Fanfriedhöfe - eure Gedanken

vom 14.09.2008, 18:48 Uhr

Hallo Sportfanatiker,
Hier möchte ich mal die Diskussion zu einer Neuigkeit eröffnen, die schon vor einigen Tagen die Runde machte und eigentlich derart kontrovers ist, dass ich mich wundere, noch gar keinen Beitrag darüber gefunden zu haben.
Es geht um ein Projekt des Hamburger Sportvereins. Der möchte nun nämlich auf dem Friedhof des Stadtteils Altona eine freigewordene Fläche mit Gräbern übernehmen, die nur für glühende Anhänger des Vereins reserviert sind. Sie können ihre Verbundenheit zum HSV beweisen, indem sie sich auf diesem sogenannten Fanfriedhof bestatten lassen, der nur durch ein paar Zäune und eine Straße vom Stadion getrennt ist.

Es sollen nur sehr wenige meter sein, eine der Tribünen ist dann wohl beim Beerdigen als Kulisse in Sichtweite. Der Verein bietet ab sofort auch maßgeschneiderte Bestattungszeremonien an: Der Fan wird in einem Eichensarg liegend begraben, der die hsv-raute als Schnitzerei trägt, eine Blaskapelle spielt dazu alte Vereinshymnen. Es sollen schon rund 20 Anfragen begeisterter Anhänger vorliegen, der jüngste Interessierte ist 27, der Älteste 87 Jahre alt.

Mir hat es, als ich das las, erst einmal ein wenig dem Atem verschlagen. Ich kenne Fußballfans, die ziemlich große Anteile ihrer freien Lebzeit der Beschäftigung mit ihrem Verein widmen, aber dass dieses tiefe Zugehörigkeitsgefühl auch noch bis ins Ewige andauern soll, finde ich schon befremdlich, ein wenig gruselig und im Grunde auch großartig. Ich bin in dieser Sache sehr unschlüssig. Könnt ihr die Menschen verstehen, die es ernsthaft in Betracht ziehen, sich dort zur Ruhe zu legen?

Der HSV ist in Europa der erste Fußballverein, der ein solches Projekt in die Wege leitet. Vorbilder gibt es schon in südamerika, genauer in Argentinien, wo der Verein "Boca juniors" eine solche Initiative schon länger plant. Meint ihr, dass diese Bewegung durch die Aktion des HSV nun in Deutschland Schule macht oder seht ihr die Nachfrage als zu gering an? Wird diese ganze Sache nur eine kauzige Randerscheinung bleiben? Und was habt ihr dazu sonst noch zu sagen?

» Schnibbeldiwapp » Beiträge: 262 » Talkpoints: 35,07 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich finde man kann es mit der Liebe zum Verein auch uebertreiben. Ein Grab beziehungsweise ein Begraebnis sollte etwas heiliges sein. Ich finde es ein wenig laecherlich wenn man es noetig hat durch solch eine Aktion zu beweisen das man ein ganz großer Fan ist. Ich finde ein Grab sollte etwas persoehnliches sein. Nicht soetwas Kommerzielles wie ein großer Fussballverein.

Aber naja, letztendlich steht jedem selbst offen wie er die Ewigkeit verbringen will...

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» soetex » Beiträge: 903 » Talkpoints: -23,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich, als jemand, dem es gar nicht unwichtiger sein könnte, wie und ob überhaupt er bestattet wird, finde diese Geschichte zum Schmunzeln. Für Leute, deren Leben (ohne damit irgendwem nahe treten zu wollen) wirklich nur aus Fußball besteht (und von denen gibt es doch einige, will ich meinen), oft vermutlich weil sie sonst nichts anderes haben als diesen Sport, ist dies sicherlich ein großartiges Entgegenkommen. Wenn die Angehörigen denn auch noch ebenso denken, ist doch jeder zufrieden, dessen Meinung dabei berücksichtigt werden sollte.

@soetex: Wie du bereits sagtest, sollte ein Grab etwas Persönliches sein. Also warum hast du dann etwas dagegen, wenn die zu beerdigende Person vor ihrem Tod persönlich entscheidet, dass sie auf diese Art und Weise zur letzen Ruhe gebettet werden will ;) ?

Und was hat das mit Kommerz zu tun ? Der Fußballfan liebt seinen Verein doch eigentlich nicht aus kommerziellen Gründen. Und ich glaube nicht, dass ein solcher Friedhofsplatz so viel mehr kosten wird, als er es ohnehin schon tut.

Und wie definierst du bitte "heilig" :D ?

Des Weiteren: Natürlich steht es jedem selbst offen, wie und wo er die Ewigkeit verbringen will. Allerdings scheinst du dich dabei auf das hier und jetzt zu beschränken. Denn in ein paar Jahren nach dem Tod ist von dir nichts mehr übrig, als kleinste Reste von Materie oder Energie, zum Beispiel in Form von Bewegung eines Insekts, das sich von dir ernährt hat (=> Erhaltungssatz) :) Die Ewigkeit wirst du (falls man nicht aufhört zu existieren) wohl eher anders verbringen, nach christlicher Vorstellung im Himmel oder der Hölle, was man ebenfalls beeinflussen kann.

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» Demut » Beiträge: 376 » Talkpoints: 19,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich sehe es deshalb als unpersoehnlich an, da ein Fussball Verein tausende Fans hat, das ist fuer mich kommerz. Das waer dasselbe wenn sich jemand MTV auf den Grabstein meisseln laesst, weil er den Sender gerne geguckt hat. :shock: Anders waere es wenn zum Beispiel ein Verwandter oder eine Person die man persoehnlich sehr eng kennt bei dem Verein spielt. Ein Beispiel waere etwa das Spieler xyz vom Verein dem Fan mal das Leben gerettet hat, dann waere da ja ein gewisser persoehnlicher Bezug da. Aber wie gesagt, jeder muss selbst wissen was er macht. :wink:

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» soetex » Beiträge: 903 » Talkpoints: -23,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Einfach Unglaublich, wie weit diese Sucht gehen kann. Es ist in meinen Augen nur eine Manschaft, die ein simples Spiel spielt. :shock: Mich schockt dieses Angebot, weil ich nicht gedacht habe, dass Menschen sogar beim Tod und nach dem Tod noch an ihren Verein denken und ihr ganzes Leben und auch den Tod damit verbinden.

Es ist auch völlig ehrenlos auf so einen Fanplatz begraben zu liegen, weil es in meinen Augen mehr oder weniger ein Hobby ist, das man mit einem ernsten Thema, dem Tod eines Menschen, verbindet. Fußball an sich ist zwar eine gute Sache, aber bei solchen Sachen sollte man auch mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren.

Diesen Menschen, die Interesse daran haben geht es wohl eher darum, dass sie in die Presse kommen oder das einmal jeder an ihrem Grab vorbei gehen und es bestaunen und darüber reden. Sie wollen halt kein 0815 Grab, wie es jeder andere auch hat, sondern etwas Besonderes.

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» .daviD » Beiträge: 1221 » Talkpoints: 5,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


soetex hat geschrieben:Ich sehe es deshalb als unpersoehnlich an, da ein Fussball Verein tausende Fans hat, das ist fuer mich kommerz

Jetzt könnte man im Gegenzug bemängeln, dass die "normale" Begräbniskultur in unserem Land christlicher Natur ist (allein schon die Kreuze) und dieser Verein sogar Millionen von Fans hat und die Kirchensteuer könnte man unreflektiert ebenfalls als Kommerz bezeichnen ;)

.daviD hat geschrieben:Einfach Unglaublich, wie weit diese Sucht gehen kann.

.daviD hat geschrieben:Es ist auch völlig ehrenlos auf so einen Fanplatz begraben zu liegen,

Also es als Sucht zu bezeichnen, geht mir persönlich dann doch ein wenig zu weit :) Ist jede intensive Leidenschaft eines Menschen für eine bestimmte Sache gleich eine Sucht für dich?

Und was ist denn Ehre bitte anderes, als eine stark individuelle gesellschaftliche Bezeichnung, die in anderen Kulturen sowieso komplett unterschiedlich ist? Genug Menschen leben schon "ehrlos" (falls dieser Begriff heutzutage überhaupt noch einen Wert hat), also warum sich nach dem Tod darum bemühen? Da nutzt es einem eh nichts mehr.

.daviD hat geschrieben:Diesen Menschen, die Interesse daran haben geht es wohl eher darum, dass sie in die Presse kommen oder das einmal jeder an ihrem Grab vorbei gehen und es bestaunen und darüber reden.

Pure Spekulation oder was bringt dich zu dieser Annahme? Meinst du etwa, dass die Zeitung bei jedem neuen Toten, der sich dort beerdigen lässt, einen Artikel herausbringt ? Bei dem zweiten Teil des Satzes fehlt mir noch ein Wort, darum interpretiere ich mal lieber nichts rein, was sich am Ende dann als völlig falsch herausstellt ;)

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» Demut » Beiträge: 376 » Talkpoints: 19,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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