Lesen wir, um etwas über uns selbst zu erfahren?

vom 21.09.2008, 01:18 Uhr

Hallo!

Ich denke, diese Frage hat ihre Berechtigung. Meiner Meinung nach kann sie mit „Ja!“ beantwortet werden. Jeder Autor schreibt mehr oder weniger autobiographisch. Da wir alle Menschen sind, die sich in vielen Fällen ähneln, glaube ich fest daran, dass jede literarische Note mir zur Selbstfindung dienlich sein kann.

Der Büchermarkt ist überlaufen und meistens ist ein Buch immer dann „in“, wenn es auch gute Verkaufszahlen vorweist. Seit vielen Jahren lese ich nur noch Klassiker, ganz nach dem Motto: Tote Dichter leben länger. Gute Bücher sind einfach zeitlos und gute Schriftsteller sind unsterblich.

Denkt ihr auch, dass man genau jene Bücher liebt, in denen man sich selbst wieder findet?

» Lexington » Beiträge: 123 » Talkpoints: -0,02 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Hi,
Pauschal kann ich diese Frage natürlich nicht beantworten, und ich kann auch nur von mir selber sprechen, aber da lautet die Antwort ganz klar: JA.

Ich sehe es an meinem Leseverhalten. Ich bin jemand der Bücher liebt. Wenn ich also in die Buchhandlung gehe und bei der Zusammenfassung lese, dass es um jemanden geht, der eine starke Hingabe zu Büchern hat, werde ich das Buch schon mal in die engere Wahl nehmen. Habe ich ein bestimmtes Problem und sehe ein Buch, das sich mit ähnlichem beschäftigt, werde ich es wahrscheinlich kaufen.

Ich denke schon, dass man immer zu der Literatur neigt, zu der man eine Bindung aufbauen kann, die einen selber betrifft. Ich denke in der Literatur ist es wie überall sonst auch: man braucht den persönlichen Bezug um etwas gut und interessant zu finden.

Aber ich glaube nicht, dass Literatur einem hilft sich selbst zu finden. Sobald man weiß wer man ist und was einen ausmacht, denke ich greift man zu der LIteratur, in der man sich wiederfindet. weiß man allerdings noch nicht wer man ist, hat man vermutlich auch ein sehr diffuses Leseverhalten und greift wahllos nach Stoffen aus verschiedenen Genres.

Also ich glaube man muss da den Begriff sich in etwas wiederfinden und Selbstfindung durch Literatur getrennt voneinander sehen. Sich in Büchern wiederentdecken und Bücher gemäß des sich Wiedererkennens auswählen ist das eine. Sich DURCH Bücher selbst zu finden das andere. Letzterem stehe ich skeptisch gegenüber :)

» steffi11191 » Beiträge: 1275 » Talkpoints: -2,88 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


In Büchern selber wieder finden, halte ich für übertrieben, wohl aber, dass man Bücher liest, die Handlungen haben, die man auch so gerne erleben würde. Ich kann von mir behaupten, dass ich weiß, wer ich bin und was ich in dieser Welt da stelle, aber das heißt ja nicht, dass ich vielleicht auch mal gerne eine andere wäre.

Gerade Bücher, die mich in andere Länder entführen, oder auf andere Planeten, die befriedigen meine Reiselust, der ich aus finanziellen Gründen nicht nachkommen kann. Bücher, die in einem anderen Zeitalter spielen, befriedigen meinen Wunsch Archäologie studiert zu haben und an Ausgrabungen teilgenommen zu haben. Abenteuerromane, die von jedem etwas haben, machen mich wagemutig, denn eigentlich bin ich ein Mensch, der die Sicherheit zu Hause auf dem Sofa vorzieht.

Ich finde mich also nicht selber wieder in Büchern, sondern habe durch Bücher die Möglichkeit an Stelle von anderen Dinge zu erleben, die ich auch gerne erleben würde. Oder aber an Handlungen teil zunehmen, bei denen ich mir sage, dass es toll ist, dass ich so etwas nicht machen muß.

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» akasakura » Beiträge: 2635 » Talkpoints: 1,50 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich hoffe nicht, dass jeder sich in den Büchern die er liest wiederfindet. Schließlich stehen regelmäßig Thriller in den Bestsellerlisten. Wie soll man sich in einen solchem Buch wiederfinden? Also ich hoffe doch ganz stark, dass nicht jeder der so etwas liest ein verkappter Massenmörder oder ein heimlicher Sadist ist. Nein, daran mag ich überhaupt nicht denken.

Ich frage mich schon regelmäßig wie man manche Sachen schreiben kann, ohne nicht selbst in irgend einer Art und Weise "gestört" zu sein. Ich möchte mich das nicht noch bei den Lesern fragen. Man liest zwar sicher Bücher, in denen man sich auch wiedererkennt. Aber dass diese Bücher interessieren einen nunmal. Aber verallgemeinern kann man das ganz sicher nicht.

Ich lese soviele verschiedene Bücher und ich finde mich in den wenigsten darin wieder. Manchmal erkennt man gleichartige Gedankenstrukturen, aber das war es dann auch schon wieder. Sicher greift man auch mal zu einem Buch, bei dem einen die Lebensumstände der Protagonisten bekannt vorkommen. Aber doch nicht ständig und bei jedem Buch.

Ich hatte auch noch nicht das Gefühl ein Buch als Ersatz für irgendwelche verpassten gelegenheiten oder nicht getätigte Reisen zu lesen. Ich lese Bücher zum Zeitvertreib und um neues zu erfahren. Um Geschichten erzählt zu bekommen. Aber nicht, um mich darin zu finden.

» ChaosXXX » Beiträge: 1877 » Talkpoints: 1,61 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde auch nicht zwingend, dass man nur jene Bücher liebt, in denen man sich selbst wieder findet. Ich lese zum Beispiel sehr viel Vampirliteratur und Fantasy, in manchen diesen Geschichten möchte ich mich gar nicht wieder finden. Meiner Meinung nach liest man aber eher ein Buch gerne, weil man gerne diese Geschichte erleben würde oder mit den Figuren darin zusammen sein würde.

Ich lese auch gerne Klassiker, aber ich würde niemals deshalb aktuelle Literatur verschmähen. Denn da würde mir einiges entgehen, so wie dir damit einiges entgeht. Klassiker sind natürlich schöne Werke und sie sollten nicht vergessen werden, aber sie sind nicht für jeden etwas. Viele Klassiker lese ich auch nicht, weil sie mir nicht gefallen.

Meine literarische Note ist auch nicht für meine Selbstfindung von Bedeutung. Ich weiß, wer ich bin und ich weiß, wo ich hin gehöre. Dazu brauche ich keine Bücher. Denn wie ist es denn bei Menschen, die beispielsweise nicht lesen? Haben diese dann Hürden in der Selbstfindung? Sind das Menschen, die keine wirkliche Möglichkeit haben sich selbst zu finden? Ich denke, da passt etwas nicht so ganz in deinen Ausführungen.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich würde auch nicht sagen, dass man eben nur diese Bücher liest, in denen man sich selber wieder findet. Dazu lese ich auch zu viel Fantasy, historische Romane und Thriller, in denen ich mich gar nicht wiederfinden kann und oft auch gar nicht will. Manchmal ist es natürlich so, dass einem eine Romanfigur ähnlich sieht oder ähnlich handelt. Aber es ist nicht zwingend so, dass mir dieses Buch dann richtig gut gefällt, weil ich mich darin wieder finde. Vielleicht hilft es einem aber dann, sich selber besser zu verstehen, das kann schon sein.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich lese viel fantastische Literatur und zwar genau deshalb, weil die Geschichten mit der Realität nichts zu tun haben und weil ich mich darin nicht wiederfinden kann. Ich finde Bücher, die praktisch vom täglichen Leben erzählen und mit alltäglichen Charakteren bevölkert sind, selten wirklich gut oder spannend. Ich möchte mich in Büchern nicht wiederfinden, ich möchte von ihnen unterhalten werden.

Sicher kommt es immer mal wieder vor, dass ein Charakter in einem Buch genau das tut, was ich in der gleichen Situation auch getan hätte oder, dass die ein oder andere Charaktereigenschaft mit meinen übereinstimmt, aber ich mag diese Bücher deshalb nicht lieber als andere Bücher. In erster Linie kommt es mir auf eine gute Geschichte an und die Charaktere sind nur ein Teil davon.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Man könnte zwar auf die Idee kommen, dass jeder Autor autobiographische Züge verarbeitet, ist aber hoffentlich nicht wirklich der Fall. Immerhin gibt es ja auch einiges an Krimis, Thriller, Horror, die vermutlich niemand in seinem Leben erlebt hat oder erleben möchte. Wie man einen Menschen umbringt, will man sicherlich nicht wissen oder selbst erfahren. Insofern kann ich es nicht wirklich verstehen und auch nicht die Meinung teilen, dass es sich um autobiographische Züge handelt.

Sicherlich lese ich um des Lesens Willen, aber weniger, um etwas über mich zu erfahren, sondern vielmehr, um die Phantasie spielen zu lassen und auch, um in andere Sphären abzudriften, der Realität zu entfliehen oder auch, um sich einfach nur mal abzulenken. Die psychologischen Erkenntnisse spielen dabei weniger eine Rolle, wenn, dann würde ich gleich zu einem Sachbuch im Bereich der Psychologie greifen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ich denke weder, dass alle Autoren autobiographisch schreiben, noch denke ich, dass alle Leser Bücher suchen, in denen sie sich selbst wiederfinden.

Aber dennoch: auch wenn ein Auto eine völlig fiktive Geschichte schreibt, so wird diese doch durch seinen Sichtweise beeinflusst, durch seine Ideen und Gedanken. Auch wenn die Charaktere nichts mit seiner Person zu tun haben und die Handlung völlig fern seines Lebens ist. Genau wie bei Malern erkennt man auch bei Autoren stets einen eigenen Stil, der aber doch auch durch die Umwelt geprägt ist. Schließlich lebt der Autor in einer bestimmten Zeit, deren Weltgeschehen auch ihn beeinflusst, hat Kontakt zu Religion und anderen kulturellen Bräuchen und Gegebenheiten.

Genauso verhält es sich auch bei dem Leser. Auch dieser lebt nicht in einem leeren Raum, sondern ist umgeben von Menschen und Dingen, die ihn ständig beeinflussen und auch Einfluss auf seine Entwicklung haben. Der Leser filtert das Geschriebene also durch seine Brille, was dazu führen kann, dass der Leser eine völlig andere Botschaft liest als sie der Autor geschrieben hat. Genauso werden zwei Leser ein und dasselbe Buch unterschiedlich lesen und auffassen. Es kann auch passieren, dass man ein Buch nach mehrmaligem Lesen völlig anders versteht oder auffasst. Vereinfacht und sehr plakativ sieht man das, wenn man ein Buch aus Kindertagen in die Hand nimmt und nochmals liest. Man wird die Geschichte, die einen zuvor fesselte, vielleicht lustig finden, vielleicht auch noch immer sehr schön, wird sie aber ganz anders wahrnehmen.

So gesehen kann man sich vielleicht doch in den Büchern, die man liest wiederfinden und mehr über sich erfahren, wenn dies auch mit Parallelen in den Lebensgeschichten der Protagonisten und des Lesers für mich wenig zu tun hat. Man wählt schließlich Themen, die einen auf die eine oder andere Weise interessieren und Autoren, die man gern liest. Was jedoch wirklich in dem Buch steht und was man selbst darin liest, das können völlig unterschiedliche Dinge sein.

» nafti » Beiträge: 425 » Talkpoints: 13,52 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Also ich würde nun nicht sagen, dass ich nur Bücher kaufe, die irgendetwas in mir widerspiegeln. Denn ich lese auch sehr viele Krimis und ich bin kein Mörder oder ein Opfer einer solchen Tat und deswegen hat das kaum etwas mit mir zu tun. Ich muss auch sagen, dass ich mich ehrlich gesagt nicht sonderlich wohl fühle, wenn ich mich in einer bestimmten Situation befinde, die mich vielleicht auch bedrückt, dann ist es mir auch unangenehm etwas darüber zu lesen. Denn beim Lesen möchte ich in eine andere Welt versinken und nicht über diverse Probleme nachdenken.

Ich schreibe auch selber hin und wieder mal etwas und da fließt dann schon etwas von mir selbst mit ein. Allerdings denke ich auch, dass man etwas völlig anderes schreiben kann, wenn man sich gut genug in die Situation hineinversetzt und darüber informiert. Es muss also nicht alles von persönlicher Bedeutung sein, aber ich denke, dass es sehr hilfreich ist, wenn man bestimmte Dinge am eigenen Leib erfahren hat.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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