Kannibalismus in Notsituationen

Vor einiger Zeit (ich konnte nicht richtig schlafen und hatte Hustenanfälle) schaltete ich morgens N24 ein und bekomme gerade mit, wie die Dokumentation "Kannibalen aus Not" anfängt. Interessiert schaue ich es mir an und bin gefesselt. Die Sendung erzählte von 3 Geschehnissen (zeitlich eingeordnet von Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum 2. Weltkrieg), in denen sich Menschen, die in sich in einer ausweglosen Situation befanden, von Menschenfleisch ernährten um ihr Überleben zu sichern.

In der ersten Geschichte haben sich eine Gruppe von Leuten im Dschungel verirrt und der eine wurde von einer giftigen Schlange gebissen. Daraufhin forderte er die anderen auf, ihn zu töten, um dadurch zu überleben.
In der zweiten Story ging es um Schiffbrüchige, die nun in einem Rettungsboot auf dem Ozean herumschipperten. Der Jüngste von ihnen hatte, obwohl er mehrfach gewarnt wurde, in der NAcht Salzwasser getrunken und am nächsten Morgen war die Dehydration bereits soweit fortgeschritten, dass sein Blut schon fast geronnen wäre. Also haben auch diese Menschen den Entschluss gefasst ihn zu verspeisen, aber mit dem Hintergrund, dass sie Familie hatten und der Junge keine näheren Verwandten besaß. Die dritte Geschichte handelte von japanischen Soldaten im zweiten Weltkrieg, die auf einer Insel (ich bin mir nicht mehr sicher, welche es war) vom Nachschub angeschnitten waren und ihre toten Kameraden so wie gefangene Gegner aufaßen.

Was mich nun interessiert ist was ihr so von Kannibalismus unter Menschen haltet. Habt ihr grundsätzlich moralische Bedenken ? Würdet auch ihr unter bestimmten Umständen zu Kannibalen ? Die kann man so natürlich nicht mit Sicherheit sagen, aber eventuell meint ihr ja schon von vorneherein: "Kein Problem für mich" oder "" Habt ihr vielleicht sogar selbst schon einmal Menschenfleisch gegessen ?

Unter Berücksichtigung dessen, dass man es nicht genau wissen kann, würde ich so antworten: Ich bin mir ziemlich sicher, dass, wenn ich weiß, dass ich sterben werde, wenn ich nicht zum Kannibalen werde, durchaus damit leben könnte, mich von einem Menschen zu ernähren. Dabei spielt es für mich persönlich jetzt erstmal keine Rolle ob roh oder irgendwie weiterverarbeitet. Ob ich es verantworten könnte, dass ich einen anderen Menschen, nur meines Überlebens wegen, töte, kann ich nicht genau sagen. Wahrscheinlich ist aber, das nicht. Allerdings von Menschen, die bereits gestorben sind ? Eigentlich kein Problem, selbst roh, wenn es wirklich die einzige Rettung böte. Gebraten würde ich es auch so verspeisen, wenn sich nichts anderes finden ließe, eventuell schmeckt es ja sogar

Dann schreibt mal eure Meinung und / oder macht wenigstens bei der Umfrage mit

Zu Nächst ersteinmal zu den drei gewählten Geschichten. Im Dschungel und auf einer Insel hätte ich immernoch die Möglichkeit mich von anderen Dingen zu ernähren, selbst auf die Gefahr hin, mich dabei zu vergiften. In so einer Situation würde ich also eher nicht dazu neigen mich von Menschenfleisch zu ernähren um zu überleben. Denn nur wenn ich keinen, wirklich keinen anderen Ausweg sehen würde, würde ich eventuell Menschenfleisch essen, so der Mensch eines nicht durch Gewaltanwendung herbeigeführten Todes gestorben ist.

Es gab da mal eine Geschichte eines U-Bootes, was in der Arktis oder Antarktis eingeklemmt war und die Besatzung am Ende, als alle Reserven aufgebraucht waren so reagierten und ihre toten Kameraden auf aßen . Es gab übrigens auch mal eine Geschichte eines Bergsteigers, der abgestürzt war und sich selber ein Bein oder einen Arm amputierte, den er sich bei dem Sturz verletzt hatte und sich sozusagen von sich selber ernährte, auch das halte ich für eine Möglichkeit, in so einer Extremsituation mein Überleben zusichern.

Ich könnte mir nicht vorstellen Menschenfleisch zu essen. Auch dann nicht, wenn der Tote eines nicht gewalttätigen Todes gestorben ist oder vielelicht grade deswegen nicht. Wenn er durch eine Vergiftung gestorben ist, kann ich mir vorstellen, dass das Fleisch dann auch nicht grade gesund ist. Oder wenn derjenige eine unheilbare Krankheit gehabt hätte, finde ich den Gedanken daran, dass ich Fleisch esse, was mit einer unheilbaren Krankheit "verseucht" ist auch nicht grade prickelnd.

Ich glaube nicht, dass ich, auch in einer Notsituation auf Menschenfleisch zugreifen würde. In der Natur kann man dann auch durch andere Sachen überleben, die uns die Natur schenkt und der Gedanke daran einen Menschen zu verzehren ist schon ein wenig komisch.

Ich denke in der jetzigen Situation kann man das überhaupt nicht beurteilen ob man Menschenfleisch essen würde. Wir, die in der Zivilisation leben, haben alles, wir brauchen nur den Kühlschrank aufzumachen. Aber wie sagt der Volksmund immer : "In der Not frißt der Teufel Fliegen". Wenn man in einer solchen Notsituation ist, dann ist der Überlebenswille stärker als der Ekel, den wir sonst als normal empfinden. Denn Kanibalismus ist unethisch und unmoralisch.

Ich denke nicht, dass man dazu wirklich eine Aussage machen kann.

Ich meine, ich bin in der "ersten Welt" geboren und aufgewachsen - ich weiss nicht, wie es sich anfühlt, wenn man kurz davor ist zu verhungern und ich weiss auch nicht, wie sich ein schwerer Schock auf das Denken auswirkt, denn zum Glück habe ich das auch noch nie erlebt. Aber fest steht, das körperliche Bedürfnisse in der Bedürfnishierarchie ganz oben stehen (oder unten, da diese ja oft als Pyramide dargestellt wird) und erst wenn diese Bedürfnisse befriedigt sind kommen Dinge wie Moralempfinden in den Fokus.

Natürlich finde ich den Gedanken einen Menschen zu essen auch ziemlich abartig, aber ich sage das als jemand der gut gefrühstückt hat und weiss, dass ich nachher zum Mittagessen zwischen einer ganzen Reihe von Möglichkeiten wählen kann.

Ich denke wirklich, dass man dafür in so einer Situation gewesen sein muss. Unter normalen Bedingungen kann man sich glaube ich nicht vorstellen, wie groß der Hunger wird. Hier redet man ja schon von Mordshunger, wenn man mal einen Tag nichts gegessen hat und sich dann am Abend auf das Essen stürzt. Wirklichen Hunger kennen wir doch gar nicht mehr. Selbst für Obdachlose gibt es die Armenspeisung oder die Bahnhofskommission. Hier meckert man doch im Krankenhaus schon, weil man am Abend vor der OP nichts mehr essen darf.

Ohne also zu wissen, wie groß dieser Hunger wird, und was das für ein Gefühl ist, kann man also sicher schlecht sagen, ob man auch auf Menschenfleisch zurückgreifen würde. Momentan könnte ich es mir nicht mal vorstellen, selber ein Tier zu erlegen. Mit genug Hunger aber kann es ja wirklich sein, dass man sogar einen Menschen umbringt, schwer zu sagen also.

Nein, ich glaube nicht das ich das könnte, egal in welcher Situation. Da man auch einige Tage ohne Nahrung auskommen kann, halte ich das auch nicht wirklich für Notwendig, im Zweifel würden sich mit Sicherheit noch andere Nahrungsmittel finden, wie z.B. Pflanzen und Wurzeln.

Das Thema Kannibalismus zum Überleben wird auch schon im Film Überleben behandelt, der von der Chilenischen Fußballmannschaft handelt die in den 70er glaub ich wars, in den Anden abgestürzt ist und die dann auch irgendwann angefangen haben ihre Toten zu essen. Sie sind danach sogar vom Papst "freigesprochen" worden.

Na ja wie gesagt ich denke im Zweifel kann ein gesunder Mensch auch ein paar Tage ohne Nahrung auskommen ohne zu verhungern.

Nein ich würde mich nicht von einem Menschen ernähren. Ehrlich gesagt würde ich dann lieber verhungern. Zum einen finde ich das absolut abartig den Gedanken daran und zum anderen könnte ich damit auch mit dem Wissen einen Menschen verspeist zu haben gar nicht leben. Und wie gesagt, man kann einige Tage ohne Nahrung überleben, dazu hat man ja die Fettreserven. Mit dem Trinken würde es kritisch werden.

Ich muss da immer an Hannibal denken, wo man seine kleine Schwester isst, weil diese sowieso Lungenentzündung hatte und die Männer im Schnee natürlich nichts gefunden hatte. Und selbst,wenn ich keine Nahrung finde, ich käme nie (!) auf die Idee dann einen Menschen zu essen. Eher würde ich es aus Verzweiflung dann wohl mit Holz versuchen.

Ich muss aber sagen, dass Hunger etwas erträgliches ist, im Gegensatz dazu könnte ich es nicht ertragen, jmd. umzubringen oder einen bereits verstorbenen Menschen zu essen.

Ich hatte vor einiger Zeit mal den Film "Überleben" im Fernsehen gesehen und mich dann gefragt, was ich in einer solchen Situation machen würde. Normal kann man als Mensch eine ganze Zeit ohne Nahrung überleben, aber im Hochgebirge im Schnee wohl nicht, weil man dann zu schnell auskühlt, wenn der Blutzuckerspiegel durch fehlende Nahrung sinkt und man aufgrund des geringeren Sauerstoffgehalts der Luft ohnehin schon weniger Wärme produzieren kann.

Ich bin für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass ich wahrscheinlich auch das Fleisch von einem Toten gegessen hätte. Jemanden deswegen töten könnte ich sicherlich nicht, aber wenn er schon tot ist (durch einen Unfall oder so) denke ich doch, dass ich da auch essen würde um zu überleben. Sicherlich ist rohes Fleisch nicht so gesund, aber besser als zu verhungern allemal.

Ist aber eine wirklich schwierige Frage, die man nicht wirklich sicher beantworten kann, ohne in solch einer Extremsituation gewesen zu sein. Ich wünsche es niemandem, so etwas überhaupt erleben zu müssen und vor eine solche Frage gestellt zu werden.

Also ich kann mich da der Meinung der Mehrheit anschließen.

Grundsätzlich ist es sehr schwer, sich vorzustellen, dass man zu so etwas fähig sein könnte. Es ist schon ekelhaft, und schon wo ich hier diese Fallbeispiele gelesen habe, ist mir schon schlecht geworden. Also wie ich hier so sitze, mit meinen Lebkuchen neben mir und in der Erwartung auf ein leckeres Mittagessen, da würde ich behaupten: NIEMALS! Es hört sich so widerlich an und ich würde so mit meinem Gewissen zu kämpfen haben.

Aber dann muss man darüber nachdenken: Was wäre, wenn du jetzt nicht deine Schokolebkuchen neben und ein lecker Essen vor dir hättest? Was, wenn man wirklich irgendwo wäre, wo man keine andere Möglichkeit mehr hat, als den Kannibalismus, um sich zu ernähren? Ich glaube, da kann man nicht mehr wirklich sagen, wie man handeln würde. Denn ich glaube, wenn der Hunger dann einmal so groß wird, dass es einen fast in den Wahnsinn treibt und wenn man genau weiß, dass es nun heißt "Kannibalismus oder Tod", dann hat man kein Gewissen mehr, was einem sagt, dass man das doch nicht tun kann. Und dann findet man es auch nicht mehr unnatürlich, eklig oder was auch immer. In einer solchen Ausnahmesituation sieht man es einfach nur noch als die einzige Chance an, zu überleben.

Und überleben ist schließlich für jeden das wichtigste. Solange man andere Möglichkeiten hat, wie auf der Insel, da würde ich das mit Sicherheit auch nicht machen. Aber wenn ich in einem U-Boot oder wo auch immer sitze, wo einfach über kurz oder lang keine andere Nahrung mehr da ist - ich glaube, da würden bei mir auch alle Sicherungen durchbrennen und ich würde zum Kannibalisten werden. Da ist der Überlebensinstinkt nunmal das größte und stärkste und wichtigste, was uns beeinflusst. Eigentlich eine schlimme Vorstellung, aber wahrscheinlich der Wahrheit entsprechend.