Finanzkrise: staatlicher Eingriff in freie Marktwirtschaft?
Hallo,
ich muss sagen so langsam regt mich die Sache gewaltig auf. Die Bankvorstände setzen Millionen in den Sand und der Staat springt da ein und behauptet stolz den Zusammenbruch der Finanzmärkte nun abgewendet zu haben.
Der Staat jongliert dabei mit den Steuergeldern der einfachen Bürger und gibt diese den unfähigen Banken, die wieder bereit sind, das Geld in den Sand zu setzen. Es kann doch nicht sein, dass der Staat sich in der Form in die freie Wirtschaft einmischt. Was ist mit der natürlichen Bereinigung des Marktes? Und warum partizipiert der Steuerzahler an den Verlusten von Privatbanken, aber nicht an den Gewinnen?
Ich würde gerne über dieses Thema hier diskutieren.
Also zum einen muss man sagen, dass der Deal ja geplatzt ist in den USA. Die Republikaner haben ja gegen den Finanzplan von Bush gestimmt und der Staat gibt den Banken nun keine 700 Millionen Dollar.
Es geht aber ja nicht darum, dass der Staat die Banken beschenken will, sondern dass er auf diese Weise versucht die normalen Bürger vor einer Katastrophe zu bewahren. Diese verlieren gerade reihenweise ihre Häuser weil sie die Kredite ohne ihre Banken nicht mehr aufbringen können.
Ob es richtig ist, das Loch mal eben durch den Staat zu stopfen indem man den Banken das Geld einfach zu gibt ist natürlich fraglich, aber dass der Staat dort nun eingreifen muss um den Bürgern zu helfen, sollte keine Frage mehr sein. Die Frage ist nur, wie das am besten gemacht werden kann.
Es waren allerdings nicht nur die privaten Banken, die es nicht verstanden haben, mit den ihnen anvertrauten Geldern sinnvoll umzugehen, sondern in Deutschland auch viele Landesbanken (beispielsweise Sachsen) und Kommunen/Großstädte, die blauäugig das Geld ihrer Kunden in diese Banken gesteckt und nun verloren haben.
Von daher tragen auch deutsche Staatsbeamten eine Teilschuld, wenn Deutschland von diesem Milliarden-Debakel betroffen ist (ca. 30 Miliarden Verlust) und der Staat muss quasi zum Wohl der Bürger eingreifen.
In Amerika kommt das Eingreifen des Staats meines Erachtens viel zu spät. Denn schon vor mehr als einem Jahr hatten deutsche Politiker, allen voran Finanzminister Peer Steinbrück, von der amerikanischen Regierung verlangt, dass diese den Finanzmarkt regulieren müssen, um eine Katastrophe zu verhindern. Dafür wurde er damals von Bush, dem US-Finanzminister Ben Bernanke und dem Britischen Premierminister Gordon Brown belächelt und zurückgewiesen.
Die Konsequenzen muss nun die amerikanische Regierung und die Privatbanken selbst tragen und können keine Hilfe von Deutschland oder der Europäischen Union verlangen, da diese selbst die Auswirkungen zu spüren bekommen (werden!) und ihre eigenen Probleme beheben müssen. Sollte der amerikanische Staat nicht eingreifen, werden diese für den Rest der Welt (abgesehen von China und Russland) viel größer sein als sich das hier viele vorstellen. Dadurch dass die Amerikaner die AIG durch Steuergelder gerettet haben, wurde zum Beispiel schon ein mögliches großes Problem für Deutschland abgeschafft
Insofern wäre es für Europa schon wichtig, wenn die US-Regierung beruhigend auf die Märkte einwirkt. Für den amerikanischen Steuerzahler und die amerikanische Position als führende Macht auf dem Planeten wird sich ein Eingreifen des Staats sicherlich negativ auswirken.
Wahrscheinlich hat es aber genau einer solchen Weltwirtschaftskrise nach 1929 bedurft, um die teilweise sehr überheblichen Akteure aus ihrer Scheinwelt zu holen und um in Zukunft wieder realistischere Finanzpolitik zu betreiben
Seh ich auch so, es musste einfach eine Korrektur erfolgen, um den Spekulationswahn mancher Banken zu beenden. 14 Prozent rendite pro Jahr klingt natürlich besser als "nur" fünf Prozent, aber realistisch waren die Werte sicher über Jahre hinweg nicht. Allerdings sollten wirklich nur kleine Privatanleger Schutz vor Totalverlust haben, Banken, die jahrelang Milliarden mit hochskekulativen Produkten verdient haben und das Geld anscheinend nicht sicher angelegt haben, die haben wirklich keinen Anspruch auf eine Entschädigung.
Die Bereinigung am Bankenmarkt wird ganz klar zeigen, dass nur die Banken überleben werden, die vernünftig ihr Geld angelegt haben, bzw. nur socleh Kredite vergeben haben, die nicht - wie bei den US-Immobilien - auf Sand gebaut sind. In Europa droht uns zwar zumindest in Spanien wohl auch eine ähnliche Pleite im Immobilienbereich, da dort der Bausektor mangels Nachfrage aufgrund der viel zu schnell gestiegenen Preise fast komplett zusammengebrochen ist, aber die Dimensionen wie in den USA werden sicher nicht erreicht.
Wenn so eine Spekulationsblase platzt, dann werden zwar Werte vernichtet, aber letzlich sind es nur Werte, die auf dem Papier standen. Real wären sie sowieso nicht umsetzbar gewesen. Und wenn diese Fehler nun korrigiert werden, dann dürfen diejenigen, die sich jahrelang damit ein "Goldenenes Näschen" verdient haben nun nicht dafür entschädigt werden, dass es nun nicht mehr so weitergeht.
Der Staat sollte sich da soweit wie möglich raushalten, lediglich die Punkte, an denen die Volkswirtschaft strikturell in Mitleidenschaft gezogen wird sollten vom Staat genau beobachtet werden und gegebenenfalls eingegriffen werden.
Natürlich regt mich das auch auf, wenn ich zum Beispiel sehe wie um fast jeden Kindergrippenplatz gefeilscht wird und wie Studiengebühren eingeführt werden, die es manchen Leuten unmöglich machen ein Studium aufzunehmen ohne sich auf Jahre zu verschulden - und dann wird das Geld, das angeblich nicht da ist, den Banken in den Rachen geworfen.
Oder in den USA, wo 700 Milliarden locker gemacht werden sollen für die Banken, aber wo die Etats für Schulen schon seit Jahren gekürzt werden und viele Menschen nicht mal krankenversichert sind und eine ernstere Erkrankung den finanziellen Ruin bedeuten kann.
Aber die Frage ist natürlich, was würde passieren, wenn der Staat den Banken nicht unter die Arme greift? Was würde passieren wenn der Finanzmarkt total zusammenbricht und wie teuer könnten diese Folgen für den Staat werden? Vielleicht sind die Finanzspritzen wirklich das kleinere Übel.
Ich finde es bei der ganzen Diskussion immer wieder lustig, wie die Banker als Schuldige hingestellt werden. Warum denn das? Wenn jemand ohne große Absicherung ein viel zu teures Haus kauft und dabei auf keinerlei Eigenmittel zurückgreifen kann, ist das dann nicht ein klein wenig blauäugig?
Jahrelang haben viele der Bürger, die sich jetzt um ihre Steuergelder betrogen fühlen, gut von den Krediten gelebt, die sie nie hätten bekommen dürfen. Viele Leute haben nicht nachgefragt, womit die Banken ihre Renditen erzielen, solange sie selbst genug Prozente bekamen. Und nun wussten genau die Leute, die selbst auf Pump alles gekauft haben und selbst ihr Geld bei faktisch unsicher aufgestellten Banken ihr Geld angelegt haben, dass die Banker alles falsch gemacht haben.
Und zum Thema Steuergeldverschwendung, weil die in den USA nicht vernünftig mit dem Geld umgehen können. Nahezu alle Landesbanken hängen da mit drin und haben viel Geld verloren, von der KfW ganz zu schweigen. Aber andererseits haben diese Banken, in den Jahren vor der Krise aber auch sehr gutes Geld mit Immobiliengeschäften und Aktienspekulation verdient. Und wenn z.B. die Bundesbank mal wieder Milliardenüberschüsse erzielt, dann kommt das eben auch dem Bundeshaushalt zu Gute und damit auch dem Steuerzahler. Darüber verliert aber niemand ein Wort.
Ich persönlich habe zwar auch in manchen Momenten gedacht, lasst doch einfach alle Banken Pleite gehen, aber andererseits wären die Auswirkungen unübersehbar. Wenn man sich ansieht, wieviel Verluste schon unsere Landesbanken haben, dazu der Beinah-Zusammenbruch der Hypo Real Estate.
Wenn jetzt noch mehr Banken in den USA zusammenbrechen, dann verlieren auch unsere einheimischen Banken noch mehr Kapital. Die haben das ja nicht unter ihrem Kopfkissen liegen. Schlussendlich wird es dann auch viele Banken in Europa treffen. Zum Teil können die dann nicht mal was dafür. Da fallen da ja Gelder aus, nur weil die Bank wo es angelegt wurde, kein Geld mehr von einer anderen Bank bekommt, weil die es woanders nicht mehr bekommt, nur weil irgendwo am Anfang der Kette eine Bank Pleite geht.
Der Finanzmarkt kennt nunmal keine nationalen Grenzen und nahezu jeder handelt dort mit jedem. Und wenn dann tatsächlich auch große deutsche Banken betroffen sind, ich nehme jetzt mal einfach rein hypothetisch mal die Deutsche Bank. Wer bitte soll denn den ganzen Kunden der Deutschen Bank das Geld bezahlen, dass Ihnen aus dem Einlagensicherungsfond zustehen würde.
Im Endeffekt wäre so ein Zusammenbruch nicht bezahlbar und es würde auch der ganz einfach kleine Sparer sein Geld verlieren. Von daher finde ich es schon wichtig, dass man die Finanzmärkte stützt.
Und außerdem ist es ja nicht so, dass man den Banken die 700 Mrd. einfach mal mir nichts dir nichts schenkt. Der amerikanische Staat würde dafür ja Gegenleistungen in Form von Krediten bekommen. Es ist ja nicht so, dass all diese Kredite nun gar nichts wert wären. Vielmehr sind sie durch die derzeitige Situation und den Vertrauensverlust der Anleger und der Banken untereinander zur Zeit nicht so viel Wert. Das heißt aber nicht, dass sie nicht in 2 bis 3 Jahren, wenn der Finanz- und Immobilienmarkt wieder stabilisiert sind, immer noch wenig Wert sind. Unter Umständen kann man die jetzt verhältnismäßig billig gekauften Krediten ja wieder für die gleiche oder gar eine höhere Summe veräußern.
Ich wäre ja wirklich mal gespannt, was die Leute sagen würde, wenn der amerikanische Staat die Kredite jetzt für 700 Milliarden Dollar aufkauft und in ein paar Jahren für sagen wir mal 1.000 Milliarden Dollar wieder verkauft. Dann haben es aber sicher alle wieder von Anfang an gewusst und schon immer dafür gestimmt
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