Neuer Kollege ist blind - wie verhalten?

vom 21.09.2008, 01:01 Uhr

Bitte helft mir mal weiter. Ich bekomme in Kürze einen neuen Kollegen, der auch einen Teil meiner Arbeit bekommen wird, sprich ich muss ihn einlernen. Das ist ja auch alles kein Problem, nur der neue Kollege ist blind. Ich habe keine Ahnung wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll, ich bin da irgendwie überfordert damit. Ich will ja nichts falsch machen und ihn auch herzlich bei uns aufnehmen, aber ich weiß einfach nicht wie ich mit seiner Behinderung umgehen soll.

Habt ihr einen Tipp für mich? Ist mir schon irgendwie peinlich, dass ich fragen muss, aber die Situation ist einfach absolut neu für mich. Habt ihr Ratschläge für mich, was ich beachten muss bzw. wie ich ihm begegnen soll?

» Data » Beiträge: 157 » Talkpoints: 0,09 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Das wenigste, was behinderte Leute wollen, ist, dass man sie wie einen Behinderten behandelt. Das hat mir mal ein blinder Mann gesagt, der im Altenheim bei meinem Vater war.

Verhalte dich ihm gegenüber als wenn er sehen kann und behandel ihn nicht wie ein kranker und behinderten Menschen. Erkläre ihm die Dinge, die du auch machst und zwinge ihm, dass du ihn trotz seiner Blindheit als vollwertigen Menschen siehst,

Blinde Menschen können manchmal mit den Ohren und den Händen sehen und werden auch schnell begreifen, was du meinst.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Am einfachsten wird es sein, das deinem Kollegen gegenüber offen anzusprechen. Ihm zu sagen, das du keine Erfahrung im Umgang mit Blinden hast und ihn fragen, wie er behandelt werden möchte. Das wird für beide Seiten das einfachste sein. Denn dein Kollege wird deine Unsicherheit auch spüren. Ich finde es da einfacher, von vorneherein zu sagen, das man nicht weiss, wie man damit umgehen soll.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Blinde wollen und wünschen keine Sonderbehandlung. Sie wollen genau wie jeder andere Mensch akzeptiert und behandelt werden. Sie fühlen sich sonst minderwertig und Mitleid brauchen sie auch nicht.

Du könntest ihm anbieten, ihm jederzeit zu helfen, wenn er Deine Hilfe benötigt. Dafür wird er Dir dankbar sein. Da Du ihn anlernen sollst, werdet Ihr noch viele Anknüpfungspunkte für ein Gespräch haben. Wenn Du ihn dann besser kennengelernt hast, wird seine Behinderung keine Rolle mehr spielen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:Das wenigste, was behinderte Leute wollen, ist, dass man sie wie einen Behinderten behandelt. Das hat mir mal ein blinder Mann gesagt, der im Altenheim bei meinem Vater war. .

Man sollte allerdings schon ehrlich und fair über die Sehbehinderung reden, Das Wort blind braucht ja nicht dabei gleich direkt fallen, denn man kann auch beispielsweise sehbehindert sagen. Es kommt ja dann speziell auf die genaue Arbeit auch an. Ich selbst bin stark gehbehindert und die Kollegen sehen mich auch als einen Behinderten.

Das ist auch total logisch, aber wir unterhalten uns darüber. Ich kann dabei auch meine Probleme durch die Behinderung zur Sprache bringen. Im Endeffekt ist das die konstruktivste Lösung. Alle Aspekte wurden im Vorfeld konkret angesprochen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke, Diamante und auch mir, ging es mehr darum, nicht ständig irgendwelche Sachen zu machen, weil man meint der andere kann das nicht. Dich würde es doch sicherlich auch stören, wenn dir ständig jemand einen Stuhl hinschieben würde und dir raten würde, setzt dich hin, du musst dich schonen. Oder wenn du ein Papier zerknüllst und es in den Mülleimer schmeißen willst und dazu dazu zwei Schritte laufen müsstest und dein Kollege schon aufspringen würde, wenn du nur den Ansatz dazu nimmst, das Papier zu zerknüllen.

Es sollte generell ein Austausch stattfinden, wenn ein behinderter Mensch in einem Betrieb arbeitet. Da sollte aber halt auch klar geklärt werden, wie viel Hilfe ist nötig und in welcher Form soll die Hilfe angeboten oder erbeten werden.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


@LittleSister: So meinte ich es auch nicht, aber man muss und sollte auch den Tatsachen ins Auge sehen. Der blinde Kollege kann nun einmal nicht sehen, denn das ist Fakt. Wenn man nun einfach so tut als könne er sehen, würde man ihm veralbern. Und der betreffende Kollege weiß es ja auch und es ist ja auch in gewissen Punkten für ihm wichtig. Er muss sich ja auch erst an die neue Arbeitsumgebung gewöhnen. Das wird bei ihm etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Es ist sicher richtig, dass man einen Behinderten nicht besonders behandeln sollte, denn damit gibt man ihm immer wieder das Gefühl, dass er nicht richtig dazugehört und ein Sonderling ist. Daher würde ich auch versuchen, den neuen Kollegen weitgehend so zu behandeln wie die anderen Mitarbeiter auch. Allerdings muss man auch sehen, dass gerade eine Sehbehinderung mit gewissen Einschränkungen verbunden ist. Ich weiß ja nicht, in welchem Bereich ihr arbeitet, allerdings wird es dort sicher den ein oder anderen Bereich geben, der für jemanden mit einer Sehbehinderung problematisch sein kann. Das kann die Arbeit an sich betreffen oder auch die Örtlichkeiten.

Gut ist es, wenn ihr mit dem neuen Kollegen einen Rundgang durch die Firma machen könnt - vielleicht ein paar Mal. Wenn jemand als Blinder in ein neues Umfeld kommt, kennt er nichts - keine Wände, die im Weg sind, keine Toiletten, keine Kaffeeküche. Daher wäre es sinnvoll, wenn ihr ihm anfänglich zeigt, wo sein Arbeitsplatz ist, wie er zur Toilette kommt, wo er sich einen Kaffee machen kann, wo alles steht, was für ihn relevant sein könnte.

Ansonsten würde ich ihm aber nicht ständig irgendwelche Sachen abnehmen. Wenn er weiß, was er zu tun hat und wo alles ist, wird er sicher nach einer kurzen Eingewöhnungszeit (die jeder in einem neuen Job benötigt) so gut zurechtkommen wie die anderen Mitarbeiter auch. Er braucht keine Sonderbehandlung und würde sich wohl auch bevormundet fühlen, wenn ständig ein Kollege versuchen würde, ihm seine Arbeit abzunehmen. Dennoch solltet ihr ihm auch sagen, dass er sich jederzeit bei Fragen an einen "alteingesessenen" Mitarbeiter wenden kann, allerdings ist das ja ohnehin selbstverständlich bei jedem neuen Mitarbeiter, nicht nur bei jemandem, der blind ist.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Es ist richtig, dass viele Behinderte nicht wie Behinderte behandelt werden wollen und selbst sehr selbstständig sind, was als Außenstehender nicht einfach zu verstehen ist. Ich hab lange im Rettungsdienst gearbeitet und damit auch mit diesen Menschen zusammen gearbeitet.

Generell zu Blinden kann man sagen, diese haben ein sehr gutes Gehör und einen Tastsinn das kannst du dir nicht vorstellen. Dazu gibt es einige die "fühlen" was um sie rum passiert in Auren. Sie "sehen" die Welt etwas anders als Sehende es tuen.

Aber als Grundlegendes: Fasse deinen Kollegen nicht einfach an und führe ihn durch den Raum, biete es an das du ihm helfen kannst die Örtlichkeiten zu erkunden mit Stufen usw. aber niemals einfach anfassen ohne vorher zu fragen, dass würdest du ja auch nicht wollen. Immer vorher ansprechen und Fragen ob er es wünscht.

Blinde kennen ihre Grenzen und melden sich wenn sie Hilfe brauchen, dann auch auf diese Eingehen! Das kann (anfangs) auch der Weg zur Toilette oder zum Kaffeeautomaten sein gerade in der Anfangszeit oder banal einen Ordner aus dem Schrank holen usw.

Beim Einarbeiten, möglichst alles zeigen das er es selbst "anfassen" und begreifen, kann und den Weg dahin sich einprägen kann, z.B. vom Schreibtisch zum Aktenschrank.

Das Thema "Blind" sollte erörtert werden, denn es gibt unterschiedliche "Blind" Formen. Einige sehen Umrisse oder Schatten, andere gar nichts. Das Thema ist für einen "sehenden" nicht gerade einfach anzuschneiden, aber es wird offen damit umgegangen von den Sehbehinderten selbst. Es ist besser mit offenen Karten zu spielen, als sich ständig selbst Gedanken über den anderen zu machen. Wenn man das Thematisiert, erkennt man auch teilweise die Dinge, die denen er Hilfe brauchen könnte.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Also ich hatte während meiner Ausbildung auch einen blinden Kollegen und war anfangs ähnlich überfordert wie du. Ich wusste auch nicht, wie ich mit ihm umgehen soll und war ziemlich unsicher. Das hatte sich aber zum Glück schnell gelegt, denn man merkt schnell, dass man an sich gar nicht großartig anders damit umgehen muss.

Da mein Kollege in vertrauter Umgebung war, musste ich natürlich nicht überlegen, wie ich das Problem angehe. Die Idee weiter unten mit dem Rundgang finde ich gut, nimm dir einfach etwas Zeit, führe ihn rum, beschreibe und erkläre, wo sich was befindet. Lass ihn sich alles genau einprägen, Schritte zählen. Und gib ihm Anhaltspunkte (z.B. hier steht dies oder jenes).

Ganz wichtig ist auch, dass du darauf achtest, dass keine Hindernisse im Wege sind, sodass er sich später ganz frei bewegen kann und alleine rumlaufen kann, ohne dass er über Kartons, Kisten oder was weiß ich stolpern könnte.

An sich musst du ihm nichts abnehmen an Arbeit etc, aber du solltest als "helfendes Auge" bereit stehen und ggf. einspringen. Zuviel "betüddeln" ist nicht gut.

Wenn du wirklich total unsicher bist, kannst du das sicher auch ganz offen ansprechen und fragen, auf was du achten solltest. Ich denke dein Kollege wird sicherlich wissen, wo er Unterstützung gebrauchen könnte. Aber das wird sich ganz schnell legen und du wirst merken, dass es gar kein großer Unterschied zu anderen Kollegen ist.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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