Sentimentale Literatur
Ich habe einige Bücher gelesen in letzter Zeit, die mir die Tränen in die Augen trieben, dass ist jetzt nicht negativ gemeint. Vielmehr ist es so, dass mich die Bücher tief in meinem Inneren berührt haben und ich immer wieder beim Lesen den Tränen nahe war.
Ich finde es gehört schon sehr viel Talent eines Autors dazu, dass er es schafft seine Leser so ins Geschehen zu ziehen, dass sie die Geschichte wirklich so fesselt und die Gefühle der Figuren sich auf den Leser übertragen. Welche Autoren kennt ihr, die so fesselnd schreiben können, dass sie einen die Geschichte mitfühlen lassen?
Je nachdem wie hoch die Messlatte angelegt wird, trifft der letzte Satz doch hoffentlich auf die meisten Autoren zu, die man liest. Anders könnte ich mir nicht vorstellen, ein fiktionales Werk zu lesen, wenn ich es total langweilig und banal oder sogar schrecklich fände und wo es dem Autoren so gar nicht gelingt, mich mit in seine oder ihre Welt mitzunehmen.
Wenn du mit deiner Frage eine hochgradige emotionale und außergewöhnliche Ergriffenheit meinst, wird die Auswahl natürlich kleiner, denn umso älter man wird, umso weniger beeindruckbar ist man auch und die Range dessen, was einen noch total nachhaltig berührt wird immer kleiner. Eine Auswahl zu treffen, fiele mir da schwer, es muss schon lange her sein, dass mich ein Buch derart tief berührt hat.
Die meisten Bücher, die ich so lese schwingen emotional irgendwo in einem Mittelfeld aller möglichen Gefühle bzw. erzeugen im Idealfall ein Stimmungsbild, dem ich mich anpasse, erschüttern mich aber nur in den seltensten Fällen. Wenn ich aber spontan eine Schriftstellerin benennen müsste, die mich immer wieder berühren konnte, war das Angelika Schrobsdorff. Wenn ich große Gefühle auch mit einem Gefühl der starken Faszination gleichsetzen darf, fielen mir hier durchaus auch eine Menge Sachbücher ein, die einem in der ein oder anderen Form die Augen geöffnet haben.
Unter sentimentaler Literatur verstehe ich eher was anderes. Sentimental ist für mich eher oberflächliche Gefühlsduselei und klischeehaftes Leid, was man eher in Groschenromanen als in richtiger Literatur erwartet.
Emotional berühren kann mich Literatur eher dann, wenn die Figur im Buch so glaubhaft und lebendig geschrieben ist, dass man das erfahrende Leid der Figur auch fast hautnah nachvollziehen kann. Und besonders dann, wenn man den Eindruck hat, die Figur leidet unverschuldet.
Wenn ein Autor sein Handwerk versteht, geht das schon. Der letzte Autor, der das bei mir geschafft hat war Hans Fallada. Der Klassiker "Kleiner Mann - was nun?" kam vor einer Weile als ungekürzte Version auf den Markt und so kann man alles lesen, was damals im Ur-Manuskript stand. Also auch das, was damals aus politischen Gründen zensiert wurde. Und wenn man dann sieht, wie der Held Seite um Seite kämpft, immer wieder aufsteht und weiter kämpft und wo er dann am Ende landet, finde ich das schon extrem anrührend.
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