Kann man seine Meinung noch frei äußern?

vom 22.09.2008, 13:57 Uhr

Zwei verschiedene Situationen innerhalb der letzten Woche haben mich zum Nachdenken gebracht. Ich dachte eigentlich, dass man seine Meinung offen und ehrlich sagen darf, ohne irgendwelche Nachteile zu bekommen, aber durch diese beiden Situationen wurde ich eines anderen belehrt.

Sicherlich weiß ich, dass man nicht jedem Menschen die ungeschminkte Wahrheit sagen darf und, dass man mit seiner Meinung immer objektiv sein sollte, um keinen zu verletzen. Dennoch versuche ich sooft es nur möglich ist die Wahrheit zu sagen, denn ich kann es nicht ertragen, wenn ich einen anderen Menschen anlügen muss, nur damit ich keinen Nachteil bekomme, oder dieser mich sonst nicht mehr mögen würde.

Die erste Situation war in meiner Schule. Dabei weiß ich, dass man besonders in der Schule darauf achten muss, wem und wie man seine Meinung anvertraut. In der Situation ging es darum, dass ich einen Lehrer aus meiner Schule um eine eher außerschulische Hilfeleistung gebeten habe. Von diesem habe ich dann die Antwort bekommen, dass ich meine Aufgaben selber zu erledigen habe und, dass der Lehrer meine Aufgaben nachher kontrollieren könne, was meiner Meinung nach nur heißt, dass ich die Arbeit zehnmal hintereinander selber machen muss, weil ich es selber nicht schaffe. Da der Lehrer mir sagte, dass ich mich selber um meine Aufgaben kümmern solle, habe ich mir Hilfe bei jemandem Anderes geholt, sodass ich die Aufgabe erledigen konnte, ohne zu viele Fehler zu machen. Nun habe ich aber das Problem bekommen, dass der Lehrer auf irgendeine, mir nicht schlüssige Weise mitbekommen hat, dass ich mir anderweitig Hilfe geholt haben muss. Er fragte mich natürlich in der nächsten Stunde, was das solle und warum ich jemanden anderen für mich „arbeiten“ lasse. Daraufhin sprach ich offen und sagte ihm, dass ich mich doch um meine Arbeit selber kümmern sollte, den die andere Person sympathischer fand und Hilfe bei ihm eingeholt habe. Seitdem habe ich aber das Gefühl, dass ich durch den Lehrer benachteiligt werde, weil ich weniger drangenommen werde und auch die Tonart zwischen meinem Lehrer und mir von meinem Lehrer ausgehend sich geändert hat.

Die zweite Situation ereignete sich in einem meiner Hobbys. Am Ende einer Veranstaltung bin ich zu einem Vereinsvertreter, der sich nicht gerade gut benommen hatte gegangen und habe ihm meine persönliche Meinung ehrlich, aber ruhig ins Gesicht gesagt. Ich sagte ihm, dass ich die Aktion nicht in Ordnung fand und, dass ich sie schon fast beleidigend empfunden habe. Daraufhin passierte zwar nicht viel von Seiten des Vertreters her, aber seitdem ist es so, dass ich im Verein ein wenig mit verdrehten Augen angeguckt werde und auch eine gewisse Benachteiligung vorliegt.

Für mich stellt sich daraus natürlich eine Schlüsselfrage, die sich für mich gar nicht mehr so einfach beantworten lässt. Soll man einem überhaupt noch die Wahrheit und seine persönliche Meinung objektiv sagen, wenn man daraufhin sowieso benachteiligt wird und die Meisten auch keinen Fehler darin sehen zu lügen?

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» You » Beiträge: 548 » Talkpoints: -0,53 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Du kannst deine Meinung natürlich weiterhin frei äußern. Dagegen hast du ja selber nichts geschrieben, nur macht es nicht oft Sinn. So solltest du überlegen, was du bei deinem Gegenüber erreichen möchtest und wie du dies tust.

Lehrer sind auch nur Menschen und die Aussage, dass jemand anders sympatischer sei impliziert, dass der Lehrer wahrscheinlich unsympathisch ist, was als Beleidigung aufgefasst werden kann. Da ist es selbstverständlich, dass dein Ansehen beim Lehrer sinkt. Ein Lehrer sollte zwar versuchen objektiv zu urteilen und jeden gleich zu behandeln, jedoch ist dies in der Praxis kaum realisierbar.

Deshalb sollte man immer darauf achten, was man jemanden mitteilen möchte, wie der andere drauf reagieren könnte und wie man es geschickt formuliert, um zu den entsprechenden Resultat zu kommen. Mit Meinungsfreiheit hat das ganze nichts zu tun, falls du darauf hinaus willst.

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» mich » Beiträge: 665 » Talkpoints: 2,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge


You hat geschrieben:Ich dachte eigentlich, dass man seine Meinung offen und ehrlich sagen darf, ohne irgendwelche Nachteile zu bekommen, aber durch diese beiden Situationen wurde ich eines anderen belehrt.

Okay, um das ganze abzukürzen - Du hast hier wie die meisten was an der Meinungsfreiheit falsch verstanden und leidest unter Überinterpretation. Ist aber kein Makel, das tun die meisten.

Denn Meinungsfreiheit bedeutet lediglich, dass man aufgrund seiner Meinung nicht diskriminiert, diskreditiert usw. oder bestraft werden darf (=Nachteile), eingeschränkt auf Basis der bestehenden Gesetze - letzteres bedeutet nur, dass Beleidigungen, Anstiftungen zur Straftat und andere Vergehen, die das Zusammenleben der Gesellschaft grob stören könnten verboten sind, da Freiheit nun einmal dort aufhört wo ich (deutlich) in die anderer Menschen eingreife.

Oder anders: Mit "Nachteile" sind rechtliche Nachteile gemeint, nicht die, dass man sich bei jemandem unbeliebt gemacht hat und jetzt Objektivität einfordert, weil man irgendetwas gesagt hat. Dazu kann einem niemand zwingen und dass ist sozusagen auch die Freiheit der anderen Dich für eine Meinung die ihnen nicht passt auszugrenzen solange dies "im Rahmen bleibt" - und Freundlichkeit sowie Freundschaft kann man nicht einklagen, sprich: Solang dein Lehrer, deine Kameraden nichts strafbares machen ist auch ihr Verhalten Teil ihrer Meinungsfreiheit. Wenn mir jemand oder in meiner Gegenwart bestimmte Dinge sagen würde wäre das für mich auch Grund genug, ihn aus meinem Umfeld auszugrenzen und mich nicht mehr wohlgesonnen zu verhalten und keiner kann mir das verbieten.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Subbotnik hat geschrieben:
You hat geschrieben:Ich dachte eigentlich, dass man seine Meinung offen und ehrlich sagen darf, ohne irgendwelche Nachteile zu bekommen, aber durch diese beiden Situationen wurde ich eines anderen belehrt.

Okay, um das ganze abzukürzen - Du hast hier wie die meisten was an der Meinungsfreiheit falsch verstanden und leidest unter Überinterpretation. Ist aber kein Makel, das tun die meisten.

Es geht eigentlich sogar noch weiter. Die zugesichterte Meinungsfreiheit bezieht sich lediglich auf das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, sprich der Bürger darf sich dem Staat gegenüber frei äußern, ohne Restriktionen fürchten zu müssen.

Zwischen Privatleuten herrscht quasi das Recht des Stärkeren, auch Hausrecht genannt. In Webforen ist es doch genau das gleiche. Ein User schreibt blödsinn, wird herausgeworfen, meldet sich neu und und jammert etwas von fehlender Meinungsfreiheit. Ich kann jeden aus meiner Wohnung werfen, wenn wir seine Visage nicht passt, ebenso verhält es sich mit Webforen.

In der Schule ist das natürlich eine andere Sache, aber wie schon gesagt wurde, Lehrer sind auch nur Menschen und die viele Menschen nehmes es einem eben krumm, wenn man sie korrigiert oder ihnen widerspricht. Sowas ist natürlich ärgerlich und man sollte versuchen im Einzelfall wieder für sich zu entscheiden aber allgemein gilt eben doch, daß die Welt nicht unbedingt fair ist.

» Robin Hut » Beiträge: 46 » Talkpoints: 0,00 »



Natürlich kann und sollte man seine Meinung frei äußern. Allerdings sollte man auch dabei immer die Form bzw. die Art und Weise der Meinungsäußerung beachten. Man kann auch eine negative Meinung mit positiven Vokabular einer anderen Person mitteielen. Trotzdem bleibt der Inhalt der Meinung dann immer noch mit negativen Aspekten und sie wird dann auch verstanden. Beispielsweise wird ja auch ein Arbeitszeugnis freundlich und mit nicht beleidigenden Vokabular geschrieben, obwohl der Inhalt unter Umständen auch negativ sein kann.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich bin der Meinung, dass man seine Meinung in den meisten Fällen nicht mehr frei äußern kann. Es ist leider so, dass viele Menschen es nicht mehr respektieren, wenn andere Leute ihre Meinung anderen mitteilen und dann immer gleich Terror machen oder ganz fiese Kommentare dazu abgeben, die eigentlich nicht gerechtfertigt sind oder sich dann anders bei einem revanchieren.

Ein gutes Beispiel dafür war damals mein Bruder und meine Mutter und der Geschichtslehrer von meinem Bruder. Der Geschichtslehrer konnte wirklich nicht unterrichten und in der ganzen Klasse gab es kaum einen Schüler, der bei dem Lehrer gute Noten bekam. Selbst mit Lernen schaffte mein Bruder keine bessere Note als eine 3. Als meine Mutter daraufhin zur Schule ging und sich mit dem Lehrer unterhalten hat, natürlich ganz vernünftig und sachlich, hat er sich persönlich so angegriffen gefühlt, dass mein Bruder nur noch die Note 5 in seinem Fach bekam und das nur, weil meine Mutter ihre Meinung geäußert hat.

Ich finde aber auch, dass man an dem Beispiel sieht, dass man nicht immer seine Meinung anderen Menschen mitteilen sollte. Leider ist es eben manchmal besser, wenn man seine Meinung für sich behält um anderen Leuten nicht zu schaden.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Natürlich kann man seine Meinung frei äußern, man muss nur wissen, dass manche Menschen nicht unbedingt mit der Kritik anderer zurecht kommen und dich danach vielleicht weniger mögen. Ich habe meinem alten Klassenlehrer oft meine Meinung gesagt, nett und freundlich. Ich hab mich trotzdem immer gut mit ihm verstanden. Da hatte ich wohl Glück. Er hat auch oft eingesehen wenn er was falsch gemacht hat oder so. Sicherlich gibt es auch bei mir oft Menschen die mit dem was ich sage nicht umgehen können, da ich häufig einfach sage, wenn mir was nicht passt. Ob es nun gefällt oder nicht. Ich denke halt das jeder offen äußern sollte wenn ihn etwas stört, eh es hintenrum anders raus kommt.

» Jessy3794 » Beiträge: 127 » Talkpoints: -0,22 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke auch, dass man seine Meinung freu äußern kann und das sogar sollte. Man darf den gegenüber nur damit nicht schaden oder ihn gar verletzten. Wenn mich ne Freundin fragt wie ich ihr Outfit finde, kann ihr doch nicht sagen, dass sie super toll aussieht obwohl ich ganz anders darüber denke. Das wäre einfach nicht fair ihr gegenüber. Bevor sich jemand anderes darüber Lustig macht sollte ich ihr das sagen. Auch in anderen Situationen wie bei dir, würde ich meine Meinung sagen. Ich kann ja nichts dafür, wenn die angesprochenen nicht mit meiner Kritik umgehen können, sie aber doch berechtigt ist. Unser Deutschlehrer fragt andauernd ob wir was zu kritisieren haben, weil er es nur ändern kann wenn er das weiß. Das finde ich zum Beispiel sehr gut von ihm.

» snake70 » Beiträge: 100 » Talkpoints: 0,04 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin auch jemand, der meistens sehr direkt sagt, wenn ihm etwas oder jemand nicht passt. Und damit komm ich auch gut klar. Jetzt weiß ich natürlich nicht, wie du es den Leuten gesagt hast. aber es ist doch klar das Leute sich dann anders einem gegenüber Verhalten, wenn man ihnen sagt, dass man blöd findet was sie gemacht haben. Jeder geht anders mit Kritik um. Und vielleicht mögen sie dich jetzt weniger, dass ist genauso ihr gutes Recht, wie es deins war, ihnen deine Meinung zu sagen. Jetzt ist natürlich auch noch die Frage, ist es objektiv gesehen, wirklich so, dass das Verhalten deines Lehrers etc verändert hat, oder bildest du es dir bloß ein. Den auch dies ist Möglich. Wie wir etwas Wahrnehmen, hängt viel von unserem Unterbewusstsein ab. Dass heißt, es ist gut Möglich, dass du nur das so empfindest.

Sag ruhig deine Meinung, aber sei dir bewusst, dass dies durchaus das Verhalten anderer dir gegenüber Verändert, denn anders rum wäre das sicher auch der Fall. Auch wenn man es nicht gerne zugibt. Man Verhält sich jemandem gegenüber, der einen Kritisiert hat, einfach anders als davor. Ob man es bewusst oder unbewusst macht, lassen wir mal dahin gestellt. Und das kann einem auch niemand verbieten. Vielleicht mochten die beiden dich ja noch nie, und haben sich dann entschieden, wenn sie ehrlich ist, können wir das auch und machen ihr nichts mehr vor. Also du wirst, soweit ich das beurteilen kann, nicht benachteiligt. Benachteiligt wäre, wenn dir dein Lehrer deswegen schlechtere Noten geben würde, oder du aus dem Verein fliegst. Schiefe Blicke und unfreundlicherer Ton sind nun einmal keine Benachteiligung.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich will hier nun nicht in die Kerbe zweier meiner Vorredner schlagen und den Begriff „Meinungsfreiheit“ in einen rechtlichen Kontext stellen, sondern Dir meine Meinung zu Deinen beiden hier geschilderten Fällen kundgeben. Deine Meinung sagen durftest Du ganz offenbar durchaus und sie wurde auch angehört, das, was Du nun als Konsequenz spüren musst, ist allerdings eben eine Konsequenz Deiner Meinungsbekanntgabe bzw. Deiner offenen Haltung und Aussprache Deiner ehrlich empfundenen Gedanken. Ich denke, dass es zur Freiheit eines jeden Menschen gehört, dass er das, was ihm gesagt wird, gut oder schlecht finden und gegebenenfalls auch seine Haltung gegenüber der Person, die sich ihm gegenüber geäußert hat, überdenken und entsprechend ändern kann.

Genauso, wie man Dir also zugehört hat, weil Du durchaus sagen darfst, was Du denkst und fühlst, dürfen auch die Empfänger Deiner Nachrichten das von Dir Gesagte verwerten und es ist wohl nur menschlich, dass sie das teilweise eben auch emotional und nicht rein rational tun. Wie der User mich bereits sagte, sehe auch ich es als ausschlaggebend im Fall Deines Gesprächs mit Deinem Lehrer an, dass Du ihn hier als weniger sympathisch im Vergleich mit einer anderen Person bezeichnet hast, wobei ich außerdem anmerken will, dass diese Äußerung Deinerseits hier keinen wirklichen Platz und auch keine Begründung hatte. Dein Lehrer hatte Dir gesagt, dass er Dir im Vorfeld nicht helfen wird und Du Dich um Deine Arbeit selbst kümmern sollst. Das kannst Du nun blöd finden, mir wäre es vielleicht genauso gegangen und möglicherweise hätte auch ich diese Haltung des Lehrers entsprechend nicht geschätzt. Aber ihm dann auf seine Rüge hin zu antworten, dass ich einen Schüler sympathischer fand, ist eher sinnfrei, weil Du nicht die Wahl zwischen der Hilfe des Lehrers und der des Schülers hattest, wenn ich das richtig überblicke. Hätten Dir allerdings beide ihre Hilfe angeboten und hättest Du Dich mit dieser Begründung an den Schüler gehalten, dann wäre diese Begründung der Sympathie angebracht gewesen – nicht aber unbedingt angemessen oder angeraten, denn sie zielt eben auf die emotionale Ebene ab, wenigstens zum Teil.

Was in Deinem Verein wiederum vor sich gegangen ist, fällt mir zu beurteilen eher schwer, weil mir hierzu die Details fehlen. Allerdings scheint hier ein klassischer Fall von Lästern vorzuliegen, denn derjenige, den Du angesprochen hast, hat sich wohl bevormundet oder angegriffen gefühlt und das, was Du ihm sagtest, weitergegeben. Mir scheint es so, als wären daraufhin die anderen Vereinsmitglieder auf die Seite des von Dir Kritisierten übergetreten und hätten sich somit gegen Dich gestellt. Grundlage dafür dürften also entsprechende Gespräche in Deiner Abwesenheit gewesen sein, möglicherweise auch mit einer schlussfolgernden Wertung Deiner Person einhergehend.

Das alles ändert aber nichts daran, dass Du Deine Meinung nicht sagen darfst, Du solltest nur vielleicht jeweils im Vorfeld überdenken, ob Du jemanden mit einer zu persönlichen Aussage kränkst. Wenn Du das berücksichtigst und die emotionale Schiene bei Deiner Kritik außen vor lässt, also vor allem konstruktive Kritik übst und Konfrontationsgespräche führst, in denen Du nur auf Deinen Standpunkt, auch auf den emotionalen also, eingehst, dann sollte es kein Problem mehr damit geben, dass Du auch Deine kritische Meinung äußerst – und so, wie ich Dich verstehe, handelt es sich bei dem, was Du vermeintlich nicht äußern darfst, jeweils um Kritik, nicht also grundsätzlich nur um Deine bloße Meinung.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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