Von Traualtar zum Scheidungsanwalt...
Ich bin seit meiner Frau seit mittlerweile 31 Jahren verheiratet und habe es keinen Tag lang bereut. Deshalb ist mir unverständlich, weshalb es so viele Scheidungen gibt. Warum kann man plötzlich nicht mehr miteinander reden oder auskommen? Und wenn es einfach nicht mehr geht: Warum trennt man sich nicht im Guten und bleibt auf freundschaftlicher Basis verbunden? Gerade Kinder sind ja die Ärmsten bei Scheidungen, wenn sie plötzlich als „Druckmittel“ ihrer Eltern verwendet werden, um dem jeweils anderen noch eins auszuwischen.
Meine Schwester etwa hat sich kürzlich scheiden lassen und macht es ihrem Ex so schwer wie nur möglich, dass er die Kinder überhaupt noch sehen darf. Das ärgert mich gewaltig, und ich habe ihr das auch schon oft gesagt. Ihr ist das egal, denn in ihren Augen trägt ihr Ex an allem Schuld, was er wiederum natürlich andersrum sieht.
Wieso dieser ganze Hass nach der Trennung? Und warum heiraten Paare oft viel zu früh oder wider besseren Wissens? Ich verstehe das nicht!
Ich denke, dass die wenigsten Menschen wirklich wider besseren Wissens oder aber aus Berechnung heiraten. Viel eher ist es doch so, dass die meisten Menschen sich von diesem Schritt etwas erhoffen, sei es die Verbesserung der Beziehung, sei es die Vertiefung der Liebe. Und dann gibt es auch viele Menschen, die eben wirklich aus Liebe heiraten. Es gibt viele Gründe, warum man denn heiratet.
Und dass man es sich nach einer Trennung gegenseitig schwer macht, das liegt doch sicher sehr daran, dass es in der Trennungsphase Verletzungen gab. Und wenn man sich selbst verletzt fühlt, dann will man vielleicht dem anderen Verletzungen zufügen. Das ist sicher nicht richtig, aber in solch einer emotionalen Situation setzt der Verstand schon mal aus. Denn wie schon erwähnt, man hat sicher andere Träume gehabt als man die Ehe schloss.
Auch ich denke, dass hier nicht die Rede davon sein kann, dass Paare oft viel zu früh oder wider besseres Wissen heiraten, denn wäre es wider besseres Wissen, dann würden sie es wohl kaum tun. Es wird ja wohl eher selten jemand zum Heiraten gezwungen und ist sich schlimmstenfalls höchstens unsicher, weil das Heiraten zu früh erscheint oder mit zu viel Einschränkung und Bindung verbunden wird, aber dennoch bedeutet das in der Regel nicht, dass diese unsicheren Partner ihren Partner generell nicht heiraten wollen, jedenfalls kenne ich das so aus meinem Bekanntenkreis.
Weshalb es oft diese Hasssituationen nach Trennungen gibt, ist allerdings wiederum eine Frage, die ich mir selbst auch schon gestellt habe. Ich denke, dass man das oft anders sieht, wenn man nicht betroffen ist und häufig wohl auch denkt, dass eine Trennung im Guten möglich sein sollte. Das ist sie sicherlich auch, und auch ich habe eine solche Trennung hinter mir, die bisher nicht mit Hasssituationen zusätzlich belastet wurde, aber ich kann nicht ausschließen, dass ich irgendwann noch mit Hass konfrontiert werde – allerdings kann ich aber immerhin sagen, dass ich nicht vorhabe, mich in solche Gedanken über meinen Ex-Partner verstricken zu lassen, damit es mir leichter fällt, mit dieser Trennung umzugehen und irgendwann eine neutrale Haltung zu ihm haben zu können.
Ich glaube auch, dass das einer der springenden Punkte sein könnte: In einer partnerschaftlichen Beziehung ist man sich nun mal in der Regel in jedem Bereich sehr nah und ich denke, dass viele Menschen nach einer Trennung eben nicht trennen können und eine Möglichkeit brauchen, ihre eigene Position zu diesem ursprünglich einmal oder vielleicht sogar nach wie vor geliebten Menschen neu zu bestimmen. Dass verletzter Stolz und solche ganz eigenen Empfindungen eine großartige Rolle spielen, glaube ich wiederum nur bedingt, obwohl ich mir schon vorstellen könnte, dass diese Faktoren zusätzlich eintreten und eine Trennung belasten können. In erster Linie glaube ich aber, dass dieser vermeintliche Hass des Partners der Abnabelung dienlich sein soll. Was ich nicht mag und sehr kritisch sehe, fehlt mir nicht sonderlich, sondern ich fühle mich eher erleichtert, wenn es weg ist.
Deine Schwester wurde vermutlich von ihrem Partner verlassen, nehme ich an? Ein solches Verhalten kenne ich hauptsächlich von den verlassenen Partnern, die sich eben abnabeln müssen und sich äußerst schwer damit tun, diesen Bruch anzunehmen. Das ist auch nachvollziehbar, denke ich, auch, wenn das gewählte Werkzeug sicherlich nicht das erste Mittel der Wahl sein sollte und sich im Falle von Kindern, da stimme ich Dir zu, natürlich erst recht nicht anbieten sollte, da diese definitiv unter solchen Stimmungen leiden und ohnehin auch ihrerseits die Trennung zu verarbeiten haben, wobei wiederum unentscheidend ist, ob es sich um gemeinsame Kinder handelt oder nicht. Hast Du Deine Schwester denn mal gefragt, weshalb sie nicht erleichtert über die Lösung dieser Beziehung ist, wenn sie ihrem Ex-Partner doch ohnehin die Schuld an allem gibt? Ich bin mir sicher, dass Du Gründe hören würdest wie die oben genannten, wenn sie ehrlich zu Dir und vor allem zu sich selbst ist. Diese Hassphase wird sie brauchen, um sich ihrem Ex-Partner gegenüber neu zu positionieren und die Trennung zu verarbeiten.
Das die Kinder zum Spielball einer Scheidung werden, geht schneller als man denkt. Selbst wenn man es gar nicht will, kann so etwas passieren. Ich selbst bin ja nun endlich geschieden und auch ich war einmal auf dem Weg, das ich die Kinder fast in dem Sinne benutzt hätte. Allerdings war ich halt so drauf, das ich jeden Schritt, wo ich selbst agieren musste, mit einem damals guten Freund besprochen habe. Er hat alles objektiver gesehen und mich entsprechend ausgebremst.
Allerdings hat mein Ex-Mann gern die Kinder im Scheidungskrieg benutzt. Das ging vom Ausfragen bis hin zum gegen mich aufhetzen. Heute wundert er sich, das die Kinder kaum Kontakt zu ihm haben wollen. Allerdings geht ein Krieg meist nur von einer Seite aus. Ich selbst war redebereit und hätte auch diverse Dinge übernommen zu klären, welche eigentlich seine Pflicht sind. Entsprechende notarielle Vereinbarungen dazu bestehen ja. Aber dies wurde alles abgelehnt. Am Ende muss jetzt ein Gutachter und das Gericht alles weitere klären.
Oftmals wird der Rosenkrieg ja von dem verlassenen Partner begonnen. Sei es verletzte Eitelkeit, weil man eben gegangen ist oder wie bei meinem Ex-Mann, das er auch von anderen Menschen in seinem Umfeld entsprechend gelenkt wird. Und genau das war, zumindest bei mir, ein Grund zu gehen. Die Fäden hatte die Ex-Schwiegermutter im Hintergrund gezogen, mein Ex-Mann war weder bereit zu reden, geschweige denn vorhandene Probleme wirklich zu lösen.
Und ein Leben, wo die Kommunikation nur aus Beleidigungen besteht, war nicht das was ich mir für meine Zukunft vorgestellt habe. Nachdem dann selbst die Kinder weinend gebettelt haben, das ich was gegen Papa sein schimpfen machen soll und es erste Anzeichen gab, das sie das ganze von der Psyche her nicht verkraften, bin ich halt gegangen.
Ich kenne einige Ehen, die leider in die Brüche gegangen sind. Ich bin aber auch der festen Überzeugung, dass vorher sehr lange über die Ehe nachgedacht wurde und es nicht mal so spontan entschieden wurde. Ein Paar war schon sehr lange zusammen, bevor es geheiratet hat. Man wollte sich also ganz sicher sein, dass man das Richtige tut - somit kann man hier nun wirklich nicht mit dem Argument kommen, dass wider besseren Wissens geheiratet wurde. Die Ehe ging dann trotzdem nach 2 Jahren in die Brüche. Sie haben sich einfach nicht mehr verstanden und wären einfach nur noch aus Pflichtbewusstsein für den anderen zusammen geblieben. Keiner war richtig glücklich und hier ist es auch so, dass man sich im Guten getrennt hat und sie beiden sind auch heute noch echt gut befreundet, obwohl sie keine gemeinsamen Kinder haben.
Bei einer andere Ehe war es so, dass man die Beziehung quasi retten wollte. Die beiden hatten ein Kind, allerdings hat man sich sehr oft wegen unnötigen Dingen gestritten. Irgendwann meinte der Mann dann, dass es alles anders wäre, wenn man endlich heiraten würde. Für ihn war man erst dann eine richtige Familie mit allem drum und dran, was ich ehrlich gesagt übertrieben finde. Sie sollten alle den selben Nachnamen haben und er hat auch wirklich viel Wert auf die Ehe gelegt. Die Frau hat sich dann darauf eingelassen, weil sie die Beziehung eben auch nicht aufgeben wollte. Allerdings lief es trotz allem nicht so gut und der Mann hat sie dann auch zweimal betrogen. Da ist also eine ganze Menge vorgefallen und die Frau hat dann auch die Scheidung eingereicht. Sie streiten sich heute noch ziemlich häufig und das Kind ist dann auch immer in der Schusslinie, was ich wirklich schlimm finde. Jeder von beiden versucht auch, den anderen auf seine Seite zu ziehen.
Der Vater überhäuft die Tochter mit Geschenken und versucht damit sozusagen, den neuen Freund der Mutter auszustechen. Wahrscheinlich hat er einfach Angst, seine Tochter zu verlieren und beginnt deshalb immer den Streit. Auf der anderen Seite weiß er aber auch, dass die Mutter sehr an der Tochter hängt und sie eben auch ihr wunder Punkt ist. Bei ihm ist es auch ein wenig verletzter Stolz, dass sie sich dann wirklich von ihm getrennt hat, weil er ihr das auch niemals zugetraut hätte. Da kommen echt immer viele Faktoren zusammen, warum man sich scheiden lässt bzw. man danach nicht mehr gut aufeinander zu sprechen ist. Manchmal ist eben zu viel passiert und man braucht dann auch erst einmal Abstand zueinander. Meine Eltern haben sich auch scheiden lassen, als ich noch klein war. Sie haben sich aber immer zusammen gerissen und nie vor uns gestritten oder uns benutzt, um ihre Interessen durchzusetzen. Das sollte man echt niemals machen, denn die Kinder können nichts dafür.
Ich habe heute eher den Eindruck, dass viele Menschen mit völlig falschen Erwartungen heiraten. Ich habe bei manchen Paaren echt das Gefühl, dass man sich von einer Hochzeit (und Kindern) eher eine Verbesserung der Beziehung erhofft, was ja wohl schlecht funktionieren kann. Das Fundament muss ja stabil genug sein, bevor man weitere Schritte einleitet, sonst kann das ja nicht funktionieren. Es würde ja auch kein normal denkender Mensch ein Haus auf instabilem Fundament bauen. Aber bei der Ehe scheint das nicht so eng gesehen zu sein und man gibt sich teilweise irgendwelchen Illusionen hin.
Es sind ja immer auch Gefühle im Spiel und wenn diese dann verletzt sind gibt es Menschen, die dann auch ihre Angst oder Wut beim Ex herauslassen. Kinder sind da natürlich oft die Leidtragenden und die Eltern sehen auch nicht, was sie ihnen antun. Es ist nun mal nicht jeder vernünftig und erkennt, was gut für die Kinder und einem selber ist. Gerade, wenn man dann auch noch betrogen wurde, ist man sicherlich extrem enttäuscht und konnte sich dann auch nicht darauf vorbereiten.
Es ist immer leicht zu sagen, ich würde das und das nie machen, aber wenn man dann tatsächlich so enttäuscht wurde oder sich der Partner plötzlich trennt, wenn man selber noch liebt, dann ist das nicht leicht und da kann nicht jeder so reagieren, wie es einem Erwachsenen angemessen wäre.
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