Von Beruf Sohn - Kennt ihr auch solche Beispiele?

Ich koche gerade förmlich vor Wut und muss deswegen hier Dampf ablassen. Habe gerade einen Typen kennen gelernt, der bei der Firma seines Vaters als Geschäftsführer arbeitet. Er hat das Studium halbwegs durchgehalten und mit einem miserablen Schnitt abgeschlossen. Angeblich hatte er zum Schluss keinen Bock mehr.

Danach hat er eine Weltreise gemacht, um seinen Horizont zu erweitern. Nach der Reise ließ er es sich gut gehen - Partys, Frauen und Alkohol: Finanziert wurde alles von den Eltern. Nun arbeitet er seit zwei Monaten als GF bei seinem Vater und macht auf Big-Boss. Er spricht von seinen Angestellten wie von Sklaven und meint er sei etwas Besseres.

Warum gibt es solche Ungerechtigkeiten auf dieser Welt? Ein Doktor muss in Berlin Taxi fahren und dieser Möchte-Gern-Geschäftsmann ruht sich im Schatten seines Vaters aus. Kennt ihr auch solche Beispiele?

Das Leben ist nunmal einfach nicht fair. Dass ein Doktor sich einen Nebenverdienst per Taxifahren holen muss, finde ich nun nicht so schlimm, kommt halt darauf an, was für ein Doktor das ist, ist er ein Arzt, der täglich fit sein muss um Leben zu retten, oder ist er irgendein Doktor im Wirtschaftsbereich oder so etwas?

Ich sehe auch nicht ganz den Punkt, warum ein Arzt automatisch viel mehr Verdienen muss, als ich zum Beispiel, wo ich durch meine Arbeit in einer Versicherung erst dafür sorge, dass bei ihm überhaupt Geld rein kommt. Das ist aber auch etwas, was man sehr differenziert betrachten muss, nicht jeder Arzt ist ein Heiliger und nicht jeder Sohn eines reichen Unternehmers ist ein Mistkerl.

Solcherlei undifferenzierten, pauschalisierenden Aussagen gehen mir ziemlich auf den Zeiger, habe ich sie doch auch oft am eigenen Leibe erfahren. Mein Vater ist selbstständig und hat eine ziemlich kleine Firma, die es aber bald schon seit 100 Jahren und inzwischen in der dritten Generation gibt, hatte dann irgendwann mal Bekannten erzählt, dass mein Vater eine Firma hat und der einzige, aber auch abschliessende Kommentar war "Ah, Beruf Sohn", damit war dann alles klar, wobei diese Bekannten rein gar nichts wussten, für die war dann einfach klar, dass ich auf einer Matratze gefüllt mit 500 Euro Scheinen schlafe und mein Leben wie im Schlaraffenland verläuft (nur zur Beruhigung, das tut es nicht, ich habe die gleichen Nöte und Sorgen, wie jeder andere auch, vielleicht sogar noch etwas mehr, denn wenn die Firma den Bach runter geht, muss ich meine Eltern durchfüttern).

Dass es hier und da einfach solche Typen gibt, die sich auf dem Erfolg der Eltern oder anderer ausruhen ist leider normal, aber die sind nicht in der Überzahl, sondern lediglich einzelne Ausnahmen. Da lohnt es sich nicht, sich darüber aufzuregen, diese Leute straft man einfach mit der nötigen Verachtung ab und dann hat sich die Sache.

Schwingt da eine gehörige Portion Neid mit? Was kümmert es dich was der Sohn treibt und wieso der Vater alles kommentarlos bezahlt. Selbst wenn es so ist, solange die Eltern das tolerieren und unterstützen gibt es aus reinen Vernunftsgründen keinen Grund für den Sohn sein Leben zu ändern. Papas Sohn wird einmal der Chef sein und das Sagen in der Firma haben, das ist nun einmal bei privaten Unternehmen so.

Ich kenne allerdings auch solche Typen aus meinem Berufsleben, ich verabscheue sie und ihre Art mit Menschen umzugehen und ich setze als Beamter meinen ganzen dienstlichen Eifer daran das ihnen auszutreiben. Für fast alles gibt es Gesetze, allerdings habe ich im Gegensatz zu dir nicht mit Konsequenzen zu rechnen wenn ich mich rechtlich korrekt verhalte.

Ja, solche Fälle gibt es, allerdings kommen solche Söhne früher oder später alleine in Schwierigkeiten, weil sie nie gelernt haben, sie etwas ohne Hilfe der Eltern aufzubauen und sich alleine durchzusetzen. Beneiden muss man sie also nicht, eher bemitleiden.

Denn was haben sie denn? Sie sind nur durch Beziehungen in ihrer jetzigen Position, leben nur vom Geld der Eltern. Sie können nicht stolz darauf sein, was sie geschafft haben, denn da gibt es nicht, was sie aus eigener Kraft bewerkstelligt haben.

Irgendwie kann ich deinen Ärger verstehen. Klar ist das ungerecht, dass einerseits Menschen hart arbeiten müssen um wenigstens etwas Geld zum Leben zu haben und anderseits Leute eigentlich nichts machen müssen und dafür dann eine Menge Geld bekommen.

Aber mal ganz ehrlich. Würde sich irgendwer von uns beschweren, wenn er selber reiche Eltern hätte, die alles bezahlen? Natürlich würde nicht jeder dann nur rumsitzen und das schamlos ausnutzen. Aber wenn ihm die Möglichkeit dazu gegeben wird, warum sollte er dann dazu Nein sagen? Die Eltern sind doch selber Schuld, wenn sie das alles mit sich machen lassen oder es ihnen egal ist, dass er nur auf ihre Kosten lebt.

Das ist auf jeden Fall alles andere als fair, aber es ist eben auch eine Erziehungssache. Wenn man seinem Kind immer nur alles vor die Nase trägt, dann lernt es eben nichts fürs Leben und wird dann auch kein besonders sozialer und netter Mensch. Ich kenne selber auch so einen Typ. Er wurde immer nur von seinem Vater verwöhnt, hat etliche Autos bekommen und alle kaputt gemacht.

Der Vater zahlt auch heute noch viel, der Sohn fängt immer wieder andere Studienrichtungen an zu studieren und weiß nicht, was er machen soll. Er muss sich ja auch nicht einig werden. Wenn dann seine Freunde sagen, dass etwas finanziell nicht drin ist, lacht er nur. Mein Bruder war mal mit ihm befreundet, aber diese Art konnte er irgendwann nicht mehr ertragen.

Die Welt ist nicht fair, das stimmt. Deswegen nützt es in meinen Augen auch nichts, sich über solche Dinge aufzuregen. Wenn du darüber reden willst, dass die Welt nicht fair ist, dann könntest du auch die armen, verhungernden Kinder in Afrika als Beispiel machen. Die haben es auch nicht gut erwischt, obwohl sie nichts in ihrem Leben getan haben, womit sie das verdient hätten. Im Gegensatz zu diesen geht es dir dann wieder richtig gut und dann bist plötzlich du diejenige, die in der Position ist, ein besseres Leben zu haben als die anderen.

Also sei doch einfach für das dankbar, was du hast. Das Motto „Es hätte schlimmer kommen können“ klingt zwar nicht besonders motivierend für das Leben, aber man muss es sich ab und zu schon mal vor Augen führen, wie gut man es hat, ansonsten wird man schnell zur Diva und regt sich über alle möglichen Kleinigkeiten auf. Das sind teilweise Probleme, über die andere Menschen nur lachen würden, weil sie glücklich darüber wären, wenn sie überhaupt ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen hätten.

Ich kenne auch so Leute wie den jungen Geschäftsführer, von dem du mir erzählst, aber ich finde trotzdem, dass ihr Leben nicht beneidenswert ist. Alle diese Leute in meinem Umfeld haben, soweit ich das gerade überblicken kann, nämlich beispielsweise keine Freundin. Ich dafür habe schon seit fast drei Jahren einen wundervollen Freund, der mich jeden Tag zum Lächeln bringt. Und das finde ich viel mehr wert, als ein neues Markenauto zu haben und tausende von Euro auf dem Konto. Vielleicht fällt dir ja auch etwas in deinem Leben ein, was du hast, der Geschäftsführer aber wiederum nicht. Dann ändert sich deine Einstellung ihm gegenüber vielleicht auch.

Es ist eigentlich natürlich, dass es so viele Ungerechtigkeiten auf der Welt gibt. Beispielsweise die Schere zwischen Arm und reich. Oder zwischen den Hungernden und denen, die üppig zu essen haben. Ich kann deine Aufregung schon verstehen, weil ich solche Leiden auch nicht leiden kann. Ich bin glücklich, dass ich niemanden kenne, der so ist. Und ich denke auch nicht, dass es unbedingt "Neid" ist, der da mitschwingt.

Auf so ein Leben neidisch zu sein wäre nichts für mich. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass es wirklich beneidenswert ist, alles für lau zu bekommen und nicht zu wissen, wie es ist, für seine eigenen Ziele gearbeitet zu haben beziehungsweise diese dann im besten Fall sogar noch erreicht zu haben. Wenn man alles bekommt, was man will, weiß man vieles gar nicht zu schätzen und das wollte ich in nicht missen.