Spätabtreibung bei behinderten Kindern

vom 11.09.2008, 10:33 Uhr

Hallo!

Ich wußte nicht, wo ich diesen Thread eröffnen sollte, weil er in viele Kategorien reinpasst. Aber ich denke mal, dass es bei Familie und Kindern doch auch geht.

Spätabtreibungen bei behinderten Kindern sind bis in die 25. Schwangerschaftswoche erlaubt. Nämlich dann kann man erst feststellen, ob das Baby, dass eine Frau im Bauch hat gesund ist. Durch die Fruchtwasseruntersuchung kann man verschiedene Behinderungen feststellen. Vor allem das Down Syndrom.

Bewußt ein behindertes Kind bekommen fällt den meisten Eltern schwer und sie entscheiden sich für die Spätabtreibung. Dass das Kind in diesem Stadium aber lebensfähig sein kann verdrängen die meisten und die Aufklärung der Ärzte ist oft auch nicht genügend. So geschah es 1997 in Oldenburg. Hier die Geschichte von Tim, der eigentlich an seinem Geburtstag sterben sollte http://www.tim-lebt.de/

Was haltet ihr von Spätabtreibungen bei nachweislich behinderten Kindern?

Ich bin ehrlich. Ich könnte kein behindertes Kind großziehen, weil ich mich in meinem Alter nicht mehr dazu fähig fühle. Ich glaube, ich wäre dem ganzen nicht gewachsen und würde wahrscheinlich eine Abtreibung vornehmen lassen. Die "Chancen" ein behindertes Kind zu bekommen istr ja grade in den Wechseljahren sehr hoch. Die Mutter ist dann schon meist so alt, dass sie ihr Kind nicht das geben kann, was es ein Leben lang braucht. Das Kind würde also irgendwann mit fremder Hilfe zurechtkommen müssen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Hallöchen,

Es ist sicherlich davon abhängig, wann man es bekommt, wie die Lebenssituation ist und vor allem um welche Behinderung es sich handelt. Ich sage es mal so, mit Trisomie 21 könnte man sich arrangieren, denn dann weiß man,dass es dem Kind gut geht, es das Leben auch genießen kann. Wenn ein Kind schwer körperbehindert ist, aber klar denken kann, so ist das, wie ich finde, kein Leben. Es kann all die Dinge nicht tun, die es von anderen Kindern sieht, und ist gefangen in einem Körper, den es nicht beherrscht. Das würde ich niemandem zumuten wollen.

Ich selbst würde also abwägen. Mit einigen Behinderungen kann man sich wie gesagt abfinden, sowohl die Eltern, als auch das Kind. Aber bei einigen sind viele überfordert.

Ich selbst würde mich vermutlich dagegen entscheiden, weil meine momentane Situation so ist, dass ich nichtmal ein gesundes Kind großziehen wollen würde, geschweige denn ein schwerbehindertes Kind. Das würde mich ehrlich gesagt mehr als überfordern, und mir meine eigene Zukunft komplett verbauen, denn gerade behinderte Kinder brauchen aufgrund dieses Zustandes natürlich sehr viel mehr Pflege und auch Zuneigung,

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich sage jetzt mal vorsichtig das ich es vielleicht abtreiben würde. Aber es hat seine Gründe. Ich habe ein Haus und zwei Kinder und ein Ehemann natürlich auch und ich muß leider Gottes mitarbeiten damit uns das Geld zum leben reicht. Allerdings arbeite ich den halben Tag.

Aber wenn ich ein Kind hätte das behindert wäre, dann könnte ich auch nicht arbeiten gehen und das wahrscheinlich nie mehr. Ein behindertes Kind ist immer auf einen angewiesen. Das könnte ich nicht. Vor allem muß man überlegen ob das Kind wirklich ein solches Leben möchte. Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich könnte es nicht so ein Kind großziehen. Ich bewundere jeden der das kann.

Vielleicht wäre ich auch anderst eingestellt wenn ich in der Situation wäre und mein Würmchen schon im mir gespürt hätte. So wenn man nicht mit einem behinderten Kind schwanger ist, ist es leicht zu sagen: "ich würde sofort abtreiben". Was ich wirklich machen würde müsste man dann sehen. Stand der Dinge momentan ist das ich es nicht wollte und wohl abtreiben würde.

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» MoneFö » Beiträge: 2938 » Talkpoints: -3,73 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich denke wenn man ein Kind "plant" dann muss man auch daran denken, dass es behindert sein könnte. Ich finde es eine ungeheuerlichkeit, dass man in Deutschland bei einem behinderten Kind bis zur 25. SSW abtreiben kann, weil das Kind dann schon lebensfähig ist und man es nach der Geburt einfach sterben lässt. Für mich ist das Mord. Ich habe 2 gesunde Kinder und darüber bin ich sehr dankbar, aber ich würde sie genauso lieben wenn sie behindert wären. Es gibt doch so viele Stellen, bei denen man Hilfe bekommt. Zur Not, kann man so ein Kind ja auch zur Adoption frei geben.

Mal angenommen man bekommt ein gesundes Kind und es hat später einen Unfall, so dass es zb. Schwerstbehindert bleibt oder im Wachkoma liegt, dann bringt man es ja auch nicht um, oder?

Es gibt natürlich auch den Fall, dass die Behinderung so schwerwiegend ist, dass das Kind sowieso direkt nach der Geburt sterben würde, hier fände ich es noch OK, dann kann man Mutter und Kind unnötiges Leiden ersparen.
Ich weiß, dass meine Meinung ziemlich krass ist, aber deswegen ist es ja meine Meinung und ich bitte darum, dass man meine Meinung akzeptiert, denn andersherum akzeptiere ich auch eure Meinung. Ich würde zb. niemanden verurteieln, der eine Abtreibung vornehmen lässt, aber ich persönlich würde es nicht machen

» Grisu1987 » Beiträge: 18 » Talkpoints: 9,86 »



Wenn mich nicht alles täuscht kann man sogar noch länger abtreiben. Eine Freundin von mir hat ein Trisomie 21 Kind und sie war als sie es erfahren hat natürlich erstmal "erschlagen". Hat sich dann aber intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt und hierbei dann auch viele Frauen kennengelernt die sich gegen das Kind entschieden haben.

Ich denke auch das ich mich für das Kind entscheiden würde immerhin hat man bis zur 25 Wochen schon längst das Herz schlagen sehen, Kindsbewegungen mitbekommen etc. Wenn ich allerdings ein Kind bekommen würde das schwerstbehindert ist, ehrlich ich weiß nicht ob ich es bekommen könnte, wenn es so stark behindert ist das es kaum lebensfähig ist.

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» aries24 » Beiträge: 1748 » Talkpoints: 9,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich menschlich gesehen kein behindertes Kind abtreiben. Ich würde das egoistisch finden. Ok, es verändert das ganze Leben, und das auch für alle Mitmenschen, wie Partner, Geschwister, Freunde und Bekannte. Aber dennoch hat auch dieses Kind ein Recht zum Leben. Obwohl man hier auch schon wieder diskutieren könnte, ab wann ist ein Leben nicht mehr lebenswert.

Durch meinen Beruf habe ich jahrelang mit Behinderten gearbeitet, manche waren nur leicht behindert, und andere waren schwer mehrfach behindert. Und doch konnte ich bei den meisten dieser Menschen erkennen, wann sie sich freuen, und einfach Spaß am Leben haben, und sei es, weil man ihre Hand gehalten hat. Und gerade Behinderte erfreuen sich an den Kleinigkeiten des Lebens, und sie können einem soviel geben. Und genau aus diesen Gründen würde ich es nicht abtreiben.

Anders sieht es aus, wenn das Kind nur eine geringe Lebenserwartung hätte, oder es fraglich ist, ob es die Geburt überlebt. Aber wahrscheinlich würde ich diesem kleinen hilflosen Wesen trotzdem die Chance geben, es zu schaffen. Zumindest, wenn noch eine geringe Chance besteht.

Aber wegen Trisomie 21 würde ich definitiv kein Kind abtreiben!

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» pepsi77 » Beiträge: 1629 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich würde es bestimmt nicht zulassen, das meine Frau ein behindertes Kind abtreiben wollte. Mal davon abgesehen, das sie es natürlich auch nicht machen würde. Wir haben lange darüber geredet und sind beide der Meinung, das auch ein behindertes Kind für uns eine Bereicherung wäre und ein Recht auf Liebe und Leben hat.
Allerdings kommt es natürlich auf die Art der Behinderung an. Eine Behinderung wo das Kind starke Schmerzen hätte, die nicht unter Kontrolle zu kriegen wären, würde ich es das Leben nicht zumuten wollen. Aber sei es eine geistige Behinderung, würden wir uns ganz klar für das Kind entscheiden. Ich habe Respekt vor allen Eltern die sich gegen das Kind entscheiden, das ist sicher ebenso schwer wie das Kind aufwachsen zu lassen.
Gruß Thomas

» Schwalbenkoenig71 » Beiträge: 277 » Talkpoints: -3,62 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Na dann kann ich mich hier ja als erster Unmensch outen (samt Freundin): Ich bzw. wir (so gesehen sie) würden ein (geistig) behindertes Kind zu 100 % abtreiben - egal wie schwer die Behinderung ausfällt oder welche es sein könnte und auch egal zu welchem Termin.

Hier kommen die schlimmen, egoistischen Gründe ins Spiel, dass man nicht sein eigenes Leben bis zum Ende opfern möchte. Denn darauf, und da muss sich jeder bewusst sein, läuft es hinaus! Ein behindertes Kind braucht Pflege rund um die Uhr und im Fall von geistig behinderten Kindern ein Leben lang. Da ist nichts mehr mit dem Leben so wie man es sich vorgestellt hat und die meisten Menschen zerbrechen irgendwann daran, auch wenn sie immer als Helden hochstilisiert werden - Burn Out Syndrom und lebenslange Hingabe inkl. emotionalen Ausblutens sollte man nicht unterschätzen, genausowenig wie die Gefahr, dass man es irgendwann nicht mehr kann und dann das Kind ins Heim / Betreuung abgibt.

Und gerade letzterer Fall ist der Normalfall - nicht die mit Inbrunst pflegende Familie! Ich sehe es als falsch an, ein benachteiligtes Kind als Experiment zu missbrauchen, wie lange man es denn "aushält" und es dann mehr oder weniger abzuschieben. Denn dieses Scheinargument "Dort hat er / sie es besser..." ist verlogen und nicht wahr, da keine Betreuung außerhalb der Familie ein adäquater Ersatz ist.

Bezugnehmend auf mich heißt das aber auch: Ich würde diese Form von Leben nicht zulassen, wenn ich es vermeiden kann - aber ich würde auch mein menschenmöglichstes Tun wenn dieser Fall durch einen Schicksalsschlag eintritt, z. B. nach der Geburt. Hier sehe ich aber einen bedeutenden Unterschied, nämlich den zwischen einer beinflussbaren Entscheidung und "Schicksal", was ich nicht beeinflussen kann.

Desweiteren sehe ich es als falsch verstandene "Nächstenliebe" und Pseudomoral an, wenn man wissentlich ein behindertes Kind zur Welt bringen möchte unter solchen Vorwänden wie "Recht auf Leben" oder "Leben genießen" usw. Meine Tante ist genauso drauf und mein jüngster Cousin geistig zurückgeblieben - und ich liebe ihn wie alle anderen, aber sehe an ihm auch, wie verlogen diese Gründe sind, da er natürlich gerne lebt und auch das Leben genießt - aber auf einem ganz anderem Niveau und ich hab ihn auch oft genug am Boden gesehen, da er zeitlebens ein Ausgestoßener war der immer etwas belächelt wurde und das auch bleiben wird. Nachvollziehbar, dass dieses Bewusstsein alles andere als schön ist. Dessen sollte man sich auch als Elternteil bewusst sein, dass diese Kinder immer stigmatisiert werden und unglücklicher als andere sein werden. Egal wieviel Liebe man ihnen schenkt, das wird sich damit nie überwinden lassen, denn gesellschaftliche Anerkennung ist auch Behinderten wichtig - und nicht nur die innerhalb der Familie.

Besonders zynisch, und das ist mir oft genug begegnet, sind dann in Bezug auf diesen Vorwurf Aussagen von Eltern (ebenjene Tante & Freundinnen mit ebenfalls behinderten Kindern) z.B. wie "Das Kind kriegt das ja nicht so mit" - wie verächtlich ist das denn, dass man sein eigenes Kind zum Trottel herabwürdigt und die Diskrimierung damit ausklammert, dass das Kind ja im Grunde nur vor sich hin vegetiert und alles andere egal ist, Hauptsache man liebt es und man hat es nicht abgetrieben. Das grenzt an Ansichten die man gegenüber Haustieren hat, aber nicht gegenüber einem Menschen.

Nur um das klarzustellen: Es gibt natürlich auch genug Eltern, die sich sehr liebevoll und aufopfernd um ihre Kinder kümmern - nur würde ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen in der Familie und durch soziale Tätigkeiten das ganze bei 50 / 50 ansetzen (was ich eine ziemlich miesen Wert finde).

Ich denke, dass es eine Gewissensentscheidung auf höchster Ebene ist das Für und Wider abzuwiegen - für mich sind die meisten Für Argumente Scheinargumente bzw. Argumente die für mich keine Gültigkeit haben aufgrund anderer Vorstellungen von Ethik und Moral (Ich sehe auch das Recht auf Abtreibung als ein Grundrecht der Frau zur Selbstbestimmung an) und die meisten Wider Argumente, dass ich keinen Sinn darin sehe, einem Kind das Leben zu schenken was nie Anerkennung wie andere erfahren wird oder Chancengleichheit (aufgrund der menschlichen Natur) und selbst mein Leben oder das Kind "wegwerfe" (denn darauf läuft es hinaus, auf [teilweise] Selbstaufgabe oder Abschieben ins Heim).

Meine Meinung ist im Kern die von Robert Edwards (dem Vater der künstlichen Befruchtung & des Retortenbabys): "Bald wird es eine Sünde sein, wenn Eltern ein behindertes Kind zur Welt bringen.", bezugnehmend auf die Möglichkeiten von pränataler Diagnostik, die im Grunde auch heute bestehen indem man feststellen kann, ob das Kind behindert oder nicht zur Welt kommen wird. Ich befürworte nicht das herumpfuschen an Embyonen, aber auch nicht das Eingehen unnötiger Risiken.

Auch mit so hirnverbrannten Parolen wie Abtreibung = Mord oder pränatale Euthanasie muss man mir da nicht kommen - zeigt nur wie dumm derjenige ist, der es äußert und offensichtlich nur auf der Moralebene, aber nicht sachlich argumentieren kann.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Dann bin ich wohl der zweite Unmensch, der sich äussert. Auch ich würde ein Kind abtreiben, wenn es schwer behindert sein würde. Ich habe schon Kinder und bin selber nicht gesund. Ich wäre überhaupt nicht in der Lage eine solche Aufgabe gut zu bewältigen.

Ich hätte viel zu viel Angst, dass der Rest der Familie und auch meine eigenen Bedürfnisse noch mehr zu kurz kommen und ich vielleicht eines Tages dastehe und aufgeben muss.

LG

» schwarzweissewelt » Beiträge: 290 » Talkpoints: 0,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Hallo!

Ich habe es ja oben schon geschrieben, dass ich es wohl auch machen würde. Ich finde es nur echt schlimm, dass man eine Behinderung in der heutigen fortschrittlichen Zeit erst so spät feststellen kann, dass das Kind wohl auch alles spürt, wenn es getötet wird. Das wäre was, wo ich dann wahrscheinlich sehr schwer mit fertig werden würde.

Es ist ja auch schon mal vorgekommen, dass eine Behinderung festgestellt wurde, die Frau sich trotzdem für das Kind entschieden hat und das Kind völlig gesund gewesen ist. Mit so einer Fehldiagnose ist es doch auch schwer zu leben, oder den Gedanken daran zu haben, dass es evt. eine Fehldiagnose war und man das Kind dann hat wegmachen lassen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


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