möchtest. Ich habe eher den Eindruck, dass Du Argumente suchst, warum Dein Handeln doch nicht so schlimm ist. Mag sein, dass Dir das hilft, gut möglich, dass es zumindest zeitweise hilft, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es Dir dauerhaft hilft.
Besser ist es wohl, an Deiner Situation etwas zu ändern. Wenn Du weiterhin verkaufen möchtest, aber nicht mehr das Gefühl haben möchtest, Deinen Kunden etwas anzudrehen, würde ich überlegen, wo es diese Möglichkeit gibt. Gleiches gilt, wenn Du gar nicht mehr verkaufen magst, auch da gibt es sicher Möglichkeiten.
Ich denke letztendlich ist das in jeder Branche in der etwas verkauft wird mehr oder weniger so, dass man teilweise Dinge verkaufen muss die vielleicht auch günstiger (aber weniger gewinnbringend) machbar wären, wenn es denn der Chef so will. Langfristig ist das natürlich eine eher unkluge Herangehensweise, weil schlecht beratene Kunden nämlich zur Konkurrenz gehen, wenn sie merken, dass die Beratung schlecht ist/war.
Leider scheint der Druck auf Bankangestellte allgemein recht hoch zu sein, was Verkäufe angeht. Das weiß ich sowohl von Freunden die in der Branche arbeiten und denen es genauso geht wie dir, als auch aus eigener Erfahrung. Wer hatte noch nie in einem Gespräch mit seinem Bankberater das Gefühl, dass dieser ihm etwas aufschwatzen wollte und dabei garnicht wirklich die eigenen Bedürfnisse beachtet hat?
Allerdings bin ich persönlich de Meinung, dass wenn man bei dem was einem da erzählt wird ein bisschen mitdenkt, man kritisch hinterfragt, sich auch selbst informiert und nicht alles was einem da erzählt wird als die ultimative Wahrheit hinnimmt, man auch recht schnell merkt ob einem etwas aufgeschwatzt werden soll.
Von daher denke ich sollte man lieber einen Mittelweg gehen: Klar muss man verkaufen und will dabei auch erfolgreich sein, aber gerade wenn man schon anfängt Gewissenbisse wegen seiner eigenen Methoden zu haben, sollte man eventuell hier und da doch schon mal einen Gang zurückschalten. Und auch eines sollte man nicht vergessen: ein Kunde den man durch falsche Beratung in finanzielle Schwierigkeiten bringt wird in Zukunft eher kein Geld mehr haben, dass er zur Bank tragen kann...
Ich kenne diese Zielvereinbarungen der Banken. Leider muss ich gestehen, dass in den meisten Fällen, Zahlen rausgerufen werden, die ein Bankberater kaum schaffen kann. Das Potenzial ist nicht vorhanden, weil der Markt übersättigt ist. Es kommt genau auf solche Verkäufer an, die trotz dieser Lage, für das Unternehmen selbst gewinnbringend arbeiten. In jedem Fall brauchst Du keine Gewissensbisse zu haben. Du stellst die Produkte Deiner Bank vor, bringst schlagende Argumente und der Kunde willigt ein. Ich würde etwas anderes schreiben, wenn Du sagen würdest, Du unterschreibst für die Kunden!
Du brauchst auch keine Gewissensbisse zu haben, denn die Banken leben von solchen Geschäften. Wenn die Bankberater vorsichtig wären und ihre Produkte – nach der eigenen subjektiven Beurteilung – nur bestimmten Kunden vorstellen würden, wäre es erstens ungerecht gegenüber anderen Kunden. Die Produkte, die Du anbietest, sind in der Regel gut. Jeder sollte selbst frei entscheiden dürfen, ob er sein Geld darin investiert oder nicht.
Außerdem: Wenn es keine guten Verkäufer in den Banken geben würde, würden die Banken sich auf Dauer nicht mehr halten können. Du arbeitest an der Front und leistest einen enormen Beitrag für das Unternehmen: Durch diese Geschäfte, werden Arbeitsplätze in der inneren Verwaltung gewahrt werden, die Banken können Gewinne erzielen für sich selbst und denn Kunden, usw. Es gibt keinen Grund für schlechtes Gewissen und wenn ein Kunde wirklich nicht mehr zahlen kann, dann bist Du auch als Bankberater sicher auch clever genug, ihn da zu unterstützen!
Um ehrlich zu sein verstehe ich nicht, warum du das hier breit trittst. Es erscheint mir so, als ob du Bestätigung suchst, dass das doch gar nicht so schlimm ist was du da tust und dass man da halt durch muss. Aber so gesehen hast du doch eine Wahl ob du den Job ausüben möchtest oder nicht. Wenn du nicht damit klar kommst, dann wechsel den Arbeitgeber oder die Branche, aber sitze nicht rum und jammer vor dich hin. Jeder hat sein Schicksal selbst in der Hand, du musst es nur wollen.
Selbst hatte ich auch schon das Jobangebot als Finanzberaterin tätig zu sein, wobei ich da aber abgelehnt habe. Denn was zuvor beim Stellenangebot so gar nicht deutlich war, stellte sich dann im Vorstellungsgespräch heraus. Ich verkaufe nichts auf Provision und ich sollte dann auch gezielt mein menschliches Umfeld bearbeiten und dort alles mögliche verkaufen, was ich aber nicht eingesehen habe. Jeder hat seine Prinzipien und du solltest dir überlegen, was dir wichtiger ist: das Geld oder deinen Prinzipien und deinem Gewissen treu zu sein.
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